Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Stulli, Gioachino
Band: 40 (1880), ab Seite: 192. (Quelle)
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Stulli, Luca (Arzt und Naturforscher, geb. zu Ragusa am 22. September 1772, gest. ebenda 12., nach Šáfarik 17. September 1828). Sein Vater war Hafencapitän in Ragusa. Der Sohn beendete die Schulen im Collegium der Piaristen daselbst. Im Alter von 20 Jahren bezog er die Hochschule zu Bologna, wo er unter Uttini, Mondini und Galvani den medicinischen Wissenschaften, besonders der Anatomie oblag. Für eine Disputation, die er öffentlich im anatomischen Theater hielt, zeichnete ihn der Senat von Bologna mit einer Medaille aus. Im Jahre 1795 erlangte er die medicinische Doctorwürde, und gegen Ende des Jahres 1796 eben entschlossen, sich dem Lehramte in seinem Fache zu widmen, wurde er durch die politischen Verhältnisse genöthigt, Bologna zu verlassen. Er begab sich zunächst nach Florenz, wo er an dem Naturforscher Felix Fontana [Bd. IV, S. 281) einen Gönner fand, durch den er in seinen naturwissenschaftlichen Studien, denen er sich nun mit allem Eifer zuwendete, thunlichst gefördert wurde. Von Florenz ging er nach Rom, wo er fleißig Vorträge und Spitäler besuchte, und dann nach Neapel, wo er an der Klinik des großen Spitals unter Anleitung der Aerzte Cottunio und Cyrillo längere Zeit seine praktischen Studien machte. In Neapel war es Stulli, welcher die galvanischen Experimente, die nicht geringes Aufsehen erregten, wiederholte. Nun kehrte er in [193] sein Vaterland Dalmatien zurück, wo ihm die Regierung eine der vier Gemeindearztstellen, welche sie errichtet hatte, verlieh. Stulli führte in dieser amtlichen Stellung die Impfung durch, obgleich sich ihm bei Anwendung derselben, als einer vom Volke völlig unverstandenen Neuerung, nicht geringe Hindernisse entgegenstellten. Um ihre Verbreitung zu erleichtern, schrieb er den „Catechismo Vaccinico“ in italienischer und illyrischer Sprache, ließ denselben in Ragusa drucken (1804) und unentgeltlich im ganzen Land vertheilen. Ein von ihm auf die Entdeckung Jenner’s verfaßtes Lobgedicht in lateinischer Sprache wurde zu Pesth durch den Druck veröffentlicht. Zwölf Jahre leitete er die Impfung in Dalmatien, nicht selten schickte er auf seine Kosten Impfärzte auf das Land und förderte überhaupt mit eigenen Mitteln auf das ernstlichste die Jenner’sche Erfindung. Uebrigens war er auch noch nach anderer Richtung als der medicinischen literarisch thätig. Gründlich ästhetisch gebildet, mit der Kenntniß der classischen Sprachen ausgestattet, handhabte er den Vers sowohl in seiner Muttersprache als in der lateinischen mit nicht gewöhnlichem Geschick, und keine einigermaßen festliche Gelegenheit ging vorüber, welche er nicht mit seinen Oden und Festpoëmen gefeiert hätte. Aber nicht blos auf lyrischem, auch auf dramatischem Gebiete that er sich hervor, und zwei seiner dahin einschlägigen Arbeiten, eine Charakterkomödie: „Eugenia e Ricardo“ und eine Farce: „Caccia di Enrico IV“ fanden bei ihrer Aufführung im Theater zu Ragusa (1826 und 1827) entschiedenen Beifall. Die Titel seiner Schriften sind: „De peste, quae in exitu anni 1816 in circulum Ragusinum irrepserat“ (Ragusae 1818, Ant. Martecchini); – „Sulle detonazioni dell’Isola di Meleda, Lettere“ (Ragusa 1823, Ant. Martecchini, 8°.); es sind die ersten vier an Dr. Domenico de Rossetti in Triest gerichteten Briefe über diese Naturerscheinung; Stulli ließ dann noch drei folgen; – „Lettera V. sulle detonazioni di Meleda“ (Ragusa 1824, ib. 8°.); – „Al chiarissimo signor Prof. Urbano Lampredi. Lettera sulle detonazioni dell’ Isola di Meleda, scritta da Ragusa il di 11. Gennajo 1826“; abgedruckt in der Antologia di Firenze 1826, tomo XXII Nr. 64, p. 95 et s.; – „Intorno alle cose di Meleda. Lettera scritta da Ragusa il 23. Settembre 1826“; abgedruckt in der Antologia di Firenze 1827, tomo XXV, p. 190; – „Sulle detonazioni dell’ Isola di Meleda. Lettera publicata a cura del Dre. Luigi Pistorini di Bologna“ (Bologna 1828, Ric. Masi 8°.); es ist dies der siebente und letzte Brief über dieses Phänomen und derjenige, in welchem Stulli den „Bericht über das Detonationsphänomen auf der Insel Meleda“ widerlegt, welchen der Mineralog Paul Partsch [Bd. XXI, S. 309] der, um Erhebungen darüber zu pflegen, mit Professor Riepl eigens eine Reise nach Dalmatien unternommen hatte, 1826 herausgegeben; – „L’ombra di Ovidio ovvero le lodi della lingua illirica. Poemetto di Ignazio Giorgi voltato in italiano dal Dre. Luca Stulli“ (Ragusa 1826, ib. 8°.) auch im Giornale arcadico, tomo XXX, p. 181; – „Lettera ad Urbano Lampredi relativa alla vita di Mattia Flacco illirico o Matteo Francovich, abgedruckt in der Antologia di Firenze, 1826 Juliheft, S. 138; – „Monumento da innalzarsi [194] alla Sacra Caesarea Regia Apostolica Maestà di Francesco I. pacificatore dell Europa. Sciolti“ (Ragusa 1826, 8°.); – „Iscrizione latina funeraria in onore di Maria Chersa“, abgedruckt im Giornale arcadico 1827, tomo XXXV, p. 95; – „Le tre descrizioni del terremoto di Ragusa del 1677 di Gradi, Rogacci e Stay. Versione (in versi) dal latino di Luca Stulli“ (Venezia 1828, Antonelli, 8°.); – „De peste, quae in exitu anni 1825 in circulum Ragusinum irrepserat. De febbre Scarlatina, quae Ragusii visa fuit anno 1823 brevis monographia“ (Bononiae 1829, A. Nobili et. Soc. 8°.) nach Stulli’s Tode von seinem Bruder Blasius (Biagio) herausgegeben; – „Prose e versi del Dr. Luca Stulli“ (Bologna 1828); – in einem italienischen Blatte, dessen Namen mir aufzufinden nicht gelang, erschienen von Stulli die „Lettere sul tartaglione“ und die „Descrizione dell’ Epizoozia insorta ne’ dintorni di Ragusa l’anno 1805“. Viele elegische und Gelegenheitsgedichte kamen blattweise gedruckt in Paris and Rom heraus; außer den erwähnten Aufsätzen brachte die „Antologia di Firenze“ noch mehrere wissenschaftliche, meist archäologische Mittheilungen aus Stulli’s Feder. In seinem Nachlasse aber fanden sich außer zahlreichen italienischen und lateinischen Dichtungen auch zwei unvollendete Elogien, eines auf den Mathematiker und Ragusaner Marino Ghetaldi, das andere auf den Doctor Uttini in Bologna. Stulli bekleidete zuletzt die Stelle des Primarius im allgemeinen Krankenhause der Stadt Ragusa und der Wohlthätigkeitsanstalten und war Mitglied der k. k. Gesundheitsdeputation. Ein Schlaganfall raffte ihn plötzlich im Alter von 56 Jahren dahin. – Die vollständigste Sammlung seiner gedruckten Schriften, wie auch den größten Theil seiner ungedruckten Dichtungen und Inschriften dürfte die Bibliothek der Franziskaner in Ragusa besitzen. Vergleiche darüber den gedruckten Katalog: Biblioteca di Fra Innocenzio Ciullich nella libreria de’ RR. PP. Francescani di Ragusa (Zara 1860, typogr. Governiale, 8°.).

Michaelis Ferruccii de vita et scriptis Lucae Stullii medici ragusini commentarius a Catharina Franceschia Ferruccia italice redditus (Bononiae 1820, Annesio Nobili, 4°.), auch unter dem Titel: A perpetua onoranza del Dottore L. Stulli di Ragusa. (Bologna 1829). – Ivellio (Nicolo de) Tributo alla memoria degli esimj letterati Tommaso Chersa e D. Luca Stulli di Ragusa ec. (Zara 1829, G. Demarchi, 8°.). – Antologia di Firenze 1828, Dicembre No. 96, p. 155, Necrologia del Dre. L. Stulli. – Tipaldo (Emilio de), Biografia degli Italiani illustri nelle scienze lettere ed arti nel secolo XVIII e de’ contemporanei ec. ec. (Venezia 1838, tipogr, di Alvisopoli, gr. 8°.), Vol. VI, p. 66 [nach dieser geb. am 22. Sept. 1772]. – Gliubich di Città vecchia (Simeone Abb.), Dizionario biografico degli uomini illustri della Dalmazia (Vienna 1856, Lechner, 8°.) p. 295. – Düringsfeld (Ida von) Aus Dalmatien. (Prag 1857, Karl Bellmann, 8°.) Band III, S. 271 [nach dieser geboren am 9. October 1772].
Porträt. Dasselbe befindet sich als Titelbild vor Stulli’s Biographie von Mich. Ferrucci.