BLKÖ:Wacquant-Geozelles, Johann Peter Theodor Freiherr von

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Waczek, Karl
Band: 52 (1885), ab Seite: 50. (Quelle)
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Wacquant-Geozelles, Johann Peter Theodor Freiherr von (k. k. Feldzeugmeister und Ritter des Maria Theresien-Ordens, geb. zu Brieg in Lothringen am 17. Mai 1754, gest. zu Wien 18. März 1844). Der Sproß einer alten luxemburgischen Familie. Aus großer Neigung für den Soldatenstand trat er im September 1771 als Cadet in das Artilleriecorps der Niederlande, in welchem er durch acht Jahre seine militärischen Vorbereitungsstudien machte. In dieser Zeit bei der Mappirung der Karte der Niederlande unter Feldmarschall-Lieutenant Grafen Ferraris verwendet, legte er eine nicht gewöhnliche Brauchbarkeit an den Tag. Im Juli 1778 wurde er zum Unterlieutenant im Mineurcorps, einige Jahre später zum Oberlieutenant in demselben befördert und stand in beiden Chargen beim Baue der Festung Theresienstadt im Dienste. Während des Krieges gegen die Türken fand er zuerst Gelegenheit, seinen in der Folge oft bewährten Muth und seine Unerschrockenheit zu erproben, und bei der Belagerung der Türkenfestung Sabacz 1788, sowie später bei jener von Belgrad, that er sich so rühmlich hervor, daß er außer seinem Range zum Capitänlieutenant vorrückte. Der Ausbruch des [51] französischen Revolutionskrieges berief ihn auf einen anderen Kriegsschauplatz. Wacquant wurde im Februar 1793 ob seiner erprobten Tüchtigkeit im Mineurcorps als Hauptmann in den Generalstab übersetzt und im Mai desselben Jahres zum Major und Flügeladjutanten des Feldmarschalls Prinzen Coburg ernannt. In dieser Eigenschaft leitete er einen Theil der Belagerungsarbeiten von Valenciennes und fand dabei Gelegenheit, sich öfter auszuzeichnen. Im August 1795 rückte er zum Oberstlieutenant im Generalstabe der Armee Wurmser’s vor. Am 29. October hatte er wieder seinen Ehrentag, denn bei Erstürmung der Verschanzungen am Galgenberge bei Mannheim gelang es ihm, mit dem Grenadierbataillon Bydeskuty bis in die Neckarschanze zu dringen und achtzehn Kanonen zu vernageln, so daß noch in der Nacht von dort aus die Beschießung der Stadt eingeleitet werden konnte. Graf Wurmser verlangte für seinen wackeren Generalstabsofficier den Maria Theresien-Orden, doch diesem durch die Zeugnisse der Generale Funk, Lauer und Mészáros unterstützten Begehren wurde vorderhand nicht willfahrt, dagegen verlieh der Herzog von Württemberg dem Helden das Commandeurkreuz seines Militär-Verdienstordens. Wacquant nahm nun fortwährend Theil an den Ereignissen der Armee in Deutschland; er wurde folgeweise zum Commandanten der Festungen von Würzburg und Ingolstadt, im September 1800 zum Obersten und Commandanten von Burghausen, 1801 zum Commandanten des 21. Infanterie-Regiments Freiherr von Gemmingen ernannt. Im Feldzuge 1805 that er sich im Gefechte bei Stecken am 5. December so hervor, daß sich in Folge dessen die Franzosen zur Räumung Iglaus gezwungen sahen. Nach abgeschlossenem Waffenstillstande erhielt er den Auftrag, die Demarcationslinie zwischen Tabor und Linz zu bestimmen, und als die Franzosen und Bayern in Böhmen und den Erzherzogthümern sich allerlei Erpressungen erlaubten, wurde er an den in München weilenden Kaiser Napoleon entsendet, um deshalb Reclamationen zu machen. In der Zwischenzeit finden wir ihn beständig unter den Officieren, die sich am meisten auszeichneten, genannt. Im April 1807 zum Generalmajor befördert, ward er als solcher im November, nachdem die Franzosen die Räumung Braunaus im diplomatischen Wege bereits eingeleitet hatten, abgeschickt, um diese Festung von dem kaiserlich französischen Commissär Otto zu übernehmen. Bei dem Ausbruche des denkwürdigen Feldzuges 1809 erhielt er eine Brigade im ersten Armeecorps des Generals der Cavallerie Grafen Bellegarde, mit welchem er alle Gefechte in Bayern mitmachte. In der Schlacht bei Aspern, in den blutigen Pfingsten des Jahres 1809, sollte endlich Wacquant das Ziel seiner Wünsche, die höchste Auszeichnung erreichen, welche einem Helden der österreichischen Armee, nachdem seine Waffenthat auf das strengste geprüft worden, zutheil werden kann. Der Morgen des 21. Mai war angebrochen, und die in Schlachtordnung aufgestellten Regimenter erwarteten das Zeichen zum Vorrücken. Den Infanterie-Regimentern Erzherzog Rainer und Vogelsang wurde nun der ehrenvolle Auftrag ertheilt, den Sturm auf den Kirchhof zu Aspern, den bereits ein Bataillon von Reuß-Plauen vergeblich versucht hatte, zu erneuern. „Das Dorf müsse genommen werden, Graf Bellegarde zähle auf die Tapferkeit der [52] braven Truppe“. – „„Wir werden es; nehmen!““ erscholl es von Bataillon zu ^ Bataillon. Und nun ergriff General Wacquant eine Fahne des Regiments Vogelsang, und mit dem Rufe „Mir nach, Kameraden!“ eröffnete er persönlich den Sturm. Diese, von dem herrlichen Beispiele des Anführers begeistert, stürzten sich trotz des verheerenden Kartätschenfeuers, mit welchem der Gegner sie empfing, demselben entgegen und drangen mit gefälltem Bajonnete in das Dorf. In dem Augenblicke, als das erste Bataillon von Erzherzog Rainer gegen den Kirchhof vorrückte, sprengt Erzherzog Karl herbei. Mit dem Zurufe: „Fürs Vaterland! Muthig vorwärts!“ entfachte er nun noch mächtiger den Muth der Truppen. Da ruft Hauptmann Murrmann [Bd. XIX, S. 466], Commandant des Bataillons: „Tausend Leben für unseren Erzherzog! Brüder mir nach!“ und voranstürmend führt er das Bataillon zum Siege. Indessen eilt noch das Regiment Reuß-Plauen heran, den General Wacquant unterstützend. Das von 12.000 Franzosen vertheidigte Aspern wurde genommen und die ganze Nacht hindurch gegen sieben Angriffe behauptet. General Wacquant hatte drei Pferde unterm Leibe verloren; aber der Sieg gehörte den Unseren, und noch auf dem Schlachtfelde empfing der Held mit Armeebefehl vom 24. Mai das Ritterkreuz des Maria Theresien-Ordens. Mit gleicher Bravour kämpfte er in der darauffolgenden Schlacht bei Wagram, in welcher ihm zwei Pferde unterm Leibe getödtet wurden. Nach Friedensschluß zum Commissär bei der Abtretung von Salzburg und Berchtesgaden ernannt, ging er nach beendigtem Geschäfte in gleicher Eigenschaft nach Galizien, um die Abtretung Ostgaliziens an Sachsen und des Tarnopoler Kreises an Rußland zu bewerkstelligen. Im August 1809 rückte er zum Feldmarschall-Lieutenant vor, im März 1810 erhielt er die Inhaberschaft des Infanterie-Regiments Nr. 62, vorher Jelačić, und die Freiherrnwürde. Bei Ausbruch des Feldzuges 1813 begab er sich als Militärcommissär in das Hauptquartier der Verbündeten und wohnte in dieser Eigenschaft den Schlachten von Dresden, Kulm und Leipzig bei. Als dann im December die Verhältnisse der Alliirten mit Württemberg zu Stuttgart einen energischen Abgesandten erforderten, wurde er mit außerordentlichen Vollmachten dahin geschickt. Mit Androhung der feindlichen Besetzung des Landes durch die Reservearmee des Großfürsten Constantin gelang es ihm gleich am andern Tage, den bisher verweigerten Ausmarsch der königlichen Truppen zu erwirken. Dann machte er im Gefolge seines Kaisers den Feldzug in Frankreich mit. Nach geschlossenem Frieden betraute man ihn mit der Regulirung der Grenze gegen Frankreich vom Ausflusse des Var bis zur Mosel. Doch in diesem Geschäfte überraschte ihn die Rückkehr Napoleons von der Insel Elba. Nun übergab ihm sein Kaiser das wichtige Gouvernement der Festung Mainz, welches er im April 1815 dem Erzherzoge Karl abtrat. Darauf verweilte er einige Zeit im Hauptquartier der Verbündeten, bis ihm im Juni die Bloquade Straßburgs übertragen wurde. Als dann nach der Schlacht von Waterloo allgemeine Waffenruhe eintrat, schloß er mit dem französischen Generallieutenant Rapp den Waffenstillstand am Oberrhein. Im September noch desselben Jahres verlieh ihm der Kaiser die geheime Rathswürde. Als nun aus Anlaß der von Bayern an [53] Oesterreich abzutretenden Provinzen zwischen beiden Höfen Differenzen entstanden, wurde Wacquant zu deren Schlichtung nach München gesandt. Seine geschickten Verhandlungen brachten auch die Angelegenheit zu gedeihlichem Abschluß in dem am 14. April unterzeichneten Tractate. Noch im September zum außerordentlichen Gesandten in Cassel ernannt, verblieb er daselbst bis 1821, worauf er die Stelle eines Divisionärs und Militärcommandanten von Troppau übernahm. Nachdem er fünfzig Jahre gedient hatte, bat er um Versetzung in den Ruhestand, welche ihm auch gewährt wurde. Er begab sich nun nach Wien, versah aber ungeachtet des Ruhestandes noch immer öffentliche Aemter, so zu wiederholten Malen die Präsidentenstelle bei dem k. k. Militär-Appellationsgerichte, zu dessen wirklichem Präsidenten ihn dann auch der Kaiser im Jahre 1833, nach dem Rücktritte des Feldmarschalls Lattermann von diesem Posten, ernannte. Endlich nöthigte aber doch das hohe Alter von 85 Jahren den General, auch dieses Amt niederzulegen. Schon 1835 war er zum Feldzeugmeister ernannt worden. So hatte er 68 Jahre als Militär wie als Diplomat in schwerer Zeit seinem Monarchen gedient. Im 90. Lebensjahre ging er zur ewigen Ruhe ein; außer dem Maria Theresien-Orden schmückten noch drei österreichische und zwölf ausländische Großkreuze seinen Sarg. Wacquant war ein Kriegsmann von seltenen Geistesgaben, wie es schon seine vielseitigen Dienstesstellungen errathen lassen. In seinem Hause, in welchem sich Alles einfand, was auf Geist und Bildung in höherer Sphäre Anspruch machte, bildete er den Mittelpunkt des geistigen geselligen Lebens, da ihm ja seine erfahrungsreiche Vergangenheit eine Fülle inhaltsvoller und höchst interessanter Unterhaltung bot. Mit seiner Tapferkeit und seinen tiefen vielseitigen Kenntnissen verband er echt soldatische Ehrenhaftigkeit und Rechtlichkeit. Angenehm, liebenswürdig im Umgange, verleugnete er seine stets musterhafte Höflichkeit in keinem Verhältnisse. Er hatte sich zweimal vermält, beide Frauen aber starben vor ihm, ohne ihm Kinder zu hinterlassen. Wacquant wird am häufigsten mit einem W geschrieben, wie er aber zu dieser unorthographischen Schreibung seines französischen Namens kommt, können wir nicht sagen.

Allgemeine Zeitung (Augsburg, Cotta, 4°.) 1844, Nr. 316. – Taschenbuch für die vaterländische Geschichte (Wien, Anton Doll, 12°.) IV. Jahrg. (1814), S. 111 im Artikel: „Das Infanterie-Regiment Erzherzog Rainer im Jahre 1809“. – Majláth (Johann Graf). Geschichte des österreichischen Kaiserstaates (Hamburg 1850, Perthes, gr. 8°.) Bd. V, S. 297, 304. – Neuer Nekrolog der Deutschen (Weimar 1846, Bernd. Fr. Voigt, 8°.) XXII. Jahrg. (1844), S. 289, Nr. 88. – Wiener Zeitung, 1844, Nr. 311.