BLKÖ:Selva, Giannantonio

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Selvatico, Pietro
Band: 34 (1877), ab Seite: 71. (Quelle)
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Selva, Giannantonio (Architekt und Erbauer des Triester Stadttheaters, geb. in Venedig 13. Juni 1753, gest. ebenda eines plötzlichen Todes am 22. Jänner 1819). Die erste Erziehung erhielt er bei seinem Oheim väterlicherseits, Johann Maria Selva, der ihn in den Wissenschaften unterwies und seinen Sinn für die schönen Künste weckte, in welchen ihn zuerst der Maler Pietro Novelli, später der Architekt Thomas Temanza unterrichtete. Nachdem er genügend vorbereitet war, um an dem Studium der Kunstwerke sich selbst fortzubilden, ging er 1778 über Florenz nach Rom, wo er an den dortigen Meisterwerken der Architectur seinen Kunstsinn läuterte und seine Studien vervollkommnete. Ueber diese Reise führte S. ein besonderes Tagebuch, welches auch die Beschreibung der wichtigeren, von ihm beobachteten und studirten Bauwerke enthält und später in den Besitz seines Biographen F. Lazzari gelangte. In Rom weilte zu jener Zeit Ipp. Pindemonte, der bei Besichtigung der Herrlichkeiten und Kunstschätze Rom’s Selva’s Begleitung jeder anderen vorzog, da ihm dieser jedes Kunstwerkes künstlerische Bedeutung gründlich erläuterte; auch hielt sich damals Girolomo Zulian als Gesandter der venetianischen Republik in Rom auf, und dieser versammelte jeden Sonntag in seinem Hause die besten Künstler seines Landes, welche eben in Rom verweilten, und so trat S. mit Männern wie: Angelini, Cades, Battoni, Piranesi, Quarenghi, Novelli, Volpato u. A. in nähere Berührung. Auch mit Canova [Bd. II, S. 251] befreundete sich S. und war sein Begleiter auf den Kunstausflügen nach Neapel, Pompeji, Pästum u. s. w. Nach seiner Rückkehr nach Rom trug ihm Zulian die festliche Ausschmückung eines Saales in seinem Palaste auf, in welchem der feierliche Empfang des Erzherzogs Ferdinand von Oesterreich und seiner Braut Beatrice von Este stattfinden sollte. Zur Fortsetzung seiner architektonischen Studien begab sich S. im J. 1779 nach Paris, wo er die Vorträge des berühmten Charles hörte, ging von dort nach England und Holland und bei seiner Rückkehr nach Paris führte [72] er daselbst zur Feier der Geburt eines Sohnes Ludwig XVI. im Auftrage des venetianischen Gesandten Dolfin das Feuerwerk und die allegorischen Transparente in dessen Palast aus. Im Jahre 1780 kehrte S. als fertiger Künstler nach Venedig zurück, und unternahm die von Temanza in der Architectur begonnenen Reformen weiterzuführen und unbeschadet der äußeren Schönheit der Bauten auch im Innern Alles zu berücksichtigen, was dieselben wohnlich machte, kurz mit Italiens künstlerischer Schönheit nach außen den Comfort Englands im Innern zu verbinden. Die ersten Bauten, welche S. nach diesen Principien in Venedig herstellte, waren das Haus Guido Erizzo’s an der Calle di Ridotto und jenes des Conte Gius. Mangili am Canal grande ai SS. Apostoli; an dem von ihm entworfenen Prachtbau des Palazzo Manin am Campo di S. Salvadore konnte er dieselben nicht mehr durchführen, da wegen Ungunst der Zeiten der Bau unvollendet blieb. Aehnliche Bauten führte nun S. zu Padua, Vicenza, Udine, Faltre u. s. w. aus. Großen Ruf, der weit über das Weichbild Venedigs sich erstreckte, erwarb sich aber S. durch den Bau des Theaters Fenice in Venedig. Mißgunst, Neid, Scheelsucht, diese, die Furien, die jedes bedeutend angelegte Künstlerleben von der Wiege bis zum Sarge geleiten, fanden auch an diesem Prachtbau Alles zu bemängeln und S. mußte seinen Triumph mit mancher bitteren Stunde bezahlen; erst nachdem er lange Jahre todt war und das Teatro Fenice in der Nacht des 13. December 1836 ein Raub der Flammen wurde, worauf man an den Bau eines neuen Theaters ging, und wobei Alles vermieden werden sollte, was S. schlecht gemacht und seine Tadler bekrittelt hatten, erst jetzt, da es galt, einen neuen, besseren Plan herzustellen, fand sich Niemand, der einen solchen zu entwerfen im Stande war, und das neue Schauspielhaus wurde, kleine, unbedeutende Aenderungen abgerechnet, ganz nach Selva’s ursprünglichem Plane wieder aufgeführt. Diesen schönsten Triumph seiner Kunst hatte S. nicht erlebt. S. entwarf noch den Plan des Stadttheaters in Triest; derselbe wurde auch angenommen, erlitt aber in der Ausführung nicht unwesentliche, durch die Verhältnisse gebotene Aenderungen, so unter anderen die Hinzufügung noch einer Logenreihe. Von seinen übrigen Schöpfungen sind bemerkenswerth: die neue Façade von S. Maurizio in Venedig, welche Pietro Zaguri begonnen, Selva aber in Gemeinschaft mit Antonio Diedo [Bd. III, S. 282] fortgesetzt und erst Letzterer nach Selva’s Tode beendet, leider aber auch nicht unwesentlich abgeändert hatte; die Architectur der kleinen Kirche zum Namen Jesu, an welcher auch der benannte Diedo betheiligt war; in Padua der Prospect der Casa Vigodarzere; das Haus des Holländers Roos, das Monument der Baronin Dieden bei den PP. Eremiten; zu Stra der Marstall des Conte Camillo Gritti; zu Verona das Haus des Gaetano Vela; zu Udine der Umbau des Hospitals in eine Kaserne und die Façade der heiligen Geistkirche; in Venedig überdieß noch die Anlage eines großen öffentlichen Gartens und ein Theil des Gemeinde-Friedhofes, der aber in seiner Ausführung auch mit Abänderungen von Selva’s ursprünglichem Plane hergestellt werden mußte, und endlich die berühmte Grabescapelle zu Possagno, in welcher die Gebeine seines Freundes, des berühmten Canova, beigesetzt [73] sind. Ueberdieß war Selva in seinem Fache auch schriftstellerisch thätig. Schon das in Gemeinschaft mit L. Cicognara und A. Diedo herausgegebene Werk: „Fabriche e Monumenti coscipui di Venezia“, zwei Bände Text und ein Band mit 259 K. K. in Folio, wovon nach seinem Tode, im Jahre 1840, eine zweite Auflage in Venedig erschien, sichert ihm eine Ehrenstelle in der kunstgeschichtlichen Literatur. Aber auch sonst noch ist Manches von ihm erschienen, so eine schwächere Jugendarbeit, der Katalog der Gemälde, Zeichnungen und Kunstwerke in der Sammlung seines Gönners und Wohlthäters des Conte Francesco Algarotti, – seine Abhandlung: „Sulle diverse maniere di descrivere la Voluta Jonica“ (Padua 1814, Fol. mit K. K.); – „Elogio del Sammichiele“ (Roma 1814, 8°.), welcher Gedächtnißrede die ganz besondere Ehre widerfuhr, daß Canova, dem S. dieselbe in Handschrift zu Einsicht nach Rom geschickt hatte, sie gedruckt dem Autor zurücksendete; – eine italienische Uebersetzung der „Ordonnances des Ordres de Mr. Perrault; – eine andere aus dem Englischen des Werkes über die bürgerliche Baukunst, von Chambers, und aus dem Lateinischen jene der Schrift: „De situ urbis venetae“, von Sabellico. Eine compendiarische Arbeit über die allgemeine Baukunst, von Scamozzi, die jedoch unvollendet geblieben, und eine Abhandlung über die Cisternen Venedigs sind ungedruckt in seinem Nachlasse vorgefunden worden. Die königliche Akademie der Künste zu Venedig, an welcher Selva als Professor der Architectur bis an sein Lebensende bedienstet war, hatte ihn unter ihre Mitglieder aufgenommen, welchem Beispiele auch andere Kunst-Akademien der Heimat und Fremde gefolgt waren.

Sammichele (Michele), Elogio di G. A. Selva (Roma 1814). – Diedo (Anton.), Elogio del professore G. A. Selva, architetto (Venezia 1818, 8°., mit Porträt). – Picotti, L’Elogio del G. Selva (Venedig 1819). – Galleria degli nomini illustri Veneziani del Secolo XVIIl. Biographie von Abate Angelo Zendrini. – Tipaldo (Emilio de), Biografia degli Italiani illustri nelle scienze, lettere ed arti secolo XVIII e de’ contemporanei etc. etc. (Venezia, 1838, tipogr. di Alvisopoli, gr. 8°.) volume VI, p. 84. – Dandolo (Girolamo), La caduta della repubblica di Venezia ed i suoi ultimi cinquant’ anni. (Venezia 1855, Naratovich, 8°.), p. 209.
Porträt. Unterschrift: Gio. Antonio Selva. Cominato inc. (Venedig, 8°.) Umriß.
Selva’s Gedächtnißtafel. Im Atrium des Teatro fenice in Venedig: A. | S. Antonio Selva Veneziano | Architetto | Di Questo Teatro | Che Nel MSCCXCII Eretto | E Nel XIII. Dicembre | MDCCCXXXVI | Da Le fiamme Consunto | Su Lo Stesso Modello Da Sui | Nevellamente sorgeva | Questa Memoria | Si Consecrava | l’anno MDCCCXXXVII.