Textdaten
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Autor:
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Titel: Antonie Adamberger
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aus: Die Gartenlaube, Heft 44, S. 755–756
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1891
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Gotthold Kreyenberg: Theodor Körner : Festschrift zum hundertjährigen Geburtstage des deutschen Sängers und Helden, am 23. September 1891, California
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[755] Antonie Adamberger. In den Tagen, welche dem Andenken des Dichters Theodor Körner gewidmet waren, ist auch vielfach wieder der Name seiner Geliebten und Braut genannt worden, und auf diese liebenswürdige Künstlerin fällt aus neuen Veröffentlichungen ein neues Licht. Es gilt dies namentlich von der verdienstlichen Gedenkschrift „Theodor Körner. Am 23. September 1891“ (Leipzig, F. A. Brockhaus), welche Rudolf Brockhaus mit Benutzung seines reichen Autographenschatzes herausgegeben hat, und welche besonders auch über die Knaben- und Jünglingsjahre des Dichters manche neue Auskunft giebt. Nicht bloß in den mitgetheilten Autogrammen und Briefen spielt die Wiener Schauspielerin eine wichtige Rolle, sie ist auch die Heldin eines Anhangs, in welchem ihr Sohn Alfred Ritter von Arneth ihren Charakter und ihre Lebensschicksale schildert. Dieser Anhang bringt Auszüge aus Arneths nur als Manuskript gedruckter Schrift: „Aus meinem Leben“, welche hier mit seiner Bewilligung einem größeren Publikum mitgetheilt werden. Gleich aus dem ersten Autogramm Theodor Körners ersehen wir die innige Zuneigung, welche der Dichter für das anmuthige Mädchen empfand. Er schreibt am 20. März 1813 an seinen Vater, den er als seinen herzlichsten Vertrauten von Jugend auf zu betrachten gewöhnt ist: „Vater, treuer, treuer Freund, ich habe das Ziel gefunden, wo ich meinen Anker werfen soll, Vater, ich liebe. Sieh, es ist mein großer Stolz, daß ich mit dieser Freiheit der Empfindung Dir ins väterliche Auge blicken und sagen kann: ich liebe, liebe einen Engel! Nun, Du wirst sie sehen, und wenn Dich ihr Anblick nicht ebenso ergreift wie mich, wenn Dir aus ihrem dunklen Auge nicht ebenso die friedliche Seligkeit entgegenlacht wie mir, so ist es eine Lüge, was mein kindliches Herz von Uebereinstimmung und Harmonie unserer Seelen geträumt hat. Vater, die Gewißheit, die ich in mir trage, daß sie Dich ebenso begeistern wird wie mich, sei Dir ein Bürge meiner Liebe, meiner Wahl.“

Weiterhin bekennt er, daß er ohne sie wohl untergegangen wäre im Strudel neben ihm; er spricht von seinem warmen Blut, seiner wilden Phantasie, seinem ungestümen Gemüth – Antonie war sein Schutzengel. Immer von neuem betheuert er seine innige unendliche Liebe und schließt den im Stil der Schillerschen Jugenddichtungen mit Ueberschwänglichkeit abgefaßten Brief mit den Worten: „Vater, mir stehen die Thränen in den Augen; ich gäb’ eine Welt darum, wenn ich Dich jetzt in diesem heiligen Augenblick umarmen könnte. Wenn ich je das Glück verdiene, was mich an Tonis Herzen erwartet, hab’ ich’s nicht Dir, nicht Deiner Liebe zu danken und der guten, edeln Mutter? Ich werde zu weich. Leb’ wohl! Vater, Du hast einen glücklichen Sohn und bei Gott, er will es verdienen!“

Wehmuth erfüllt alle Leser dieser Zeilen bei dem Gedanken, daß noch im Laufe desselben Jahres eine feindliche Kugel alle diese Träume eines schönen Glückes vernichten sollte. Und welche traurige Zeit für die Braut, als der Geliebte ins Feld gezogen war! Darüber spricht sie sich selbst in einem Brief vom 18. Mai 1813 an „die liebe gütige Mutter“ aus: „Es stürmt gewaltig in meinem Herzen! Nie, ich bitte Sie, nie soll Theodor erfahren, was ich, wie ich leide; aber seiner Mutter, meiner Mutter darf ich ja wohl gestehen, daß ich in diesem Augenblicke sehr unglücklich bin. Sein Leben, seine Gesundheit sovielen Gefahren hingegeben, vielleicht hingeopfert dem Tyrannen! O Mutter, der Gedanke kostet mich schon soviele Thränen und wird mich noch ums Leben bringen.“ Sie arbeitet viel, sie sucht sich zu zerstreuen, doch in der Seele wird’s nicht ruhig. Wie treffend und geistreich sagt sie: „Ich habe soviele Leute um mich und so wenig Menschen.“

Wenn wir uns das Bild des schönen, geist- und seelenvollen Mädchens, welches wir in Nr. 38 unseren Lesern vorgelegt haben, ergänzen wollen, so kommen uns dabei die Mittheilungen Arneths zu Hilfe; wir erfahren, daß sie kohlschwarze Augen und dunkles Haar besessen hat, und daß ihre Stimme stark und klar war, erwähnt sie selbst in den wenigen Aufzeichnungen, die sie hinterlassen; hier erzählt sie auch, wie sie Körners Bekanntschaft machte. Einem alten Schauspieler Krüger war der junge Dichter, der seine ersten kleinen Bühnenstücke verfaßt hatte, von einem Berliner Freunde empfohlen worden. „Geh’ Du nach Wien,“ hatte der joviale Herr dem Dichter scherzend gesagt, „mein Freund Krüger hat eine bildschöne Tochter; für diese schreibst Du einige Rollen, verliebst Dich gelegentlich in das Mädchen, und Dein Glück ist gemacht.“

Der junge Musensohn stimmte in lustiger Weise ein und zog in den ersten Tagen des Januar 1812 nach Wien. Aber es sollte anders kommen, als der Berliner Freund gedacht. Kaiser Franz hatte früher die Aufführung der „Maria Stuart“ verboten auf den Wunsch seiner Gemahlin, welche die Szene zwischen den beiden Königinnen nicht auf der Bühne sehen wollte. Nun war aber die Kaiserin tot; bei einer Probe stritt sich Nelli Krüger mit dem jungen Dichter über die Frage, ob der Kaiser jetzt [756] noch jenes Verbot aufrecht erhalten dürfe. Zur Schiedsrichterin rief sie Antonie Adamberger auf, indem sie dieser den Dichter vorstellte. Körner behauptete, ein Kunstwerk sei Eigenthum der Gesammtheit, Antonie aber sagte ganz einfach: „Ich weiß durchaus nicht, was ein Kaiser darf und was er nicht darf. Aber ich weiß, daß ich als Mensch nie, unter keiner Bedingung das Wort brechen würde, das ich einem Menschen gegeben.“

Dann spielte Antonie im „Grünen Domino“ mit und fand des Dichters Beifall, der selbst am Schluß hervorgerufen wurde. Das waren die ersten Beziehungen zwischen beiden, aber sie hatten schon über sein Herz entschieden. Für Antonie schrieb er seine „Toni“; mit tiefem Weh riß er sich von ihr los, um fürs Vaterland in Kampf und Tod zu gehen.

Als die Eltern Theodors im Juli nach Wien kamen, schenkte die Mutter seiner Toni eine Perlenschnur. Aus Ehrfurcht und andächtiger Scheu hat diese sie nie getragen, aber empfunden hat sie die Wahrheit des Spruches: „Perlen bedeuten Thränen“. Als Körner zu Tode getroffen fiel, hatte er ihr Bild, von Lieder gemalt, auf der Brust, ihren Ring mit einem kleinen Herzen am Finger, ihre Briefe in der Tasche. Im Jahre 1817 schied sie von der Bühne und heirathete einen jungen Offizier, den Ritter von Arneth. Die Erinnerung an den herrlichen Dichter aber hat sie ihr Leben lang treu im Herzen gewahrt, wenngleich sie es vermied, von der glücklichsten und traurigsten Zeit ihres Lebens zu sprechen.