Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Hännel, Maximilian
Band: 7 (1861), ab Seite: 178. (Quelle)
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Hänke, Thaddäus (Naturforscher und Reisender, geb. zu Kreibitz in Böhmen 5. October 1761, gest. zu Buxacaxei in Cochabamba in Bolivia 1817). Sein Oheim, Pfarrer in Mobitz, ertheilte H. den ersten Unterricht. Früh zeigte sich seine Liebe zur Naturwissenschaft, mit 21 Jahren war er Doctor der Philosophie. Ein näherer Verkehr mit Professor Mikan lenkte H.’s Studien auf die Botanik, jedoch trieb er die anderen naturwissenschaftlichen Studien mit gleichem Eifer und war er der Erste, der am 18. März 1784 in Böhmen einen Luftballon glücklich steigen ließ. Zugleich durchwanderte er die Gebirge Böhmens und brachte von seinen Wanderungen zahlreiche seltene Pflanzen für den botanischen Garten in Prag mit. Im Jahre 1786 begleitete er mehrere Mitglieder der k. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften auf einer Reise in die Sudeten. Im Herbste 1786 befand sich H. in Wien, um daselbst seine Studien zu beenden, und hier war es der Umgang mit Born und dem berühmten Botaniker Jacquin, der auf H. fördernd wirkte. Spuren seines Fleißes finden sich in Jacquin’s : „Collectanea austriaca ad Botanicam, Chemiam et Historiam naturaliam spectantia“. Auch fällt in die Zeit seines Wiener Aufenthaltes die stark vermehrte Bearbeitung von Linne’s: „Genera plantarum eorumque characteres naturales“, welche aber erst 1791 [179] in Wien erschien. Zu gleicher Zeit machte er botanische Reisen in Oesterreich, Kärnthen, Krain, Friaul, Tirol und Salzburg, deren Ergebnisse er in den obgenannten Collectaneen Jacquin’s veröffentlichte. Da wurde ihm im Jahre 1789 über Jacquin’s Empfehlung von Seite der spanischen Regierung ein höchst ehrenvoller Antrag, nämlich als Fisico-botanico Commissionado por S. M. Cattolica mit einem Jahresgehalte von 3000 fl. den zu einer naturwissenschaftlichen Expedition abgeordneten Spanier Malaspina zu begleiten. Hänke nahm den Antrag an, verließ am 16. Juni 1789 Wien und eilte über Paris nach Madrid; dort mit der Erledigung seines Reisecreditivs eine Woche aufgehalten, kam er in Cadix, wo die für die Expedition bestimmten Schiffe sich versammelten, um einen Tag zu spät, am 31. Juli an, denn die Expedition hatte schon am 30. die Anker gelichtet. Nach nunmehr eingeholten Verhaltungsbefehlen segelte er auf einem zur Untersuchung des La Plata ausgerüsteten Schnellsegler nach, und traf am 28. November vor der La Plata-Mündung ein. Bereits der Hoffnung sich hingebend, nunmehr mit Malaspina zusammen zu treffen, vereitelte ein heftiger Sturm alle seine Aussichten; er rettete nichts als das Leben und den Linné. Als er dann in Montevideo ankam, und dort Malaspina’s bereits am 13. November erfolgte Abfahrt nach den Falklands-Inseln erfuhr, erkrankte H., theils aus Verdruß über seine fehlgeschlagenen Hoffnungen, theils in Folge der erlittenen Gefahren und Beschwerden. Nach drei Wochen kam er, kaum genesen, in Buenos Ayres an; aber auch dort traf er Malaspina nicht mehr an, der bereits nach Valparaiso in Chili abgesegelt war. Da faßte H. den kühnen Entschluß, zu Lande, quer durch Amerika hindurch, über die Kette der Cordilleren hinweg, nach Chili zu wandern. Im Februar 1790 verließ er Buenos Ayres, und langte nach vielen Beschwerden, aber mit vielen gesammelten Pflanzen, am 2. April zu San Jago in Chili an, wo er endlich den längstersehnten Reisegefährten Malaspina antraf. Nun schloß sich H. der Expedition an, welche am 6. April ihre Reise fortsetzte, die Städte Coquimbo, Copiapo, Arica, die Insel San Felix und die Stadt Callao besuchte. Fünfzehn für die spanische Regierung bestimmte Kisten voll naturhistorischer Gegenstände waren die Frucht dieser Fahrt; H. sandte sie nach Cadix ab. Als er in Lima ankam, unternahm er auf Befehl des Vicekönigs Don Pezuela eine neue Reise in’s Innere Südamerika’s, besuchte die höchsten Gipfel der peruanischen Anden, und die Quellen des Amazonenstromes bis zu der Stelle, wo derselbe schiffbar wird. Nach seiner Rückkunft verließ er am 20. September zu Schiffe Callao, bereiste einen großen Theil des Gebietes von Quito und bestieg den Chimborasso und Pichincha, so weit er es vermochte. Im December setzte die Expedition ihre Reise fort, kam im Meerbusen von Panama an, segelte dann nach Guatemala und ging am 2. Februar 1791 bei Acapulco in Neuspanien vor Anker. Von Acapulco aus machte H. wissenschaftliche Fahrten an die Küsten von Californien, Neu-Albion, Neu-Georgien, Neu-Hannover, Neu-Wales. Nach einem kurzen Aufenthalte in der Beringsbai trennte sich die Expedition; Malaspina segelte auf einem Schiffe nach Acapulco zurück; Hänke aber auf dem andern nach Mexiko, wo er einen Ausflug in’s Innere des Landes machte. In Acapulco traf H. mit Malaspina wieder zusammen und [180] am 21. December 1791 segelten beide Schiffe nach den Philippinen ab. Von Manila aus, wo sie Halt gemacht, unternahmen Hänke und der Entomolog Pineda, auch Mitglied der Expedition, Reisen in’s Innere der Insel. Hänke, der eine Strecke von 120 Meilen durchwandert hatte, kehrte im Juli 1792 krank nach Manila zurück, Pineda war am 21. Juni in der Provinz Illows gestorben. Im November 1792 segelten Malaspina und Hänke von Manila ab, berührten die Gesellschafts-Inseln und langten im Jänner 1794 im Hafen la Concepcion in Chili an. Von la Concepcion unternahm H. eine Reise in’s Innere Südamerika’s, um Patagonien, Buenos Ayres und Paraguay zu erforschen. Anderthalb Jahre dauerte diese kühne, mühselige und gefahrvolle Reise, auf welche H. drei Begleiter mitgenommen hatte. Im Mai 1795 langte er in Patasi an, wo ihn mehrere im Auftrage der Regierung auszuführende Arbeiten bis zum Jahre 1796 aufhielten, worauf er sich nach Cochabamba im obern Theile von Peru begab. Seiner Sehnsucht, in die Heimat zurückzukehren, bot sich keine Aussicht auf Erfüllung; er ließ sich demnach in Cochabamba bleibend nieder, und begann nun seine wissenschaftlichen Studien, that auch Dienste als Arzt, ja sogar als Prediger und lieferte einige kleine Schriften in der Landessprache über die Bereitung des Salpeters, Schießpulvers und der Schwefelsäure. Sein einnehmendes Wesen, wie seine medicinischen Kenntnisse erwarben ihm unter den wilden Eingebornen Vertrauen. Zugleich machte er mehrere Reisen in’s Innere des Landes, im Jahre 1800 in die Provinz de los Chiquitos; in den Jahren 1804–1806 in den Provinzen Sicasica, Lareca, Carabaga und besuchte auch die alte Residenz der Inka’s, Cuzco. Ein Auftrag des Vicekönigs, die politische und Justizverfassung des indianischen Stammes der Chiriguanos von den Irrthümern und Mißbräuchen zu reinigen, nöthigte ihn, sich eifrigst auf das Studium dieser Sprache zu verlegen. Im Jahre 1809 hatte er seine Aufgabe gelöst. Dann lebte er wieder auf seinem Landgute Buxacaxei in der Provinz Cochabamba. Der mittlerweile im spanischen Amerika ausgebrochene Krieg unterbrach seine Verbindung mit Europa, wohin 1811 sein letzter Brief gelangt war, worin er auch die Besorgniß, sein geliebtes Vaterland nicht wieder zu sehen, ahnend ausspricht. Da meldeten im Jahre 1817 aus Amerika in Europa einlangende Zeitungen und Briefe seinen Tod, der durch ein schreckliches Versehen seiner Magd erfolgt war; diese nämlich hatte eine falsche Phiole ergriffen, und ihm ein tödtendes Corrosiv zu trinken gegeben. Hänke zählte, als er starb, 56 Jahre; sein Vermögen hinterließ er seiner Familie, seine Sammlungen dem Vaterlande. Davon waren nur sieben Kisten nach Europa gekommen, deren Inhalt zum großen Theile verdorben war. Das, was sich erhalten hatte, wurde im böhmischen Museum aufgestellt, welches das Andenken des verdienstvollen Naturforschers durch die Herausgabe der „Reliquiae Haenkeanae seu descriptiones et icones plantarum quas in America meridionali, in insulis Philippinis et Marianis collegit Th. Haenke ...“ Hefte (Prag 1825, mit 48 Tafeln, Fol.) ehrte. Außer den bereits angeführten wissenschaftlichen Arbeiten H.’s sind von ihm erschienen: „Botanische Bemerkungen in Beobachtungen auf Reisen nach dem Riesengebirge“ (Dresden 1791, 8°.); – Azara in seinem Werke: Voyages dans l’Amérique méridionale, [181] veröffentlichte von Hänke: „Introduction à l’histoire naturelle de la Province de Cochabamba“; und im Jahre 1799 gab H. die Schrift heraus: Memorias sobre los Rios navigables que fluyen al Marañon procedentes de la Cordilleras del Peru, in welcher an den Gouverneur von Cochabamba, Francisco de Viedma, gerichteten Denkschrift Hänke auffordert, den bisherigen Weg über die Cordilleren nach dem stillen Ocean als einen Umweg aufzugeben und die von der Natur so reichlich gebotenen Canäle zu benützen, auf welchen überdieß die Producte des reichen Landes, durch die in den Amazonenstrom mündenden, das ganze Land bewässernden und befruchtenden Flüsse leicht nach allen Richtungen gebracht werden können. Die Wissenschaft hat Hänke’s Andenken in der von ihr beliebten Weise: Eine Pflanzengattung nach ihm zu taufen, geehrt; eine solche nämlich, aus der natürlichen Familie der Rhamneen und der ersten Ordnung der 5. linnéischen Classe, haben Ruiz und Pavon „Haenkea“ benannt.

Sitzungsberichte und Abhandlungen des Wiener zoologisch-botanischen Vereins (Wien, 8°.) Jahrg. V, Abhandlungen S. 33. – Neue Annalen der Literatur des österreichischen Kaiserthumes (Wien, Doll, 4°.) Jahrg. II (1808), November, Intelligenzblatt, Sp. 198. – Annalen der Literatur und Kunst (Wien, Doll, 4°.) Jahrg. 1809, Bd. I, Intelligenzblatt, Monat Mai, Sp. 237; – Jahrg. 1810. Bd. II, S. 120. – Vaterländische Blätter, herausg. von J. M. Armbruster (Wien), Jahrg. 1811, S. 287, 289, 297, 304; und Jahrg. 1820, S. 80 der Chronik. – Hormayr (Jos. Freiherr von), Taschenbuch für vaterländische Geschichte (Wien, kl. 8°.) Jahrg. IV, S. 163 – und dasselbe in der neuen Folge 5., oder ganzen Folge 15. Jahrg. (1834), S. 180: „Ausflüge durch das nördliche Böhmen. Thadäus Hänke ...“ – Ersch und Gruber, Allgemeine Encyklopädie der Wissenschaften und Künste (Leipzig 1828, Gleditsch, 4°.) II. Section, 2. Theil, S. 167: Artikel von Sprengel. – In den zu Prag 1825 erschienenen Reliquiae Haekeanae befindet sich voran seine Biographie von Kaspar von Sternberg. – Oesterreich. National-Encyklopädie, herausg. von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. II, S. 470. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) Bd. XIV, S. 656. – Storch (Frz. Dr.), Skizzen zu einer naturhistorischen Topographie des Herzogthums Salzburg (Salzburg 1857, Mayr, 8°.) S. 27. – Lichard (Daniel), Casnik (ein Kalender, Wien, Zamarsky, 8°.) Jahrg. 1858, S. 208. – Živa. Časopis přirodnický, d. i. Ziwa. Zeitschrift für Naturwissenschaft (Prag, gr. 8°.) Jahrg. 1853, Nr. 11, S. 346. – Nouvelle Biographie générale ... publiée sous la direction de M. le Dr. Hoefer (Paris, Firmin Didot frères, gr. 8°.) Bd. XXIII, Sp. 66.Porträt. In der Portraiten-Gallerie berühmter Aerzte und Naturforscher des österreichischen Kaiserstaates (Wien 1838, F. Beck, Universitäts-Buchhandlung, 4°.) Blatt Nr. 7.