Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Lutz, Matthäus
Band: 16 (1867), ab Seite: 175. (Quelle)
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Lutzer, Jenni (k. k. Kammersängerin, geb. zu Prag 4. März 1816). Erhielt frühzeitig Unterricht in der Musik, besonders im Gesange und da sie ein ausgesprochenes musikalisches Talent besaß, übersiedelte ihr Vater, um dasselbe von tüchtigen Meistern ausbilden zu lassen, von Prag nach Wien, wo ihr Gesangsunterricht von dem berühmten Gesangslehrer Ciccimara geleitet wurde. Im Jahre 1832, erst 16 Jahre alt, betrat sie zum ersten Male die Bühne und bald bewährte sie sich als eine so kunstgerechte und mit seltenen Stimmmitteln begabte Sängerin, daß sie im Jahre 1835 größere Kunstreisen unternahm, wodurch sich ihr Ruhm nur steigerte, insbesondere seit sie im genannten Jahre in Teplitz vor den versammelten Monarchen sich hatte hören lassen und ungemein gefallen hatte. Anfänglich nahm sie Engagement an der Prager Bühne unter Direktor Stöger, aber bald trat die Wiener Hofoper-Intendanz [176] mit der Sängerin in Unterhandlung und obgleich sich Stöger zu einer bedeutenden Gagenerhöhung anbot, der Kunstmäcen Camill Fürst Rohan, als Vertreter des Adels, um sie der Stadt Prag zu erhalten, ihr zu ihrer Gage eine Zulage jährlicher Zweitausend Gulden C. M. zusicherte, lehnte sie, durch das der Wiener Direction gegebene Wort gebunden, das Anerbieten ab und ging 1836 nach Wien, wo sie mit dem enormen Gehalte von 16.000 fl. C. M. angestellt wurde. Sie sang am Kärnthnerthor-Theater bis zum Jahre 1842, wurde in der Zwischenzeit zur Kammersängerin ernannt, eine Ehre, welche sie mit der Pasta , Unger, Tadolini, Lind, Medori, Brambilla theilt, und machte in den Ferienmonaten Kunstausflüge, auf welchen sie die bedeutendsten Bühnen des Continents besuchte und überall, namentlich in London im Jahre 1842 große Erfolge feierte. Im genannten Jahre heirathete sie den Schriftsteller und ehemaligen Hofrath Franz Dingelstedt, mit dem sie im Jahre 1843 nach Stuttgart, von dort im Jahre 1850 nach München und im Jahre 1857 nach Weimar übersiedelte, wo sie zur Zeit noch lebt. Von der Bühne hat sie sich seit ihrer Verheirathung zurückgezogen. In den Opern „Figaro’s Hochzeit“, „Don Juan“, „Der Liebestrank“, „Der Zweikampf“ und „Robert der Teufel“ leistete sie das Vortrefflichste; überhaupt war sie in Coloratur und höheren Soubrettenpartien besonders ausgezeichnet und wirkte ihr Gesang ebenso durch die Lieblichkeit des Organs wie durch die seltene Bravour und künstlerische Fertigkeit. Sie theilte ihre kunstreichen Erfolge mit der berühmten Sophie Löwe [Bd. XV, S. 433], und während diese den Norden Deutschlands mit ihrem Gesange entzückte, erntete die Lutzer im südlichen Deutschland mit denselben Rollen Geld und Beifall. Ein echt moderner Vortrag mit allen seinen Koketterien und einer lieblichen Naivität und Bonhomie des Spieles verlieh ihren Partien einen seltenen Reiz. Viele Rollen, wie die Madelaine, Adine, Gabriele im „Nachtlager von Granada“ und andere heiteren Genres erschienen wie an ihre Persönlichkeit eigens angepaßt. Hingegen wurden Rollen wie Donna Anna, die Norma u. dgl. m., wo großartige Motive Hebel der Handlungen sind, in ihren Händen reine Concertpartien, weil ihnen die Kraft der Darstellerin nicht gewachsen war.

Schilling (G. Dr.), Das musikalische Europa (Speyer 1842, F. C. Neidhard, gr. 8°.) S. 221. – Neues Universal-Lexikon der Tonkunst Angefangen von Dr. Jul. Schladebach, fortgesetzt von Ed. Bernsdorf (Dresden 1856, Rob. Schäfer, gr. 8°.) Bd. 11, S. 839. – Kinderfreund (Karl Joseph), Thalia’s und Euterpe’s Klagen. Nebst vermischten Episoden über Manches aus unserer Zeit (Wien 1850, Grund, 8°.) S. 161. – Gaßner (F. S. Dr.), Universal-Lexikon der Tonkunst. Neue Handausgabe in einem Bande (Stuttgart 1849, Köhler, Lex. 8°.) S. 573. – Allgemeine Wiener Musik-Zeitung, herausg. von August Schmidt, II. Jahrgang (1842), Nr. 90: „Dlle Lutzer in London“.[BN 1]Porträte. 1) Facsimile des Namenszuges: Jenni Lutzer. Darunter: Kais. Königl. Kammer-Sängerin. Kriehuber 1839 (lith.). Gedr. bei Joh. Höfelich in Wien; – 2) Unterschrift: Jenny Lutzer, Kaiserl. Königl. Kammer-Sängerin. Lith. von Paalzow. Steindruck von A. Kneisel (4°.); – 3) aus dem Album für Literatur, Kunst und Wissenschaft. Unterschrift: Facsimile des Namenszuges Jenny Lutzer (gr. 8°., auch 4°.), die Künstlerin hält einen Kranz in beiden Händen; – 4) Costumebild. Unterschrift: Jenny Lutzer als Jessonda in der Oper „Jessonda“ von Louis Spohr. Schöller del., Andr. Geiger sc. (4°., Costumebild Nr. 51 der Bäuerle’schen Theater-Zeitung, wohl mehr Caricatur als Porträt). – Medaille. Der berühmten Sängerin zu Ehren wurde bei ihrem Abgange von der k k. Hofbühne in Wien folgende Medaille geprägt. Avers: Kopf von der [177] Rechten, darunter: Resek F. (Münzgraveur in Wien). Umschrift: Jenny Lutzer. Revers: Auf einem mit Blumen bekränzten Notenhefte eine umstrahlte Lyra, ein Lorbeerkranz und eine Gesichtsmaske. Umschrift: DER KUNST UNERSETZLICH. DEN WIENERN UNVERGESSLICH. Exemplare in Silber, zwei Loth schwer, und in Kupfer.

Berichtigungen und Nachträge

  1. Dingelstedt, Jenny von, vormals Jenny Lutzer [Bd. XVI, S. 175][WS 1].
    Fremden-Blatt. Von Gust Heine (Wien, 4°.) 1868, Nr. 101. [Band 24, S. 390]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: [Bd. XV, S. 175].