ADB:Bethmann, Simon Moritz von

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Artikel „Bethmann, Simon Moritz von“ von Wilhelm Stricker in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 574–576, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bethmann,_Simon_Moritz_von&oldid=- (Version vom 5. Mai 2024, 02:08 Uhr UTC)
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Bethmann: Simon Moritz v. B., geb. 31. Oct. 1768, † 28. Dec. 1826. Die Familie Bethmann stammt aus Nassau an der Lahn. Die drei Söhne des dortigen Amtmanns B. († 1725) Johann Philipp, Johann Jakob und [575] Simon Moritz wurden nach dem frühen Tode des Vaters von ihrem mütterlichen Oheim, Jakob Adami in Frankfurt, zu sich genommen und erzogen. Alle drei wurden, gleich ihrem Oheim, Handelsleute. Einer von ihnen, Joh. Jakob, ließ sich in Bordeaux nieder, die beiden andern aber wurden 1746 Bürger in Frankfurt und gründeten das Bankhaus Gebrüder Bethmann, welches rasch zu solcher Blüthe gelangte, daß es schon 1770 nicht nur das erste dieses Platzes, sondern auch durch ganz Europa berühmt geworden war. Noch jetzt nimmt es seine Stelle unter den Bankhäusern ersten Ranges ein. Der dritte Bruder, Simon Moritz, welcher 1782 kinderlos starb, zeichnete sich durch große Wohlthätigkeit aus. Er beschenkte noch zu seinen Lebzeiten das Bürgerspital anonym mit 33600 fl. und vermachte ihm in seinem Testament nochmals 50000 fl. Der älteste der drei Brüder, Johann Philipp, welcher sich 1762 mit der Tochter der Schöffen Schaaf verheirathete, hat also die Familie in Frankfurt fortgepflanzt. Er starb 1793 mit Hinterlassung eines Sohnes, der nach dem Oheim Simon Moritz hieß, 1791 in das Bürgerrecht seiner Vaterstadt trat und durch Kaiser Franz in den Adelstand erhoben, sowie von Rußland mit dem Titel eines Collegienrathes, später eines Staatsrathes beehrt und zum Generalconsul beim Rheinbund ernannt wurde. 1810 verheirathete sich v. B. mit Louise Friederike Boode aus Amsterdam, aus welcher Ehe vier Söhne hervorgingen, deren ältester Moritz Freih. v. B., gegenwärtig Chef des Bankhauses ist und früher die Stelle eines preußischen Generalconsuls bekleidete. Die Verdienste von Simon Moritz v. B. liegen auf dem Gebiete der Politik, auf dem der freigebigen Förderung von Schulwesen, Wissenschaft und Kunst und endlich auf einer Repräsentation als erster Bürger von Frankfurt, welche sich seitdem nur einmal wiederholt hat, als 1863 sein Sohn die zum Fürstentage in Frankfurt anwesenden Fürsten zu einem Fest versammelte, unter den jetzigen Verhältnissen auch vielleicht unmöglich geworden ist. Was die politischen Verdienste betrifft, so hat er 1802, ohne ein öffentliches Amt zu bekleiden, bei der „Theilung der Erde“ in Paris, eine Unterlassungssünde der städtischen Behörden wieder gut gemacht und mit großer Mühe die bereits anderweitig, in Folge Bestechung der französischen Machthaber, vergebenen, im Bereiche des Frankfurter Territoriums gelegenen geistlichen Güter für die Stadt gerettet. Er hat sich zu diesem Zwecke die letzten drei Monate des Jahres 1802 in Regensburg aufgehalten, um durch seine Menschenkenntniß und Gewandtheit seiner Vaterstadt hülfreich zu sein. Am 21. Jan. 1803 kehrte er nach Frankfurt zurück und konnte den vollständigen Erfolg seiner Bemühungen melden. Eine zweite politische Action fiel 10 Jahre später, als am 31. Oct. 1813 Napoleon in Bethmann’s Landhaus Quartier nahm. Er hat seinen hohen Gast durch eindringende Worte und durch taktvolles Benehmen zur Einstellung des Geschützfeuers bewogen, welches die Franzosen gegen die in Sachsenhausen stehenden Baiern eröffnet hatten, und das die Stadt in große Gefahr brachte. Die in zweiter Linie angeführten Verdienste beziehen sich zunächst auf die seit 1802 geplante Verbesserung des Schulwesens durch Gründung der Musterschule, für welche er nicht nur mit Geldmitteln, sondern auch mit Zeitopfern eintrat. 1805 spendete B. 4000 fl. zum Ankauf eines Schulhauses; in seinem Testament vermachte er 2000 fl. Von 1806 bis zu seinem Tode war B. Mitglied der „ökonomischen Deputation“, der mit Leitung dieser Schule betrauten Behörde, daneben war er zu Zeit des Großherzogthums Frankfurt Mitglied der Ober-Schul- und Studien-Inspection des Departements Frankfurt. Als die Juden 1804 zur besseren Heranbildung ihrer Jugend eine Realschule (Philanthropin) gebildet hatten, unterstützte B. dieselbe nicht nur pecuniär, sondern suchte auch in der christlichen Bevölkerung Interesse für diese Bestrebungen zu erwecken. Endlich vermachte er in seinem 1820 verfaßten [576] Testament die Zinsen von 40000 fl. der Stadt zur Unterhaltung einer Bell-Lancaster’schen Schule, welches System damals großes Aufsehen erregte. Indessen wurde diese Art von Schulen für Frankfurt nicht als geeignet, vielmehr als ein pädagogischer Rückschritt betrachtet. Die Errichtung einer Schule für wechselseitigen Unterricht unterblieb, deswegen war aber das Capital für die Stadt nicht verloren, indem es nach einer Uebereinkunft mit Bethmann’s Söhnen um 1865 für das städtische Schulwesen überhaupt bestimmt und sammt den Zinsen an die Stadt abgetreten wurde.

Der Senckenbergischen naturforschenden Gesellschaft (gestiftet 1817) hat B. 1818 zur Erbauung ihres Museums einen Beitrag von 3000 fl. gegeben und nachher bis zu seinem Tode die Gesellschaft bei jeder Gelegenheit mit Geld unterstützt, in seinem Testamente ihr aber ein Capital von 10000 fl. vermacht. Die Gesellschaft hat dankbar Bethmann’s Büste im Hauptsaal ihrer Sammlungen aufstellen lassen. Was die Kunst betrifft, so gab die Erwerbung eines Hauptwerkes der modernen Plastik, der 1814 von Dannecker aus carrarischem Marmor gefertigten Ariadne, Gelegenheit zur Errichtung eines Kunstsaals, welcher neben der Ariadne auch Gypsabgüsse der besten Antiken enthielt und dem Publicum geöffnet wurde. Sein Sohn hat später an anderer Stelle eine höhere Kunsthalle erbauen und darin außer den genannten Werken auch Thorwaldsen’s Alexanderzug aufstellen lassen. Als erster Bürger von Frankfurt ist B. nicht nur gegenüber Kaiser Alexander, welcher während des Monarchencongresses von 1813 bei seinem Generalconsul wohnte, und den übrigen damals in Frankfurt weilenden Fürsten aufgetreten, sondern in diesem Sinne hat er auch 1825 den in Frankfurt versammelten Naturforschern und Aerzten in seiner Villa ein Fest gegeben, das erste Mal, daß man diese Versammlung außerhalb der Fachkreise beachtete. B. starb am 28. Dec. 1826 und wurde am letzten Tage des Jahres unter allgemeinster Theilnahme beerdigt. Am Tage hundert Jahre nach seiner Geburt wurde in den öffentlichen Anlagen der Stadt, gegenüber dem von B. erbauten, jetzt anderen Zwecken dienenden Kunstsaal, sein Denkmal enthüllt, seine Erzbüste auf einem Granitsockel mit ehernen Reliefs, ein Werk des Bildhauers Schmitt von der Launitz.