Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 34 (1877), ab Seite: 222. (Quelle)
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Sidon, Johann (emeritirter Gymnasialkatechet und Mitglied des österreichischen Reichstages, im Jahre 1848, geb. zu Solnitz am 18. September 1792, gest. zu Leitomischl am 26. October 1868). Die unteren Schulen besuchte er in Pardubitz, die Humanitätsclassen in Königgrätz, die philosophischen Studien hörte er in Prag. Nach deren Beendigung begann er zu Königgrätz die Theologie, erlangte im August 1815 die Priesterweihe, und nunmehr in die Seelsorge tretend, wurde er zunächst Caplan zu Polcic und im folgenden Jahre Cooperator zu Lomnitz. Als die Katechetenstelle am Gymnasium zu Gitschin erledigt ward, wurde dieselbe im Jahre 1820 an Sidon verliehen. Wohl wäre S. dort nie aus der Dunkelheit seines [223] katechetischen Wirkens hervorgetreten, wenn ihn im Jahre 1848 die zweifelhaften Lorbeeren Füster’s, welche dieser durch Verführung der akademischen Jugend in Wien sich erworben, hätten ruhen lassen. Als sich nämlich im Juni 1848 die Ereignisse in Prag immer drohender gestalteten und von Prag aus die Aufrufe an’s Landvolk ergingen, der Hauptstadt zur Durchführung ihrer revolutionären Bestrebungen zu Hilfe zu eilen, versammelte auch S. seine Schuljugend um sich und forderte sie zum Zuge nach Prag auf, um den dortigen Ruhestörern Verstärkung zu bringen. Und in der That fanden sich fünfzig Studenten des Gitschiner Gymnasiums zusammen, welche den aufständischen Pragern zu Hilfe eilten, aber nicht weiter als bis Sobotka vordrangen, wo sie über die Nachricht, daß Windischgrätz dort einstweilen die Ruhe herzustellen beginne, Kehrt machten und ihrem Johannes Nachricht von ihrer unblutigen Rückkehr gaben. Am 14. Juni wurde S. von der Stadt Gitschin zum Abgeordneten in den böhmischen Landtag und am 8. Juli vom Gitschiner Kreise in den österreichischen Reichstag gewählt, wo er zur radicalen Partei gehörte. Dieses Verhalten blieb in den Tagen der politischen Reaction unvergessen. Mit Decret vom 22. April 1850 wurde ihm vom Ministerium der weitere Unterricht am Gymnasium, den er nach Sprengung des Reichsrathes wieder aufgenommen hatte, untersagt, am 21. März 1851 wurde er von seinem Lehramte gänzlich enthoben und ihm eine bestimmte Summe zur Substentation angewiesen. Alle seine Schritte, eine Rücknahme dieser Verfügungen zu erwirken, blieben erfolglos; so zog sich denn S. nach Mähren zurück, wo er als Erzieher sich beschäftigte. Die letzten Jahre verlebte er in Leitomischl, wo er auch im Alter von 76 Jahren starb. Im Drucke erschien von ihm nur die Schrift: „Církev Římská katolická pravpu jěst církví“, d. i. Die römisch-katholische Kirche ist die wahre Kirche (Gitschin 1836). Während seines langjährigen Aufenthaltes in Gitschin sammelte er stets Materialien zu einer Geschichte dieser Stadt, zu einer Bearbeitung derselben war er nie gekommen.

Bohemia (Prager polit. und Unterhaltungsblatt, 4°.) 1868, Nr. 257, S. 3291.