« B 15 Beschreibung des Oberamts Blaubeuren B 17 »
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16. Machtolsheim,
ein evangelisches Pfarrdorf auf der hohen Alp, an der Vicinalstraße von Geislingen nach Blaubeuren, 21/2 St. nördlich von Blaubeuren, mit 634 Einwohnern. Den großen Zehnten hat der Staat, den kleinen nebst dem Heu- und Obstzehnten, mit Ausnahme von 2 Widdumhöfen, die Pfarrey | zu beziehen; von 5 Morgen hat diese auch den Großzehnten, der Staat dagegen hat auf dem Weichstetter Feld auch den kleinen. In ältern Urkunden wird der Name des Orts gemeiniglich Machtolfsheim geschrieben gefunden. Er gehörte vormals zum Klosters-Oberamt Blaubeuren, Forst und Wildbann aber waren wiesensteigisch, und es wohnte ein wiesensteigischer oder churbayerischer Förster im Orte. Das Dorf liegt an dem nördlichen Abhange einer Höhe und wird eines der höchstgelegenen im Oberamte seyn (s. S. 69). Es hat gute, aber wie gewöhnlich meist mit Stroh bedeckte Häuser, 1 Schule, 3 Schildwirthschaften, 1 gut eingerichtete Brauerey und eine ansehnliche Markung, aber kein anderes als Dachwasser. Für das Vieh und zum Bierbrauen sind 7 Hülen, hier gemeiniglich Wasserställe genannt, angelegt; bey ganz trockener Witterung muß das Wasser in der fernen Blau geholt werden. Die sehr unebene Markung ist größtentheils steinig und die felsige Unterlage sticht überall hervor; aber durch ihre Neigung gegen Süden und Osten ist sie früher, als manche benachbarte Markung. Die Pfarrkirche zu U. l. Fr. ist mit einem stattlichen steinernen Thurm und einem festen Kirchhofe, der mit einer Ringmauer umgeben ist, versehen. Die Ringmauer ist noch mit Thürmen besetzt, der Umgang aber wurde 1774 abgebrochen. Die Kirche wurde im J. 1488 gebaut; sie ist eine der besten der Umgegend. Die Baulast der Kirche und des Schulhauses, das 1740 neu gebaut wurde, hat die Stiftungspflege, die des Pfarrhauses der Staat. Eine Rathsstube befindet sich in dem Hause des Maierbauers, der nach dem Lagerbuch Jedem, welcher von Klosters wegen dahin kam „ziemliche Atzung,“ jedoch ohne Weißbrod und Wein, zu reichen hatte. Die Stiftungspflege hat schöne Einkünfte, welche hauptsächlich aus Lehen und Gefällgütern fließen. Neben ihren Verpflichtungen für Kirche und Schule, theilt sie jährlich noch 4–500 fl. an Arme aus. Die Grundlasten des Orts sind ziemlich stark (s. S. 88). Die Einwohner nähren sich neben dem Feldbau vom Spinnen und der Leinenweberey; der Ort hat 40 Leinenweber, auch einige | Hafner und andere Handwerker. In dem benachbarten Walde wird eine gute Hafnererde gefunden, welche auch von den Hafnern zu Blaubeuren benutzt wird. Machtolsheim war vormals der Sitz eines Klostergerichts, dem auch Rottenacker, Seißen und Weiler zugetheilt waren. Das Gericht hatte, kraft Vertrags von 1398, sein eigenes Siegel. In ältern Zeiten wird Machtolsheim ein Marktflecken genannt, und noch wird ein gepflasterter und mit Linden besetzter Platz im Ort als der Marktplatz gezeigt[1]. Ehemals muß der Ort auch Thore gehabt haben; denn in einer Urkunde von 1502, wodurch sich das Kloster Blaubeuren und die Stadt Ulm über die Zehnten vergleichen, ist von Äckern die Rede in dem Oesch „zum untern Thor gegen Hohenstatt, in dem Oesch zum Mortwinsthor gegen Laichingen und in dem Oesch zum Stebenthor gegen Treffensbuch.“ Der Ort war auch ehemals viel bevölkerter als er jetzt ist; nach der vor andern sich auszeichnenden Pfarr-Beschreibung von Machtolsheim, von dem jetzigen Herrn Pfarrer Kröner, zählte man vor dem 30jährigen Krieg 149 Familien, während es dermalen nur 126 sind. Vor dem Stebenthor, an dem Wege nach Merklingen, befand sich eine von Hafnern bewohnte Gasse von ungefähr 15 Häusern, welche noch jetzt die Hafnergasse heißt. An der Kirche stand bis zur Zeit der Reformation neben dem Pfarrer ein Frühmesser oder Kaplan. Bis 1810 befand sich auch eine bayerische, vormals ulmische, Zollstätte in dem Ort.

Machtolsheim gehörte ehemals den Grafen von Helfenstein, und zwar scheint es ein Bestandtheil ihrer ältern Stammherrschaften und nicht von Blaubeuren gewesen zu seyn. Von den Grafen kam der Ort an das Kloster Blaubeuren. Nachdem die Gräfin Anna von Öttingen, Wittwe des Grafen Ulrichs v. Helfenstein und ihr Sohn Johannes v. Helfenstein M. an das Kloster verpfändet hatten, verkaufte dieses mit | Zustimmung der Gräfin und ihres Sohnes im J. 1387 das Dorf mit allem Zugehör, auch dem was das Kloster selbst dort hatte, den Zehnten und den Zoll ausgenommen, an Heinrich Krafft und seine Ehefrau Adelheid Nießin zu Ulm um 1900 fl. und diese vermachten es, laut Urkunde vom Februar 1398, wieder dem Kloster um ihrer Seelen Heil willen, mit der Bestimmung, daß wenn die Frau sterbe, die vermuthlich damals schon dem Tode nahe war, der Mann keine Ansprache mehr an das Gut haben solle. Der Zoll war schon vorher an die Stadt Ulm verpfändet und nachher verkauft worden (s. S. 10). Auch das Patronatrecht und ein Theil des Zehnten war abgesondert geblieben, erst 1482 verkauften die Grafen Friedrich und Ludwig von Helfenstein das erstere nebst Zugehör, und 1533 Graf Ulrich v. Helfenstein vollends 1 Drittel des Großzehnten nebst 1 Drit. des s. g. Boller Zehnten zu Seißen, zur Kaplaney Hiltenburg gehörig, an die Stadt Ulm. Diese vertauschte im folgenden Jahre, 1534, den Kirchensatz, die Lehenschaft der Frühmeß, den Großzehnten, 1 Drit. des Kleinzehnten von den Neubrüchen, nebst 2 Wittumhöfen, dem Bannholz und allen Gütern und Rechten, ferner Zehnten und Gefälle zu Sontheim, Seißen, Wippingen, Altheim etc. an das Kloster Blaubeuren. Von nun an war das Kloster im vollständigen Besitze von Machtolsheim, mit Ausnahme des Zolls der bey Ulm blieb, und erst 1810 von Bayern an Würtemberg kam.

In alten Zeiten gab es Herren v. Machtolsheim: 1268 übergibt Rudolph von Machtolsheim dem Kloster Blaubeuren eine Mühle; 1277 erscheint Diether von M., Domherr in Augsburg, als Zeuge in einer Urkunde; 1284 schenkte der Ritter Rudolph von Nellingen dem Kloster Kaisersheim einen Hof zu Nallingen (Nellingen), den er von Albrecht von Machtolsheim erkauft; 1310 ist Heinrich v. Machtolsheim Zeuge bey der Schenkung eines Hofs zu Asch an das Kloster. Der letztere kommt auch später noch mehrmals in Urkunden vor; aber mit ihm verschwindet das Geschlecht. Sie waren ohne Zweifel Vasallen der Grafen v. Helfenstein, | mit Sitz und Gütern zu Machtolsheim. Wo aber ihr Schloß gestanden habe, ist Niemand mehr bekannt.

Wie die ganze Blaubeurer Alp, so litt auch Machtolsheim in dem 30jährigen Kriege sehr, besonders noch in den letzten Jahren desselben; die Einwohner kamen um oder flohen, die Häuser waren entweder zerstört, oder standen sie leer, und noch mehrere Jahre nach dem Krieg lag das Feld größtentheils und ohne daß man mehr die Eigenthümer wußte, öde da; die Pfarrey war von 1649 bis 1662 unbesetzt. Auch in den letzten Kriegszeiten, besonders 1800, litt Machtolsheim sehr; aber nach der gewohnten Gleichgültigkeit unserer Zeit gegen die laufende Geschichte, findet sich nirgends etwas davon aufgezeichnet. Im Jahr 1704 erlitt der Ort ein großes Brandunglück, wodurch das Rathhaus mit 52 Gebäuden in Asche gelegt wurde.

Das Feld Weichstetten, dessen oben erwähnt wurde, ist ein besonders vermarkter Bezirk, der zwischen den Einwohnern von Machtolsheim und Laichingen getheilt ist. Es hat seinen Namen von einem abgegangenen Orte Weichstetten, ursprünglich Weihstetten genannt, wovon schon in der Beschreibung des Oberamts Münsingen S. 7 u. 192 Nachricht gegeben ist. Das Helfensteinische Schloß stand auf einer Mad des Lammwirths zu Machtolsheim, die Benutzung des Bezirks Weichstetten, besonders die gegenseitigen Weiderechte, gaben zu vielen Streitigkeiten zwischen den Gemeinden Machtolsheim und Laichingen, auch Merklingen Veranlassung, welche mehrere Verträge 1511, 1566, 1594 etc. zur Folge hatten. Im J. 1826 kaufte die Gemeinde Machtolsheim der von Laichingen ihr Weiderecht auf Machtolsheimer Antheil für 2150 fl. ab.



  1. Ein mit Linden besetzter Platz soll der Marktplatz gewesen seyn: allein dazu wäre der Platz doch wohl zu klein. Er ist, wie in vielen andern Dörfern etwas erhöht und diente zu öffentlichen Gerichtssitzungen und zu Gemeinde-Versammlungen.
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