Zur Geschichte der Socialdemokratie (Die Gartenlaube 1877/44)

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Titel: Zur Geschichte der Socialdemokratie
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aus: Die Gartenlaube, Heft 45, S. 768
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1877
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[768] Zur Geschichte der Socialdemokratie. Im Anfange dieses Jahres, unmittelbar vor den Reichstagswahlen, erschien inmitten der hochwogenden socialistischen Agitationen Franz Mehring’s bedeutsame Schrift „Zur Geschichte der deutschen Socialdemokratie“. Das Büchlein kam damals zu spät, um noch einen gründlichen Einfluß auf die Wahlbewegung zu gewinnen, aber es fand schnell einen so großen Leserkreis, daß bereits nach sechs Wochen kein Exemplar mehr im Buchhandel zu haben war. Unzweifelhaft bekundete sich hierin ein starkes Bedürfniß des Publicums nach Aufklärung und Belehrung über den Gegenstand, und diese Theilnahme spornte den Verfasser an, sein Thema von Neuem aufzunehmen, das heißt statt der vielfach gewünschten zweiten Auflage eine neue und möglichst erschöpfende Bearbeitung des Stoffes zu bieten. So ist aus der ursprünglichen Skizze ein ausführliches Gemälde, aus der Broschüre ein zweihundertdreißig Seiten umfassendes Buch geworden, das unter dem Titel „Die deutsche Socialdemokratie, ihre Geschichte und Lehre“ soeben in Bremen (bei Schünemann daselbst) erschienen ist. Wir glauben nur eine Pflicht zu erfüllen und Unzähligen unserer Leser einen Dienst zu erweisen, wenn wir die Aufmerksamkeit auf diese Arbeit lenken, die, unserem Urteile nach, zu dem Besten und Wirksamsten gehört, was bisher im Verlaufe eines langen und immer heftiger sich gestaltenden Streites über die Socialdemokratie geschrieben wurde.

Mehring’s Buch zeichnet sich vor anderen nicht blos durch Gemeinverständlichkeit und bündige Uebersichtlichkeit aus, nicht blos durch die Schönheit der Sprache und den Glanz seiner stil- und schwungvollen Darstellung, der eigentlich fesselnde Kern des Ganzen ist vielmehr die hier überaus glücklich erreichte Vereinigung schildernder Lebendigkeit mit der kritischen Schärfe eingehender wissenschaftlicher Untersuchung. Durch die Erzählung ihres Ursprungs, ihrer Verläufe und Entwickelungen, durch die brillant gezeichneten Charakterbilder ihrer verschiedenen Propheten und Apostel werden wir zu tieferer Erkenntniß dieser Bewegung und ihres innersten Wesens geführt. Dies geschieht in dem ersten Abschnitt, während der zweite Theil eine Reihe von theoretischen Erörterungen der wichtigsten einschlagenden Fragen bietet, zusammen neun verschiedene Abhandlungen, unter denen sich Meisterstücke kritischen Scharfsinns befinden. Der Standpunkt des Verfassers ist ein leidenschaftsloser; durchweg erhalten die Leser den Eindruck eines zwar schneidig zugespitzten, aber gerechten, auf ernster Prüfung beruhenden, von leerer Declamation und landläufiger Verdammungsphrase sich fernhaltenden Urtheils. Vertrauen zu den gebotenen Mittheilungen auch muß es erwecken, daß Mehring früher ein Vertheidiger der hier von ihm geschilderten Partei gewesen, bis er erkannte, daß sein Glaube an ihre Entwickelungsfähigkeit ein Irrthum war, daß „die Gedanken des modernen Communismus und des modernen Staats sich scheiden wie Feuer und Wasser“. Er selbst sagt von seinem Buche: „Vielleicht ist es geeignet, jungen und schwärmerischen Gemüthern die lange Reihe bitterer und schmerzlicher Erfahrungen zu ersparen, durch welche ich mich zur völligen Klarheit über die gleißenden Phantasmagorien des Socialismus hindurchringen mußte.“ (Der Preis des Buches ist nur 4 Mark.)