« Kapitel B 14 Beschreibung des Oberamts Horb Kapitel B 16 »
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Hochdorf,
Gemeinde III. Klasse, mit 838 Einw., wor. 3 Kathol. – Ev. Pfarrei; die Kath. sind nach Göttelfingen eingepfarrt.


Auf der fruchtbaren Hochebene zwischen den Thälern des Neckars und der Steinach liegt frei auf einer der höchsten Stellen (1984′ üb. d. M.) der ansehnliche, ziemlich regelmäßig angelegte, weithin sichtbare Ort, von dem man eine schöne ausgebreitete Rundsicht genießt; er gehört noch zum Gäu, heißt deßhalb Hochdorf im Gäu, und liegt an der westlichen Grenze desselben. Die an den breiten Ortsstraßen sich ziemlich gedrängt lagernden Gebäude sind mit wenigen Ausnahmen große, zweistockige, mit Ziegeln gedeckte Bauernhäuser, welche auf den ersten Blick die günstigen Vermögensumstände der Einwohner bekunden; im unteren, von Stein aufgeführten Stockwerke befinden sich die Stallungen etc., im obern aus Holz erbauten, die Wohnungen, während die geräumigen Scheunen theils abgesondert stehen, theils an die Wohngebäude angebaut sind.

Die im westlichen Theil des Orts stehende Pfarrkirche, deren Unterhaltung zu 1/3 der Gemeinde, 1/3 der Stiftungspflege und zu 1/3 der Gemeinde Schietingen zusteht, ist im einfachen gothischen Styl erbaut, mit spitzbogigen, in den Bogentheilen nicht gefüllten Fenstern am Langhaus und an den obersten Stockwerken des viereckigen Thurms, den ein einfaches Zeltdach deckt. Das unterste Stockwerk des Thurms ist sehr alt und mit einem Tonnengewölbe versehen. Von den drei Glocken wurde eine 1400, die andere 1826 gegossen und die kleinste, nach ihrer länglichen Form wohl die älteste, trägt weder Schrift noch Zeichen. Das Innere der Kirche hat keinen | architektonischen Werth und ist überdieß noch durch Emporen etc. entsetzlich verbaut.

Der 1833 errichtete Begräbnißplatz liegt außerhalb (westlich) des Orts.

Das Pfarrhaus, welches der Staat zu unterhalten hat, liegt unfern der Kirche und befindet sich in gutem baulichen Zustande.

Das dreistockige, zu Ende des vorigen Jahrhunderts erbaute Rath- und Schulhaus, enthält zwei geräumige Lehrzimmer und die Gelasse für den Gemeinderath; der Schulmeister und der Unterlehrer wohnen in einem abgesonderten ansehnlichen, der Gemeinde gehörigen Gebäude.

Ein Gemeindebackhaus und drei öffentliche Waschhäuser sind vorhanden.

Trinkwasser wird aus 20 Pumpbrunnen hinreichend geliefert; überdieß sind auf den Fall der Feuersgefahr vier Wetten angelegt; in zwei derselben werden Karpfen gezogen. Vom Ort führen Vicinalstraßen über Bildechingen nach der 13/4 Stunden südlich gelegenen Oberamtsstadt, über Vollmaringen nach Nagold, über Schietingen nach Haiterbach, über Altheim nach Freudenstadt und endlich über Göttelfingen einerseits nach Baisingen, andererseits nach Eutingen.

Die Einwohner sind im allgemeinen kräftige, lebensfrohe, friedliche Leute, die sich einer guten Gesundheit erfreuen und nicht selten ein hohes Alter erreichen; man trifft neben vielem Fleiß, Sparsamkeit und überhaupt eine einfache Lebensweise. Die Kleidertracht der Gäubewohner wird nur bei ältern Personen noch echt getroffen, während die Jugend sich mehr zur städtischen Tracht hinneigt. Neben dem Tanz gehört bei den jungen Leuten der Gesang zu den Hauptbelustigungen. Die Vermögensumstände gehören zu den besten des Bezirks und im ganzen Ort ist kein Bürger ohne Grundbesitz. Der bedeutendste Güterbesitz beträgt 56 Morgen Felder und 12 Morgen Wald, der mittlere 35 Morgen Felder und 1–2 Morgen Wald, und der geringste 6–8 Morgen Felder. Personen, die von Seiten der Gemeinde Unterstützung bedürfen würden, befinden sich gegenwärtig keine im Ort. Die Haupterwerbsmittel bestehen in Feldbau, Viehzucht und Gewerben; von letzteren sind es hauptsächlich die Steinhauer, welche in den im Lettenkohlensandstein angelegten großartigen Steinbrüchen sehr guten Verdienst finden. Es werden daselbst die schönsten, zum Theil 60–70 Centner schwere, Werk- und Bausteine gebrochen und theils roh, theils zu Schweintrögen, Schweinställen, | Thürgestellen, Krautstanden etc. verarbeitet in die Umgegend vortheilhaft abgesetzt.

Das Klima ist gesund und die Luft in Folge der hohen Lage meist etwas bewegt; Hagelschlag kommt selten vor.

Die ziemlich große, mit Ausnahme der bewaldeten Gehänge gegen das Steinachthal, meist ebene Markung hat im allgemeinen einen sehr ergiebigen Boden, der theilweise aus den Zersetzungen der Lettenkohlengruppe und des Muschelkalk-Dolomits, größtentheils aber aus Diluviallehm besteht. Durch reichliche Düngung, besonders auch mit Gips, Hallerde und der in gut angelegten Düngerstätten fleißig gesammelten Jauche, sucht man die Ertragsfähigkeit des Bodens mehr und mehr zu steigern.

Die Landwirthschaft wird mit Anwendung verbesserter Ackergeräthe (amerikanischer Pflug, Repssämaschine, Häufelpflug, Walze) in dem üblichen Dreifeldersystem sehr gut getrieben; zum Anbau kommen die gewöhnlichen Getreidearten und in der zu 2/5 angeblümten Brache Kartoffeln, Futterkräuter (dreiblättriger Klee, etwas Luzerne, Esparsette, Wicken), Angersen, weiße Rüben, Flachs, Hanf, etwas Mohn und ziemlich viel Reps, der meist nach Nagold abgesetzt wird. Der Hopfenbau findet immer mehr Verbreitung und liefert gegenwärtig jährlich 50–60 Centner, die an Händler verkauft werden. Bei einer Aussaat von 7–8 Sri. Dinkel, 3 Sri. Weizen, 3 Sri. Gerste und 4 Sri. Haber wird von einem Morgen geerntet 10–12 Scheffel Dinkel, 5 Scheffel Weizen, 5–7 Scheffel Gerste und eben so viel Haber. Der geringste Preis eines Morgens Acker ist 300 fl., der mittlere 600 fl. und der höchste 900 fl. Von den Getreidefrüchten werden jährlich etwa 3000 Scheffel Dinkel, 200 Scheffel Weizen, 100 Scheffel Gerste und 200 Scheffel Haber an Fruchthändler (Schäufler) verkauft und von diesen meist in Freudenstadt wieder abgesetzt.

Die durchgängig zweimähdigen, meist ergiebigen Wiesen liefern gutes Futter und zwar 25–30 Centner Heu und 15–20 Centner Öhmd per Morgen; die Preise eines Morgens bewegen sich von 300–900 fl.

Die ziemlich ausgedehnte und noch im Zunehmen begriffene Obstzucht beschäftigt sich mit verschiedenen Most- und Tafelobstsorten, während von Steinobst nur Zwetschgen gezogen werden; das Obst wird gemostet, gedörrt und auch ziemlich viel gebrannt, so daß Branntwein nach Außen abgesetzt werden kann.

Zwei bedeutende Baumschulen sind vorhanden, aus denen nicht | nur die Jungstämme für das örtliche Bedürfniß bezogen, sondern auch noch auswärts verkauft werden können.

Die Schafweide ernährt etwa 200 Stücke; jeder Bürger darf je nach seiner Steuerlast eine Anzahl Schafe auf der Markung laufen lassen, wofür er für ein Lamm 24 kr. und für ein erwachsenes Schaf 48 kr. in die Gemeindekasse zu entrichten hat, der überdieß die Pferchnutzung eine jährliche Rente von 500 fl. abwirft.

Von einigem Belang ist die Pferdezucht, welche sich mit einem schweren Landschlag meist nur für den eigenen Bedarf beschäftigt; die Stuten kommen zur Bedeckung nach Horb und die Fohlen werden schon im zweiten Jahr eingespannt.

Die Rindviehzucht ist in einem guten Zustande; man hält einen schönen kräftigen Landschlag, der öfters mit der Simmenthaler Race gekreuzt wird. Zur Nachzucht sind zwei gute Farren (ein Landfarre und ein Bastardfarre), die ein Bürger gegen Ersatz der Kosten hält, aufgestellt. Ochsen und Rinder werden häufig gemästet und an fremde Händler abgesetzt.

Die Schafzucht wird von einzelnen Bürgern, die nicht allein auf der Ortsmarkung, sondern auch in anderen Gegenden Schafe laufen lassen, in ziemlich großer Ausdehnung getrieben; man hält deutsche und Bastardschafe, der Abstoß geht nach Frankreich, während die Wolle an Tuchmacher in der Umgegend verkauft wird. Die Schafe finden im Ort Überwinterung.

Schweine werden theils selbst gezüchtet, theils von Außen aufgekauft, so daß man etwa eben so viele Schweine ein- als ausführt; die Mastung, bei der man vorzugsweise auf die halbenglische Race Rücksicht nimmt, ist beträchtlich.

Von Geflügel werden hauptsächlich Gänse und Hühner gezogen, die man häufig an die Israeliten in der Umgegend verkauft.

Wegen der hohen, den Windströmungen ausgesetzten Lage will die Bienenzucht nicht gedeihen.

Von den Gewerben sind, außer den schon angeführten Steinhauern, noch vier Schildwirthschaften, worunter eine mit Bierbrauerei, ein Kaufmann, ein Krämer und zwei Meubelschreiner, welche ihre Fabrikate theilweise auf der Stuttgarter Messe absetzen, zu nennen; die übrigen dienen nur den örtlichen Bedürfnissen.

An Waldungen besitzt die Gemeinde 365 Morgen Nadelwald und 114 Morgen Laubwald, welch letztere theils als Eichenschälwald, theils als Niederwald bewirthschaftet werden; überdieß sind 96 Morgen Privatwaldungen vorhanden. Der jährliche Ertrag aus | den Gemeindewaldungen besteht nach dem Nutzungsplan in 190 Klaftern; hievon erhält jeder Bürger 1/2 Klafter und 50–60 St. Wellen. Ein Theil des Ertrags wird gegenwärtig verkauft und der 2000–3000 fl. betragende Erlös theils zur Bestreitung der Gemeindeauslagen verwendet, theils zu einem bevorstehenden Kirchenbau zu Kapital angelegt.

Das Vermögen der Stiftungspflege besteht in 3610 fl. Kapitalien; überdieß sind einige Stiftungen für Arme, für Kinder zu Anschaffung von Schulbüchern etc. vorhanden.

An Alterthümern aus den verschiedensten Perioden ist die Gegend um Hochdorf sehr reich; eine Römerstraße (Hochsträß) führte aus der Gegend von Grünmettstetten herkommend durch den Ort nach Vollmaringen, in deren Nähe westlich vom Ort auf dem sogenannten Hörle eine römische Niederlassung lag. Auch südlich von Hochdorf ist man in dem Hopfengarten auf Grundmauern römischer Gebäude gestoßen. In dem Walde Bahnbühl befinden sich drei altgermanische Grabhügel und nicht weit davon ein weiterer vereinzelt. Auch in dem 1/4 Stunde nordöstlich von Hochdorf gelegenen Walde Hau hat sich noch ein Grabhügel erhalten. Östlich vom Ort ist man auf Reihengräber gestoßen, die außer den Skeletten, Speerspitzen, Schwerte, Perlen etc. enthielten. In dem 1/4 Stunde westlich vom Ort gelegenen Walde Öderthal (Sommerhalde) stand oben an dem Abhang gegen das Steinach-Thal die Burg der Herren v. Hochdorf (Daxburg genannt), von der noch der Burggraben sichtbar ist.

In dem sogenannten Erdmannsloch sollen nach der Volkssage Erdmännlein gewohnt haben, welche den Leuten in der Umgegend allerlei Dienste verrichteten, z. B. den Bäckern, die nur den Taig anmachen durften, haben sie alsdann das Brod geformt und gebacken, den auf dem Felde pflügenden Bauern haben sie zugerufen: „Bauer spann aus“, und nachdem dieses befolgt wurde, sollen sie den Pflug selbst gezogen und das Feld bestellt haben u. s. w. In einem Hause, in dem sie viel gebacken haben, ließ man ihnen Kittelchen machen, weil die ihrigen sehr zerrissen waren, hierauf haben sie sich entfernt mit den Worten: „jetzt sind wir ausbezahlt“, und von der Stunde an sollen sie sich nie wieder gezeigt haben.

Es besteht hier auch folgende Volkssage: eine Wirthin, die hatte durch einen Bund mit dem Teufel am schönsten tanzen können und bekam deshalb den Wirth zum Manne. Nach zwanzig Jahren, als ihre Zeit umgewesen, war in dem Wirthshause eine Hochzeit, auf der plötzlich der Teufel in Gestalt eines Jägers hereintrat. Die | Wirthin schrie laut auf, gestand Alles ihrem Mann und der holte noch zeitig einen Klosterherrn aus Horb; der nöthigte den Teufel, die Verschreibung wieder herauszugeben. Hierauf entfernte sich der Teufel, nahm aber seinen Weg nicht durch die Thüre, sondern riß eine Wand mit sich fort und ließ einen so furchtbaren Gestank zurück, daß die Hochzeitsgäste eilends das Wirthshaus verlassen mußten.

Hochdorf gehörte ursprünglich den Edeln v. Hochdorf, von welchen im Jahr 1293 Hugo mit seinen Brüdern Hugo und Eberhard und dem Sohne Eberhard, der allda Pfarrer war, und 1297 wieder Hugo v. Hochdorf „der Bischof geheißen“ mit seinem Bruder Eberhard und seinen Söhnen Gumpolt und Götz Güter zu Ober-Jetingen an die Klöster Kniebis und Reuthin verkaufen. (Schmid, Mon. Hohenb. 114. 130.) Von ihnen mag das Hochdorfer Frucht-Gefäll herrühren, welches das Kloster Bebenhausen zwischen 1224 und 1247 an Werner v. Ihlingen vertauschte, und dieser als Ersatz für Lehen zu Geisnang an die Grafen v. Tübingen auftrug (Schmid Pfalzgr. Urk. 11. zu Kl. Bebenh. s. auch die Urkunden der Päpste Innocenz III. vom 18. Mai 1204 und Gregor IX. vom 8. März 1229).

Auf der obengenannten Burg saß noch 1342 Rüdiger v. Hochdorf, welcher in Karmeliter Urkunden zu Rotenburg vorkommt und an Albrecht v. Ow, zu Buch gesessen, sein Gut zu Hochdorf, das Lehen ist von Walter v. Geroldseck Hern zu Sulz, um 50 Pfund Heller verkaufte. Letzteres besaß 1382 Werner v. Ow zu Wachendorf und 1407 verkaufen Walter Wölflin und Märklin v. Ow, Gebrüder, 2 Güter zu Hochdorf an Heinrich Böklin, gen. Pfatzman. (St. A.) Schon im Jahr 1397 kommt übrigens vor Dietrich Böcklin v. Hochdorf (Crusius Annal. Suev. 3, 322). Im Jahr 1455 verkaufte Erhart v. Ow an Wilhelm Böcklin vom Eutinger Thal, seinen l. Schwager, seinen Antheil an Hochdorf im Gäu, nämlich eines Halbtheils ein Viertheil um 220 rhein. Gulden. (St. A.)

Allmählig kam der Ort an Württemberg. Graf Eberhard i. B. erwarb den 14. Novbr. 1478 von der Wittwe Wilhelm Böcklin’s vom Eutinger Thal, Agnes von Gültlingen, ihren Antheil an Hochdorf im Gäu und an dem davon abgesonderten Fritzenhof mit zwei Theilen an der Mühle daselbst, desgleichen im Jahr 1480 von Georg Nothaft Güter, von Michael Schütz, Bürger zu Horb, deren Antheile an dem Dorfe (Sattler, Topogr. 356.). Endlich erkaufte 1503 das vormundschaftliche Regiment Herzog Ulrichs von Georg und Albrecht v. Ow v. Wachendorf den achten Theil an der Obrigkeit | und den Stab nebst einigen Gütern und Gefällen zu Hochdorf für 200 fl. Sofort kam Hochdorf zum Amte Nagold[1].

Im Jahr 1549 wurde, nachdem der Ort mit dem Lande überhaupt die lutherische Lehre angenommen hatte, der erste evangelische Geistliche angestellt. Solcher hatte seine Besoldung von der Kommenthurei Rohrdorf, welcher die Kollatur zustand, zu beziehen. Das Patronats- und Nominationsrecht wurde vermöge Abschieds vom 3. September 1568 von genannter Kommenthurei an Württemberg übergeben, wie es denn auch heut zu Tage der Krone zusteht.


  1. Über das alte hiesige Erbrecht der Gatten s. Fischer teutsche Erbfolge 2, 247. Wächter, Württ. Priv.-Recht 1, 206.


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