Benutzer:Joergens.mi/Beitz Caesarius 1

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CAESARIUS VON HEISTERBACH UND DIE BILDENDE KUNST VON EGID BEITZ MCMXXVI DR. BENNO FILSER VERLAG G.M.B.H. AUGSBURG


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SACRIS ENIM IMAGINIBUS PROPTER EOS, QUORUM NOBIS MEMORIAM EXPRIMUNT, HONOR ET REVE- RENTIA MAGNA EXHIBENDA EST. (Caesarius, Lib. VIII miracul. III, 8).


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I N H A L T

1. Leben und Werke des Caesarius 1 II. Die Stellung der Zisterzienser zur Kunst 8 III. Die Architektur bei Caesarius 13 IV. Die Malerei und Plastik bei Caesarius 20 Die Christusauffassung 20 Gott, Maria und die Menschenseele 33 Christi Geburt 36 Die Madonnenauffassung 37 Die Mater misericordiae 43 Die HeiIigen Nikolaus, Elisabeth und Engelbert 44 Die Evangelistensymbole. Der circulus aeternitatis 50 Engel, Teufel und Dämonen 52 Der heilige Geist und die heilige Dreifaltigkeit 58 Der Tod 60 V. Das Kunstgewerbe bei Caesarius 61 VI. Abbildungen in den Handschriften und Idealporträts des Caesarius 1 69 VII. Literatur und Anmerkungen 73 VIII. Urtexte des Caesarius 79 IX. Abbildungen 84 X. Namen- und Sachverzeichnis 93


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Alle Rechte, insbesondere das der Uebersetzung, vorbehalten. Copyright by Dr. Benno Filaer & Co., Buch- und Kunstverlag, G. in. b. H., in Augsburg-Köln. Druck von Martin Schwaiger K.-G. in Augsburg



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I. LEBEN UND WERKE DES CAESARILIS Die genauen Lebensdaten des Caesarius von Heisterbach stehen nicht fest. Aus seinen Werkeni kann man mit Sicherheit schließen, daß er etwa von 1180 bis in die 40er Jahre des 13. Jahrhunderts lebte? Der Abstammung nach war er Rheinländer, vermutlich Kölner. In Köln genoß er auch den ersten Unterricht. Hier besuchte er die unter Aufsicht des Dechanten Ensfried stehende Stiftsschule von Sankt Andreas und darauf zur theologischen Ausbildung den Unterricht des Domscholastikus Rudolf (I, 32; IV 26). Jenen hat er wahrscheinlich damals schon als wundersam-naiven, aber trefflichen Mann kennen gelernt, als welchen er ihn später in einem langen Kapitel des Dialogus miraculorum schildert (VI, 5). Von Rudolf mag Caesarius manches für seine spätere Art der Schilderung gelernt haben. Wir gewahren es noch heute an den wenigen Erinnerungen, die Caesarius an ihn im Dialogus einfließen läßt. So sagte ihm Rudolf z. B., die Seele des Menschen, die den Körper verläßt, wird nicht von Dämonen zum Fegfeuer geleitet, sondern von seligen Engeln, „denn nicht der Köhler läutert das Gold, sondern der Goldschmied (I, 32) ". Diese bildhafte Art der Diktion findet sich auch vielfach bei Caesarius. Wie er zu dem Entschluß gekommen ist, in das Zisterzienserkloster Heisterbach einzutreten, erzählt er selbst (I, 17). Nach seinen Worten ist es die Zeiten gewesen, „da König Philipp zum ersten Male die Kölner Diözese verwüstete”. Dieses war Ende 1198 der Fall. Caesarius muß daher um diese Zeit, etwa Anfang 1199, im Tal des heiligen Petrus zu Heisterbach eingetreten sein. Dort scheint er von nun ab bis zum Tode sein Leben verbracht zu haben. Er wurde Mönch, Novizenmeister und Prior. Nur hin und wieder geleitete er den Abt auf Visitationsreisen aus dem engen Bereich des Klosters hinaus. So kam er vor allem nach Friesland, in die Umgebung von Aachen, nach Hessen, in den Rheingau, zur Eifel und an die Mosel. Gerade für diese Gebiete kommen auch seine Aeußerungen zur Kunstgeschichte hauptsächlich in Betracht.

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Seine schriftstellerischen Arbeiten hat Caesarius um das Jahr 1238 in einer Epistula catalogica zusammengestellt .8 Sie enthält 36 Nummern und zu diesen sind bis zu seinem Tode noch einige Nummern hinzugekommen. Nach dem Stande der noch erhaltenen mittelalterlichen Handschriften hatte die weitaus größte Verbreitung von allen Werken unseres Schriftstellers der Dialogus miraculorum, eine in jeder Beziehung außerordentlich interessante Zusammenstellung von Wundererzählungen meist aus der Zeit um 1200. Nur selten hat sie Caesarius selbst erlebt, im allgemeinen hat er sie von anderen Ordensgenossen erfahren. Seine Erzählungen sind an einen Novicius gerichtet, der Fragen stellt, auf welche Caesarius dann als Lehrer antwortet. Wir haben also im Dialogus ein ganz kasuistisch gehaltenes, theologisches Lehrbuch vor uns. Alte theologische Grundsätze in Geltung zu halten und neue in Geltung zu bringen war neben der Freude an den Erzählungen und am Erzählen überhaupt ein wesentlicher Zweck des Dialogus. Schon die oft deutlich wahrnehmbare Tendenz der Erzählungen und ihrer Erläuterungen spricht für ihren Lehrzweck. Die Durchführung dieser Grundsätze hatte teilweise auch einen Wandel in der künstlerischen Gestaltung zur Folge, denn Theologie und Kunst waren in damaliger Zeit noch ein und dasselbe. Insofern ist Caesarius als bedeutsamer Mitgestalter der Kultur seiner Zeit anzusehen. Dazu hat sein Dialogus wohl den größten Teil beigetragen, verbunden mit dem , lebendigen Wort des Verfassers als Novizenmeister. Der Dialogus kommt daher auch für die folgenden Unter~suchungen vor allem in Frage. Er ist mit seiner Fülle von Klostererzählungen ein wichtiger Haltepunkt, von dem aus einmal eine Umschau auch auf dem Gebiete der bildenden Kunst nach Vorwärts und Rückwärts möglich ist. Was die Erzählungen bieten, ist vielfach so bildhaft, daß es nach künstlerischer Gestaltung drängt. Falsch wäre es allerdings, aus ihnen nur Caesarius zu sehen. Seine Zeit überhaupt spricht aus ihnen. Da die Wunderberichte bei weitem nicht alle eigene „Erlebnisse” sind, mögen sie teilweise bereits längst vorher auf bildende Künstler gewirkt haben, bevor sie nach Heisterbach gelangten. Von vielen seiner Erzählungen wissen wir es sogar, daß sie viel älter sind als Caesarius selbst und daß sie auch einem

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ganz anderen Gebiet als etwa dem Rheinlande entstammen. Darum wird sich auch niemals entscheidend feststellen lassen, wo etwa Caesarius als erster in der Kunst einen Anstoß gegeben haben könnte. Das ist zunächst bei den nachfolgenden Untersuchungen vor allem festzuhalten. Wie sein Orden, die Zisterzienser, früher schon vielfach alte benediktinische Ideale umbildete, so hat Caesarius auch für seine Zeit ein gut Teil durch Wort und Schrift an dieser Umbildung mitgeholfen. Neben dem Dialogus miraculorum sind alle anderen Arbeiten des Caesarius für den Kunsthistoriker nicht so bedeutsam. Sie enthalten für ihn wenig Neues. Nur hin und wieder läßt sich das Bild, das der Dialogus an sich bezüglich der kunstgeschichtlichen Einstellung des Heisterbachers schon ergibt, durch Stellen in seinen anderen Werken abrunden. Es ist darum auch nicht anzunehmen, daß die heute noch unveröffentlicht als Manuskripte in Bibliotheken ruhenden kleineren Arbeiten unseres Schriftstellers das kunsthistorische Bild besonders bereichern werden.` Zu den ferneren Werken des Caesarius, aus denen noch manches für die vorliegende Arbeit in Frage kam, ist noch folgendes zu bemerken: Caesarius hat den Dialogus später noch durch die Libri VIII miraculorum erweitert. Hier tritt der Novize nicht auf. Statt seiner Fragen folgen am Schlusse jeder Erzählung kurze theologische Belehrungen. Von den vorgesehenen acht Büchern sind nur noch drei bekannt. Dazu kann man noch zwei Bücher einer Vita Engelberti, des 1225 ermordeten Kölner Erzbischofes, rechnen, wie die Untersuchungen Grevens nachgewiesen haben .5 Die heute noch bekannte Vita Engelberti des Caesarius ist allerdings eine Erweiterung der ursprünglichen. Es fehlen dann zu den Libri VIII miraculorum noch drei Bücher, die vielleicht niemals geschrieben wurden. Jedenfalls haben sich von ihnen bisher keine Handschriften gefunden. Caesarius hat ferner noch zwei Arbeiten über die heilige Elisabeth von Thüringen verfaßt, einmal die sogenannte Vita St. Elisabethae, in der er ein Büchlein, das er aus Marburg erhielt, überarbeitete und erweiterte, und das andere Mal eine Predigt, den Sermo de translatione beatae Elisabeth.' Schließlich sind noch die Homilien des Caesarius zu erwähnen. Sie wurden in erster

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Linie zur sonntäglichen Belehrung der Laienbrüder in Zisterzienserorden geschrieben. Caesarius deutet hier in hochmystischer Weise die Sonn- und Festtage des Jahres und schmückt seine Deutung vielfach mit Wundererzählungen, die meist schon aus dem Dialogus bekannt sind.' In den Homilien tritt am zweiten Sonntag nach Ostern auch noch einmal der Novicius auf und stellt Fragen. Die Diktion wird dadurch ganz wesentlich belebt, und es wäre wohl auch aus den Homilien eine stärkere Bereicherung der Kunstgeschichte zu erwarten gewesen, wenn Caesarius den Novicius an allen Sonn- und Festtagen seine Fragen hätte stellen lassen. Zur Zeit, da Caesarius von Heisterbach den Hauptteil seiner Werke schrieb, wuchs auch der Neubau seiner später so berühmt gewordenen Klosterkirche zur Vollendung (1202—1237). Er erlebte hier das erste Aufblühen der gotischen Architektur in Deutschland. Altes verging, Neues kam herauf: Romanik — Gotik. Gerade darttm ist ein Blick in die Schriften des Caesarius vom kunsthistorischen Standpunkte aus so wertvoll, weil sein Leben zur Zeit dieser Kulturwende dahinfloß. Selbst dürfte er diesen bedeutsamen Uebergang künstlerisch nicht erfühlt haben. Wir dagegen sehen heute in seinen Schriften eine Reihe von Probleinen der bildenden Kunst, vielfach ikonographischer Natur, die damals erst zur Reife ansetzten, deren volle Reife Caesarius selbst aber nicht mehr erlebte, da er bereits gegen die Mitte des 13. Jahrhunderts starb. Im Jahre 1148 schrieb der berühmte Benediktinerabt Wibald von Stablo und Corvey einen kaum bekannten Brief an den ebenso berühmten Goldschmied Godefroid de Claire: „Menschen Deiner Kunst pflegen häufig ihre Versprechungen nicht zu halten, dadurch, daß sie mehr in Auftrag nehmen, als sie auszuführen in der Lage sind. Die Wurzel aller Uebel ist die Begehrlichkeit. Aber Dein vornehmer Geist, Deine werkbeflügelten (alacres) und berühmten Hände sind erhaben über nicht gehaltene Zusagen. Deine Kunst empfiehlt der Glaube, Dein Werk begleitet die Wahrheit, Deine Versprechungen krönt der Erfolg und Deine Zusagen erfüllen sich zur rechten Zeit (artem tuam fides commendet, opus tuum veritas comitetur, sponsis tua effectum obtineat, promissio

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tua tempori respondeat). Und wenn wir Dich an Deine eingegangenen Verpflichtungen erinnern zu müssen geglaubt haben, so haben wir nicht den Verdacht, daß im Hause eines so vornehmen Geistes Arglist und Falschheit wohne. Warum sagen wir das? Damit Du unserer Arbeit, die wir Dir aufgetragen haben mit Eifer obliegst und nichts anderes hinzunehmest, das dem Werke für uns schädlich sein könnte. Denn wisse, daß wir sehr rasch mit Wünschen bei der Hand sind, und das, was wir wollen, wollen wir sofort. Seneca sagt in den Beneficien: bis dat qui cito dat. Im übrigen schreiben wir Dir dieses viel mehr aus Sorge für Dein Haus, aus Fürsorge für Deine Familie und schuldiger Ehrerbietung gegen Deine Gattin (de observatione et disciplina uxoris tuae). Lebt wohl." Auf diesen Brief antwortet Godefroid ebenso fein, wenn auch schwerfälliger in der lateinischen Diktion und mit einem fast grollenden Unterton, der an manche Briefe Michelangelos erinnert: „Die Mahnworte aus dem Schatze Deines Wohlwollens und Deiner Weisheit habe ich ebenso freudig wie gehorsam entgegengenommen, da sie mir sowohl durch den erforderlichen Nachdruck (utilis gravitas) als auch durch das Ansehen dessen, der sie mir schrieb, beachtenswert sind. So habe ich sie meinem Gedächtnisse eingeprägt und mir hinter die Ohren geschrieben (sub sera reposui), daß meine Kunst durch Glauben ausgezeichnet, mein Werk von Wahrheit gefolgt ist und daß meine Versprechungen von Erfolg gekrönt sind. Indes es ist dem Versprechenden nicht immer möglich, seine Versprechungen zu erfüllen, zumal dann nicht, wenn es an dem liegt, dem gegenüber das Versprechen abgegeben wurde, indem er die Erfüllung unmöglich macht oder sie verzögert. Daher, wenn Du, wie Du ja sagst, rasch im Wünschen bist, und das, was Du willst, sofort willst, dann beeile Dich auch, daß ich in Eile an Deine Werke herangehen kann. Denn ich eile und werde mich immer beeilen, wenn nicht die Not mir etwas in den Weg legt. Mein Geldbeutel ist nämlich erschöpft, und keiner von denen, denen ich zu Diensten war, zahlt mir etwas (marsupia enim nostra exhausta sunt, nemo eorum, quibus inservivi, intulit quidquam). Obgleich Du mir für meine Frau Leuchter versprochen hast, umfängt mich fast Finsternis (is etiam

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de quo pollicitus es mihi luminaria uxori meae daturum, penetenebras ingessit), dadurch daß in Erwartung einer Wohltat, die Wohltat selbst in der Schwebe bleibt. Daher, weil die menschliche Not nach der Erschöpfung sich der Erfüllung freut, schaffe Rat der Not, wende das Heilmittel an, gib rasch, damit Du doppelt gibst, und Du wirst mich treu, beständig und schließlich auch ergeben Deiner Arbeit finden! Leb wohl. Bedenke wieviel Zeit noch ist von Anfang Mai bis zum Feste der hl. Margaretha, und von dort bis zum Feste des heiligen Lambertus. Das mag dem Weisen genügen!" 8 Es ist interessant, so einmal einen Einblick in den Briefwechsel zweier bedeutender Männer der romanischen Zeit über damals schon alltägliche Dinge im Leben eines Künstlers zu tun; und man muß Witz und Geist bewundern, womit sie solche Angelegenheiten behandelt haben. Die Frage ist nun: stand Caesarius von Heisterbach auch so wie etwa Wibald von Stablo zu Kunst und Künstlern? Diese Frage ist zu verneinen. Obwohl Caesarius von manchen Schenkungen herrlicher Kunstwerke zu berichten weiß, geht jedenfalls aus der Literatur nicht hervor, daß er selbst jemals als Besteller zu einem Künstler in nahe Beziehung getreten ist. Von Haus aus mögen ihm dazu die Mittel gefehlt haben, aber auch als Zisterzienser mußten ihm, wie wir nachher sehen werden, im Gegensatz zu den Anschauungen der Benediktiner vielfach Kunstwerke als unnötig zum religiösen Leben, als „superfluitas” erscheinen. Wir können daher nicht wie bei Wibald und Godefroid bei Caesarius einen Einblick in bestimmte künstlerische Aufgaben gewinnen, sondern das Wichtigste, das wir aus den Werken des Caesarius herauslesen, ist seine theologische, zisterziensische Einstellung, die für die bildende Kunst aber einmal von hoher Bedeutung war. Schon durch die kasuistische Behandlung der religiösen Fragen in den Dialogen und die Aeußerungen seines Novicius werden des Caesarius Themen so mannigfach aus der Wirklichkeit heraus beleuchtet, daß hin und wieder auch ein Licht auf konkrete künstlerische Dinge fällt. Sonst ist man dergleichen bei den Theologen seiner Zeit nicht gewohnt. Neigung und Verständnis scheinen ihn dabei mehr zur bildenden Kunst als zur Literatur hingeleitet zu haben. Daß er ein vagabun-

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dierendes Dichterleben wie das des Archipoeta, der krank das Ordensgewand der Heisterbacher Mönche anzog und es nach der Genesung wieder mit Hohn von sich warf (II, 15), nicht verstand, ist bei des Caesarius zeitlebens sorglich geordnetem Dasein begreiflich. Aber auch die Auswahl der wenigen Verse, die er in seinen Werken aus geistlichen Dichtern zitiert, zeigt durchweg wenig literarischen Geschmack. Es wäre ihm z. B. ein leichtes gewesen, bessere und originellere Verse wie die folgenden von irgend jemand („ut quidam ait") im Dialogus zum Marienthema zu bringen (VII, 1) :

Cuius preces vitia,
Cuius nomen tristia,
Cuius odor lilia,
Cuius vincunt labia
Favum in dulcedine.
Super nucem sapida,
Super nivem candida,
Super rosam roscida,
Super lunam lucida
Veri solis lumine.'

Dagegen verlohnt es schon, sich einmal vom kunsthistorischen Gesichtspunkte in seinen Werken umzutun. Kaufmann 10 hat zwar früher schon versucht, das, was ihm über Kunstwerke, die Caesarius erwähnt, aufgefallen ist, zusammenzustellen, diese Zusammenstellung ist aber außerordentlich lückenhaft. Außerdem fehlte es z. Zt. Kaufmanns noch an Erkenntnissen über eine Reihe von Tatsachen in der Entwicklungsgeschichte der mittelalterlichen Kunst, über die wir nun verfügen, so daß wir heute doch mit einem ganz anderen Rüstzeug kunstgeschichtlichen Erkennens in den Werken des Caesarius forschen können. Kaufmann berücksichtigt zudem fast nur den Dialogus miraculorum. Auch Unkel, der annähernd 30 Jahre später die Homilien des Caesarius in ihrer Bedeutung für die Kultur- und Sittengeschichte durchforschte, war auf dem Gebiete der bildenden Kunst nicht erfolgreicher.

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II. DIE STELLUNG DER ZISTERZIENSER ZUR KUNST Wollen wir zunächst im großen und ganzen einmal wissen, wie Caesarius zur Kunst stand, so wird diese Frage an sich schon beantwortet durch die Feststellung, welche Stellung die Zisterzienser zur Kunst einnahmen. Der Zisterzienserorden war auf der benediktinischen Grundlage gegründet, doch war seine Richtung insofern eine andere, als er jeglichen äußeren Prunk verwarf und nur Wert auf ein arbeitsames, beschauliches Leben legte und nach innen wie außen nur das Einfache erstrebte. Daß es gegenüber den prunkhafter nach außen in die Erscheinung tretenden Benediktinern nicht immer leicht war, festzustellen, was für die Zisterzienser als „honestas” und „simplicitas” zu gelten habe, ist verständlich. Hierüber entschied als höchste Instanz das Generalkapitel, zu dem damals die Zisterzienseräbte alljährlich in Citeaux zusammentraten. Omnes abbates ordinis ad capitulum generale Cistercii quotannis conveniunt, bestimmte die Charta caritatis, die Verfassungsurkunde der Zisterzienser. Das Generalkapitel faßte häufig genug Beschlüsse, aus denen man seine Stellung zur Kunst ersehen kann. Von ihnen waren natürlich Männer wie Caesarius abhängig. Ich lasse in chronologischer Reinenfolge eine Reihe von Beschlüssen des Generalkapitels bis in die Zeit des Caesarius folgen, aus denen sich die Stellung des Ordens zur Kunst deutlich ergibt.' 1134, die Klöster sollen fern vom Verkehr der Menschen an-gelegt werden: in civitatibus, in castellis aut villis nulla nostra construenda sunt coenobia sed in locis a conversatione hominum semotis. Ferner wird bezüglich der Bildwerke mit Rücksicht auf das Versunkensein in Gott und den Eifer des religiösen Ernstes folgendes bestimmt: Sculpturae vel picturae in ecclesiis nostris seu in officinis aliquibus monasterii ne fiant interdicimus, quia dum talibus intenditur, utilitas bonae meditationis vel disciplina religiosae gravitatis saepe neglegitur; cruces tarnen pictas, quae sunt ligneae, habemus.

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Alle Zisterzienserkirchen sollen der Muttergottes geweiht sein: decernimus ut omnes ecclesiae nostrae ac successorum nostrorum in memoriam eiusdem coeli et terrae reginae sanctae Mariae fundentur et dedicentur. Der liber usuum, das sogenannte Ritulum Cisterciense, fügt noch hinzu, daß die Grundrisse der Kirchen Kreuzform haben sollen: omnes ecclesiae ordinis nostri in honorem beatae Markte dedicatae sunt, et fere in modum crucis constructae instar ecclesiae Cisterciensis omnium matris. Bezüglich der Altartücher und der priesterlichen Kleidung wird verordnet, daß sie ohne Seide sein sollen mit Ausnahme der Stola und des Manipels. Die Kasel soll einfarbig gehalten sein. Die Geräte eines Klosters dürfen nicht von Gold oder Silber oder mit Edelsteinen geschmückt sein mit Ausnahme der Kelche und Saugröhrchen, die aber nur silbervergoldet und nicht aus purem Golde gefertigt sein dürfen: Altarium linteamina, ministrorum indumenta sine serico sint, praeter stolam et manipulum. Casula vero non nisi unicolor habeatur. Omnia monasterii ornamenta, vasa, utensilia sine auro et argento et gemmis praeter calicem et fistulam, quae quidem duo sola argentea et deaurata sed aurea nequaquam habere permittimus. Auch sollen die heiligen Bücher keine goldenen oder silbernen Schließen (firmacula) haben. Die Fenster sollen nicht bunt sein, ohne Kreuze und andere Gemälde: vitreae alba.e ,tantum fiant sine crucibus et pieturis. Nur wenn die Zisterzienser das Kloster eines anderen Ordens übernehmen, können die dort vorhandenen farbigen Fenster bei-behalten werden. 1148 werden verschiedenfarbige Fußböden verboten: omnis varietas pavimentorum de ecclesiis nostris amoveatur. Es handelt sich um die reich ausgelegten Fußböden, wie sie sich auch am Rhein etwa als opus Alexandrinum oder vermiculatum oder gar mit bildlichen Darstellungen manche Kirchen, besonders die begüterten Stifte (z. B. St. Gereon, St. Severin, St. Kunibert zu Köln) geleistet hatten (Abb. 4). 1157 wendet sich das Generalkapitel gegen die steinernen Türme der Kirchen und das Läuten verschiedener Glocken durch mehrere, von denen keine schwerer als 500 Pfund sein soll: turres lapideae ad campanas non fiant, nec ligneae altitudinis

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immoderatae, quae ordinis dedeceant simplicitatem. Campanae ordinis nostri ita fiant, ut unus tantum pulset et nunquam dito simul. Non excedant pondus 500 librarum. 1213, zu I,ebzeiten des Caesarius, nimmt das Generalkapitel noch einmal Stellung zu allem, was in der Kunst der Würde und Armut des Zisterzienserordens nicht enspricht. Es ist der berühmte Kapitelsbeschluß, der sich gegen die „superfluitates” wendet. Außer dem Bilde des Erlösers sollen keine Gemälde geschaffen werden und die Aebte haben bei ihren Visitationsreisen dar-über sorgfältig zu wachen: superfluitates et curiositates notabiles in sculpturis, aedificiis, pavimentis et aliis similibus, quae deformant antiquam ordinis honestatem, et paupertati nostrae non congruunt, in abbatiis, grangiis vel cellariis ne fiant interdicimus, nec picturae praeter imaginem Salvatoris. Haec omnia patres abbates in suis visitationibus diligenter inquirant et faciant observari. Unter den Erlöserbildnissen werden nicht nur Kreuzigungsbilder und dergl. zu verstehen sein, sondern auch Madonnendarstellungen, bei denen die Mutter das Kind trägt. Aus den Schriften des Caesarius gehen nicht die geringsten Bedenken gegen diese Auffassung hervor. Im übrigen ist diese Kapitelsbestimmung für Caesarius besonders wichtig, da er, wie wir wissen, seinen Abt häufig auf Visitationsreisen begleitete. Zu den rücksichtslosesten Eiferern gegen alle Auswüchse der Kunst im zisterziensischen Sinne gehörte der hl. Bernhard. Am glänzendsten hat er sich darüber in der Apologie an den Abt Wilhelm von Thierry ausgesprochen. Nachdem er dort den hoffärtigen Wandel mancher Mönche getadelt hat, wendet er sich zur Kunst und sagt: „Doch dies alles ist gering. Ich komme zu schwererem Mißbrauch und zwar um so viel schwerer, als er häufiger ist. I)er Bethäuser maßlose Höhe, ihre übertriebene Länge, ihre unnütze Breite, ihr Aufwand an Steinmetzarbeit, ihre die Neugier reizenden und die Andacht störenden Malereien, sie scheinen mir nichts anderes zu sein, als die Gebräuche der alten Juden. Mag sein, daß es in der Absicht geschieht, Gott damit zu ehren: ich, ein Mönch, frage euch Mönche, was vor Zeiten ein Heide den Heiden vorhielt: Sagt, ihr Priester, was tut im Heiligtume das Gold denn? Ich

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aber rufe: saget, ihr Armen, denn nicht auf das Wort kommt es an, sondern auf den Sinn, wenn ihr wirkliche Arme seid, was tut im Heiligtume das Gold? Anders steht die Sache bei den Bischöfen, anders bei den Mönchen. - - - Wollen wir uns durch Habsucht leiten lassen und weniger nach dem Vorteil der Gläubigen als nach ihren Gaben streben? Denn Gold zieht Gold an. Je größere Reichtümer man irgendwo sieht, um so leichter gibt man dorthin. Vor goldbedeckten Reliquien öffnen sich am raschesten die Beutel. Die prachtvolle Figur eines oder einer Heiligen wird gezeigt und die Menschen halten sie für um so heiliger, je bunter sie ist. Man strömt herbei, sie zu küssen, man wird aufgefordert zu schenken und man bewundert mehr die Pracht, als man die Heiligkeit verehrt. Von den Decken hängen keine Leuchter, sondern gewaltige Räder mit Lichtern besteckt, von Edelgestein funkelnd. An Stelle von Leuchtern sehen wir wahre Kandelaber-bäume aus schwerem Erz und mit wunderbarer Kunst ziseliert und gleichfalls mit Edelsteinen überdeckt, und so geht es fort. Was glaubt ihr, wozu das alles dient, zur Zerknirschung der reuigen Herzen oder aber zu staunender Augenweide? 0 vanitas vanitatum, sed non vanior quam insanior! Die Kirche glänzt in ihren Bauten und darbt in ihren Armen. Sie überzieht ihre Mau-erst mit Gold und läßt ihre Kinder nackend davongehen. Die Scherflein der Bedürftigen werden genommen, um den Reichen einen Augenschmaus zu bereiten. Die Schaulustigen finden Ergötzung, die Elenden suchen Erquickung umsonst. - - - Wo-mit werden die Heiligenbilder auf den Mosaikfußböden geehrt? Man spuckt einem Engel ins Gesicht oder tritt auf einen Heiligen mit dem Fuße. Wozu schmückt ihr mit dem, was ihr notwendig beflecken müßt! --- Dann in den Kreuzgängen, dicht vor den Augen der lesenden und in Beschauung versunkenen Brüder, was soll da diese lächerliche Ungeheuerlichkeit, dieser garstige Prunk und diese prunkende Garstigkeit! Diese unreinen Affen, diese wilden Löwen, diese ungeheuerlichen Zentauren, diese Halbmenschen, diese Tiger, diese kämpfenden Männer, diese ins Horn stoßenden Jäger! Du siehst unter einem Kopfe mehrere Körper und umgekehrt auf einem Körper mehrere Köpfe. Du siehst einen Vierfüßler in eine Schlange auslaufen und einen

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Fisch mit dem Haupte eines Säugetiers. Hier eine Bestie, die vorn Roß und hinten Ziege ist, dort eine andere, die vorne Hörner und hinten Pferdefüße hat. So vielerlei und wundersames bietet sich dar, daß es vergnüglicher scheint, in dem Marmorbildwerk als in einem Buche zu lesen, und lieber den ganzen Tag hierüber als dem Gesetze des Herrn nachzugrübeln. Bei Gott! Habt ihr vor diesen Albernheiten keine Scham, so habt doch wenigstens Scheu vor den Kosten!" 12 Diese glühenden Worte des größten Zisterziensers gelten nur für die Mönche. Bischöfe und Nichtmönche nimmt er ausdrücklich aus. Aber dauernd sind die Worte Bernhards ebensowenig nachhaltig gewesen wie die Bestimmungen des Generalkapitels. Caesarius und das Heisterbacher Kloster stehen natürlich in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts noch unter dem Eindruck jener Vorschriften. Aus den Kapitellen der Zisterzienserbauten waren die „lächerlichen Ungeheuerlichkeiten”, von denen Bernhard spricht, verschwunden, reich eingelegte Fußböden gab es nicht, ebenfalls keine farbigen Glasfenster, großartige Malereien zierten weder die Wände der Kirche, noch des Klosters, und doch fühlen wir aus den Erzählungen des Caesarius, mit welchem Interesse sein Herz an diesen Dingen hängt. Nicht, als ob .er sie für sein Kloster hätte haben wollen. Er war der bescheidene, arme Mönch, diese Dinge waren für ihn superfluitates und er hatte sich den Ordensregeln zu fügen. Aber er träumte doch von den herrlichen Radleuchtern, die der hl. Bernhard verdammte, in denen unsern Caesarius aber der Zauber der Symbolik reizte. Wie gerne ließ er sich von kostbaren Reliquiaren, vom Glanz ihres Goldes und vom Schimmer ihrer Edelsteine entzücken! Bei Caesarius blieben die Dämonen in Gestalt von Affen, Löwen, Schlangen und Wesen mit Hörnern und Pferdefüßen wenigstens literarisch lebendig, wenn der heilige Bernhard ihre Darstellung durch die bildende Kunst auch auf das schärfste mißbilligte. Andere Orden und Stifte dachten über den Wert der bildenden Kunst für die religiöse Erziehung und die Aneiferung zum Glauben anders, darum müssen wir das, was uns Caesarius literarisch überliefert hat, in der bildenden Kunst vielfach bei diesen Orden und Stiften und nicht bei den Zisterziensern suchen.

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III. DIE ARCHITEKTÜR BEI CAESARILIS Am wenigsten werden wir von Schriftstellern wie Caesarius von der Architektur erfahren. Das Konstruktive und den Raumein• druck eines Bauwerks erleben manche Berufene seiner Zeit gewiß auch, aber der Weg vom Erleben bis zur Niederschrift ist weit und wird sehr selten beschritten. Wenn Caesarius von den jungen Zisterzienserabteien sagt, „sehr bezeichnend wird in seinem Aufbau ein Kloster nicht Schiff, sondern Schifflein (non navis sed navicula) genannt, da jeder Anfang eines fast neuen Hauses bescheiden ist, sowohl in bezug auf das Grundstück wie auf die Gebäulichkeit; dafür haben wir Beispiele in Citeaux und in Clairvaux und anderen sehr reichen Häusern, die in größter Einfachheit und Armut gegründet wurden (Horn. II, S. 15)”, so sind diese Worte ausdrücklich nur für die im Anfange stehenden Zisterzienserabteien gesagt. Zwar strebten selbst ältere und ieiche Zisterzienserabteien einfachere Baugruppierungen an, als man sie bei den Benediktinern bis dahin gewohnt war, von denen Caesarius sagt, daß sie durch prächtige und unnötige Bauten bei den Weltleuten Aergernis erregten und ihrer Verurteilung anheimfielen (Hom. IV, S. 30). Aber trotzdem sind es gerade die Zisterzienser gewesen, die dem grandiosen gotischen Baugedanken mit seiner ganz anderen Wertung des Raumes zum Siege verholfen haben. Aus zwei getrennten Quellen war im 12. Jahrhundert der neue Stil in Frankreich entsprungen, einmal in der Isle de France und das andere Mal in Burgund. Der „burgundische” Stil war der eigentlich zisterziensische. Später bedienten sich aber die Zisterzienser sowohl des einen wie des andern. Auch im Rheinland haben wir Beispiele für beide Arten der Ausdrucksform (z. B. Heisterbach und Altenberg). Ich habe keine Veranlassung dazu, auf den Stil von Heisterbach und seine Zusammenhänge mit Burgund einzugehen, weil Caesarius von dem Kirchen- und Klosterbau, der sich in Heisterbach zu seinen Lebzeiten vollzog, so gut wie

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gar nicht spricht 1D So wissen wir nur, daß die Kirche, die ursprünglich von den Mönchen benutzt wurde, ein schlichter Holz-bau war (VII, 21). Diese Holzkirche war mindestens 1208 zu Heisterbach noch in Benutzung, denn Caesarius erzählt, daß im Zusammenhang mit einer Vision, bei der von dem Holzbau die Rede ist, der Mönch Theoderich von Lorch sich zum Abt Heinrich begeben hat. Dieser Heinrich war seit Februar 1208 Abt zu Heisterbach 1i In den Homilien (II, S. 114) erzählt uns Caesarius dann noch, daß der Konvent von Heisterbach einmal auszog, um Steine aus einem Berg, nahe beim Kloster, zu brechen, und daß der Mönch Theoderich von Lorch einen Stein, den 20 Mann nicht bewegen konnten, schließlich allein nach einem Gebet mit göttlicher Hilfe ins Rollen brachte, so daß der unter-halb arbeitende Konvent durch Zurufe vor dem herabrollenden Steine gewarnt werden muBte. Wenn man annimmt, daß die dort gebrochenen Steine für den Klosterbau in Frage kamen, dann ist es wohl das einzige Mal, daß man aus den Werken des Caesarius auf den Fortgang der Bauarbeiten im Kloster, die zu Lebzeiten des Caesarius ausgeführt wurden, schließen kann. Der Berg, wohin die Mönche gingen, um Steine zu brechen, ist der Stenzelberg bei Heisterbach gewesen, denn die unteren Teile der Kirche bestehen größtenteils aus Stenzelberger Trachyt, während für die oberen Teile vielfach Tuff aus dein Brohltale auf der linken Rheinseite zur Verwendung gekommen ist. In der Literatur über die Baugeschichte Heisterbachs ist allenthalben die Ansicht vertreten, daß der Grundstein zur Kirche 1202 gelegt worden sei und daß Caesarius dies berichte. Tatsächlich fehlt uns heute jede gleichzeitige urkundliche Nachricht darüber. Es wäre möglich, daß der Bau im großen und ganzen damals schon im Plane so hätte fertig sein können, wie er dann ausgeführt worden ist, zumal die Klosterkirchen Frankreichs, die mit Heisterbach in Vergleich gezogen werden müssen, damals schon vollendet standen und bei dem engen Zusammenhang der Zisterzienser mit Frankreich natürlich auch ein künstlerischer Zusammenhang mit dem Westen in Frage kommt. Aus diesem Grunde sind die schlanken Säulen des Chors mit ihren tief einschneidenden Hohlkehlen an den Basen und den ein-

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fachen, aber erfindungsreichen Knospenkapitellen zu Anfang des 13. Jahrhunderts in Heisterbach wohl denkbar. Dagegen werden Einzelheiten, wie z. B. die Kragsteine im Hauptschiff in ihrer oft feinen, gotischen Behandlung kaum vor 1215 gedacht werden können. Seltsam ist ja auch die ungewöhnlich lange Zeitspanne von 1202 bis 1227, wo die Kirche in der Hauptsache fertig war. Die Ansicht, daß Caesarius das Jahr 1202 als Grundsteinlegungszeit berichte, geht, soweit ich habe feststellen können, auf ein falsches Zitat bei Sulpiz Boisseree zurück,16 der 1833 und 1844 in dem Werke „Die Denkmale der Baukunst am Niederrhein” eine Stelle aus dem Dialogus des Caesarius (XII, 5) als Beweis dafür zitiert. Boisseree hat dieses Zitat dem Werke des Caspar Jongelinus, Notitia abbatiarum ordinis Cisterciensis, Colonia, 1640, lib. II, S. 36 entnommen. Das Zitat bei Jongelinus bezieht sich aber nur darauf, daß der Abt Gevardus, der den Grundstein zur Kirche in Heisterbach gelegt haben soll, nach dem „unfreiwilligen Geständnis eines Teufels ein lebendiger Stein am himmlischen Jerusalem” geworden sei. Aehnliches berichtet Caesarius in dem 5. Kapitel der XII. Distinktion seiner Wundererzählungen. Von der Heister-. bacher Kirche ist aber in dem Kapitel überhaupt nicht die Rede. Jongelinus spricht auch von einer Grundsteinlegung 1202, nennt aber keine genaue Quelle für dieses Datum, sondern sagt nur, daß er seine Nachrichten über Heisterbach aus alten Urkunden geschöpft habe. Aus der Richtigkeit seiner übrigen Angaben kann man schließen, daß sich Jongelinus in Heisterbach selbst über alles unterrichtet hat, und es mag tatsächlich dort einmal eine Urkunde vorhanden gewesen sein, aus der die Gründung der Abteikirche für 1202 hervorging. Es ist indes in den ersten Jahren kaum ein rascher Fortgang der Bauarbeiten anzunehmen, sondern man wird erst im zweiten Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts ein rüstiges Fortschreiten des Baues vermuten dürfen. Abb. 2 und 3. Auch die Mönche des frühen Mittelalters wußten den Raum in seiner künstlerischen Bedeutung sehr wohl zu würdigen, wenn es ihnen auch noch nicht gegeben war, sich in unserer Weise darüber auszusprechen. Hervorhebenswert hierfür ist bei Caesarius nur das Erlebnis Peters des Einäugigen, Abtes von Clairvaux, im Dome zu Speyer.

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(VII, 11). Dieses der Mutter Gottes geweihte Gotteshaus war nach den eigenen Worten des Caesarius structurae stupendae magnitudinis. Als Peter dort in Gebet versank, war sein Sinnen und Trachten nicht auf „das Bestechliche der Gebäulichkeiten” gerichtet, sondern auf den „Bau des himmlischen Jerusalem”. Seine Begleiter indessen beendeten rasch ihr Gebet, um sich den Bau der Kirche anzusehen. Als alle sich später vor dem Dome zusammenfanden, fragte einer, wem das Gotteshaus geweiht sei. Der heiligen Maria, war die Antwort. Und Peter der Einäugige antwortete: „Das wußte ich”. Nachträglich fragte ihn der Prior von Citeaux, woher er gewußt habe, daß der Dom der Mutter Gottes geweiht sei. Darauf gab Peter zur Antwort: „Es scheint mir nur recht, daß als Patronin eines so wunderbaren Baues die Mutter Gottes gewählt wurde.” Schließlich erfahren wir noch, daß Peter mit dieser Antwort dem Fragenden nur ausgewichen war, und daß ihm im Dome zu Speyer die Mutter Gottes selbst, als er dort betete, erschienen war und über ihn den Reisesegen der Zisterzienser gesprochen hatte. Caesarius wollte durch diese Geschichte in erster Linie die Heiligmäßigkeit des Abtes dartun, über den er auch an anderer Stelle bereits einmal sehr rühmende Worte gefunden hatte (VI,11). Aber trotzdem stehen alle Personen in der Erzählung offenbar unter der Gewalt des Raumes zu Speyer, und zwar nicht bloß der Abt Peter, sondern auch die anderen Mönche, die früher ihr Gebet abbrachen, um die Kirche betrachten zu können. Was wir heute mit kunsthistorischen Ausführungen zum Ausdruck bringen würden, das fließt so nebenbei bei Caesarius in die Erzählung hinein. Es liegt drum auch ein feiner kunsthistorischer Sinn in dieser Erzählung. Wir sehen vor allem aus ihr, wie den Intelligenteren der Zeit eine Kirche nicht nur ein Bau ist, der sie bei der Gottesverehrung vor der Witterung schützt, sondern wie sie den Raum wirklich erleben und sie dann auf die innere Bedeutung seiner architektonischen Gestaltung Schlüsse zu ziehen versuchen. Es ist aber auch das wichtigste Begebnis in dieser Richtung, das sich bei Caesarius findet. Heute noch können wir das Raumerlebnis, wie es Caesarius in seiner Weise für den gewaltigen Speyerer Dom schildert, dort nacherleben. Urtext 2, S. 79; Abb. 1.

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Datierungsangaben für die Architektur gibt es bei ihm nicht viele. Ich hebe folgende hervor: Wir hören, daß unter König Philipp von Frankreich eine Kirche der Mutter Gottes zu Paris im Bau war (II, 33). In seinen Homilien nennt Caesarius sie monasterium (I, S. 141). Wenn hier König Philipp der Zweite (1180—1223) in Frage steht, wird es sich um die heutige Notre-Dame-Kirche handeln. Heinrich von Ulmen, der bekannte rheinische Reliquiensammler, baute für einen Zahn des heiligen Johannes, den er 1204 aus der Hagia Sophia in Konstantinopel auf einem Kreuzzuge mit-gebracht hatte, an seinem Schlosse eine Kapelle (VIII, 44). Er gab den Zahn später an das Kloster Heisterbach ab. Aus dem Bericht, der sich darüber in den Homilien (I, S. 122) findet, geht hervor, daß Caesarius den Zahn selbst mit seinem Superior bei Heinrich abgeholt hat: missus pro eo superior noster et ego cum eo. Caesarius wird den berühmten Ritter damals nicht erst kennen gelernt haben, denn wie aus derselben Stelle der Homilien hervor-geht, war die Mutter Heinrichs von Ulmen in Heisterbach begraben, so daß man also nähere Beziehungen des Geschlechts zu den Mönchen von Heisterbach wird annehmen dürfen. Urt. 8, S. 82. Graf Karl von Sayn, den Caesarius nur Karl nennt, stiftete für sein Seelenheil eine Schiffsladung Steine an die Apostelkirche zu Köln. Aller Wahrscheinlichkeit nach sind diese Steine Ende des 12. Jahrhunderts zum Fundament gebraucht worden, als ein Teil der Kirche abbrannte und diese daraufhin erweitert wurde (VIII, 63) i' Petrus, Priester und Arzt, erbaute in der Stolkgasse zu Köln als Buße für eine irrige Ansicht in der Abendmahlslehre ein Hospital und eine Kapelle zu Ehren der heiligen Maria Magdalena. Es sind dieselben Gebäulichkeiten, die in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts die Dominikaner bezogen (iX, 56). Dialogus VIII, 65 erwähnt Caesarius die bauliche Erneuerung des Münsters zu Bonn, bei welcher Gelegenheit Märtyrer der thebäischen Legion aufgefunden wurden. Diese Erneuerung hat in den sechziger Jahren des 12. Jahrhunderts stattgefunden und von den Leibern der thebäischen Märtyrer sind später Reliquien nach Ileisterbach gekommen.

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In Klein-Altendorf bei Rheinbach wurde für wundertätige Schuhe des verstorbenen, frommen Mönches Walter von Birbach aus Himerode eine Kapelle gebaut (VII, 38). Aus dem Dialogus des Caesarius wissen wir auch, daß bereits zu seiner Zeit für die Porta paphia, das römische Nordtor von Köln, die Bezeichnung Pfaffenpforte die übliche war. Diese Benennung ist uns sonst nur wenig früher, nämlich aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts, in den Kölner Schreinsurkunden überliefert. Caesarius nennt das Tor Porta clericorum (IV, 5; IX, 43). Es war damals schon zu Wohnungen für Domgeistliche eingerichtet, und es wohnte dort u. a. zur Zeit, da Caesarius darüber schrieb, der Dechant Adolphus, derselbe, der später den bischöflichen Stuhl von Köln bestieg. Man kann aus der kurzen Erwähnung des Pfaffentores bei Caesarius schließen, daß es bereits erkerartige Ausbauten hatte, wie sie ähnlich, wenn auch aus späterer Zeit auf dem Kupferstich von 1571 noch vorkommen'a Unser Schriftsteller berichtet nämlich, daß ein Domkanonikus an das Erkerfenster der Porta paphia trat (fenestra solarii Portae clericorum) und draußen den Dechanten Ensfried von St. Andreas erblickte, dem mehrere Arme, Blinde und Lahme folgten. Die Straße an der Porta paphia scheint damals nicht in besonders gutem Zustande gewesen zu sein, denn der Kanonikus sah weiter, wie Ensfried, der selber alt und gebrechlich war, jedem Armen die Hand reichte, damit er die Steine, die dort auf der Straße herausstanden, überschreiten konnte (et cum non possent transire lapides, qui plateam illic dividunt, ipse cum erat aetatis decrepitae, manum singulis porrigebat). In der Vita Engelberti (I, 19) hören wir, daß Engelbert mahnte, die ecclesia S. Petri zu erneuern (renovare). Um damit anzufangen, stellte er 500 Mark sofort zur Verfügung und war bereit, jedes Jahr ebensoviel zu überweisen, solange als die Kirchenfabrik es verwenden könne. Diese ecclesia S. Petri ist der Dom zu Köln. Damals stand noch der Hildeboldsche Dom des ersten Jahrtausends, der inzwischen so baufällig geworden war und wohl auch für den Kultus so wenig mehr ausreichte, daß bereits 23 Jahre nach dem Tode Engelberts Konrad von Hochstaden 1248 den Grundstein zum neuen gotischen Dome legte.

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Dadurch, daß Caesarius in der Lebensbeschreibung des Dechanten Ensfried (VI, 5) von Sankt Andreas zu Köln häufig auf diese Kirche zurückkommt, erfahren wir einiges von diesem Gotteshaus. So hat sich z. B. dort ein Kreuzaltar befunden und für die Krypta erwähnt unser Schriftsteller einen Altar der heiligen Maria. Zu der Zeit, da Ensfried dort Dechant war (1176-1193), wurde auch für den Bau der Kirche gesammelt. Die Sammlung betraf jeden-falls die Erweiterung zu der Dreiconchenanlage aus dem Anfange des 13. Jahrhunderts, die heute nicht mehr vorhanden ist, sondern in der gotischen Zeit durch Erweiterungen stark verändert wurde. An anderer Stelle erfahren wir, daß der Mönch Reinerus von Heisterbach, vorher Kanonikus in S. Andreas, zwei nach Norwegen reisenden jungen Leuten 5 Solidi gegeben hatte, um dort ein Eisbärfell für den Fußboden vor dem Altare des heiligen Andreas zu beschaffen. Sie lieferten das Eisbärfell auch, gaben aber die Solidi zurück, da sie durch das für den heiligen Andreas bestimmte Fell aus Sturmesnot gerettet worden waren.f° Nicht bloß die Menschen bezeugen bei Caesarius dem Göttlicl?en ihre Ehrfurcht, selbst Tiere tun es in ihrer Weise (z. B. IV, 98) ; und Lebewesen, denen eine Geschicklichkeit zum Bauen eigen ist, wie den Bienen, verehren den Schöpfer nicht bloß mit Summen („in laudem Creatoris bombizantes"), sondern sie bauen um eine geweihte Hostie aus Wachs auch eine kunstgerechte Kapelle mit Wänden, Fenstern, Dach, Turm, Eingang und Altar (IX, 8). Eine ähnliche Erzählung hat sich später auch an Immekeppel bei Köln geknüpft, das der Legende nach daher den Namen haben soll. In Verbindung mit der Zisterzienserabtei Altenberg wird die Geschichte ebenfalls erzählt. Danach haben die Bienen dort sogar den „Altenberger Dom” in Wachs genau nach-gebaut. Das Wachskirchlein soll in der Kirche zu Altenberg neben dem Sakramentshäuschen aufbewahrt worden sein.°°

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IV. MALEREI UND PLASTIK BEI CAESARILIS Aus den angeführten Beispielen ist ersichtlich, daß sich aus den Schriften des Caesarius für die Stilwandlung seiner Zeit in der Architektur so gut wie nichts ergibt. Für Malerei und Plastik und auch für einzelne kunstgewerbliche Schöpfungen ist die Aus-beute in seinen Werken indes ziemlich bedeutsam. Den Bildhauern und Malern steht unser Schriftsteller offenbar näher. Als ein angehender Mönch in Himerode beim Versikel der Trinität (Gloria patri et filio etc.) sich verneigt und dabei den Ein-druck eines Kreuzes auf der Stirne wahrnimmt, glaubt Caesarius, daß er in jener Stunde besonders an das Leiden Christi gedacht habe. Dazu bemerkt der Novize: Puto quod sculptores et pictores s:icrarum imaginum aliquod speciale praemium ex hoc percipiant. Caesarius vertieft den Gedanken, indem er hervorhebt: De hoc dubitare non debes, si tarnen magis sit d e v o t i o, quam avaritia mercedis in causa (VII, 23). Er hat Recht. Die devotio, die Hingebung, die Gottversunkenheit ist es, die ein religiöses Kunstwerk ins Leben ruft.

DIE CHRISTUSAUFFASSUNG Von den zwölf Distinktionen des Dialogus lautet eine De Corpore Christi (IX) und eine andere De Sancta Maria (VII). Es ist klar, daß Caesarius gerade hier auch die Kruzifix- und Madonnengestaltungen seiner Zeit streifen muß. Sowohl an der Kruzifix- wie an der Madonnenauffassung läßt sich deutlich in den Schriften des Caesarius der Uebergang von der romanischen zur gotischen Epoche erkennen. Einerseits gewahren wir, daß ihn noch sehr die Schöpfungen der romanischen Kunst umgeben, andererseits erlebt er aber auch vor allem visionär vieles für seine Zeit voraus, so daß wir auch hier, wie so oft in der christlichen Kunst feststellen müssen, daß die Literatur der bildenden Kunst vorangeht. Was zunächst die Kruzifixgestaltungen anbetrifft, so wissen

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wir heute, daß die Frühzeit der christlichen Kunst meist Kruzifixe ohne Corpus Christi schuf. Es handelt sich bei ihnen im all-gemeinen um Stücke von besonders kostbarem Material. Caesarius erwähnt noch eine Reihe von ihnen, z. B. ein kleines mit Reliquien angefülltes goldenes Kreuz in Groningen (VII, 53), eine crux aurea für den Ritter Walther von Birbach (VII, 38), ein Kreuz in Maestricht „pretiosissima gemmis et auro decorata” (X, 21) und ein anderes ebenfalls mit Steinen verziertes Kreuz in einer flandrischen Stadt, das der Küster stahl und in die Erde vergrub (lib. VIII mir. I, 39). Ueber das Kreuz des Walter von Birbach erzählt Caesarius, daß Walter es im Auftrage der heiligen Maria durch einen Priester vom Altare herab erhalten habe. Es besaß einen solchen Glanz, daß alles andere Gold daneben fahl aussah. Als Walter in Himerode ins Kloster trat, schenkte er es dem Abte. Das Kreuz wurde dann auf Bitten der Schwester Walters, der Gräfin von Holland, dieser übergeben, die es nicht trug, sondern in ihre Schätze aufnahm (VII, 38). Ob es später wieder nach Himerode zurückgelangte, ist nicht sicher, aber möglich. Das Staatsarchiv zu Koblenz besitzt noch ein Schatzverzeichnis von 1700 aus Himerode (Abt. 96, Faszi&. 13), das unter Nr. 26 folgen-des Schatzstück aufführt: „Item, die große silberne Tastel (Tafel?), durchaus mit Edelsteinen besetzt, darinnen viele Reliquien, besonders Partikel S. Crucis, so in einem daran gehäfftelten goldenen Kreuz behalten wird”. Dieses Kreuz könnte dasjenige des Walter von Birbach gewesen sein. Es ist heute mit dem erwähnten größeren Reliquienbehälter verloren. Pater Nikolaus Hees bezeichnet in seinem Manipulus Hemmenrodensis, der 1641 in Köln erschien, das Kreuz als den Hauptschatz der Abtei. Von der crux caerulei coloris, die einmal in Sutherhausen (Frieslandl neben der Sonne erscheint (X, 38), geben uns vielleicht die tief-blauen Kreuze aus undurchsichtigem Email der Werkstätten in Köln und Limoges eine Vorstellung, da man bei Caesarius noch nicht an die herrlichen Kreuze aus transluzidem Email der frühen Gotik wird denken dürfen. Das Metallkreuz aus St. Georg zu Köln mit dem — wohl plastischen — Bild des Erlösers, per quam multa miracula facta sunt ac sanitates (VIII, 25), scheint eben-falls noch ein romanisches Kreuz gewesen zu sein, etwa in der

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Art des heute noch zu Werden an der Ruhr erhaltenen. Die Kreuzpartikel, die es enthielt, hat man z. Z. des Caesarius heraus-genommen und mit Edelsteinen und Gold in Kreuzform neu um-schlossen. Gelenius " erwähnt beide Stücke noch. Das alte Schatzverzeichnis von St. Georg nennt eine Reihe von Kreuzen, von denen nur eins noch in St. Maria-Lyskirchen zu Köln aufbewahrt wird. Im 12. Jahrhundert besaß der Schatz von St. Georg nach dem Schatzverzeichnis zwei goldene und zwei eherne Kreuze. Ein Schatzverzeichnis des 14. Jahrhunderts erwähnt auch noch vier Kreuze, unter denen sich die beiden Kreuze des Caesarius befunden haben. Besonders interessant ist ein mit leinener Tunika sorgfältig bekleideter Kruzifixus in Weißenburg" (X, 20), der uns an die heute noch z. B. in Köln, Braunschweig, Lucca und anderswo vorhandenen mit langer Tunika bekleideten Darstellungen des Gekreuzigten aus romanischer Zeit erinnert. Christus ist hier als Hoher Priester aufzufassen, der sich selbst zum Opfer bringt. Eine spätere Zeit, die den Sinn dieser Darstellungen nicht mehr verstand, hat in weit ausholender Legende eine heilige Wilgefortis oder eine heilige Kümmernis aus solchen Gekreuzigten gemacht. Unserem Schriftsteller ist ein ganz bekleideter Kruzifixus natürlich durch-aus noch nicht unverständlich. Was die körperliche Erscheinung des Heilandes betrifft, so herrschte darüber in der friihchristlichen Zeit eine erhebliche Meinungsverschiedenheit. Die eine Ansicht stützte sich auf Jesaias 53, 2—4: „Er steigt empor wie eine Wurzel aus dem dürstenden Lande, nicht ist ihm Gestalt und nicht Schmuck. Wir sahen ihn und es war kein Anblick, so daß wir Wohlgefallen an ihm fanden, dem Verachteten und Mindesten der Menschen, dem Manne der Schmerzen, der Krankheit erfahren; und sein Antlitz war wie verhüllt und verachtet, weshalb wir sein nicht achteten. Wahrlich, er hat unsere Leiden getragen und unsere Schmerzen hat er auf sich genommen. Und wir hielten ihn für einen Aussätzigen, einen von Gott Geschlagenen und Gebeugten.” Danach nahm man an, Christus sei von besonders häßlicher Körperbeschaffenheit gewesen. U. a. vertraten Tertullian und Clemens von Alexandrien diese Ansicht. Die andern beriefen sich auf den messianischen Psalm 44, 3, der lautet: „Schön von Ge-

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stalt bist du, mehr als die Menschenkinder, Anmut ist ausgegossen über deine Lippen; darum hat dich Gott gesegnet auf ewig." Daraus glaubte man dem Heiland eine überragende irdische Schönheit beimessen zu dürfen. Auf diesem Standpunkt standen u. a. Chrysostomus, Hieronymus und Johannes von Damaskus. Zur Zeit des Caesarius war man von diesem Streite der Meinungen schon weit entfernt. Man erkannte eine körperliche Schönheit des Heilandes an, und Caesarius folgt dieser Auffassung, wenn er Christus delectabilis, affabilis, gratiosus atque speciosus (Hom. II, S. 106) nennt. Von ganz besonderer Wichtigkeit ist die allgemeine Auffassung über die Art der Kreuzigung durch Caesarius. Hier gewahrt man vor allem, daß er sich auf der Scheide zwischen romanischer und gotischer Epoche befindet. Der romanische Kruzifixus s t e h t am Kreuze, beide Füße nebeneinander, ohne Dornenkrone als Triumphator, die Arme wagerecht ausgebreitet, selbst dann noch heldenhaft, wenn sich das Haupt bereits im Tode auf die Brust gesenkt hat. Der gotische Christus h ä n g t am Kreuze mit Dornenkrone, mit einem Nagel sind beide Füße schmerzvoll übereinandergenagelt, die Arme sind erhoben und erscheinen wie ausgereckt. Er ist ein Bild nicht des Triumphes, sondern des Leides von Golgatha. Die romanische Auffassung kann man bei uns mit gutem Recht die benediktinische nennen, die gotische ist durch die Zisterzienser (Bernhard von Clairvaug) angebahnt und dann vor allem durch die Franziskaner (Franz von Assisi) zu noch stärkerer Realität geführt worden. Der Zisterzienser Caesarius schwankt noch zwischen benediktinischem und gotischem Ideal. Er spricht mit offenbar absichtlicher Unterscheidung von einem in cruce stare und einem in cruce pendere. Wollte man der Zahl nach fest-stellen, welche Auffassung von beiden in seinen Erzählungen häufiger vorkommt, so fällt die Feststellung zu Gunsten des pendere aus. In seinen Wundern sieht er noch Christus manibus in cruce expensis stare (VII, 33), aber auch hängt ihm bereits der Heiland am Gabelkreuze (crucis patibulum), mit erhobenen aus-gestreckten Armen (elevatis brachiis extensis), Nägel in Händen und Füßen und das Haupt geneigt (X, 37, Hom. III S. 171 und IV S. 151). Ob man hier crucis patibulum mit Gabelkreuz übersetzen darf, ist

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nicht sicher. Vielleicht heißt es nur Kreuzbalken. Aber die empor-gestreckten Arme und das geneigte Haupt machen einen gotischen Einschlag wahrscheinlich, während ein anderes Moment, das Caesarius ausläßt, das sich aber bei der Quelle des Wunders, dem Domscholastikus Oliver s$ befindet, wieder ein romanisches Motiv verrät, nämlich, daß der Gekreuzigte auf dem Fußbrett (scabellum) steht. Oliver fügt noch hinzu, daß das Kreuz so erschienen sei, wie man es auch in der Kirche von einem Künstler geschaffen sehen könne (in ecclesia ab artifice parata). Die Vision ist nach dem Bericht des Caesarius und Olivers genau in den Juni 1214 zu datieren und jedenfalls ein Beweis dafür, daß um diese Zeit romanische Kruzifixe mit gotischem Einschlag am Rhein schon wohlbekannt waren. Abb. 5-7. Im allgemeinen stellt die romanische Epoche den Gekreuzigten mit offenen, auf die Menschheit niederblickenden Augen dar. Das Moment der Todesruhe, bei der die Augen geschlossen sind, kommt als Uebergang zur Gotik besonders oft um 1200 vor. Auch Caesarius kennt solche Darstellungen: „Et ecce, contra naturam picturae imago dominica cunctis intuentibus oculos clausos aperuit, conventuyn aspexit (Lib. VIII mir. II, 8) .” Eine der frühesten Darstellungen Christi am richtigen Gabel-kreuz enthält heute im Rheinland das Hauptchorfenster in S. Kunibert zu Köln, wo es einen Zweig der Wurzel Jesse bildet. Dieses Fenster ist in die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts zu datieren, also bald nach dem Tode des Caesarius entstanden. Neben solche Auffassungen treten dann auch wieder andere Gesichte wie in der Erzählung des Dialogus VIII, 14. Dort er-scheint ein ehrwürdiger Mann mit einem Kreuz in der Hand und streicht mit dem Finger über die „fünf Wunden” des Heilandes. Es wird anzunehmen sein, daß bei diesem Bildwerk Christus noch mit nebeneinander stehenden Füßen dargestellt war, sonst würde das Streichen über die „fünf” Wunden kaum deutlich zu machen gewesen sein. Bei einer andern Vision steht neben dem Kreuz ein Greis mit Salbbüchse, der daraus Christi Wunden salbt (VIlI, 3). Vielleicht ist unter diesem Greis Josef von Aritnathia zu erkennen. Das hölzerne Kreuz, das eine Nonne im Hunsrück besaß, in

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einem Beutelchen aufbewahrte und zur Verehrung herausholte, mag nur erwähnt werden (VI, 32). In derselben Geschichte spricht auch Christus vom Altare herab. Auch hierbei könnte man an ein Bild des Gekreuzigten denken, denn nicht selten fmden wir es bei Caesarius, daß die Bildwerke Leben annehmen, wie z. B. das Kruzifix auf einem Altare in der Kirche des heiligen Grabes, an dem ein frommer Kreuzritter vorbeiging. Das Bildnis des Gekreuzigten neigte sich tief vor ihm, weil es ihn wegen seiner Frömmigkeit ganz besonders auszeichnen wollte (VIII, 21). Die-selbe Geschichte wiederholt unser Schriftsteller noch einmal in den libri VIII miraculorum (II, 35). Urtext 4, S. 81. Die Legende erzählt ein solches Begebnis auch von der heiligen Irmgardis von Zütphen (gest. vor 1086), die im Dom zu Köln von einem Kruzifix gegrüßt wurde. Man müßte das heute noch dort vorhandene, romanische Gerokreuz schon sehr früh datieren, wenn man es mit dieser Legende in Beziehung bringen wollte. In der Hagia Sophia zu Konstantinopel hatte ein Jude ein Kruzifixbild mit dem Schwerte durchbohrt und es war Blut aus der Wunde geflossen. Das Bild wurde zur Zeit des Caesarius noch gezeigt (lib. VIII mir. II, 39). An anderer Stelle erscheint Christus am Kreuze bereits mit Dornenfesseln (spineis vinculis) ums Haupt, eine Fessel umschließt beide Füße zugleich (IV, 18). Mit drei Nägeln ist Caesarius jeder Mönch wie Christus an ein Kreuz geheftet, zwei Nägel halten die Hände, der dritte geht durch beide Füße (VIII, 19). Die drei Nägel bedeuten nach Caesarius in Anlehnung an den heiligen Hieronymus die drei Tugenden der Martyrer: oboedientia, patientia und humilitas. Caesarius ist übrigens nicht der erste, der über die drei Nägel am Kreuze, die für die gotische Kunst maßgeblich wurden, spricht. Die Albigenser machten zum Spott Kreuze, an denen Christus mit drei Nägeln hing. Dagegen wandte sich Papst Innozenz III. (f 1216), der ausdrücklich betonte, bei der Kreuzigung Christi seien vier Nägel gebraucht worden (fuerunt in passione Domini quatuor clavi, quibus manus affixae sunt et affixi pedes). Aber auch diese päpstliche Entscheidung konnte die sich neu einstellende Zeit nicht beim Alten halten. Drei Nägel müssen dann schon bald in die all-gemeine Kruzifixauffassung übergegangen sein, denn Walther von

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der Vogelweide (t um 1250), der Zeitgenosse des Caesarius, singt es bereits in einem Liede als selbstverständlich : Sin lip wart mit scharpfen Dornen gar verseret: dennoch wart manievalt sin marter an dem Kriuze gemeret: man sluoc im drie negel dur hande und ouch dur füeze. (Lachmann, Ged. W. v. d. V., S. 37). Auch erzählt Caesarius das religiöse Erlebnis, daß Christus vom Kreuze die Arme löst und die ihm in heiligem Rausch Hingegebenen umarmt (VIII, 13 und 16). Dasselbe erzählt die Legende bekanntlich auch von Bernhard von Clairvaux; und ich habe bereits früher einmal nachgewiesen, wie aus der WeitergestaItung solcher Visionen die bildende Kunst zu den wenigen Kruzifixen mit über der Brust zusammengelegten Armen gekommen ist." Caesarius scheint übrigens das „Gotische” dieses Erlebnisses zu fühlen, denn er beginnt seinen Bericht: Ecce ibi Dominus Jesus stans ante eum, und berichtigt sich dann: vel potius quasi pendens in cruce (VIII, 13). Bezeichnend für die Auffassung des Caesarius ist es ferner, daß nie der reine Christus triumphans oder regnans der benediktinischen Auffassung in seinen Kruzifixschilderungen auftritt. Es scheint mir sogar eine gewisse gegensätzliche Auffassung gegen die frühere Zeit und die Benediktiner in seinen Erzählungen betont zu werden. Besonders beweiskräftig ist dafür folgende Geschichte: Der Zisterzienser Konrad hat in einem Hause der Abtei Heisterbach zu Dollendorf ein Gesicht: Ecce, Salvatorem coram se in cruce pendentem vidit, qui ait: Conrade, vides quanta propter te sustinuerim? (VIII, 20). Diese Frage könnte der Gekreuzigte nicht an den Mönch gestellt haben, wenn er ihm in der benediktinischen Gestaltung des 12. Jahrhunderts erschienen wäre. Er konnte die Frage nur stellen, wenn die Leiden deutlich an ihm sichtbar waren. Aber auch dieses Erlebnis würde für die bildende Kunst an sich hier nichts besagen, denn auch Benediktinern ist Christus mit allen Leiden eines Gekreuzigten erschienen, wenn nicht Caesarius am Schlusse der Geschichte zur Belehrung seines Novizen hinzufügte: non solum consulatio est in Christi passione, imo etiam in sacris imaginibus, quae eandem beatam passionem repracsentant. Daß er es nötig hat, seinen Novizen eigens auf den

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Wert der Passionsdarstellungen hinzuweisen, ist einerseits ein Beweis dafür, daß er solche Bilder bereits gekannt hat, andererseits, daß sie doch noch nichts Alltägliches waren und daß zu seiner Zeit wohl noch die ideale benediktinische Anschauung mit der realistischeren des 13. und 14. Jahrhunderts im Kampfe stand. Ln Zusammenhang damit bekommt auch die Erzählung von einem malenden Benediktinermönche (nigri ordinis) aus der Diözese Mainz eine eigenartige Beleuchtung. Dieser Mönch, von dem Caesarius sagt, daß er „ordini nostro devotus”, also den Zisterziensern ergeben gewesen sei, hat als Benediktiner im Zisterzienserkloster zu Heisterbach „fast alle Kruzifixe gemalt”. Um zu zeigen, wie sehr ihm seine Arbeiten gefallen haben, hat Christus ihn an einem Karfreitage von der Erde hinweggenommen. „Das bedeutet, daß der Herr die, welche die Bilder seines Leidens (imagines suae passionis) ehren, wiederehrt und belohnt” (VIII, 24), — auch wieder ein bewußter und starker Vorstoß für die Leidenskruzifixe in der bildenden Kunst, hier noch des-halb besonders wirksam, weil ein Benediktiner sie gemalt hat! ~ Wie die Benediktiner am Rhein eigentlich über die Kruzifixauffassung gedacht haben, versteht man am besten, wenn man einmal in die Zeit zurückblickt, in der der zisterziensische Gedanke noch nicht wirksam war. Sehr klar spricht sich darüber Rupertus von Deutz (t 1135) aus. In seinem Werk De divinis officiis (Migne, Patr. lat., 170, Sp. 165 f.) spricht er am Karfreitage vom Kreuz und sagt folgendes: „Wir verehren das Kreuz als den Schutz des Glaubens, als den Beweis der Hoffnung, als Thron der Liebe, als den Ehrentitel der Barmherzigkeit, als den Beweis der Sanftmut (pietas), als den Träger (vehiculum) der Gnade und als das Banner des Friedens. Wir verehren das Kreuz, das den Stolz vernichtete, den Neid zertrat, die Schuld berichtigte und die Strafe aus-glich. Das Kreuz Christi ist die Pforte des Himmels, der Schlüssel des Paradieses, der Sturz des Teufels, die Aufrichtung des Menschen, der Trost unseres Gefängnisses und der Preis für die Freiheit. Das Kreuz ist die Hoffnung der Patriarchen, die Verheißung der Propheten, der Triumph der Könige und das Ansehen der Priester. Das Kreuz klagt die Tyrannen an, beugt die Gewaltigen, erhebt die Bedrängten und ehrt die Armen. Das Kreuz ist das Hin-

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schwinden der Finsternis, die Ausbreitung des Lichts, die Flucht des Todes, das Schiff des Lebens und das Reich des Heiles. Was wir für Gott vollbringen, was wir erlangen und was wir hoffen, ist die Frucht der Verehrung des Kreuzes. Durch das Kreuz zieht Christus alle zu sich hin (Joh. XII). Es ist das Königreich des Vaters, das Zepter des Sohnes, das Siegel des heiligen Geistes und das Zeugnis der ganzen heiligen Dreifaltigkeit." Nichts wie Sieges-und Triumphstimmung klingt aus diesen Worten des Rupertus, und so waren auch die Kruzifixgestaltungen der Benediktiner in der Kunst. Daneben vergleiche man einmal die Gedanken unseres Zisterziensers, der sich nie zu solch poetischem Fluge erhebt, sondern in der passio seines Heilandes fast versinkt! Gern läßt sich Caesarius, auch von den Benediktinern, immer wieder bescheinigen, wie vortrefflich man im Zisterzienserorden aufgehoben ist. Ein Zisterzienser z. B. sieht im Himmel die Mutter Gottes, umgeben von den himmlischen Heerscharen. Keinen Zisterzienser jedoch erblickt er. Er wagt die Gottesmutter zu fragen, wo seine Ordensbrüder seien. Bald zeigt sie sich ihm als Schutzmantelmadonna, breitet den Mantel aus und nun er-blickt er darunter die unübersehbare Schar der Mönche seines Ordens (VII, 59). Aehnliches melden für Caesarius auch die Benediktiner im Himmel. Einer von ihnen kehrt nach dem Tode als Vision zurück, und nach den Zisterziensermönchen im Himmel befragt, erklärt er: Ihr Lohn ist sehr groß, und sie leuchteii wie die Sonne im Himmelreiche. Zur besonderen Bekräftigung fügt Caesarius noch hinzu: haec mihi relata sunt a quodamAbbate nigri ordinis (XII, 53). Noch stärker äußert sich in bezug auf die Zisterzienserorden ein Jüngling, der Nekromantie studiert hatte, starb und bald darauf einem Studiengenossen erschien. Dieser fragte ihn nach dem sichersten Wege zum Himmel, und jener antwortete: „Es gibt keinen sichereren Weg als den Zisterzienserordeu, denn vom ganzen Menschengeschlechte steigen nirgendwo weniger zur Hölle, als die Glieder seines Glaubens (I, 33) :` 28 Auch den Schmerzensmann kennt Caesarius bereits. Er schildert ihn in der Vision einer Jungfrau, die dem gesichtereichen Kloster Walberberg nahestand: Sie geriet einmal, „wie ich glaube am Tage der Passion”, in Verzückung und erblickte den Erlöser

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mit nackten Füßen als Gefangenen und um ihn eine Schar von Juden. Er stand dort mit niedergeschlagenem Blick, nur mit dem Rock bekleidet und mit herabhängenden Händen, Sein Rock schien gelbe Farbe zu haben (VIII, 9). Diese Schmerzensmann-Darstellungen sind vielleicht ganz besonders durch die Legenden Gregors I, des Großen (Papst 590 bis 604), beeinflußt worden. Die mittelalterliche Legende erzählte, daß der Heiland ihm bei der Messe, umgeben von den Leidenswerkzeugen, erschienen sei. Diese Messe ist allgemein als Messe des heiligen Gregor bekannt. Seltsam ist es, daß die Legende, die allerdings auf einen Bericht Gregors selbst zurückgeht, in der Folgezeit eine vollständige Umwandlung erfuhr. Gregor erzählt nämlich in den Libri IV Dialogorum de vita et miraculis patrum Italicoruan et de aeternitate animarum (IV, 55), einem außer-ordentlich verbreiteten Buch, das Jakobus de Voragine für seine legenda aurea ausgiebig benutzt hat, und das möglicherweise auch auf die Wundererzählungen des Caesarius von Einfluß gewesen ist, folgendes Begebnis: Ein Mönch Justus starb. Da kurz vor seinem Tode Goldstücke bei ihm gefunden worden waren, ein Eigentum, das er nicht haben durfte, wurde er im Mist begraben und die Goldstücke ihm ins Grab nachgeworfen. Vor dem Tode hatte er aber noch Gelegenheit gehabt, seine Sünden zu bereuen. Nachdem er dreißig Tage im Grab gelegen hatte, veranlaßte Gregor, daß nun Tag für Tag für ihn eine Messe gelesen wurde. Nach der dreißigsten Messe erschien Justus seinem Bruder und sagte ihm, er sei erlöst. Es ist in dieser ursprünglichen Erzählung also weder von einer Erscheinung Christi die Rede, noch davon, daß Gregor selbst die Erscheinung gehabt habe. Eine verwandte Legende findet sich bei Caesarius in den Libri VIII miraculorum III, 60. Dort stirbt ein Geistlicher, der der Welt ziemlich sündhaft zu sein schien, es aber nie vergaß, die heilige Maria zu verehren. Als er starb, wurde bestimmt, daß man ihn nicht in geweihte Erde, sondern außerhalb des Friedhofes begrabe. Nachdem er dreißig Tage dort gelegen hatte, erschien die Mutter Gottes einem Geistlichen und sagte zu ihm: Warum habt ihr meinen Kanzler außerhalb des Friedhofes begraben? Auf die Frage, wer denn ihr Kanzler sei, antwortete die heilige Jungfrau: Der ist es, den

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ihr vor dreißig Tagen begraben habt, der mir sehr ergeben diente und mich oft genug am Altare grüßte. Bringt ihn schnell von dem unziemlichen Orte fort und bestattet ihn im geweihten Vor-platz der heiligen Kirche. Man braucht bei dieser Erzählung nur noch den Gedanken hinzuzusetzen, daß für den Toten seit dem Begräbnis täglich eine Messe gelesen worden ist, so liegt ein Fall vor, der in allem der Erzählung des heiligen Gregor sehr ähnelt. Nur erscheint hier weder Christus noch der Tote selbst am Ende der dreißig Tage, sondern dem mariologischen Zuge der Zeit folgend, die Mittlerin und Mutter Maria. Die Messe des heiligen Gregor ist in die bildende Kunst aufgenommen worden und besonders im späteren Mittelalter mit allem Prunk dargestellt worden, während die bildende Kunst, soweit ich es habe fest-stellen können, an der von Caesarius in einer Abwandlung gegebenen Erzählung achtlos vorübergegangen ist. In der Kunstgeschichte ist noch eine andere Messe besonders bekannt geworden, die Messe von Bolsena, die z. B. noch Raphael im Vatikan dargestellt hat. Hier erzählt die Geschichte, daß 1263 zu Bolsena einem an der Transsubstantiation zweifelnden Priester Blut aus der Hostie floß und das Corporale bespritzte. Das Wunder wurde Veranlassung zum Dombau von Orvieto (1290), und der Goldschmied Ugolino di Vieri schuf 1338 für diesen Dom das herrliche Silberschmelz-Tabernakel, auf dem die Vorgänge von Bolsena dargestellt sind. In diesem Tabernakel wird das Corporale heute noch aufbewahrt. Die Ereignisse bei der Messe von Bolsena haben auch ganz besonders zur Einführung des Fronleichnams-festes im Jahre 1264 beigetragen. Papst Urban IV. (1261—1264) stiftete damals das Fest. Ihn verbanden starke Beziehungen mit dem Norden. Er war zu Troyes geboren und hier auch zuerst Kanonikus gewesen. Von dort kam er als Bischof nach Laon. Demnach war er also in einer Gegend aufgewachsen, wo schon im 12. und frühen 13. Jahrhundert die berühmten Theologen sich eingehend mit dem Begriff der Transsubstantiation befaßt hatten. Er hatte in seiner Heimat auch bereits sicher davon Kunde, daß in Lüttich das Fronleichnamsfest schon seit 1250 feierlich begangen wurde, und zwar auf Grund einer Reihe wunderbarer Begebnisse, die dem Wunder von Bolsena nahe verwandt

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waren. Ihren Schein werfen diese Begebnisse aus der Gegend von Lüttich auch in die Wunderberichte des Caesarius hinein. Er erzählt eine Reihe solcher Wunder, vor allem im Dialogus Distlntio IX und in den Libri VIII miraculorum (I. und II.). Hier verwandelt sich die Hostie in Fleisch, Blut und Wasser fließen aus ihr, im Kelch erscheint wirkliches Blut, ein Priester hebt statt der Hostie das leibhaftige Jesuskind am Altare empor, ein anderer erblickt in der Hostie die Mutter Gottes mit dem Rinde, darauf das Lamm und schließlich den Gekreuzigten (in cruce pendentem capite inclinato), wieder ein anderer, der das corpus Domini trägt, bekommt blutige Hände, die ablutio des Corporale erscheint bluttg und dergl. Nicht immer nennt Caesarius den Ort, wo solche Wunder gesehen worden sind, wenn er ihn aber nennt, so liegt er meist in der Gegend der unteren Maas, jedenfalls aber nicht sehr weit davon, z. B. Nivelles (Brabant), Meersen (bei Mastricht), Hasbagne (bei Lüttich), Friesland, Hamborn, Au bei Witten an der Ruhr, Köln, 1-Ieisterbach u. a. O. Caesarius kennt bereits den Begriff der Transsubstantiation, der zu seiner Zeit durch das vierte Laterankonzil 1215 allgemein sanktioniert wurde. Ob man allerdings solche Transsubstantiationswunder in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts bereits dargestellt hat, so weit sie überhaupt darstellbar waren, erscheint mir sehr zweifelhaft. Wie so oft, so erlebte man auch bei der Transsubstantiation den mystischen Rausch zunächst nur innerlich. Man tastete das Geheimnis vorab nicht an. Darstellung wäre Profanierung, Dekadenz des religiösen Gefühls gewesen. Erst später befaßte sich die bildende Kunst auch mit der Wiedergabe solcher Wunder. Aus dem rheinisch-flämisch-französischen Quellgebiet, woher Caesarius der größte Teil seiner Transsubstantiationswunder zugeflossen ist, sind mir denn auch bildliche Wieder-gaben erst aus dem 14. Jahrhundert bekannt. So erhebt z. B. in einem aus dem Lateinischen ins Französische übersetzten Rationale des Durandus ein Priester statt der Hostie das lebendige Jesuskind und in einer ebenfalls ins Französische übersetzten Civitas Dei des Heiligen Augustinus erhebt sich vor dem Geistlichen am Altare aus dem Kelch Christus am Kreuze mit allen Zeichen des Leidens. Beide Stücke lassen sich genau datieren, das

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eine stammt von 1374 und das andere von 1378" Sicher werden aber auch bereits in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts solche wunderbaren Begebnisse durch die Kunst hin und wieder dar-gestellt worden sein. Die Wiedergabe des Wunders von Bolsena auf dem silbernen Tabernakel zu Orvieto von 1338 ist jedenfalls ein Beweis dafür. Selbstverständlich spielen auch die gewaltigen Monumentalmalereien der romanischen Kirchen in den Wundern des Caesarius eine Rolle, allerdings nicht so stark, wie man es vermuten könnte. Wenn z. B. ein Mönch in Loccum den Gottessohn und Erlöser auf einem Bogen von ungeheurer Klarheit nach Art des Regenbogens über dem Altare erblickt, dann denkt man an die Absidenmalereien in den Kirchen, in denen man meist Christus in der Mandorla als Rex gloriae auf dem Regenbogen thronend, dargestellt findet. Der Mönch, der ihn so sieht, erblickt ihn, mit der Gottesmutter und einer Fülle anderer Heiligen, meistens solchen, deren Reliquien die Kirche barg (VII, 19). Auch hier trifft die Schilderung auf die Gepflogenheiten zu, die man bei Ausmalung einer Kirche hatte. Vor allem stellte man die Hauptpersonen der Heilsgeschichte dar, dazu dann die besonderen Heiligen der jeweiligen Kirche. Einer Nonne von Quida erscheint ein ganzer Festzug im himmlischen Jerusalem mit den Scharen der Patriarchen, Propheten, Apostel, Märtyrer, Bekenner und Jungfrauen. Christus zeigt sich dort als Haupt aller Heiligen, angetan mit Pontifikalgewändern, mit dem Stab, Cyrotheken (Hand- schuhen), dem Ring und dem übrigen bischöflichen Ornate (VII, 20). Mehrfach erscheint die Mutter Gottes mit dem Sohn, einmal sogar zu seinen Füßen Schutz flehend für sündige Ritter (VII, 42), ein Motiv, das die Kunst damals bereits kennt. Man wird bei diesen Erzählungen an die Darstellungen des Rex gloriae und des Jüngsten Gerichtes erinnert, wo Christus auf dem Regen-bogen erscheint, ihm zur Seite Maria und Johannes d. T. für die Menschheit flehend. Gerade solche Bilder standen zur Zeit des Caesarius noch besonders im Vordergrund des Interesses. Viele glaubten damals noch, daß der Weltuntergang und damit das Jüngste Gericht unmittelbar bevorstehe. Von dieser Weltuntergangsfurcht, der Angst vor der Ankunft des Antichrists und dergl,

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scheint Caesarius allerdings ziemlich frei gewesen zu sein. Nicht allein sein Zisterzienserhabit ließ ihn solche Zeiten ruhig erwarten, er glaubte auch so recht nicht an die Nähe des Weltgerichts. Erzählungen darüber geht er möglichst aus dem Wege (II, 30; IV, 39), „deshalb, weil viele durch Prophezeihungen getäuscht worden sind — eo quod multi de illo prophetando decepti sunt”. Auch in dieser Beziehung ist er für seine Zeit wieder durchaus modern, d. h. gotisch in der Auffassung, indem er das Madonnen-und Kreuzigungsthema dem Weltuntergangsthema vorzieht. GOTT, MARIA UND DIE MENSCHENSEELE Der Tod Mariens, der in Plastik und Malerei so dargestellt wird, daß Christus mit Heiligen an ihrem Sterbelager steht und bereits ihre Seele als kleine Gestalt auf dem Arme trägt, klingt wieder in der Erscheinung eines Mönches, zu dem Christus, Maria und Heilige ans Sterbelager treten, die Hände unter sein Kinn haltend, um seine Seele in Empfang zu nehmen (XI, 19). Auch daß eine Menschenseele von Engeln in den Himmel getragen wird (XI, 30), kennt die Kunst längst, bevor Caesarius davon spricht. Sehr anschaulich schildert Caesarius den Abschied einer Menschenseele von der Erde in den Libri VIII miraculorum (II, 37). Die Engel Michael und Gabriel steigen vom Himmel zur Erde nieder. Michael nimmt die Seele in seine Hände und trägt sie zum Himmel, wo sie mit Freuden aufgenommen wird. Zu La Trappe in Perche (Normandie) liegt ein Zisterzienser im Sterben. Er hört, wie zwei blinde Geister (caeci spiriti) zueinander sagen: Dessen Seele führen wir morgen mit großer Freude um die dritte Stunde zur Holle: Jedoch wird der Sterbende noch im letzten Augenblick aus den Teufelskrallen gerettet, da er seine Sünden bereut und bekennt (Lib. VIII mir. II, 79). Einen regelrechten Kampf mit Worten führen Engel und Dämonen an der Leiche eines Geldverleihers, der kurz vor dem Tode sein Vermögen, u. a. bestehend aus zwei Kisten mit Gold und Silber, Pfändern und Vasen, Büchern und verschiedenen Schmuckstücken der Kirche vermacht hatte. Die Teufel beriefen sich auf Psalm 35: „Es beschließt der Gott-lose bei sich zu sündigen. Furcht Gottes ist nicht vor seinen Augen”. Die Engel aber schlagen die Teufel mit demselben Psalm:

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„Wie vielfältig ist dein Erbarmen, o Gott! Die Menschenkinder bergen sich in Zuversicht unter dem Schatten Deiner Flügel”, und führen die Seele zu Gott (II, 30). Solche Kämpfe um die Seele eines Menschen zwischen Engeln und Teufeln werden besonders gern in Szenen des Jüngsten Gerichtes durch die Kunst in Malerei und Plastik dargestellt. Caesarius kennt auch andere Symbolisierungen von Seelen als durch eine Menschengestalt. Die reine Seele gilt ihm als Garten, in dem die Bäume die Tugenden bedeuten und unter denen Gott lustwandelt (Hom. I, S. 149). Von Menschenseelen, die als Tauben dargestellt sind, wird später noch zu sprechen sein. Sehr bedeutsam für die Versinnbildlichung der Menschenseele auch in der Kunst ist folgende Geschichte: Ein Konverse der Zisterzienser betet das Officium der heiligen Maria und kommt zum Sterben. Im kalten Winter liegt er auf seiner Decke. Da erscheint in der Matutin einem Mönch die Muttergottes auf der höchsten Stufe einer Treppe und sagt zum Engel Gabriel: Steig rasch hernieder, schneide jene Rose ab und bringe sie mir. Jener Mönch sah wahrend der Matutin im Krankenzimmer eine schöne Rose wachsen und alles mit Duft erfüllen. Als der Engel Gabriel die Treppe hinab und hinaufgestiegen war und die Rose überbracht hatte, ertönte das Glockenzeichen YB Der Mönch eilte zur Rose, aber statt der Rose fand er den Konversen tot. So sah er, daß die Seele des Konversen wie eine herrliche Rose zum Himmel gebracht worden war (Lib. VIII mir. III, 59). In dieser Erzählung ist eins der feinsten Motive der bildenden Kunst für die Madonnenbilder des Mittelalters enthalten. Abgesehen davon, daß die Rose in den verschiedensten Beziehungen ein Symbol für Christus selbst und für Maria ist, ist sie auch ein Sinnbild der Menschenseele. Bei den Darstellungen der Madonna mit dem Rosenstrauch oder der Madonna im Rosenhag ist immer auch an die Beziehungen der Rose zur Menschenseele zu denken. Darum drängen sich auch auf diesen Bildern die weißen und roten Rosen zu Maria hin, darum pflücken Engel auf ihnen Rosensträuße und reichen sie der Gottesmutter, und mit Recht und voll Zuversicht konnte daher auch 1473 Martin Schongauer seiner Madonna im Rosenhag zu Kolmar in den Glorienschein schreiben: „Me carpes Genito tu quoque Sanetissima Virgo — Du pflückest

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mich auch (wie eine Rose) für deinen Sohn, heiligste Jungfrau." Urtext 7, S. 82. Auch Dante erblickt im Paradiese die seligen Menschen wie eine weiße Rose:

In forma dunque di candida rosa
Mi si mostrava la milizia santa,
Che nel suo sangue Cristo fece sposa.
(Parad. XXXI, 1 ff.).

Verwandt mit diesen Gedanken ist eine andere Darstellung, die sich in der bildenden Kunst, besonders im 15. Jahrhundert nicht selten findet. Aus dem Grabe eines frommen Menschen wachsen Lilien, Rosen u. dgl. heraus. Diese sind gewissermaßen die Versinnbildlichung der Seele des Betreffenden, die von der Erde zu Gott emporstrebt. Caesarius erzählt auch eine ähnliche Geschichte, die sich in Polen zugetragen haben soll. Dort starb ein Laienbruder, der weder das Miserere noch das Pater noster beten konnte. Das einzige, was er gelernt hatte, war das Ave Maria und er betete es inbrünstig Tag und Nacht. Als er begraben war, wuchs ein wundervoller Baum aus seinem Grabe und auf jedem einzelnen Blatte des Baumes stand: Ave Maria. Man grub nach, um festzustellen, wo der Baum wurzele, und es ergab sich, daß die Hauptwurzel aus dem Herzen des Toten kam. Somit war alles klar (Horn. III, 60 f.). Eine ähnliche Geschichte erzählt die Legende auch von Altenberg. Dort wurde ein frommer Ritter begraben, der nur das Ave Maria zeitlebens hatte beten gelernt. Am Tage nach dem Begräbnis wuchs eine weiße Lilie aus seinem Grab. Man grub nach der Wurzel und fand, daß sie seinem Munde entsprieße. Caesarius erzählt noch zwei ähnliche Geschichten in den libri VIII miraculorum (III9 49 und 71). Bereits ganz in die Transzendenz eingegangene animae schildert Caesarius als gläserne, sphärische Gefäße, auf allen Seiten mit Augen versehen, höchste Weisheit und alles erkannt habend (vas vitreum et sphaericum, oculata retro et ante, plurimum habuisse scietttiae, vidisse universa, I, 32; VI, 39). Das von Caesarius hier gebrauchte Wort oculatus bedeutet in klassischemLatein eigentlich: in die Augen fallend, also: sichtbar. Das würde auch einen Sinn 35


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geben, aber mit Rücksicht auf eine Stelle in IV, 39 wird es „mit Augen versehen” übersetzt werden müssen. Die Stelle lautet: anima substantia spiritualis est, et in sui natura sphaerica, ad similitudinem globi lunaris. Ex omni parte videt. Der weitere Satz erklärt deutlich, warum die Seele in der bildenden Kunst nicht in dieser Weise dargestellt wird. Es heißt dort: Erscheint der Seele, die noch im Körper weilt, ein Engel oder eine Seele (Geist), so zeigen sich diese in körperlichen Umrissen — quando vero animae existenti in corpore angelus sive anima apparet, in lineamentis corporis se ostendit. Die sphärische Gestalt bedeutet die Ewigkeit der Seele. Ueber kreisförmige Gestaltungen als Symbolik für das Ewige wird später noch gesprochen werden. Eine Seelendarstellung in sphärischer Gestalt kennt die bildende Kunst des Mittelalters auch. Ich bilde hier eine Darstellung der Aufnahme der heiligen Maria in den Himmel ab (Abb. 14), wo gewissermaßen ihre Seele in Kreisen emporschwebt, die wohl eine solche sphärische Gestaltung faßbar widergeben sollen. Man wird auch mit Leichtigkeit die durchsichtige, glasartige Bildung in den einer Mandorla ähnlichen Kreisen erkennen. CHRISTI GEBURT! Zu Christi Geburt erscheinen anbetende Engel (VIII, 7), und bei einer heiligen Familie trägt die Mutter Gottes Trumm und Spindel, was wir z. B. aus romanischen Elfenbeinen noch kennen, und Josef steht als Greis dabei mit nicht zugespitztem Hut, d. h. ohne Judenhut (VIII, 5). Es handelt sich hierbei um ein Motiv aus der Geburt Christi. Zu diesen Darstellungen gehören auch noch Ochs und Esel, die in der Kunst schon sehr früh vorkommen. Diesen Tieren wohnt eine sinnbildliche Bedeutung bei. Caesarius sagt darüber folgendes: „Nach der Geburt des Herrn legte ihn die Jungfrau Maria in eine Krippe, damit er das Futter sei für aus-erlesene Zugtiere. So wurde jenes prophetische Wort (Isaias 1, 3) erfüllt: Es erkannte der Ochse seinen Herrn und der Esel die Krippe seines Herrn. So ist er dort erkannt worden von den Hirten gleichsam durch den Ochsen und ähnlich vom Esel, d. h. von den heidnischen Völkern (Hom. III, S. 142).” Aus diesem Grunde ist auch vielfach der Blick des Ochsen auf das Jesuskind gerichtet

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und der des Esels in die Krippe. Später kommen auch Vertivechselurigen der Tiere vor, z. B. auf dem Bilde eines niederrheinischen Meisters in Utrecht, wo der Ochse eifrig in der Krippe frißt, der Esel aber deutlich zu Christus hinblickt." Die Wurzel Jesse, die damals bereits gern in der Malerei dar-gestellt wurde, sieht die schon vorher erwähnte Jungfrau aus Quida den Darstellungen der Kunst sehr verwandt, und als sie über die wunderbare Menschwerdung Christi nachdenkt, erkennt sie eine „Jungfrau vor sich, durchsichtig wie Kristall. In ihrem Schoße erblickt sie ein wunderschönes Kind, das mit königlichem Diadem geschmückt ist (VII, 20) ". Hier klingen Theologie und schöne Literatur deutlich an, die sich besonders bemüht haben, die geheimnisvolle Empfängnis des Jesuskindes und seine Geburt durch Glas, durch das die Sonne ein- und ausgeht, ohne es zu verletzen, sinnenfällig zu machen. Zur Zeit des Caesarius begann man auch vielleicht schon diesen Gedanken in die bildende Kunst zu übertragen und zuweilen unter Glas im Schoße der Gottesmutter nochmals das Jesuskind darzustellen, um die wunderbare Empfängnis auch hier zum Ausdruck zu bringen.'° DIE MADONNENAUFFASSUNG Was die Madonnenauffassungen bei Caesarius anbetrifft, so verhält es sich bei ihnen ähnlich wie bei der Kruziflxgestaltung. Wir gewahren auch hier den Uebergang von der romanischen zur gotischen Epoche. Allerdings ist dieser Uebergang bei der Madonna nicht so stark erkennbar. Die Unterschiede zwischen der neuen und der alten Zeit konnten bei den Kruzifixbildern stärker herausgearbeitet werden. Und es wird auch praktisch in der Auffassung der Madonna nicht so starke Gegensätze gegeben haben, wie bei den Kruzifixen, vielmehr wird sich das gotische Madonnenideal unter dem Einfluß von Männern wie Rupertus von Deutz, Honorius von Autun, Bernhard von Clairvaux und den geistlichen Minnesängern allmählich aus dem Romanischen entwickelt haben. Von der Gottesmutter spricht Caesarius mit der gerade den Zisterziensern eigenen Liebe und Ehr-furcht, wie wir sie auch im 12. Jahrhundert in den Werken des Bernhard von Clairvaux wahrnehmen. Im Prolog zur siebten Di-

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stinktion des Dialogus, die von der heiligen Maria handelt, fleht er würdig über ihre Tugend schreiben zu können. Im ersten Kapitel derselben Distinktion gibt er fast vollständig die Symbole der Maria wieder. Er nennt: mons (d. i. nach Daniel II, 34 der Berg, von dem ohne Zutun von Menschenhand ein Stein, Christus, ab-brach und zum Eckstein wurde), castellum (Burg, Zuflucht), aula (d. i. nach einem Wort des heiligen Augustinus die aula regalis, die königliche Halle, aus der der Fürst hervorgehen soll), templum, thalamus (Brautbett Christi), civitas (Dei), palma, cedrus, vitis und rosa. Auch bezeichnet er sie noch als virga florida (er-blühender Stab Arons), vellus madidum Gedeonis (betautes Fell Gedeons), thronus eburneus ac deauratus Salomonis, versiegelter Quell und verschlossener Garten. Nur wenige der geläufigen Bezeichnungen fehlen wie z. B. porta coeli, lilium inter spinas, virga Jesse und speculum sine macula. Nicht alle diese Symbole sind in der romanischen Epoche auch schon in die bildende Kunst übergegangen. Dagegen hat einen großen Teil von ihnen sehr bald die frühgotische Kunst auch in Malerei und Plastik übernommen und sie vor allem in Wandmalereien und Glasgemälden dargestellt, während der Rest erst am Ende des Mittelalters vielfach nur lehr-haft Gestaltung fand.81 Jedenfalls gehörte Caesarius zu denen, die durch ihre theologische Einstellung die Kunst stark von der christologischen zur mariologischen Seite drängten. Jeder, der einmal das, was Caesarius über die heilige Maria sagt, mit dem vergleicht, was andere Schriftsteller, z. B. Rupertus von Deutz, Honorius von Autun und Bernhard von Clairvaux. zum Madonnenthema zu sagen haben, muß daneben die Werke des Caesarius dürftig finden. Hier irgendwie theologisch-poetisch schöpferisch zu werden, dazu fehlte ihm Sinn und Kraft. Am liebsten drückte er das, was er sagen wollte, beispielhaft durch Erzählungen anderer aus und vermied es, selbst in die Unerschöpflichkeit des frühmittelalterlichen Marienthemas hinabzutauchen. Einem ganzen Motivenkomplex des Marienthemas geht der Hei--sterbacher fast völlig aus dem Wege, den z. B. der Benediktiner Rupertus von Deutz in seinem Kommentar zum Hohen Liede so außerordentlich poetisch angeschlagen hat und dem auch der Zisterzienser Bernhard so viele Schönheiten abzugewinnen wußte,

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nämlich dem Gedanken, daß die heilige Maria nicht bloß Mutter, sondern auch Braut des Jesuskindes sei. Selbst im Vorwort der Mariendistinktion und im ersten Kapitel dazu, wo Caesarius, wie wir eben gesehen haben, scheinbar so sachverständig zur Mariensymbolik das Wort ergreift, erwähnt er das Brautmotiv ausdrücklich mit keiner Silbe. Ganz kurz spricht er in den Homilien (I, 5. 13, 154 und III, S. 150 f.) von diesem Motiv, das sich auf der Ausdeutung des Hohen Liedes aufbaut. Auch setzt er dort ein-mal sponsa gleich ecclesia (III, S. 63), wie wohl ursprünglich die sponsa des Hohen Liedes allein von der christlichen Kirche gedeutet worden ist. Damit entgleitet ihm wieder das Motiv, das auch für die Kunst von hoher Bedeutung ist. Aus der thronenden Madonna, dem Sitz der Weisheit, d. h. dem Thron für das Jesuskind der romanischen Kunst, wird sie nach und nach die stehende oder sitzende Mater amabilis und Mittlerin der Menschen der Gotik mit stehendem Jesuskind, das immer mehr als Kind und immer weniger als Welterlöser aufgefaßt wird. Die Madonna erscheint natürlich bei Caesarius, wie wir sie uns auch in der bildenden Kunst vorzustellen haben, in strahlender Gloriole (in magna claritate, VII, 13; multa gloria, VII, 17; ultra omnem aestimationem radiantem Lib. VIII mir. III, 75). Man wird das sedere oder residere der Mutter und das Sitzen des Kindes in gremio als romanischen Anklang aufzufassen haben, während das stare der Madonna und ihr Halten des Kindes in brachiis die gotische Auffassung wiedergibt. Bei dem Motiv des in sinu tenere ist die Dentung zweifelhaft, da sinus sowohl Busen wie Schoß bedeuten kann. Die verschiedenen Bezeichnungen können auch für byzantinische Madonnenbilder zutreffen, doch ist eine solche I)eutung bei Caesarius mit Sicherheit in keinem Falle gegeben. Wenn wir bei Caesarius die Mutter Gottes auf strahlendem Thron (in solio splendido) von Engeln, Patriarchen, Propheten, Aposteln, Märtyrern und anderen Heiligen umgeben (VII, 37; XII, 57) sitzen sehen, dann fällt hier besonders die Uebergangszeit auf, die neben die Majestas Domini gewissermaßen eine Majestas Dominae a' setzt und diese in Monumentalmalereien, vor allem auch in die bildende Kunst einführt. Die Zeit wandelt sich von der christologischen zur mariologischen. Abb. 8-12.

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nämlich dem Gedanken, daß die heilige Maria nicht bloß Mutter, sondern auch Braut des Jesuskindes sei. Selbst im Vorwort der Mariendistinktion und im ersten Kapitel dazu, wo Caesarius, wie wir eben gesehen haben, scheinbar so sachverständig zur Mariensymbolik das Wort ergreift, erwähnt er das Brautmotiv ausdrücklich mit keiner Silbe. Ganz kurz spricht er in den Homilien (I, 5. 13, 154 und III, S. 150 f.) von diesem Motiv, das sich auf der Ausdeutung des Hohen Liedes aufbaut. Auch setzt er dort ein-mal sponsa gleich ecclesia (III, S. 63), wie wohl ursprünglich die sponsa des Hohen Liedes allein von der christlichen Kirche gedeutet worden ist. Damit entgleitet ihm wieder das Motiv, das auch für die Kunst von hoher Bedeutung ist. Aus der thronenden Madonna, dem Sitz der Weisheit, d. h. dem Thron für das Jesuskind der romanischen Kunst, wird sie nach und nach die stehende oder sitzende Mater amabilis und Mittlerin der Menschen der Gotik mit stehendem Jesuskind, das immer mehr als Kind und immer weniger als Welterlöser aufgefaßt wird. Die Madonna erscheint natürlich bei Caesarius, wie wir sie uns auch in der bildenden Kunst vorzustellen haben, in strahlender Gloriole (in magna claritate, VII, 13; multa gloria, VII, 17; ultra omnem aestimationem radiantem Lib. VIII mir. III, 75). Man wird das sedere oder residere der Mutter und das Sitzen des Kindes in gremio als romanischen Anklang aufzufassen haben, während das stare der Madonna und ihr Halten des Kindes in brachiis die gotische Auffassung wiedergibt. Bei dem Motiv des in sinu tenere ist die Dentung zweifelhaft, da sinus sowohl Busen wie Schoß bedeuten kann. Die verschiedenen Bezeichnungen können auch für byzantinische Madonnenbilder zutreffen, doch ist eine solche I)eutung bei Caesarius mit Sicherheit in keinem Falle gegeben. Wenn wir bei Caesarius die Mutter Gottes auf strahlendem Thron (in solio splendido) von Engeln, Patriarchen, Propheten, Aposteln, Märtyrern und anderen Heiligen umgeben (VII, 37; XII, 57) sitzen sehen, dann fällt hier besonders die Uebergangszeit auf, die neben die Majestas Domini gewissermaßen eine Majestas Dominae a' setzt und diese in Monumentalmalereien, vor allem auch in die bildende Kunst einführt. Die Zeit wandelt sich von der christologischen zur mariologischen. Abb. 8-12.

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Zuweilen tritt die Mutter Gottes super altare oder ante altare auf, also gewissermaßen als Retabel (II, 12) oder als Antipendium. Im letzteren Falle einmal mit noch sechs anderen heiligen Frauen tres a dextris tres a sinistris (VII, 24). Hier wird man an noch vorhandene Antipendien (z. B. in Oberpleis bei ;Heisterbach) erinnert, die heute meist von Altarvorsätzen zu Altaraufsätzen aufgerückt sind." Wie malerisch ist das Bild der Madonna bei Caesarius, die auf grünendem Rasen steht! Von dem Bilde bricht eine goldene Quelle auf und das Bächlein fließt zu den Füßen des Mönchs, der die Vision erlebt. „Die Steinchen des Baches aber sind Kostbarkeiten wie Smaragde, Karfunkelsteine, Topase, Saphire und Hyazinthen.” Noch haben wir hier die Freude am kostbaren Material, wie sie die romanischen Goldschmiede kannten, andererseits aber auch bereits die Freude am Malerischen in einer Weise, wie sie erst durch die Kölner Malerschule im 15. Jahrhundert zum vollendeten Ausdruck kam. Vorhin ist bereits die heilige Maria als Schutzmantelmadonna erwähnt worden. Das Motiv ist anscheinend damals neu, jeden-falls kenne ich eine frühere Erwähnung als bei Caesarius (VII, 59; XII, 37) in der Literatur nicht. Möglicherweise handelt es sich um einen Gedanken, der aus dem Zisterzienserorden hervorgegangen ist. Einmal erblickt man die Mönche des Ordens unter dem Mantel (sub pallio) der Gottesmutter und das andere Mal bloß den verstorbenen Mönch Wilhelm aus Heisterbach. Zur Zeit des Caesarius hatte sich die Kunst des dankbaren Motivs noch nicht an-genommen. Sie hat aber dann später den Gedanken auch erweitert und ihn noch auf andere Heilige, z. B. die heilige Ursula und ihre Schar ausgedehnt. Der bereits genannte Walter von Birbach besaß ein Buch mit Gebeten und Liedern auf Maria (VII, 38). Ein Bild der Gottesmutter „vehementer sudare coepit”, aus Angst vor dem göttlichen Urteilsspruche über die Welt (VII, 2). Das Schwitzen eines Heiligenbildes kommt in der Legende oft vor. Auch die Bartreliquie des heiligen Antonius aus St. Kunibert zu Köln beginnt zu schwitzen, sobald sie den ager Ursulanus überschreitet" Ein Kanonikus Heinrich von St. Kunibert wurde dort von einem Marienbild zum besseren Leben bekehrt (VII, 8). Eine Mariendar-

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stellung in dem um 1216 gegründeten Kloster Yesse (Friesland) war opere angelico decenter exculpta und trug das Jesuskind auf dem Schoße, Das Kind steht — in gotischer Weise — vom Schoße auf und setzt sich beim Evangelium der Messe die Krone der Mutter aufs Haupt, beim Et homo factus est des Credo gibt es die Krone der Mutter zurück und nimmt auf dem Schoße wieder Platz (VII, 46). Caesarius hat selbst einmal Messe vor dem Bilde gelesen. Köstliche Kronen spielen bei den Marienbildern oft eine besondere Rolle (z. B. XII, 36; VII, 35). Mehrfach treten auch die Madonnen der Kunst wirklich ins Leben (II, 12; VII, 21 V1I, 41 u. a.), eine von ihnen gibt sogar einer sündigen Ordensfrau eine schallende Ohrfeige (VII, 33). So gewaltig war die Ohrfeige, daß die Ordensfrau zur Erde fiel und von abends bis morgens liegen blieb. Eine harte Krankheit verlangt eine harte Medizin — durus morbus duram requirit medicinam, fügt hier Caesarius ernst hin- zu. Eine andere Geschichte handelt von einem Teufel, der einen Maler darüber zur Rede stellt, daß er ihn so häßlich und die Muttergottes immer so schön male. Der Maler antwortete, weil es tatsächlich so sei. Darauf wollte der Teufel ihn von der Höhe, wo er gerade ein Madonnenbild gemalt hatte, hinabstürzen. Das Bild aber hielt den Maler bei der Hand so fest, daß er nicht fallen konnte (lib. VIII mir., III, 43). In Konstantinopel verpfändet ein christlicher Kaufmann für entliehenes Geld bei einem Juden ein Marienbild auf Holz gemalt. Der Jude erhält das Geld auf wunderbare Weise am Fälligkeitstage wieder, fordert aber später das Geld noch einmal und schwört bei dem Madonnenbild, daß er das Geld noch nicht bekommen habe. Da erhält das Bild Leben und gibt die genauen Umstände an, wie er das Geld empfangen habe und wo er es verborgen halte (lib. VIII mir., III, 70). Von einem anderen in Fleisch verwandelten Bilde in Sardanay (Frankreich) beginnt ohne Unterbrechung Oel zu fließen (VII, 24). Der Novize ist voll Bewunderung darüber, daß ein „Holz” Stimme bekommt, das seine Hand trägt, der Kör-per sich beugt, aufsteht und Platz nimmt und andere lebendige Bewegungen vollführt. Er betrachtet es als ein größeres Wunder als die Rede der Eselin gegen Bileam. „Diese nämlich hatte eine lebendige Seele. In Holz, Stein oder Metall aber ist kein

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Geist." Dem entgegnet Caesarius, daß dem Geiste Gottes nichts unmöglich sei (VII, 45). Für das Bild von Sardanay braucht Caesarius das Wort ycona. Vielleicht handelte es sich um ein byzantinisches Stück. Sonst finden wir für Muttergottesdarstellungen bei ihm durchweg den Ausdruck imago, mit dem er sowohl ein plastisches als auch ein gemaltes Bild bezeichnet, so daß es nicht immer sicher ist, ob er ein Gemälde oder eine Skulptur im Auge hat. Unzweifelhaft uni eine plastische Schöpfung handelt es sich bei dem Elfenbeinbild (imago eburnea) der Muttergottes, die der mehrfach genannte Walther von Birbach bei sich führt, das er vor sich aufstellt und vor dem er betet (VII, 38). Es wird entweder eine kleine Muttergottesstatue gewesen sein oder ein Diptychon oder Triptychon aus Elfenbein, wie man sie in damaliger Zeit vielfach zur Verehrung bei sich trug und von denen sich noch heute zahlreiche Stücke itt den Museen befinden. Im Chorherrnstift zu Cumba befand sich ein Muttergottesbild aus Holz mit wunderbarem Schleier. Daran war ein Fächer aus Pfauenfedern (flabellum de pennis pavonis, lib. VIII mir. III, 12). Dieser Fächer wird sich jedenfalls wie eine Gloriole hinter dem Bilde befunden haben. Es ist auch noch des Muttergottesbildes von Veldenz (bei Berncastel) zu gedenken, das nach Caesarius kein besonderes Kunst- werk, aber mit vielen Gnaden begabt war. Es muß sehr alt gewesen sein, wie die Bezeichnung als vetus rumbula = altes Gerümpel besagt (VII, 44). Hier braucht Caesarius ebenfalls das Wort ycona wie bei dem Madonnenbild von Sardanay. Man darf darum auch vielleicht hier, zumal es sich um ein damals schon altes Stück handelt, stark byzantinische Fassung vermuten. Eine Frau nimmt der Mutter Gottes von Veldenz das Jesuskind weg (VII, 45), was darauf deutet, daß es abnehmbar war, — für die geschlossenen Madonnenkompositionen der frühen Zeit eine Seltenheit. Die getrennte Durchbildung von Mutter und Kind mag dem Werk noch besonders starke Primitivität aufgeprägt haben. Auch in den Libris VIII miraculorum (III, 82) hören wir, daß eine Mutter einem Madonnenbild das Jesuskind solange fortnahm,.bis Maria ihr den Sohn aus der Gefangenschaft befreit hatte. Urt. 3, S. 80.

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DIE MATER MISERICORDIAE Schließlich muß auch noch ein Madonnentyp besprochen wer-den, den Caesarius von Heisterbach mater oder auch regina misericordiae nennt. Im allgemeinen lernen wir seine Mutter Gottes als Dei genitrix kennen. Unter einer mater misericordiae versteht man heute vielfach die Pieta. Es erhebt sich daher die Frage, ob Caesarius bereits diesen Pol der schmerzensreichen Madonnengestaltungen, die Mutter Gottes mit dem toten Sohne auf dem Schoße, gekannt hat. Diese Frage liegt darum besonders nahe, weil die erste künstlerische Lösung des vielleicht durch die Literatur vorbereiteten Vesperbildes möglicherweise im Rheinland (Köln) gefunden wurde und wir hier bereits ein solches Bildwerk gegen Ende des 13. Jahrhunderts erwähnt flnden'5 Die wesentlichen Stellen bei Caesarius (VII, 23, 29 `und 34), in denen von der mater misericordiae die Rede ist, lassen aber einen Gedanken an die Pietä nicht aufkommen. Es scheint sich bei den hier mitgeteilten Visionen um Erscheinungen der Gottes Mutter mit oder ohne Sohn zu handeln. Bei einer der Erscheinungen (VII, 29) erkennt im übrigen der Priester aus Polch (bei Mayen) die Erschienene erst im Augenblicke des Verschwindens als clemens illa pia ac dulcis Maria. An einer anderen Stelle (II, 12) läßt Caesarius einen vornehmen Jüngling die mater misericordiae „vor einem Bilde der Jungfrau und Mutter, die den Jesusknaben an der Brust trägt”, anrufen. Jedenfalls bestätigen die Schriften des Caesarius es von neuem, daß am Rhein ein Vesperbild nicht vor der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts geschaffen worden ist. Caesarius, der bei den Kruzifixen so sehr Wert auf schmerzvolle Gestaltung legt, würde die Pieta sicher auch in den Bereich seiner Erzählungen und Belehrungen gezogen haben, wenn er sie gekannt hätte. Im übrigen gibt es auch Darstellungen der heiligen Maria mit dem Kinde, die damals ausdrücklich als mater misericordiae bezeichnet worden sind, z. B. die den Schriften des Caesarius nahe-stehenden Glasgemälde der Elisabethkirche zu Marburg, auf denen eine Madonna mit dem Kinde die Beischrift trägt: mater misericordia (e).

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DIE HEII.IGEN NIKOLAUS, ELISABETH UND ENGELBERT Die Erzählungen des Caesarius knüpfen mit besonderer Vor-liebe an Kruzifix- oder Madonnenerscheinungen an. Von einzelnen Heiligen erfahren wir wenig. Für die Kunst ist bemerkenswert, daß sich in Hoven, einem Zisterzienserinnenkloster bei Zülpich, ein hölzernes Bild der heiligen Katharina befand (VIII, 83). Heisterbach selbst besaß einen Schrein mit Reliquien von Märtyrern der thebäischen Legion (VIII, 65). Sehr wertvoll ist es, daß Caesarius auch einmal die Beschreibung eines Bildes des heiligen Nikolans gibt, das wir heute in St. Johann zu Burtscheid bei Aachen noch besitzen. Er schildert das Werk aIs „eine ellengroße Tafel mit dem Brustbild des heiligen Nikolaus. Das Gesicht des Heiligen ist schmal und abgezehrt, ernst und ehrfurchtgebietend. Die Stirn ist kahl, die Haare des Kopfes und Bartes sind grau (VIII, 76) ". Diese Schilderung ist durchaus zutreffend, auch die Größe ist ungefähr richtig angegeben. Der heutige Rahmen des Bildes mit 33,5 zu 27,5 cm Ausmaß stammt aus der Zeit des Caesarius. Das Bild selbst ist 22 zu 16,5 cm groß. Es handelt sich um ein sehr feines Mosaikbild unzweifelhaft byzantinischer Herkunft, das Caesarius auch wieder als ycona bezeichnet. Der Heilige hält in der linken Hand ein Buch und segnet mit der rechten in griechischem Segensgestus. Um die Schultern liegt das Pallium mit zwei großen roten Kreuzen. Rechts und links vom goldenen Heiligenschein steht die Inschrift: 0 A I'IOC NICOAAOC. Es wird von dem Mönch Gregorius aus Süditalien mitgebracht und an das von ihm um 1000 gegründete Benediktinerkloster zu Burtscheid gelangt sein. Daß Gregorius, ein griechischer Prinz gewesen sei, wie Caesarius annimmt, ist irrig. Natürlich ist auch die Geschichte des Juden (Caesarius sagt barbarus) mit dem erst in das 10. Jahrhundert zu setzenden Bilde nicht in Einklang zu bringen. Die HeiIigenlegende erzählt riämlich, daß ein Jude seinen Reichtum einem Bilde des heiligen Nikolaus empfohlen habe. Diebe kamen und beraubten ihn trotzdem, da peitschte er das Bild. Nun wurden auf Veranlassung des heiligen Nikolaus seine Reichtümer zurückgebracht. Darauf bekehrte der Jude sich zum Christen-

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tum.'° Die Beraubung und Bekehrung sowie das Peitschen und die Verehrung des Bildes sind auf dem untern Teil des Rahmens dargestellt und Caesarius mag sich daher ganz besonders der Legende erinnert haben. Aus allem sieht man jedenfalls hier, wo man an Hand eines noch vorhandenen Originales, das auch Caesarius einmal vor Augen hatte, seine Angaben nachprüfen kann, daß er eine recht gute Beobachtungsgabe besaß und die Dinge treffend zu schildern wuBte. Urtext 5, S. 81; Abb. 19. Wenn vorhin gesagt wurde; daß wir bei Caesarius von einzelnen Heiligen wenig erfahren, so ist für zwei Heilige eine Einschränkung zu machen, nämlich für die heilige Elisabeth und den heiligen Engelbert. Beide ragen als bedeutende Persönlichkeiten in das Leben des Heisterbachers selbst hinein; und ihm gerade fiel es zu, Lebensbeschreibungen von ihnen zu verfassen. Für beide kommt daher Caesarius als Quelle in Frage und es bleibt hier zu untersuchen, ob die Kunst nicht aus ihr geschöpft hat. Die heilige Elisabeth selbst hat auf die bildende Kunst zumal dann, wenn sie einen besonderen Aufwand erforderte, oder für sie selbst bestimmt war, keinen Wert gelegt. Beispiele aus ihrem Leben beweisen es. Als sie in die Kirche eines Bettelordens kam und ihr dort die verschwenderisch vergoldeten Figuren gezeigt wurden, sagte sie: „Es wäre besser und nützlicher gewesen, diese Ausgaben für eure Kleider und Lebensmittel zu verwenden, als für eure Wände, und die Bilder selbst in euren Herzen zu tragen.” Als jemand ihr von einem schönen Bilde sprach, das sie haben sollte sagte sie: „Ich habe ein solches Bild nicht nötig, da ich es im Herzen besitze.” (Vit. Elis. S. 47.) Trotzdem konnte nach ihrem Tode (1231) die Kunst an ihr nicht vorübergehen. Heute noch erhebt sich über ihrer Ruhestätte zu Marburg die Elisabethkirche, eines der ältesten und schönsten Beispiele der Gotik, aus-gestattet mit prachtvollen Glasgemalden, die sich teilweise auf die Heilige beziehen. Auch der Sarkophag, der einst ihre Gebeine barg, ist dort noch erhalten. Er trägt auf dem Deckel Darstellungen aus ihrem Leben, die möglicherweise aus der Lebensbeschreibung des Caesarius geschöpft sind. Mit Sicherheit wird sich das allerdings heute nicht mehr erweisen lassen." Nahe verwandt, vor allem in der Komposition sind Szenen des Sarkophags mit Dar=

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stellungen in den Glasgemälden, so daß eine Abhängigkeit beider von einander unbedingt angenommen werden muß. Für diese Elisabethfenster hat die Vita des Caesarius sicher eine Reihe von Gedanken hergegeben. Für das sog. Medaillonfenster ist auch Huyskens der Nachweis dafür gelungen, daß es von Caesarius abhängt. Huyskens macht auf eine Stelle im Sermo de translatione beatae Elisabeth aufmerksam, wo es beißt: „Sechs Tore hat das irdische Jerusalem, durch die die sechs Werke der Barmherzigkeit bezeichnet werden. Durch diese Tore geht man aus zur äußeren Tätigkeit und durch dieselben kehrt man zurück zur inneren Ruhe. So hat auch die heilige Elisabeth die Werke der Barmherzigkeit geübt, damit sie nicht von der Betrachtung Gottes abkomme. Von dem GeKeimnis dieser Betrachtung ging sie durch die Pforten der Gerechtigkeit oft hinaus, um Christus im Hungrigen zu speisen, im Durstigen zu tränken, ihn als Fremden zu beherbergen, als Nackten zu kleiden, als Kranken zu besuchen, und ihm in den Nöten des Kerkers persönlich beizustehen.”" Abb. 20-22. Diese hier genannten sechs Werke der Barmherzigkeit sind auf dem Medaillonfenster dargestellt. Daß es sich dabei tatsächlich um Anlehnung an den Sermo des Caesarius handelt, zeigt auch noch, worauf Huyskens nicht hingewiesen hat, der Umstand, daß mehrere der Darstellungen die Fassung einer Stadt erhalten haben, vor deren Toren (Pforten der Gerechtigkeit!) sich die Szenen abzuspielen scheinen. Das Motiv der sechs Werke der Barmherzigkeit als Pforten des symbolisch gedachten Jerusalem hat Caesarius auch in den Homilien verwandt (III, S. 50). Auch beim heiligen Engelbert werden die opera misericordiae in den Vordergrund gerückt. Als Caesarius im November 1225 am dritten Bande der Homilien schrieb, traf ihn plötzlich die Nachricht, daß der Kölner Erz. bischof Engelbert I, bei Gevelsberg überfallen und ermordet worden war. Erschrocken hatte er die Feder hingelegt, da ergriff er sie noch einmal und fügte den eben niedergeschriebenen Ausführungen über die Barmherzigkeit gegen den Nächsten noch flammende Worte der Entrüstung über die Ermordung des Rirchenfürsten hinzu. (Horn. III, S. 90 f.). Er verglich ihn dabei mit dem Manne, der von Jerusalem nach Jericho ging und unter die Räu-

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her fiel. Aber er blieb ihm gerecht, hielt ihm seine Fehler vor und zitierte die Worte, die ein Mönch einmal zum Bischof gesprochen hatte: „Herr, Ihr seid ein guter Führer, aber kein guter Bischof — Domine, vos estis bonus dux, sed non bonus episcopusl” - „Und doch, er ist für die Ehre und Verteidigung der Kirche ums Leben gekommen! Wie der Mann auf dem Wege von Jerusalem nach Jericho körperlich durch den Reisenden aus Samaria, so hat er seelisch durch Christus selbst Barmherzigkeit erlangt.” So schließt er den seinem ermordeten Bischof gewidmeten Absatz, ohne noch zu ahnen, daß man ihm bald darauf die vita dieses Engelbert zu schreiben übertragen würde, und daß die Geschichte und bildende Kunst später einmal in erster Linie auf sein Werk zurückgreifen mußten, wenn ihnen Aufgaben über das Leben des Erzbischofs Engelbert zufielen. Eins ist gewiß, sobald wie bei der heiligen Elisabeth wird sich die Kunst nach der Ermordung des heiligen Engelbert seiner Vita nicht angenommen haben. Er war eine viel zu sehr umstrittene Persönlichkeit. Und wenn auch Caesarius eine Passio aus seinem Leben gemacht und ihn reich mit Wundern umgeben hat ", so hat ihn die Kirche doch nie in der üblichen Form eines Kanonisationsprozesses in die Schar der Heiligen aufgenommen. Die Zeit der Reformation und Gegenreformation hat den streitbaren Kölner Erzbischof wieder besonders in den Vordergrund gerückt. Noch 1499 bringt die Koelhoffsche Chronik der Stadt Köln die heiligen Bischöfe der Stadt auf dem Titelholzschnitt, aber Engelbert ist nicht unter ihnen. 1675 erschien er zum ersten Male im Heiligen-leben des Surius und 1618 verfaßte Johannes Gelenius sein Officium, das auf Anordnung des Erzbischofes Ferdinand von Bayern (1612—1650) in das kölnische Brevier aufgenommen wurde. Als Johannes Gelenius 1631 zu früh starb, hinterließ er seinem jüngeren Bruder Aegidius sein literarisches Erbe. 1633 gab Aegidius Gelenius die Vita Engelberti neu heraus und in demselben Jahre vollendete Konrad Duisberg den herrlichen Schrein des Heiligen, der heute noch zu den bedeutendsten Schatzstücken des Kölner Domes gehört. Es ist offenbar nicht ohne Zusammenhang, daß das Leben des heiligen Engelbert in demselben Jahre neu heraus-gegeben wird, in dem der Schrein entsteht. Man wird wohl nicht

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fehlgehen, wenn man annimmt, daß Johannes Gelenius derjenige gewesen ist, der den Künstler bei dem Aufbau des Schreines aus der Literatur über den heiligen Engelbert beraten hat. Vier Jahre hat Konrad Duisberg am Schreine gearbeitet, und nach dem Tode des Johannes wird Aegidius Gelenius ihm für das Historische mit Rat zur Seite gestanden haben. Was im übrigen bezüglich des Zusammenhanges des Schreines und der Fenster in Marburg mit dem Leben der heiligen Elisabeth von Caesarius noch zweifelhaft ist, darüber herrscht bezüglich des Engelbertusschreines und der Vita des Heiligen vollständige Klarheit. Nicht nur, daß Gelenius das Leben des heiligen Engelbert von Caesarius 1633 neu herausgab; es erschien von ihm auch bereits im Januar 1634 die wenig bekannte „Preciosa Hierotheca duodecim unionibus coloniensis historiae eaornata "— Der kostbare mit zwölf Perlen kölnischer Geschichte ausgeschmückte Schrein". Es ist dies eine eingehende Beschreibung des Engelbertus-Schreines, in der Gelenius die an dem Werke angebrachten 12 Bischofe: Maternus, Severinus, Evergislus, Cunibert, Agilolfus, Hildegar, Hildebold, Bruno, Gero, Heribert, Anno und Engelbert mit zwölf Edelsteinen, Jaspis, Saphir, Chalcedon, Smaragd, Sardonyx, Sar= der, Chrysolith, Berill, Topas, Chrysolith, Hyazinth und Amethyst vergleicht. Der Vergleich bedeutender Kirchenfürsten mit Edelsteinen ist uralt. Man denke an den heiligen Heribert, der im Annoliede mit einem Topas verglichen wird: santi Heribret gleiz dar als ein goltstein (v. 724). Und doch wäre es möglich, daß Gelenius zu diesem Vergleich durch Caesarius selbst gekommen sei. 1615 gab Koppenstein die Homilien des Caesarius heraus, also noch nicht zwanzig Jahre vor dem Erscheinen der Preciosa Hierotheca. Beide Werke sind in Köln erschienen und Gelenius hat die Homilien Koppensteins sicher gut gekannt. Auf den letzten Seiten der Homilien, also auch wieder an besonders auffallender Stelle, handelt Caesarius von den uniones, margarit"ae, Perlen. Hier sagt er u. a. sunt et margaritae bonae --- patriarchae, prophetae, Apostoli, martyres, confessores, virgines et reliqui patriae coelestis cives. Solche Gedanken des Caesarius könnten für die uniones der Preciosa Hierotheca von Einfluß gewesen sein. Zwischen den

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Bischofsfiguren an den Seiten des Schreines und unter der Figur des heiligen Engelbert auf dem Dach befinden sich silbergetriebene Platten mit Darstellungen aus dem Leben und den Wundern des heiligen Engelbert. Abb. 23—25. Zu jeder Darstellung gibt Gelenius kurze Erläuterungen. Seine Ueberschriften stimmen mit den Unterschriften am Schrein überein. Folgende Darstellungen befinden sich an den Seiten des Schreins: 1. Nascitur anno 1185. 2. Episcopatum Monasteriensem respuit propter iuveritutem. 3. Inauguratur archiepiscopus. 4. Henricum regem Romanorum coronat. 5. Opera misericordiae S. Engelberti. 6. Pro libertate ecclesiastica et Romanae ecclesiae oboedientia martyrizatur. 7.. In Comitiis Regalibus reliquiae eius praesentantur. 8. In Moguntino synodo martyr declaratur. Seltsam ist es, daß Gelenius nur die Nummern 1—7 angibt und Nummer 8 ausläBtU, obwohl die Platte auch von Konrad Duisberg geschaffen sein muß und er eingangs von 16 Platten spricht, eine Zahl, die mit den noch folgenden acht am oberen Teil des Schreines richtig ist. Man könnte es ihm als Flüchtigkeitsfehler buchen, denn das Büchlein ist offenbar sehr schnell geschrieben und enthält bei 124 Seiten ein Corrigendenregister von vier Seiten." Auch ist es wahrscheinlich ein solcher Flüchtigkeitsfehler, daß er unter den oben angeführten Edelsteinen den Chrysolith zweimal nennt. Indessen kann man auch annehmen, daß für Gelenius die Synode von Mainz nicht entscheidend genug war, um den Erzbischof Engelbert zum Martyrer zu erkIären, obwohl sie in des Caesarius Vita Engelberti Buch II Kap. 13 ausdrücklich angeführt ist. Ein Entscheid aus Rom auf Grund eines kanonischen Prozesses lag nicht vor, da ließ er lieber die Leser der Hierotheka sich über die Kanonisationsfrage keine Gedanken machen und erwähnte Platte 8 überhaupt nicht. Die unteren Platten gibt Gelenius nach der heute noch vorhandenen Reihenfolge an, die oberen Platten sind vielleicht einmal umgesetzt worden, denn hier stimmt die damalige Reihenfolge mit der heutigen nicht mehr überein. Sie enthalten in der früheren Reihenfolge folgende Darstellungen:

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1. Comes Arnsbergensis post quatuordecim hebdomades intestina S. Engelberti illaesa reperit. 2. Novem caeci, quatuor surdi, duo muti curantur, novendecim morbidi sanantur. 3. Undecim claudi, octo contracti restituuntur. 4. A febribus quinque, unus calculo, hydrope alius liberatur. 5. Puerulus aqua suffocatus reviviscit. 6. Parturientibus, paralyticis comitiali morbo medetur. 7. Miraculosis luminibus sanctus declaratur. 8. Viris religiosis eius gloria revelatur. Zu all den Platten zitiert Gelenius auch die Stellen seiner Ausgabe der Vitae Engelberti des Caesarius, so daß sich also hier die Literatur vollständig im Einklange mit der bildenden Kunst befindet und kein Zweifel darüber herrschen kann, daß spät noch einmal ein Werk des Caesarius ein bedeutsames Kunstwerk hat mit schaffen helfen. DIE EVANGELISTENSYMBOLE DER CIRCULUS AETERNITATIS Es ist bekannt, daß die Anordnung der Evangelistensymbole schon in der frühen romanischen Kunst eine ganz bestimmte war. Sie wird auch von den Theologen der Zeit begründet.87 Bei Kruzifixen finden wir z. B. unten stets das Symbol des Menschen, auf dem Seitenbalken rechts den Stier und links den Löwen, und auf dem oberen Kreuzbalken als Symbol des Johannes den fliegenden Adler. Caesarius begründet die Anordnung nicht für alle Evangelisten, sondern nur für den heiligen Johannes. Wir er-fahren seine Begründung aus dem Gespräch zweier Ordensfrauen. Die überragende Stellung des Evangelisten Johannes erklärt Caesarius folgendermaßen: „Johannes selbst steigt höher als die an-deren Evangelisten; und die Augen des Geistes tiefer auf das Rad der Göttlichkeit gerichtet, beginnt er sein Evangelium so: In principio erat verbum (VIII, 51).” Das Rad der Göttlichkeit bezeichnet die Ewigkeit Gottes. Wie es auch an anderer Stelle ähnlich heißt: per circulum intelligo aeternitatem Spiritus Sancti. (VIII, 91). Solche symbolischen Deutungen können wir meist nicht als originale Gedanken unseres Schriftstellers ansehen. Sie waren

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damals allgemein gebräuchlich. So deutet z. B. auch die heilige Hildegard von Bingen in einem Schreiben an den Bischof Eberhard von Bamberg die Ewigkeit als ein Rad, das weder Anfang noch Ende hat. Für die Kunstgeschichte sind solche Aeußerungen natürlich außerordentlich wichtig, weil wir daraus ersehen, daß der in der romanischen Epoche so viel verwandte einfache oder zum Drei-, Vier-, Fünf- oder Sechspaß erweiterte Kreis nicht bloß dekorativen Wert besitzt, sondern daß ihm auch ein tiefer symbolischer Sinn innewohnt. Ein anderes tiefsymbolisches Beispiel, bei dem auch das Rad eine Rolle spielt, gibt Caesarius in den Homilien (I, S. 22) : Siehe, den Feuerwagen und die feurigen Rosse, d. i, die fromme Seele, die in den Himmel emporgezogen wird! Siehe, die Quadriga, durch die der wahre Aminadab im Herzen der Jungfrau emporfährt. Sein erstes Rad ist die Gerechtigkeit, das zweite die Weisheit, das dritte die Stärke und das vierte die Mäßigkeit. Das erste Pferd ist der Glaube, das zweite die Hoffnung, das dritte die Liebe. Dieses geht voran, weil die Liebe allen Tugenden voranleuchtet. Wir kennen ähnliche symbolische Deutungen im Kommentar zum Hohen Liede des Honorius von Autun, wo Aminadab, der Christus versinnbildet, zwei Rosse führt, die die Sunamith, d. h. die heilige Maria, im Wagen ziehen. Die Räder des Wagens sind die vier Evangelistensymbole. Es haben sich im 12. Jahrhundert Meister gefunden, die solche Gesichte in die bildende Kunst übertrugen.'. Für Caesarius sind solche Illustrationen seiner kühnen Symbolik nicht bekannt. Die Evangelistensymbole werden nur um Christus oder sein Symbol, das Lamm, in der eben angegebenen Folge gruppiert, in äußerst seltenen, theologisch wohl begründeten Fällen auch um die Madonna.'0 Um das vorhin besprochene Nikolausbild von Burtscheid, wo sie sich auch befinden, gehören sie überhaupt nicht. Daß sie hier -- übrigens in der richtigen Reihenfolge — angebracht sind, läßt darauf schließen, daß der Künstler des Rahmens theologisch schlecht beraten war, oder daß sie überhaupt gedankenlos später zugefügt worden sind, wenn sie auch aus der Zeit des Rahmens herrühren. Abb. 12, 18, 19.

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ENGEL, TEUFEL UND DÄMONEN Was die Engelauffassung bei Caesarius betrifft, so werden von ihm zuweilen die Erzengel Gabriel und Michael erwähnt, Gabriel meist in Verbindung mit der Mutter Gottes, gewissermaßen als Vollzieher ihrer Wünsche, wie wir es Seite 34 gesehen haben. In dieser Stellung finden wir ihn auch bei Dante (Parad., XXIII, 94 ff; XXXII, 103 ff). St. Michael ist unserem Schriftsteller praepositus paradisi (VIII, 45). Er führt die Seelen vor Gott, wie in der Antike der Hermes Psychopompos. In dieser Auffassung tritt er auch auf Darstellungen des Jüngsten Gerichtes schon im frühen Mittelalter auf. Auch die Funktion als Seelenwäger, als welcher St. Michael häufig in Malerei und Plastik erscheint, ist wohl Caesarius nicht unbekannt gewesen. Er erzählt eine Geschichte (VIII, 77), wo „unbekannte Männer” am Bett eines Kranken mit Wag-schalen erscheinen. Sie beginnen die Seele des Kranken abzuwägen. Als die Schalen sich zu seinen Ungunsten neigen, legen drei berühmte Heilige (Martinus, Godehard und Bernward) noch einen kleinen Bettelbuben in die Wagschale und sofort stellt sie sich zu seinen Gunsten. Dem Bettelbuben hatte der Kranke öfters Brot gegeben und ihn seiner Mutter empfohlen. Die Männer mit der Wag-schale spricht Caesarius zwar als barbari und daemones an, aber da die Geschichte nicht das wirkliche Ende eines Menschen widergibt, sondern nur ein Traum war und der Kranke darauf wieder gesundete, scheint der Traum durch die allgemeine Auffassung des heiligen Michael als Seelenwäger beeinflußt worden zu sein. Auch die Geschichte des Grafen Karl von Sayn (VIII, 63), der für sein Seelenheil eine Schiffsladung Steine an St. Aposteln zu Köln geschenkt hatte, hängt mit dem Seelenwägen insofern zusammen, als die Steine deshalb geschenkt waren, damit sie einmal von den Aposteln bei der Prüfung der Würdigkeit seiner Seele in die Wagschale geworfen werden sollten. Dafür, daß man dem Erzengel Michael eine entscheidende Aufgabe beim Tode eines Menschen zuschrieb, ist auch der Umstand ein Beweis, daß ein Verstorbener bald nach dem Tode wieder erscheint und bittet, die Kollekte des heiligen Michael für ihn zu beten, damit er zur Anschauung Gottes gelangen könne (XII, 37).

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Es kommt vor, daß die heilige Maria die Seele eines Sterbenden in Empfang nimmt (z. B. VII, 52), meist aber fällt diese Aufgabe den Engeln zu. Man hört darum die Engel mit den Sterbenden sprechen (XI, 5), an Sterbebetten singen (XI, 10) und man sieht sie die Seelen wegtragen (XI, 8; XI, 30). Abb. 13, 14, 28. Daß diejenigen, denen bei Caesarius Engel erscheinen, leicht gefragt werden, wie die Engel ausgesehen haben, ist nicht zu verwundern. Die Schilderung dieser Engel zeigt sich stets durch die Darstellungen in der bildenden Kunst stark beeinflußt. Demnach werden die Engel beschrieben als schöne Mädchen mit rosig strahlenden Wangen und am Körper weißer als Schilee (VII, 16; VIII, 6). Die Teufel dagegen erscheinen uns in den verschiedensten Gestalten. Was Caesarius in den Kapiteln über die Versuchungen und die Dämonen anführt, kann nicht alles wiedergegeben werden. Vielfach gewahren wir noch deutlich den germanisch-heidnischen Einschlag. Die Dämonen sind nicht alle schlecht. Manche von ihnen wollen den Menschen nur wohl. Es sind in ihnen noch Reminiscenzen der germanischen Lichtelben; jedoch können sie zur ewigen Seligkeit nicht emporsteigen. Was von den Holden und Unholden des Caesarius damals in der bildenden Kunst noch nicht lebendig war, ist es bald in den Buchmalereien, an dem kirchlichen Gerät und für die Mönche vor allem an den Chorgestühlen geworden. Gerade dort in dem Gestühle, wo der Mönch sich durch Unaufmerksamkeit und Schläfrigkeit leicht versündigen konnte, lauerte der Teufel. Hier sah man die bösen Geister in Gestalt von Affen und Katzen auf den Skapulieren der Mönche sitzen (V, 50) ; hier schlichen sich Unholde in den Chorstuhl des Abtes (V, 5) und trieben ihr Unwesen in den Stühlen der Mönche (Horn. I, 5, 70). Hier ging ein Teufel in Bärengestalt im Chore hin und her (V,49), hier hielt er den abstinenten`° Mönchen eine Schüssel mit Braten unter die Nase (IV, 82) und hier hörte man das Grunzen des Teufels in Schweinsgestalt (IV, 35). Was in den Schnitzereien der Chorstühle der frühen Gotik zu erwachen begann, ist im Grunde nur Illustration zu längst erzählten Dämonen• geschichten des Caesarius. Seine schlafenden, schnarchenden, gähnenden Mönche (IV, 32 ff.) können wir heute noch an manchen Chorgestühlen • des Rheinlandes in trefflicher Bildhauer-

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arbeit erblicken. Die Erscheinungen des Teufels als nacktes Weib (VII, 16), als häBIicher Mann (VII, 17), als Katze (IV, 33; V, 50), als Löwe (VI, 36), Hund (XII, 59; V, 50), Schwein (IV, 35), Affe (V, 50), Schlange (IV, 32; VII, 34; X, 70), Drache (II, 18; V, 5), Basilisk (V, 30), Bär (IV, 91; V, 49), Vogel (Rabe, Krähe, I, 15; XI, 41, 55) u. dgl., wie sie Caesarius in den Wundererzählungen berichtet und wie man sie zu seiner Zeit sah, sind uns bis heute in den Chorgestühlen des Rheinlandes leibhaftig erhalten geblieben." Wenn, wie es z. 13. am Chorgestühl in St. Gereon zu Köln der Fall ist, ein Mann einen Löwen an einem Seile hält und mit einem Wurfspieß nach ihm sticht, so ist hier schon mit Rücksicht auf die darüber befindliche Sirene (Symbol für die Lockungen der Welt) nicht an den Kampf Simsons mit dem Löwen zu denken, sondern der Löwe ist Sinnbild der Sünde, des Teufels, die der Mensch gefesselt halten und bekämpfen soll.5° Aehnliches sagt auch Caesarius: „Der Teufel ist gleich dem Bären oder dem Löwen, der an einen Pfahl gebunden ist und brüllend an der Kette umher-geht. Niemanden aber verletzt er, es sei denn daß er ihn in seinen Bereich gerissen habe (V, 52).” Auch wenn wir den Teufel zu-weilen dargestellt finden, wie er die Sünden der Mönche und des Volkes aufschreibt,61 so klingt das bereits bei Caesarius an: „Richtig nennen wir die Teufel Schreiber, deshalb weil sie unsere Sünden aufschreiben, um sie so eindringlich ihrem Gedächtnisse einzuprägen, damit sie uns der Sünde wegen bei Gericht anklagen können (Hom. III, S. 115) ". Für Dämonen, die die überheblichen Stimmen der Mönche beim Gesange (Hom. I, S. 101) oder die bei den Chorgesängen ausgelassenen Silben in Säcke sammeln (Horn. I, S. 104), sind mir aus dem 13. Jahrhundert keine Beispiele bekannt geworden. Später kommen diese sogenannten Titinilli allerdings häufiger auf Darstellungen vor 6' Mit mißtönendem Gesang aus den Barbarenkehlen hatte man damals beim Chordienst oft genug zu rechnen. Der Teufel wurde dafür verantwortlich gemacht. Er war ja auch in der himmlischen Musik der Falschsänger, als welchen ihn Rupertus von Deutz so köstlich deutet: in allen Tönen daneben greifend, Feind jeden Zusammenklangs, Zischer nicht Sänger, nicht Vor-, sondern Nachsänger, wahrlich einer, der, so-weit er es vermochte, die ganze Musik verdarb (Patrol. lat., Bd. 169,

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Sp. 66). Schon 1134 hatte auch das Generalkapitel der Zisterzienser eine Verfügung über den Gesang erlassen, in der es hieß, daß die Männer mit Männerstimme zu singen hätten und nicht nach Frauenart, auch nicht mit Geplärre (tinnulis) oder, wie man es gewöhnlich nennt, mit verstellter Stimme nach der Art von Schauspielern. Verwunderlich ist es, wie oft noch bis in das späte Mittelalter hinein Schweine als Handstützen an Chorgestühlen vor-kommen. Wollte man ihnen allein die Deutung des Unreinen, die nach unserer heutigen Auffassung nahe liegt, geben, so würdc man irren. Dieser Sinn mag ihnen ja nebensächlich auch inne-wohnen, aber sie haben bei Caesarius deshalb eine besondere Bedeutung, weil er ihr Grunzen mit dem Schnarchen der im Chorgestühl eingeschlafenen Mönche vergleicht oder, mit anderen Worten, die Dämonen erscheinen ihm in solchen Fällen in Schweinsgestalt. Dann aber sind sie auch im gewissen Sinne wegen ihrer Gefräßigkeit Titinilli. Caesarius sagt darauf bezüglich: ich glaube, daß sie die Schoten (siliquae) sammeln, die den Mönchen vom Munde fallen: Siliquae sunt folliculi leguminum, significantque verba psalmodiae a virtute vacua, quae somnolenti sine intentione proferunt, et eadem semiplene prolata porcis, id est daemonibus, colligenda proiiciunt (IV, 35). Abb. 26, 28-32. Auch erscheint der Teufel in Gestalt eines schwarzen Ochsen (V, 56) oder als Kröte (X, 67 fi; XI, 39), für welche Tiere ich an den noch erhaltenen Chorgestühlen des Rheinlandes keine Bei-spiele nachzuweisen vermag. Die Kröte hat im übrigen seit den frühchristlichen Zeiten in ihrer symbolischen Bedeutung eine Wandlung durchgemacht. Dem Frühchristentum galt sie als Symbol der Auferstehung und wurde daher vielfach als Sinnbild bei Katakombenlampen genommen, während sie bei Caesarius nur noch ein Wesen der Hölle ist. So wird sie auch aufzufassen sein im Krabbenwerk der Michaelskirche zu Kidrich (Mittelrhein, um 1450), auf Grabsteinen, wie dem des Ritters von Schwalbach in der Karmeliterkirche zu Boppard und vor allem bei den Personifikationen der Frau Welt, die vorne glänzend und verführerisch aussieht, deren Rücken aber mit Kröten und Schlangen besetzt ist, wie es auch bei Konrad von Würzburg in „Der Welt Lohn” heißt:

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Sus kette si im den rücke dar der was in allen enden gar, bestecket und behangen mit ungefüegen- slangen, mit kroten und mit nateren (V, 213 ff). Solche Auffassungen sind auch in der bildenden Kunst mehr-fach wiedergegeben, wie z. B. die Statuen an den Domen zu Worms, Basel und in St. Sebald zu Nürnberg beweisen. Aehnliches kennt übrigens auch Caesarius. So erzählt er von einem Mädchen in Nivelles folgendes (III, 6) : So oft ein Dämon zu dem Mädchen käme, hüte er sich seinen Rücken zu zeigen. „Die bösen Geister besitzen nämlich, wie ich aus einer Vision weiß, keine Rücken.” Wenn ein anderer Dämon einem Mädchen erschien, ging er nach dem Abschied immer rückwärts. Auf die Frage, warum er dies tue, erwiderte er: „Wir nehmen zwar menschliche Körper an, aber wir besitzen keine Rücken.” Ochsen an Chorgestühlen lassen sich durchweg immer als Zeichen des Evangelisten Lukas deuten, da gewöhnlich auch die anderen Evangelistensymbole dort vertreten sind. In der Bedeutung als höllische Geister sind mir in der bildenden Kunst Ochsen bisher mit Sicherheit nicht bekannt geworden, es sei denn, daß man die Ochsen, die so munter von den Türmen der Kathedrale zu Laon auf die Menschen niederschauen, als Wesen der Hölle ansehen möchte. Die Legende spricht hier dagegen. Sie erzählt, daß der Steinmetz des Domes sie einst zum Dank für ihre brave Zugleistung beim Heranschleppen der Steine zum Dombau dort oben in luftiger Höhe ausgehauen habe. Wenn auf der langen Schleppe einer hoffärtigen Dame in Mainz Teufelchen sitzen (V, 7), so hat auch eine solche Vision in der bildenden Kunst greifbare Gestalt gewonnen.TM Caesarius berichtet auch, daß der Teufel auf einem Arm des Kreuzes Christi gesessen habe, „ut probaret si Christus moreretur”. Dort schildert er ferner, daß der Satan auch beim Tode des Gerechten zugegen sei und daß er die Seelen der Sünder mit-nehme und die bereits durch die Schuld Gerichteten der ewigen Strafe überliefere (Hom. IV, S. 234). Solche Gedanken sind auch früh in der Kunst verwandt worden, z. B. beim Tode des bösen

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Schächers auf Golgatha oder in Darstellungen des Jüngsten Gerichtes. Caesarius nennt Christus Abt des Himmels und den Teufel Abt der Hölle, demgemäß wird der Höllenfürst denn auch thronend inmitten der Schar seiner Anhänger und über diese auch richtend dargestellt (Hom. II, 42, Lib. VIII mir. II, 56). Auch Dante bezeichnet Christus als Abt des Himmels. Als Menschenseele, die von Höllengeistern u. a. in der Gestalt einer schwarzen Katze beschlichen wird (VI, 36), kennt Caesarius die weiße Taube. Er bemerkt selbst, daß er diese Auffassung aus dem Leben des heiligen Benedikt schöpfe, der die Seele seiner Schwester Scholastika als Taube habe in den Himmel fliegen sehen (VI, 35). Gerade solche Motive, bei denen einer Taube durch ein teuflisches Wesen Gefahr droht und sie sich Schutz suchend ins Blattwerk duckt, finden sich heute noch an Chorgestühlen. In Wimpfen i. T. gibt es einen Levitenstuhl aus der Zeit gegen 1300, wo besonders interessante Schnitzereien vorkommen .` An drei übereinanderstehenden .Voluten des Stuhles windet sich in der unteren nach oben emporbleckend ein Drache. Seinen Schwanz hat der in der darüber befindlichen Volute angebrachte Löwe mit den Zähnen erfaßt. In der letzten Volute darüber schaut eine Taube ängstlich auf diesen Kampf nieder. Der Drache ist der Teufel, der Löwe Christus (leo de tribu Juda) und die Taube die Menschenseele, die Christus vor dem Geiste der Hölle beschützt. Es mag befremden, daß hier der eben als höllischer Geist genannte Löwe als Symbol für Christus erscheint. In dieser Doppeldeutigkeit verbleibt die Löwendarstellung aber das ganze Mittel-alter hindurch. Dieselbe Zwiespältigkeit herrscht ja auch in der heiligen Schrift, nach der einmal Christus als Löwe vom Stamme Juda gedeutet wird und das anderemal der Teufel umhergeht wie ein brüllender Löwe. Es ist darum Frage des jeweiligen Falles, ob ein Löwe in der christlichen Kunst nach der guten oder nach der bösen Seite hin gedeutet werden muß. Abb. 27. Als Affe ist der Teufel, zumal im frühen Mittelalter, sehr häufig dargestellt worden (z. B. Chorgestühle in St. Gereon, Severin und Dom zu Köln). Die Auffassung, daß er der „Affe Gottes” sei, d. h. daß er Gott nachahme, wird wahrscheinlich zu solchen Darstellungen geführt haben. Auch den anderen Tiergestal-

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ten, die Caesarius kennt, begegnen wir häufig in Darstellungen durch die bildende Kunst. Vielfach ist der Teufel auch als irgend ein Wesen in ein Mönchshabit gekleidet. In diesem Gewande sucht er ja auch bei Caesarius oft die Menschen zu berücken. DER HEILIGE GEIST UND DIE HL. DREIFALTIGREIT Die Taube gilt Caesarius, wie er ausdrücklich erklärt, als Sinnbild des heiligen Geistes (VIII, 36). In dieser Deutung spielt sie ja in der Kunst des Mittelalters die `Hauptrolle. Ferner kennt Caesarius eine andere Versinnbildlichung des heiligen Geistes, die mir in der bildenden Kunst in der von ihm beschriebenen Form nicht bekannt ist: ein leuchtender Kreis mit sieben Sonnen darin. Der Kreis bedeutet die Ewigkeit des heiligen Geistes, die Sonne seine sieben Gaben (VIII, 91). Die Zeit des Caesarius hat die sieben Gaben des heiligen Geistes in der Kunst durch Tauben dargestellt (z. B. Fenster in St. Kunibert zu Köln), diese Tauben sind allerdings zuweilen von einem kreisrunden Schein sonnen-haft umgeben (z. B. Fenster in Bücken und Kappenberg). Wenn eine weiße Taube als avis sacratissima vom Kreuze über dem Altare auffliegt und sich auf dem Altare niederläßt, wenn sie auf einer Säule nahe dem Chorpult sitzend der heiligen Lesung aufmerksam zuhört und danach wieder auf das Kreuz zurück-kehrt (VIII, 37 und 38), so ist darunter wahrscheinlich nicht der heilige Geist versinnbildet. Man wird hier mit Unkel die Taube als Symbol der heiligen Maria ansehen müssen, zumal mit Rücksicht darauf, daß sie der heiligen Lesung lauscht, ein Vorgang, der für den heiligen Geist keinen Sinn hätte. Für Visionen des heiligen Geistes in Gestalt einer Taube sind teilweise gewiß auch die eucharistischen Tauben von wesentlichem Einflüsse gewesen. Damals, meist in vergoldetem Kupfer mit Emaille in Limoges hergestellt, schwebten sie an Ketten über dem Altar, dienten zur Aufbewahrung der Hostien und wurden vom Priester zur Messe heruntergenommen. Ein Weiterspinnen solcher tatsächlichen Vorgänge in Visionen ist sehr wahrscheinlich. Caesarius muß solche über dem Altare schwebenden Gefäße für die Hostien gekannt haben "TM Er erwähnt ein solches als Selbstverständlichkeit — pyxis, quae super altare cum corpore Domini pendebat (IX, 15), — in

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Anrath bei Neersen. Daß dieses Gefäß gerade die Gestalt einer Taube gehabt habe, sagt er nicht. Es ist aber möglich. Unser Schriftsteller erzählt übrigens selbst eine Geschichte, in der eine Taube von wunderbarem Glanze einer frommen Frau die heilige Kommunion unter beiderlei Gestalten bringt (sicque Christus per columbam suam communicavit columbam, Lib. VIII mir. I, 7). Aehnliche Tauben wie die eucharistischen kennt man aus der romanischen Zeit auch als Gießgefäße in der Kirche. Abb. 15. Sie sind als Versinnbildlichung des heiligen Geistes zu deuten, zu-mal dann, wenn sie zur Taufhandlung gebraucht wurden und so das Wasser der ewigen Gnade aus ihnen strömte. Daß in der Erscheinung einer Taube der heilige Geist nicht selbst erblickt werden dürfe, bemerkt Caesarius an einer anderen Stelle, wo er von einer weißen Taube erzählt, die Weihnachten einem sündigen Priester dreimal die Hostie vom Altare wegnahm. Der Novize fragt dazu: „Was ist von der Taube zu halten? War es der heilige Geist?” Caesarius erwidert: „Keineswegs, sondern nur das Anzeichen für die Gegenwart des heiligen Geistes (indicium praesentiae Spiritus sancti) ... Die göttliche Natur kann mit den Augen des Körpers nicht erschaut, mit den Ohren nicht gehört und mit den Händen nicht erfaßt werden (II, 5).” Zur bildhaften Gestaltung der heiligen Dreifaltigkeit kommt es bei Caesarius nicht. Selbst in den Homilien (III, S. 11) versucht er keine Erklärung. Hier gibt er eine ähnliche Legende, wie sie aus dem Leben des heiligen Augustinus bekannt ist, der ein Knäblein damit beschäftigt findet, das Meer auszuschöpfen. Er schließt die Erzählung mit der Bemerkung, daß man das Geheimnis glauben müsse, und daß dies besser sei, als andere darüber belehren zu wollen. Dieselbe Geschichte erzählt er im Lib. VIII, miraculorum (II, 1). Urtext 6, S. 82. In dem bereits erwähnten Zahn, den Heinrich von Ulmen nach Heisterbach schenkte, erkennt Caesarius in der Dreizahl der Erhöhungen (oder Wurzeln?) ein Sinnbild der Dreifaltigkeit: dens tria habens cornua in figuram summae Trinitatis (Hom. I, S. 122). Er erzählt ferner von einer Zisterzienserin, die an einem Sonntage zur Anschauung der Dreifaltigkeit entrückt wurde. Sie war aber später nicht in der Lage, das Mysterium ihrer Erscheinung auf-

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zuklären (VIII, 39). Dieses Ausweichen vor einer Deutung ist bemerkenswert. Das Geheimnis war unserem Schriftsteller zu tief und er blieb hier der vorsichtige Theologe. Anders die bildenden Künstler, die in naiver Schaffensfreude sich damals vor allem in jedem Zweig der Malerei an die künstlerische Lösung des Motives der Trinität machten. Theologisch lösten sie zwar das Problem augl~ nicht, aber sie brachten doch künstlerische Glanzleistungen hervor. Abb. 17 und 18. DER TOD Schließlich ist auch noch die Darstellung des Todes zu er-wähnen, auf die der Novize des Caesarius einmal hinweist. Er sagt, daß auf Bildern der Tod in Menschengestalt mit einer Sichel dargestellt werde (XI, 61). Es ist ihm also bereits die mittelalterliche Auffassung des Todes in der Kunst bekannt, die im Laufe der nächsten Jahrhunderte mit immer größeren Schrecknissen ausgestattet werden sollte. Caesarius möchte der Auffassung des Novizen, daß der Tod eine Person sei, nicht beipflichten. Er sagt, eine solche Anschauung stimme mit der Meinung der Juden über-ein, die erklärten, daß es einen Engel gebe, durch den das ganze Menschengeschlecht den Tod finde. Dabei verweist er auf Dialogus XI, 1, wo er einen mehr geistigen Begriff des Todes zu geben versucht. Diesem Begriff widerspricht eine andere Erzählung (XI, 62), wo der Tod tatsächlich als Person erscheint. Eine Dame, die im Sterben lag, sah, wie der Tod weiter weg zu einem Geistlichen ging. Tatsächlich wurde sie auch wieder gesund, während der Geistliche starb. Die Erscheinung einer Frau in weißem Gewande und blassem Antlitz, die Caesarius in einer anderen Erzählung berichtet (XI, 63), ist nichts anderes als eine aus einem Grabe erstandene Tote, die auch wieder auf den Friedhof zurückkehrt. Als Personifizierung des Todes kann sie nicht angesprochen werden.

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V. DAS KUNSTGEWERBE BEI CAESARJUS Es ist noch wichtig, einen Blick auf die von Caesarius erwähnten kunstgewerblichen Dinge zu werfen. Seine helle Freude daran tritt bei jeder Gelegenheit hervor. Selten läßt er sie ohne Beiwort und in einzelnen Fällen sucht er sogar den Sinn des Materials und des Schmuckes mystisch zu deuten. Er erzählt von Skyphen, Pyxiden, Kelchen und anderen Gefäßen, deren Schmuck aus Gold und Silber von Goldschmieden geschaffen ist .(III, 15; Lib. VIII mir. III, 33), von Edelsteinen in den verschiedensten Farben, denen wundersame Kräfte innewohnen (IV, 5), von Büchern mit goldenen Buchstaben geschrieben (VII, 37), von der nach zwanzig Jahren noch unverwesten Hand eines englischen Mönches in einem Kloster bei Arnsberg, mit der er schöne Bücher malte (XII, 47)," von schönsten Frauenkämmen (VIII, 85), von silbernen Weihrauchfässern (VI, 33), von goldenen Ringen (X, 61), von wundervollen Purpurgeweben, wie Menschenkunst sie nie gefertigt (VII, 48), von seidenen Stoffen (Kaufmann, S. 188), von wundersamer Purpurkasel in sehr schöner Pyxis (lib. VIII mir. III, 33) und von Scharlachgewändern (XI, 17). Teils ist es Wirklichkeit, teils sind es Gesichte, die von den auf der Erde gesehenen Schätzen ihre Schilderungen entnehmen."' Hier gibt sich Caesarius noch ganz dem Rausch romanischer Schöpfungen hin. Auch hören wir von einer Glocke in Hildesheim, deren Klang so wunderbar war, daß sie Menschen aus entfernten Gegenden an-lockte. Wenn sie geläutet wurde, stieg man in den Turm zu ihr hinauf (Lib. VIII. mir. III, 7). Nur selten einmal spricht Caesarius von profanen Gegenständen, wie von dem tönernen Trinkgefäß, der Krause (cruselinum), mit der der Ritter Rudiger noch nach dem Tode umging, weil er es im Leben auch immer getan hatte (XII, 51). Caesarius erwähnt ferner die verschiedenen Behältnisse, in denen — teilweise hinter Bergkrystall — Hostien und Heiligengebeine sichtbar werden (VIII, 65; IX, 7, 29; XI, 17; Kaufmann, S. 169, 174). Von Groningen erzählt er, daß dort für eine Reliquie des heiligen Johannes des Täufers ein Armreiquiar

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silbervergoldet, mit Gemmen und kostbaren Steinen verziert, hergestellt wurde (VIII, 53) ; und mitfühlend vermeldet er, daß ein Kloster in Westfalen in Zeiten der Hungersnot nicht bloß sein Vieh für die Armen geschlachtet, sondern auch die Kelche und Bücher verpfändet habe (IV, 67). Das Armreliquiar zu Groningen war der Bürgerschaft so kostbar, daß sie es in einem aus festen Brettern gezimmerten Behältnis hinter dem Altare der Kirche auf-bewahrte und daß Nacht um Nacht ein Priester als Wächter dar-über schlafen mußte. Von einem weiteren hochberühmten Reliquiar erfahren wir an einer anderen Stelle des Dialogus (V, 14). Die dort erzählte Geschichte spielt im adeligen Fräuleinstift Stuben bei Bremm an der Mosel. Ein Mädchen verfiel in Besessenheit. Da entnahm ein Priester ein Säckchen mit Dornen von der Dornenkrone Christi aus der goldenen Tafel (tabula aurea), hielt es dem Mädchen über den Kopf und heilte es hierdurch. Diese tabula aurea ist heute noch vorhanden. Sie entstammte dem „frommen Raube” aus St. Sophien in Konstantinopel von 1204 und der bereits früher erwähnte Ritter Heinrich von Ulmen hatte sie 120718 von einem Kreuzzuge mit an die Mosel gebracht. Er schenkte sie damals dem Stift Stuben. Hier war seine Schwester Irmgardis magistra. In Stuben wurde die Reliquie bis zum Ende des 18. Jahrhunderts auf-bewahrt und hochverehrt. 1794 wurde das später in der Zucht etwas verwahrloste Kloster aufgehoben; und heute spiegeln sich nur noch die ragenden Ruinen der im 17. Jahrhundert neu errichteten großen, einschiffigen Kirche in den Moselwellen. Die goldene Tafel befindet sich jetzt im Domschatz von Limburg an der Lahn. Sie ist auf Veranlassung des Kaisers Konstantinos VII. Porphyrogenitos, seines Sohnes Romanos (948—959) und dessen Sohnes, des Vorsitzenden des Senates, Basilios (963-978), geschaffen worden. Eine Inschrift auf der Tafel selbst gibt davon Kunde. Sie gehört zu den bedeutendsten Kunstwerken, die wir in Deutschland besitzen. Ihr Inneres besteht aus einem Holzkern, der außen mit vergoldetem Silberblech beschlagen, mit dem feinsten Zellenschmelz, mit Edelsteinen und Goldfiligran besetzt ist. Nur weniges fehlt an ihr oder ist in späterer Zeit einmal ergänzt worden.6° Abgesehen von der Kreuzpartikel, die durch ein Dop-

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pelkreuz in der Mitte der sog. Staurothek gefaßt wird, sind eine Reihe von Reliquien in kleinen Behältnissen, die durch Türchen verschließbar sind, um das Kreuz herum untergebracht. In einem dieser Behältnisse befand sich auch die Dornenreliquie, von der bei Caesarius die Rede ist. Heinrich von Ulmen hat von dem reichen Reliquienschatz, den er damals aus dem Orient mit-brachte, auch an St. Matthias zu Trier abgegeben, wofür dort in Anlehnung an die byzantinische Staurothek zu Stuben ein anderes Kreuzreliquiar geschaffen wurde. Ein ähnliches wurde für Mettlach gearbeitet, das wohl ebenso wie das Trierer Reliquiar in Trier selbst hergestellt wurde. Beide Reliquiare sind heute noch an Ort und Stelle vorhanden. Heinrich von Ulmen gab, wie aus Dialogus IV, 30 hervorgeht, ferner auch eine Partikel des Kreuzes von seinen byzantinischen Erwerbungen dem Kloster 'Heisterbach, so daß sich dort zwei Partikel befanden. Eine war früher aus Apulien dorthin gekommen und von schwarzer, und die von Heinrich geschenkte von roter Farbe. Sie sind jedenfalls auch in wertvollen Gefäßen aufbewahrt worden, doch erfahren wir bei Caesarius nichts darüber. Auch diese Schenkung beweist wieder, daß Heinrich von Ulmen enge Beziehungen zu Heisterbach unter-hielt, wo ja, wie bereits früher gesagt wurde, seine Mutter begraben lag. Andere Kreuzpartikel hatte Heinrich von Ulmen nach Maria Laach und nach St. Pantaleon zu Köln gegeben. Sie befanden sich, wie Gelenius (S. 367) berichtet, auch dort in kostbaren Behältern. Diese sind aber heute ebenfalls verschollen. Abb. 33-35. Im Reliquiar der Benediktinerabtei Brauweiler zersprang der Bergkrystall, hinter dem der Zahn des heiligen Nikolaus sichtbar war, weil die Mönche nicht würdig damit umgingen. Gelenius kennt eine solche Reliquie in Brauweiler nicht (S. 387). Er spricht nur von einem Finger und einem Arm des heiligen Nikolaus, die sich dort befunden haben. Daher ist es auch möglich, daß Caesarius sich bezüglich der Reliquie geirrt hat. Wasser über den Nagel des Herrn gegossen (aqua clavo Dominico superfusa) und gegen böse Erscheinungen angewandt, war besonders wirksam (XII, 15). Caesarius erzählt die Geschichte vom Kreuznagel zu Trier, der heute noch in der herrlichen Fassung, die ihm Bischof Egbert (977—993) geben ließ, dort aufbewahrt wird.

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Von Engelbert dem Heiligen erzählt er, daß er Pontifikalgewänder aus Purpur und feinstem Linnen habe anfertigen las-sen mit goldenen Fransen, Beschlägen, Perlen und Edelsteinen verziert, so daß seine Herzensbegeisterung aus ihnen wie aus einem Spiegel herausgeleuchtet habe. Derselbe Engelbert hat sich aus Gold mit köstlichen Gemmen, die er von verschiedenen Königen geschenkt erhalten hatte, einen Kelch zur Ehre Gottes herstellen lassen, von dem man sagte, daß er mehr als 500 Mark wert sei. Diesen Kelch würde er in seiner religiösen Hingebung dem Altare des Apostelfürsten Petrus, d. h. dem Kölner Dome, gewidmet haben, wenn er nicht vorher selbst den Kelch des Leidens hätte trinken müssen (Vit. Engelb. I, 9). Den genaueren Kenner kirchlicher Geräte wird es interessieren, bei Caesarius auch von einer Fistula, einem Saugröhrchen, zu hören, das ein Priester bei der Kommunion gebrauchte, da ihm die Hände zitterten (IX, 55). Das Wort Ciborium verwendet Caesarius noch nicht, statt seiner kommt bei ihm die ältere Bezeichnung Pyxis, zuweilen auch Scyphus vor. Er sagt von der Pyxis: „durch die Zier keines anderen Gefäßes wird Christus mehr er-freut. Die Pyxis für den Leib des Herrn pflegt reich geschmückt zu sein. Innen hat sie strahlendstes Linnen, außen ist sie mit Goldstickerei (aurifrigium) verziert. Durch das Linnen wird die Reinheit des Herzens, durch das Gold der Glanz der Liebe zum Ausdruck gebracht (Lib. VIII, mir. I, 11).” Zur Erklärung dieser Stelle ist hervorzuheben, daß damals die Hostien vielfach in leinenen Beutelchen in der Pyxis aufbewahrt wurden. Die Goldstickerei befand sich auf dem Mäntelchen, das ähnlich wie heute beim Ciborium am Knauf des Deckels befestigt war 6° Auch Elfenbein und Saphire werden mystisch umgedeutet: Das Elfenbein in seiner unnahbaren Kälte (frigidissimum) versinnbildet die Jungfräulichkeit, der Saphir 00 in seiner Farbe der Luft die witwengleiche Vollkommenheit (perfectionem vidualem, VIII, 40). Die Deutung des Elfenbeins als Symbol der Jungfräulichkeit ist im frühen Mittel-alter allgemein. Nur scheint der Grund, daß es frigidissimum sei, und darum die Sittenreinheit symbolisiere, vielleicht auf Caesarius zurückzugehen. Gewöhnlich wird nämlich als Begründung dafür angeführt, daß es vom Elefanten stamme, dieser ein ganz 64


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einsames Leben. führe und daher das keuscheste Tier sei. So sagt z. B. Notker Labeo (f 1022) von St. Gallen: Der Elefant ist ein keusches Tier, weil er, wie es heißt, nur ein Weibchen hat. Darum werden die heiligen Jungfrauen elfenbeinernen Häusern verglichen (Ausg. Piper, Tüb., 83, II, 170 f.). Abb. 16. Bildlich deutet Caesarius auch die großen metallenen Radleuchter der damaligen Kirchen. Er sagt, daß bei ihnen die 12 Hauptlichter die 12 Aposteln und die 72 kleineren Lichter ebenso-viele Jünger bedeuten (nach Lucas, cap. 10). Der Knauf oder die Kugel, an der die Krone mit Armen hängt, versinnbildet durch ihre Rundung und sonnenhaften Glanz einen Körper, nämlich Christus, die Sonne der Gerechtigkeit, die durch die Strahlen ihrer Gnade sowohl die Apostel als auch die Jünger zu sich hingezogen, erhalten und erleuchtet hat (Horn. IV, S. 176 f.) Dieser Schilderung entspricht der heute noch im Dome zu Hildesheim vorhandene große Radleuchter aus der Mitte des 11. Jahrhunderts. Er ist als civitas dei, als himmlisches Jerusalem, gedacht, wie eine Inschrift daran ausdrücklich bekundet:

Urbs est sublimis, miris fabricata figuris,
Undique perfecta, fidel compagine juncta..
In virtute sua solis sol lucet in illa,
Mystica discernit, tenet aspicit, omnia novit.
Et solium regni cordis locat in penetrali.

Auf den offenen Toren, die im Mauerring des großen Reifens des Leuchters stehen, sind die Namen der zwölf Apostel ein-geschrieben. IIinter den 72 Mauerzinnen waren 72 Lichthalter angebracht. Die Kugel in der Mitte der Krone, von der Caesarius spricht, ist heute nicht mehr vorhanden. Sie befand sich aber einstmals dort, wie eine Urkunde von 1442 beweist. Es war eine große zentrale Lichtquelle als Mittelpunkt des himmlischen Jerusalems, das von ihr bestrahlt wurde, ganz wie wir es noch bei Caesarius lesen °i Hier haben wir wieder ein glänzendes Bei-spiel dafür, wie genau Caesarius die Dinge der bildenden Kunst zu seiner Zeit gekannt und welches Interesse er ihnen entgegen-gebracht hat, wenn auch sein großer Ordensgenosse Bernhard von Clairvaux mit solchen Dingen nicht einverstanden war. Auch im Dialogus schildert Caesarius einen Kronleuchter .in

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einer Vision. Es erscheint dort die Muttergottes auf dem schönsten Throne sitzend, umgeben von Heiligen, die alle nicht älter als 25 Jahre zu sein scheinen. Die heilige Jungfrau läßt einen Leuchter von wunderbarer Schönheit, „wie sie in den Kirchen zu hängen pflegen — quales in ecclesiis pendere solent”, an goldener Kette in den Raum der alten hölzernen Kirche von Heisterbach hernieder. An Stelle der Kugel in der Mitte befand sich ein helleuchtender Edelstein. Auf diesem standen die Worte: „0 clemens, o pia, o dulcis Maria”. Vom Steine gingen drei kleine Arme aus, an denen die Krone hing. Die Namen der im Chor anwesenden Mönche des Klosters Heisterbach standen auf der Krone selbst. Diese Namen wurden aus der Aufschrift des Edelsteines je nach Verdienst bestrahlt (VII, 21). Die leuchtende Kugel in der Mitte, die in den Homilien Christus versinnbildet, ist demitach in der letzten Vision ein Symbol der heiligen Maria. Wir finden Caesarius also hier wieder auf mariologischen Wegen. Die Vision stammt von einer Klosterfrau aus dem Kloster Walberberg, dessen Nonnen sich so oft durch fantastische Gesichte aus-zeichnen. Abb. 36. I)iese Erzählungen unseres Schriftstellers von Leuchterkronen sind der Lichtsymbolik des Christentums entsprungen. So sagt er z. B. auch von der Kerze: „In der Kerze ist Feuer, Licht und Wachs. Feuer und Licht bezeichnen die Göttlichkeit. Wie das Feuer des Lichts, so erleuchtet Gott die gläubige Seele, da er ja das göttliche Licht ist und als Gott unser Licht zur höchsten Vollkommenheit steigert. Wie aber die heilige Jungfrau Maria Christus trägt, indem die Gottheit Leib und Seele ist, so müssen wir den Glauben an Christi Menschwerdung durch unsere Taten und guten Werke beweisen und dieser Glaube scheint mir am besten durch eine brennende Kerze zum Ausdruck gebracht zu werden (Lib. VIII, mir. III, 74) .” Sonst erfahren wir nicht viel über die Lichtsymbolik, das für die bildende Kunst in Betracht kommen könnte. Was Caesarius dazu erzählt, hat meist literarische Bedeutung. Aehnlich verhält es sich mit den feurigen Stühlen der Hölle und den goldenen Stühlen des Himmels, die der Bösen bzw. Guten im Jenseits warten (VI, 10; XI, 11, 12; VII, 7). Als Vorstufe für die Stühle des Himmels dachte man sich vielfach die Kathedren der

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Bischöfe und Aebte auf Erden, von denen noch einige mit mannigfacher Symbolik auf uns gekommen sind, wie z. B. der Bischofssitz zu Canosa und der Abtstuhl zu Siegburg. Wie gerne man am Rhein von solchen köstlichen Sitzen im Himmel träumte, des ist vor allem die schöne Stelle des um 1100 entstandenen Annoliedes Zeuge: duo stunt dir ein stuol ledig unt eixlYch: seint Anno wart sigis vili vrolich. - her was ci sfnin eren dar gesat: no lobit hers got, dad iz also gescach. S wf gerne her duo geseze, den 19bin stuol wf gerner bigriffe (v. 728 ff.). Von Steinen und Blumen sagt Caesarius auch manches Symbolische, besonders in den Homilien. Z. B.: durch Rosen wird die Liebe, durch Lilien die Reinheit ausgedrückt (Horn. I, S. 5). Eine besondere Vorliebe scheint er für Perlen gehabt zu haben, die die Goldschmiedekunst damals sehr viel an kirchlichem Geräte zum Schmuck verwandte. Diese Vorliebe mag einerseits auf den feinen, stillen Glanz der Perlen zurückzuführen sein, andererseits aber auch sicher darauf, daß unser Schriftsteller glaubte, die Perle würde aus Himmelstau geboren. Durch diese Annahme wurde sie besonders symbolisch verwertbar. Er sagt: „De coelesti rore nascitur et non nisi una in una concha invenitur. Unde et unio dicta est.” Infolgedessen kommt er zu einem Wortspiel mit unigenitus: „Christus unio est . . . Unigenitus Patris, unigenitus Matris. Die Perle ist für alle köstlichen Steine in Verbindung mit Gold eine Zier, und die Zier aller Heiligen ist Christus. Er ist selbst der Schatz, die Perle (Hom. IV, S. 259 f.).” Urtext 9, S. 83. Zur vollständigen Schilderung eines kirchlichen Gerätes kommt es bei Caesarius nicht. Er setzt seine Kenntnis als Selbstverständlichkeit voraus, wie auch diejenigen, zu denen er einmal gesprochen hat, die Geräte als bekannte Dinge hinnahmen, die man nicht mehr zu schildern brauchte. In manchen Punkten kann man den Blick in seine Anschauung noch erweitern, wenn man in Werken nachliest, die Caesarius bereits gekannt hat. So zitiert er z. B. die Visiones Godescalci (V, 44). Leibnitz hat sie bereits herausgegeben und neuerdings hat Greven im Dantejahrbuch 1923

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eine andere Fassung von ihnen veröffentlicht, die er im Kölner Stadtarchiv auffand. Caesarius empfiehlt die Visiones seinem Novicius als Lektüre. Für uns ist darin vor allem die Auffassung des Himmels wichtig. Danach ist er ein herrlich in Gold und von Edelsteinen strahlender Schrein, an dem die Seligen in Nischen sitzen, genau wie an den Reliquienschreinen der Erde. Hier war ja zur Zeit des Caesarius den Meistern der Goldschmiedekunst durch das kostbare Material eine solche Verklärung der heiligen Gebeine gelungen, daß man von einer bis dahin auf Erden nicht geschauten Schönheit sprechen kann. Wenn vorhin (S. 31) gesagt wurde, daß die Kunst das Mysterium der eigentlichen Transsubstantiation damals noch nicht angetastet hat, so ist das zwar richtig. Aber die Verklärung der Reliquien war durch die Goldschmiede zu einer solchen Vollendung gelangt, daß wir heute uns noch rückhaltlos dem Zauber hingeben können, dem es tat-sächlich gelungen scheint, die irdische Substanz der Reliquien in die Transzendenz emporzuheben. So finden wir doch gleichzeitig mit der Fassung der das Abendmahl betreffenden Transsubstantiationslehre auch vor allem die Goldschmiede am Werk, die „Transsubstantiation” der heiligen Gebeine durch ihre Kunst begreifbar zu machen.

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VI. ABBILDUNGEN IN DEN HANDSCHRIFTEN UND IDEALPORTRAETS DES CAESARILIS Zum Schluß noch einiges über Illustrationen in den Werken des Caesarius und über Darstellungen seiner Persönlichkeit in der bildenden Kunst. Eine Handschrift noch aus seiner Zeit, aus der man auch z. B. einen Eindruck seiner äußeren Erscheinung gewinnen könnte, besitzen wir nicht mehr. Wie wir nicht einmal mehr aus dem Urkundenbuche der Abtei Heisterbach heute etwas über Caesarius erfahren und alles über sein Leben aus seinen Schriften meist zwischen den Zeilen lesen müssen, so ist auch alles Geschriebene aus der Zeit seines Wirkens untergegangen. Die Landesbibliothek zu Düsseldorf besitzt noch einen Codex des 13. Jahrhunderts von Heisterbach selbst, der einige Illustrationen zum Dialogus aufweist. Die Qualität der Zeichnungen ist nicht besonders hoch. Der Codex entspricht aber in seiner Einfachheit den zisterziensischen Vorschriften, daß die Buchstaben einfarbig und nicht ausgemalt sein sollen. Ein anderer Codex, gleichfalls in Düsseldorf, aus der Zeit bald nach 1300, stathmt aus der Zisterzienserabtei Altenberg. Hier ist auch zweimal ein Idealporträt des Caesarius gegeben, einmal wie er aus einem Buche den Novicius unterrichtet und das andere Mal, wie er in Gebet versunken am Boden kniet und von oben her ihm das Antlitz Christi erscheint. Wie so oft seit Homer die Dichter sich der Muse zu Füßen geworfen und sie um ihren Beistand an-gefleht, haben, so hat der Miniaturmaler unsern Heisterbacher hier dargestellt, wie er zu seinem Inspirator betend die Hände erhebt und zu ihm die Worte des 1. Kapitels der I, Distinction spricht: „Cupiens loqui de conversione, illius gratiam invoco, qui loquitur pacem in plebem suam et super sanctos suos et in eos qui convertuntur ad cor. Eius est seribenda inspirare, calamum gubernare, mercedem laboris recompensare.” Es handelt sich um recht gute Miniaturen in einem Stil, der damals in Köln üblich war. Schließlich besitzt die Universitätsbibliothek zu Utrecht einen Codex, der mit zwei Bildern verziert ist (Nr. 370). Der Titel

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der Handschrift lautet: Speculum Mariae sive sermones et preces ad beatam virginem. Das Werk stammt aus dem Kartäuserkloster bei Utrecht, ist um 1460 geschrieben und gleichzeitig auch mit den beiden in hellen Farben gehaltenen Miniaturen verziert worden. Diese sind sorgfältig gezeichnet, wenn auch nicht von über-ragender Qualität. Die erste von ihnen stellt die Flucht nach Aegypten dar, die zweite die heilige Maria in einem Wohnraume mit Stickrahmen und dabei das Jesuskind und den Pflegevater Josef — ein rechtes niederländisches Familienbild. Andere Codices, die auf den Schriftinhalt des • Caesarius oder auf seine Person in ihren Miniaturen besonders eingehen, sind mir sonst nicht bekannt geworden. Abb. 37-41. Die Zeit der Reformation und Gegenreformation hat sich, wie bereits hervorgehoben, erneut mit Caesarius beschäftigt und durch eine eigentümliche Verwechslung scheint dabei auch das 16. Jahrhundert noch einmal ein Idealporträt von ihm geschaffen zu haben. Um dies klarzustellen, muß ich weiter ausholen. Wenn man annimmt, daß Caesarius tatsächlich in Köln geboren ist, so wäre es weiter noch von Interesse zu wissen, in welchem VierteI der Stadt er wohl seine Jugend verbracht hat. Durch seine Schriften wird man dabei in die Gegend der Kirchen St. Georg und St. Jakob, die unmittelbar nebeneinander lagen, geführt °! So erzählt Caesarius von einem Metallkreuz in St. Georg, dessen Reliquien herausgenommen und in besonderer Fassung unter-gebracht wurden. Es geschah auch ein Wunder mit diesem Kreuz, dessen er sich noch sehr gut erinnert. Das Begebnis von den Eseln, die vor dem Sakrament niederfallen, findet in der Nähe, auf der Hochstraße (strata alta), statt. Heute ist die Legende St. Georg noch viel näher gerückt, dadurch daß sie an den Waidmarkt (Weißbüttengasse) geknüpft wird, wo beide Kirchen lagen. Caesarius erzählt ferner die Geschichte einer Vision, die Everhard, Pleban von St. Jakob, erlebte. Er kennt ihn genau, denn er nennt ihn, „vir iustus atque religiosus, et propter suam sanctitatem omni civitati reverendus”, ihm hat sich auch das eben erwähnte Ereignis mit den Eseln begeben und schließlich schrieb Caesarius auch die Vita dieses Everhard (I, 7; IV, 98; VIII, 25). Würden alle diese Umstände es schon wahrscheinlich machen, daß Caesarius

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in der Nähe von St. Jakob und St. Georg seine Jugend verlebt hat, so wird diese Vermutung fast zur Gewißheit, wenn wir erfahren, daß an Stelle der Kirche St. Georg ursprünglich eine dem heiligen Caesarius geweihte Kapelle stand, und daß auch heute noch St. Caesarius einer der Patrone von St. Georg ist. Der Name Caesarius kommt sonst in Köln auch im Mittelalter fast gar nicht vor. Es wäre darum möglich, daß der Heisterbacher Caesarius von dem in St. Georg verehrten heiligen Caesarius in der Taufe den Namen empfangen hätte, daß er als Pfarrkind von St. Jakob seine Jugend verlebte und seine Eltern gute Beziehungen zum Stift St. Georg unterhielten. Aegidius Gelenius widmet in seinem Buche De admiranda magnitudine Coloniae dem in St. Georg verehrten heiligen Caesarius einen langen Bericht." Danach handelt es sich um einen Heiligen aus Terracina in Italien, der bereits in den ersten Jahrhunderten nach Christus den Martertod erlitt. Nun hat in den 50er Jahren des 16. Jahrhunderts der spätere Erzbischof Johann Gebhard von Mansfeld als Probst von St. Georg ein Gemälde in die Kirche gestiftet, auf dem auf einem Flügel u. a. auch St. Caesarius unter den Patronen der Kirche dargestellt ist. Dieser Caesarius trägt das weiße Gewand der Zisterzienser und als Attribute eine Schreibfeder und ein Buch. Sowohl das Gewand wie die Attribute kommen dem eigentlichen heiligen Caesarius nicht zu, da er weder Zisterzienser noch Schriftsteller war, während beides auf keinen besser paßt, als auf Caesarius von Heisterbach. Man wird darum nicht fehl gehen, wenn man das Bild als ein Idealporträt des Heisterbacher Novizenmeisters auffaßt. Man hat wahrscheinlich bei Schaffung des Bildes den heiligen Caesarius darauf bringen wollen, aber in erster Linie an den Caesarius von Heisterbach gedacht, wahrscheinlich auch schon des-halb, weil man bei der Attributierung des heiligen Caesarius rat-los war. Das Bild ist entweder von Barthel Bruyn d. ä. oder seinen Söhnen Arnt oder Barthel gemalt.« Somit hat sich also allem An-schein nach im 16. Jahrhundert einer der damals in Köln bedeutendsten Maler und Porträtisten unseres Heisterbacher Caesarius noch einmal angenommen, ein Idealbild von ihm geschaffen und ihn dabei sogar in die Schar der Heiligen versetzt. Abb. 42. Auch das ist für die späte, nachmittelalterliche Zeit in Köln

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nicht verwunderlich, denn sie hat unseren Caesarius noch einmal ganz besonders geschätzt und mit höchster Verehrung von ihm gesprochen. So nennt ihn Aegidius Gelenius: „Venerabilis Caesarius Coloniensis, Prior Monasterii Heisterbacensis vir reconditae sanctitatis et doctrinae” °6 Das Menologium der Zisterzienser sagt von ihm: „Der selige Caesarius, Prior in Heisterbach, ein Mann von ausgezeichneter Frömmigkeit und Wissenschaft, welcher die Taten der heiligen Väter in frommer Sorgfalt sammelte und der Nachwelt befahl, selbst den Fußstapfen derselben folgend, glänzt in Deutschland durch mannigfache Tugenden und Wunder. Im Geruche der Heiligkeit vollendete er den glücklich durchfochtenen Kampf in seinem Orden: "° Caesarius wurde in der Kirche vor dem Altar der heiligen Petrus und Paulus begraben. Dieser Altar war 1227, als die Kirche nahezu fertig gestellt war, geweiht worden.°7 Hier ruht unser Schriftsteller inmitten der Männer, die die Werke seiner Feder einmal von ihm erhalten haben (in media dominorum, qui scripta eius calamo exceperunt) .°ß Wahrscheinlich wird man das Grab bis zum Abbruch der Abteikirche im Anfang des vorigen Jahrhunderts noch gekannt haben. Heute ist uns die Stelle, wo der Altar der beiden Apostelfürsten gestanden hat, ebenso unbekannt wie das Grab des Caesarius. Seine Werke waren dauerhafter als Stein.0°

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VII. LITERATUR UND ANMERKUNGEN 1 Die hier in Frage kommende Literatur für Caesarius befindet sich bei Greven, Die Entstehung der Vita Engelberti des C. v. H. in den Annalen des historischen Vereins für den Niederrhein, Heft 102, 1918. Für die vorliegende Arbeit wurden die Werke des Caesarius nach folgenden Ausgaben benutzt: Dialogus miraculorum von Joseph Strange, Köln usw., 1851, Index dazu Koblenz, 1857; daneben eine andere Ausgabe von 1605, ex offlcina Martini Nutii, Antwerpen. Es wird zitiert nur nach Buch und Kapitel der Strangeschen Ausgabe. Den größten Teil des Dialogus hat Kaufmann in den Ann. d. h. V. f. d. N. ins Deutsche über-tragen, 1888, 1 ß'., 1891, 1 ff. (Zitiert Uebersetzungen"). Vita St. Engelberti in Vindex libertatis ecclesiasticae et martyr s. Engelbertus episcopus etc. von Aegidius Gelenius, Köln, 1633. Vita St. Elisabethae und Sermo de Translatione beatae Elisabeth nach Hugskens in den Annalen des hist. Ver. f. d. N., Heft 86, 1908. Libri VIII miraculorum nach Meister i. d. Römischen Quartalschrift, Rom 1901, 13. Supplementheft und den Teilen bei Kaufmann, Caesarius v. H., Köln 1862, S. 163 fY. Homilien nach Koppenstein, Köln, 1615. Die Ausgabe wimmelt von Druckfehlern. Eine Neuausgabe der erzählenden Schriften des Caesarius wird von Professor Dr. Hilka, Göttingen, vorbereitet. Einzelheiten über Caesarius u. a. Königer, Die Beicht n. Caes. v. H., 1906, München; Hülster, Caes. und sein Lehrer Ensfried in HeimMbl. des Siegkreises, 1925, S. 75 ff. In letzter Zeit sind mehrere volkstümliche Auswahl-ausgaben herausgekommen, auch hat der Name des Caes. v. H. zu einem Roman herhalten müssen. Hierbei kommt auch die Kunst zu Wort. Aber das Buch ist voller Fehler und Schiefheiten. Es gibt nur eine Vorstellung wie es damals im Zisterzienserorden nicht war. ' Einer Datierung wesentlich vor 1180, wie Höfer in den Ann. d. hist. Ver. f. d. N., 65. Heft, 1898, S. 237 ff. es möchte, kann nicht beigetre- ten werden. • Abgedruckt bei Koppenstein, siehe auch Meister, S. XVIII ff. • Soweit diese Schriften sich im Archiv der Stadt Köln befinden, wurden sie von mir bereits durchgesehen. Ueber die in Köln vorhandenen

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n lo lt 12 13 14 Caesariushandschriften s. Löffler, Kölnische Bibliotheksgeschichte im Umriß, 1923, Köln, S. 25, 30, 68, 69, 82. • Greven i. d. Ann. d. h. V., Heft 102, S. 1-39. • Hugskens i. d. Ann. d. h. V., Heft 86, S. 1-59. • Unkel, Die Homilien d. C. v. H., ihre Bedeutung für die Kultur- und Sittengeschichte d. 12. u. 13. Jahrh., i. d. Ann. d. h. V., Heft 34, 1879, 5. 1-67. • Abgedruckt nach der Veterum scriptorum et Monumentorum etc. amplissima collectio, II, 269 f. in der Gilde de St. Thomas et de Saint-Luc, Brügge 1878. Auch bei Jaffe, Bibl. Rerum Germanarum, I, 194. Der Goldschmied ist dort nur mit G. bezeichnet. Es kann sich nach allem aber nur um den bedeutenden Godefroid de Glaire von Huy handeln, der auch für Wibald einen heute untergegangenen Altar geschaffen hat. Die Antwerpener Ausgabe kennt die Verse nicht. 5. 86 f.; auch in den Anmerkungen zur Uebersetzung des Dialogus hat Kaufmann noch einiges hinzugefügt. Ferner Kaufmann i. Zeitschrift f. chr. Kunst Bd. III, Sp. 151 ff. Die Beschlüsse des Generalkapitels sind abgedruckt im: Nomasticon Cisterciense, Paris, 1664. Der Liber usuum sacri ordinis Cisterciensis bei Guignard, Les monuments primitifs de la regle cistercienne, Dijon, 1878. Die wichtigsten Bestimmungen auch bei Rüttimann, Der Bau-und Kunstbetrieb der Zisterzienser unter dem Einfluß der Ordensgesetzgebung im 12, u. 13. Jahrh., Freib. i. S., 1911; teilweise auch bei Sharpe, The architecture of the Cistercians, London; 1875, bei Dehio und v. Bezold, Die kirchliche Baukunst des Abendlandes, Stuttgart, 1892, und bei Rose, Die Baukunst der Zisterzienser, München 1916. Migne, Patrologia latina, Bd. 182, Sp. 914 ff. Ich habe mich in der Uebersetzung zur Hauptsache an Dehio und v. Bezold, Bd. I, S. 521 ff. angeschlossen. Neben den Bestimmungen des Generalkapitels und den Worten des hl. Bernhard verblaßt die Behandlung desselben Themas im Dialogus inter Cluniacensem monachum et Cisterciensem des 12. Jahrh. (abgedr. bei Marfene et Durand, Thesaurus novus anecdotorum, 1584) vollständig. Heisterbach ist u. a. behandelt bei Boisseree, Denkmale der Baukunst am Niederrhein, München, 1833 u. 1844; Dehio u. v. Bezold, I, Seite 484 fi., Renard in die Kunstdenkmäler des Rheinlandes, Siegkreis, 5. 50 ff.; Beitz, Kloster Heisterbach, Köln, 1926. Crombach, Annales metrop. Coloniae Agripp. verlegt die Vision in das Jahr 1209, also noch ein Jahr später.

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t6 5. 23 Anmerk. 4. Boisser~e bezeichnet auch den Abt unrichtig, der den Grundstein gelegt haben soll. Er nennt ihn Gerhardus, während der damals regierende Abt Gevardus hieß. ie Schmitz, Urkundenbuch der Abtei Heisterbach, Bonn, 1908, S. 164. 37 Kunstdenkmäler, Köln, St. Aposteln, S. 117. 38 Kunstdenkmäler, Köln, Das römische Köln, Tafel VIII. 1e Kunstdenkmäler Köln, St. Andreas, S. 30. R0 Bendel, Der Landkreis Mülheim a. Rh., 1911, Mülh. a. Rh., S. 333 und 179. al Aegidius Gelenius, De admiranda magnitudine Goloniae, 1645, S. 319. 22 Es wird wohl Weißenburg gemeint sein. Man denkt an Otfried von „Wizinburg”. Der Antwerpener Druck hat allerdings Wurzimburch, so daß auch Würzburg in Frage kommen könnte. =' Die Schriften des Oliver von Hoogeweg, Tübingen, 1894, S. 174, 283 und 287. " Cicerone, Leipzig, 1924, S. 722 f. Ueber „Die Kunstgeschichte des Kreuzes« hat einmal eingehend J. Stockbauer, 1870, Schaffhausen, gearbeitet. Das Werk ist zwar teils veraltet, aber in manchen Teilen immer noch brauchbar. Was die Zisterzienser im Jenseits zu erwarten haben, sagt Caesarius besonders deutlich in den Homilien (II, S. 34): „Omnes, qui in Ordine Gisterciensi perseveraverunt, salvi erunt.” " Beide Stücke abgebildet in Henry Martin, La miniature Fran~aise du XIII.—XV. Siecle, Paris, 1924, Taf. 58 u. 63. 8 Es war das Zeichen, daß ein Mönch gestorben war. „Cymbalum percussum est”, statt cymbalum meist bei Caesarius tabula. ° Abb. 43 bei Reiners, Die Kölner Malerschule, 1925, der das Bild unverständlicher Weise dem Mittelrhein zuweist. 0 S. darüber Witte, Die Skulpturen der Sammlung Schnütgen, Berlin, Seite 39. 33 Die Sinnbilder der h1. Maria größtenteils bei Molsdorf, Führer durch den symbolischen und typologischen Bilderkreis der christlichen Kunst des Mittelalters, Leipzig, 1920, S. 74 ff. S. z. B. die Maria-Ecclesia in der Monumentalmalerei zu Prüfening bei Regensburg, Abb. 12. Daß die heute als Altaraufsatz verwendete Skulptur ursprünglich Altarvorsatz gewesen ist, habe ich nachgewiesen in der Zeitschr. für christl. Kunst, 34. Jahrg. S. 61. Gelenius, S. 289. Für ein Vesperbild in der Karmeliterkirche zu Köln wird bereits 1298 ein Ablaß bewilligt. Die Frage, ob das Vesperbild eine Folge der

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aa 37 38 39 40 41 42 Literatur ist oder ob es sich aus den Kreuzabnahmegestaltungen der bildenden Kunst entwickelt hat, ist bis heute noch nicht entschieden. Auch Passarge, Das deutsche Vesperbild im Mittelalter, Köln, 1924, hat die Frage nicht gelöst. Legenda Aurea, herausgeg. v. Benz, Jena, I, S. 41; das Bild mit Abb. besprochen in Kunstdenkmälern, Aachen, die Kirchen, S. 259 ff. Z. B. Rupertus v. Deutz. Durch den Domscholastikus Rudolf sind Gaesarius sicher manche Gedanken des Rupertus vermittelt worden. Den Zusammenhang Ruperts mit Rudolf hat Greven nachgewiesen, Ann. d. h. Ver. 99. Heft, S. 30 f. Der Einfluß Ruperts auf Theologie und Kunst ist heute immer noch nicht genug bekannt. Ich hoffe in einer späteren Arbeit einmal den Beweis für den großen Einfluß Ruperts auf die Kunst bringen zu können. Ruperts Einfluß wäre noch bedeutender gewesen, wenn. nicht alsbald nach ihm der Zisterzienser Bernhard v. Glairvaug alles überstrahlt hätte. Von der hl. Hildegard spricht Caesarius mehrmals. Aus seinen Worten geht der Einfluß der Heiligen durch ihre Predigt in Köln um 1164 sehr klar hervor. Vita Engelb. I, 7; Horn. 1, t45 u. III, 57 f.; s. auch Greven in Bonner Zeitschrift f. Theologie u. Seelsorge, 1925, S. 36 u. Anmerk. 16. Die hl. Hildegard spricht viel besser über die Dreifaltigkeit als Caesarius (s. den Urtext S. 82). Sie macht einen Unterschied zwischen Licht und Glanz, ähnlich wie Caesarius und sagt: „Das Feuer durchdringt die -beiden Namen, die Gottes Sein ausmachen, weil es nicht möglich wäre, daß das Licht des Glanzes entbehren könnte. Und wenn dieses Feuer fehlte, würde das Licht nicht leuchten und der Glanz nicht leuchten. Im Feuer nämlich sind Flamme und Licht, sonst wäre es nicht Feuer — et ignis haec duo vocabula penetrat, qui Deus est, quia possibile non esset, ut claritas splendore careret. Et si iste ignis deesset, claritas non claresceret, nec splendor fulgeret. In igne enim flamma et lumen latent, alio quin ignis non esset.” Endres, Das St. Jakobsportal in Regensburg, Kempten, 1903, S. 32 ff. und Abb. Beitz, i. Zeitschr. f. chr. Kunst, 34. Jahrg., S. 50 ff. Andere Beispiele im Hortus deliciarum n. Straub, Taf. 59, in Prüfening Abb. 12, hier durch Honorius v. Autun begründet. Richard Hamann tr: Heinr. Kohlhausen, Der Schrein der hl. Elisabeth zu Marburg, Marburg, o. J. bestreiten einen Zusammenhang mit Caesarius (S. 19), da die Reliefs keine Wunder, sondern nur Tatsachenschilderung" enthalten. Mir scheint dieses Argument nicht zu genügen, denn auch die Tatsachen befinden sich bei Caesarius. Huyskens, Zur Geschichte der Glasgemälde in der Elisabethkirche zu

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Marburg in Fuldaer Geschichtsblätter 1907, Nr. 10, S. 158 f. Huyskens rückt dort auch manches zurecht, was bei Haseloff, Die Glasgemälde der Elisabethkirche in Marburg, Berlin, anders gesehen ist. • S. die trefflichen Ausführungen Grevens über diese Vita i, d. Annalen d. h. V., 102. Heft, S. 1 ff. Engelbert hat vielleicht durch seine Vorschrift, das Altarsakrament besser aufzubewahren, für die Einführung der Sakramentshäuschen weseritlich beigetragen. " Köln, bei Gisbert Clemens. A6 Preciosu Hierotheca, S. 17. °H Prec. Hier., S. 125-128. " Kaufmann, S. 132 ff. u. 151 ff. '" Horn. II, S. 52 heißt es: Claustra nostra femina non ingreditur, carnibus vesci non licet, pisces raro videmus. • Abbildungen solcher Wesen bei Reiners, Die rheinischen Chorgestühle der Frühgotik, Straßburg, 1909, Taf. 3, 4, 6, 7, 8, 9, 12, 13, 28 u. a. Reiners, S. 42 scheint dieser Ansicht auch zuzustimmen, anderer Ansicht Kunstdenkmäler, St. Gereon, S. 68. 81 Im Münster zu Bonn und in St. Gereon zu Köln, eine gedanklich verwandte Darstellung am Paradies zu Maria Laach, wo der Teufel die peccata populi aufschreibt, Abb. 30 u. 31. 2 S. darüber bei Unkel, 5. 10. • Eine solche Darstellung z. B. auf einem Teppich mit der Magdalenenlegende im Ursulinenkloster zu Erfurt. Creutz bei Döhring u. Voß, Meisterwerke der Kunst aus Sachsen u. Thür., S. 22, Abb. 39. Zeller, Die Stiftskirche St. Peter zu Wimpfen i. T., Tafel RXXIII. Die eben angeführte Geschichte der weißen Taube hat sich z. B. dem Abt von Heisterbach selbst begeben. Bei festlichen Gelegenheiten schwebte sie dort am Altare über seinem Haupte. Man wird darum die Vision leicht mit der eucharistischen Taube in Beziehung bringen können. Aehnlich deutet man ja auch die Taube, die dem hl. Remigius zur Taufe Clodwigs das Fläschchen mit Oel gebracht hat. Diese und andere Taubenvisionen 'erzählt Caesarius übrigens auch Horn. 1, 5. 120 f. '" Das Kloster hieß Wedinghausen. Die Hand wurde bis 1583 dort auf-bewahrt. Damals ging sie im Truchsessischen Krieg verloren. Kauf-mann, Uebersetzungen II, S. 157, Anmerk. 1. 67 Auch Rupertus von Deutz hebt in seinem Werk De divinis officiis (Migne, Patrologia Latina, Bd. 170, Sp. 52/53) den Wert der Kunst und vor allem des kostbaren Materials sehr hervor: Ubi opportunitas et opes non deerant, Dominus ipse aurea sibi et argentea fleri mandavit opera, summa artif3cum industria. - - Codices quoque evangelici

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auro et argento, lapidibusque preciosis non immerito decorantur, in quibus rutilat aurum coelestis sapientiae, nitet argentum fidelis eloquentiae, fulgent miraculorum pretiosi lapides. Aus'm Werth, Das Siegeskreuz des Kaisers Konstantinos usw., Bonn, 1866; Denkmäler des Lahngebietes, Kreis Limburg, S. 103 ff u. Falke, Deutsche Schmelzarbeiten, Frankfurt, 1904, S. 89 fF. • Bei Kaufmann (S. 183) heißt nach dem Trierer Codez ein Teil der eben zitierten Stelle: Pixis dominici corporis magni decoris esse solet, intus habens turnen candidissimum... Statt lumen, das hier sinnlos stünde, muß es, wie Meister nach den anderen Handschriften richtig hat, linum heißen (S. 21). 80 Einzelne Handschriften haben auch hyazinthus. 61 Siehe über die romanischen Radleuchter Effmann, Zeitschr. f. chr. Kunst, 1890, Sp. 211 ff.; Bertram, Die beiden Radleuchter zu Hildes-heim, Hildesheim, 1900. • Daß Caesarius in dortiger Gegend gelebt hat, ist mir besonders nach einer Besprechung mit Dr. Greven sehr wahrscheinlich. Höfer führt auch noch (S. 238 f.) einiges Material an, das dafür spricht. Er möchte ihn ursprünglich als Stiftsherrn des Domes oder von Maria ad Gradus gelten lassen, S. 239: • 5. 319 ff. 8 S. Reiners, Die Kölner Malerschule, Anmerk. 165. B6 S. 725 f. ° Kaufmann, S. 97 f. o Schmitz, S. 164. o Nachricht in den Akten Redinghoven LVI, Bl. 157a, in der Staatsbibliothek zu München: Verzeichnis der Grabsteine in Heisterbach. °B 1897 hat der Bergische Geschichtsverein Caesarius zu Heisterbach einen Denkstein gesetzt zur „Anerkennung seiner Bedeutung”. Ueber diese anmaßlichen Worte wirst Du im Jenseits verzeihend hinweg-gelächelt haben, seliger Caesarius!

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