Textdaten
Autor: Unbekannt
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Titel: Von dem Herzog von Burgund
Untertitel:
aus: Memoriale-thüringisch-erfurtische Chronik von Konrad Stolle, hrsg. von Richard Thiele, Halle 1900, S. 356-363 c. 313
Herausgeber: Richard Thiele
Auflage:
Entstehungsdatum: Wohl 1476
Erscheinungsdatum: 1900
Verlag: Otto Hendel
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Erscheinungsort: Halle/Saale
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google-USA* und Scans auf Commons
Kurzbeschreibung: Ausgabe des historischen Lieds über Karl den Kühnen, das nur in Konrad Stolles Chronik überliefert ist: Jena, UB, Ms. Sag. q. 3, Bl. 200v-204r
Weitere Nachweise siehe Burgunderkriege
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[356]
313. Hir folget noch ein lied[1] von der obgeschreben geschicht des herczogen von burgundien etc.


Nu horet da eyn nuwe mer!
was man sagit hen unnd her,
unden unnd oben in den landen,
das ist allis von einem manne von burgundien, [201]

5
von sachin manchirhande,


Die er eine czit begangen hat.
Manchir hubischer man ist bleben [tot],
als durch sinen mudwillen;
nach wil er nirgint habe ruge nach frede,

10
nimant kan on gestillen.


Er hats in nidder lande gar wilde gekocht,
nu had er sich hin uff gemacht
an die eitgnosssen nu,
er hat noch nicht vil an on gewonnen,

15
sie setczen ome allis enczeln zu,


Sie haben om vil landes zu schanden ge macht
unnd manchen man nidder gelacht,[2]
schier in einem jare;

[357]
er hat on irst eyn gross gut heim gefurt
20
in ore land vorware.


Das sie selber nicht konden geholen,
das rede ich nu wol unvorholen,
sie mochten ome mogelichen[3] sagen dangk,
doch furchte ich, hetten sie on bie deme halsse,

25
sin leben were werlich krangk.


Iss ist ge scheen vor vastnacht,
do hatte er eyn vastnach spil gemacht,
von gransee ist er komen,
da sint etliche switczere inne gewest,

30
die hatten is vor in genomen.


Wie ers da hatte gekocht mit on,
sie mochten siner gewalt nicht widderstoen,
sie sind uff gnade er uss gegangen.
Da hatte er die fromen lute widder got

35
ertrenckit unnd ouch gehangen,


Uff vierhundirt adir me;
das tad den eitgnosssen gar we,
unnd sint kein welschen numburg[4] komen,
wol uff czwenczig tusent man,

40
als ich habe vor nomen,


Uff den ersten donrstag in der vasten,
sie hatten widder ruge nach rasten,
sie hatten zu sammene ge[v] sprochen:
wir wollen alle dar umbe sterben tod,

45
das unschuldige blud muss werde gerochen.


Dar nach uff sonnabent fru,
do czogen sie hin kein fammerku[5]
vor das sloss, als ich uch sage.
Das hatte der herczoge von burgund

50
gewunnen vor an dem tage.


Das wolden die swiczere widder gewinnen.
Vier tusent czogen vort mit synnen,
da quomen on behende mehir.

[358]
Der herczoge quam on engein
55
mit einem grossen heir,


Is was czwo mile von der wagenborg,
uff die swiczere was er also arg,
unnd was on enkein geczogen,
er hatte die wagenborg gerumet,

60
unnd hatte sich selben betrogen.


Were er in der wagenborg bleben,
wer on dar uss solde haben getreben,
is hette noch vil lute gekost.
Das her die wagenborgk hette gerumet,

65
das was sine grosse vorlust.


Danne er lag starg unde veste in sinem lager
unnd hatte eine wagenborg geslagen,
unnd die wol begraben in die erden;
funff unnd czwenczig tusent man

70
hatte er gehabt zu pferde.


Unde czwei tusent man zu fuss,
sint man die warheit sagen muss,
das warn soben unnd czwenczig tusent man,
hatte er gehabt in deme felde

75
wol geczuget schon,


Der herczoge was selber mete uff der fart
unnd sin bruder der bastart
unnd manchir hobischer man,
die hatten alle gancze krebisse an

80
unnd glissen als eyn spigel schon.


Das alle die sprechen unnd jehen,
die on vor nuss haben gesehen
gelegen in deme felde,
das die waginborg [202] vil kostlicher was

85
von husern unnd von geczelte.


Die eitgnosssen hatten sich dar czu geschicht,
vier tusent man hin vor gericht
glich an des herczogen heir;
die walen sprochen: sie weren alle unsir.

90
Des konden sie sich nicht er weren.


Da die switczere worden das heir ansihe,
da vilen sie nidder uffe ore knye
unnd boten got den herren,

[359]
das er wolde bie on stehen.
96
Der herczoge hatte uff sie grosse begereng.


Da die switczere vilen uff ore knye,
da warn die walen ane sihe,
sie dochten in orem mute,
sie wolden sich on glich er geben han,

100
unnd bieten also umbe gnade.


Der switczere hinderhalt was nicht gross noch wit,
der herczoge kunlich kegen on reyt
unnd hatte drie spitczen gemacht,
mit trometen unnd grossem ge schrey.

105
Nimant horte nach ny grossser gepracht.


Uff die viertusent wart er rucken,
die switczere worden ouch vor sich drucken
unnd hatten sich glich an sie gewant,
unnd sich so ritterlich gestalt,

110
das die walen gancz worden vor blendt,


Mit oren langen spiessen unnd hellebarten,
wie sie uff die rutere warten,
wo sie drungen heer,
do worn die spiesse unnd hellnbarten dar

115
or Worten unnd scharff begern.


Sie hatten mit on gemangilt also,
die andern eitgnossen komen vollent dar czu
uff beide siten in gedrungen,
got hatte on das glucke gegeben,

120
das on wart der seg gegeben,


Sie hatten die walen von on gedrungen,
einer ist noch deme andern [v] enweg gerunnen,
unnd haben die flucht gegeben.
Wer nicht wol zu fusse was,

125
das koste ome sin leben.


Sie hatten on mit rechter macht,
dorch alle sin loger enweg gejagt,
durch die wagenburg hin uss,
zu einer siten flouch er in

130
unnd zu der andern widder uss.


Die wagenburg lag, nu merket mehe,
czwisssen einem bruche unde einem sehe;
sie mochten uff keiner siten komen uss,

[360]
danne glich durch die wagenburg
135
treben sie die mit gewalt en uss.


So sint sie alle geflohen hin dann
unnd haben nichts gebracht da von;
koch, kremer unnd kenczelere,
die haben do vorkoufft ane gelt,

140
was die switczer funden in dem heir unnd geczelt,


Da haben sie die mererteil erslagen,
unnd die, die da warn bie den wagen,
unnd konden nicht entrinnen.
Der reisige geczug flouch alles von dannen

145
unnd musten ouch da hynnen


Gross unsprechlich gut lassen;
des was vil uss der mosssen,
nicht zu singen noch zu sagen,
Grosser glucke hat ny keyn man ge sehen

150
bie allen unsern tagen,


Danne das die swiczere haben gehat,
zu gewinnen solch grosssen schätz,
unnd wenig volks erlagen wart,
das nie keyn man hat gehort sagen

155
bie allen unsern lebetagen.


Deme herczogen sint da tod bleben
sechs hundert man adir söben,
unnd der switczere zu der stund
sind funff unnd czwenezig man erslagen [203]

160
unnd virczig man wunt.


Die switczere haben da funden uff deme lager
mit namen funffczenhundert wagen,
geladen uff alle ore siten,
mit woffen unnd allem geczuge,

165
das da gehort zu deme strite.


Sie haben ouch funden hacken buchsen, cwene grosse wagen
ouch haben sie funden uff deme lager
buchsen pulver hundirt tunnen,
unnd czwei hundirt slangenbuchsen

170
funden sie ouch zu den stunden,


Drie grosse mechtige houbtbuchsen mer,
da etliche ist sobenczig centener sweer,
vil mehir geschutczes unnd wehere,

[361]
das is nimant vor sagen kan
175
nach vol schriben die mehere.


Sie haben da gewonnen sechshundirt geczelt,
dar inne haben sie fanden an barem gelde
von silbere unnd von golde, .
das czwene wagen nicht konden getragen,

180
sie mochten ome mogelichen[6] sin gar holde,


Das er sie so wol hatte bedacht
unnd on solch gross gut heimbracht,
sie solden ome billich nygen,
sie mogen nu wol deste bas

185
herfarten unnd krigen.


Sie sint ouch komen in des herczogen von burgundien canczelige,
do haben sie funden die rechten krige,
grosse silberne kannen unde alle sin trincke ge scherre,
guldene kannen unnd guldene koppfe,

190
der was vil unnd dar zu swere.


Sie haben funden einen stul von silbere unnd golde rod,
da der herczoge selbest uffe gesessen hot,
platen von silbern tiff unde wyd,
vil rucke unnd schuben [v] von kostlichem gewande,

195
von samit unnd von siden.


Es were nicht wunder, merckt mer!
das darubir nirgent eyn switczer wer,
er truge an eine sydene schuben.
Were on der printcz nicht entreten,

200
sie hetten on geslagen durch sine huben.


Sie haben ouch funden siner ingesegil dry,
grosse bullen unnd brieffe ouch da by,
unnd etliche heimeliche hinder hute,
das on werlich ruwet vil mehir,

205
danne alle das grosse gut,


Das er da vorloren hot.
Sie funden eyn banir, das was von siden rot,
dar uff gesticket mit clarem golde,
sine wopen unnd alle sine land dar an,

210
ge czird mit richem golde.


[362]
Nimant kan gesagen nach geticht,

was der herczoge hat in disser geschicht
grosses schadens genomen;
man hat is uff das geringeste ubir slagen,

215
man sagit von einer sommen,


Es sie drie hundirt mal tusent gulden wert
an barem silber unnd golde, ane alle geverd,
ane die buchssen unnd andire geschutcze.
Der printcz hatte die schantcze vor seheen;

220
er hatte sich da zu hant lassen nutcze.


Er mochte wol sprechen unnd sagen:
hat mich der tufel her getragen
an die switczere unde eitgnossen?
Vor war er liss nicht davon,

225
unnd solde er nach eins legen einen blossen.


Sie haben drie tage unnd drie nacht gelegen
uff der legerstad in sulcher pflege
unnd haben siner gewart
.......nach strites rechte;

230
were er widder komen uff der fart,


So wolden sie on menlichen bestan,
unnd da er [204] das selbige nicht hatte gethan,
so haben sie fammerk unnd gransse uss gebrant
unnd haben das gut heim gefurt,

235
kegen switczen al in das land.


Sie sagen lob unnd ere deme ewigen got,
das er sie behutet hot
vor sulchen schedelichen gesten,
unnd das so wenig volks ist bleben tod,

240
das duncket mich das allerbeste.


Is wart ny mogelich nach recht,
das cristene lute mittenandere sullen fecht
unnd vor giesssen das cristenliche blut,
wy wol eine sele besser ist

245
danne allir der werlde gut.


Wol an, wir mussen habe gedult,
is ist leider unsir sunde schult,
is blibit dar bie nicht stan,
ich furchte, is sie nach nicht da,

250
sie mussen nach eins dar an.


[363]
Doch sal man bitten got den hern,

das er die sache zu deme besten ker
noch sinem gotlichin willen,
unnd wulle doch dissem fursten,

255
sin ungetruwe gemute stillen,


Das er von dem mortlichen krige lasse,
das so jemmerlichen nicht werde vor gossen
das cristenliche blut,
unnd das das ge schege,

260
das sullen wir alle bitten got!

 Amen. Finis.


  1. Das erste der zwei Lieder über Karl den Kühnen ist von R. v. Lilienkron, Die histor. Volkslieder der Deutschen vom 13. bis 16. Jahrhundert, Bd. II. 1866, S. 84-89 nach Stolle auf Grund der Jenaer HS und der Publikation von Hesse in Haupts Zeitschr. f. deutsch. Altertum VIII, 319 ff. u. in s. Ausgabe Stolles abgedruckt, mit manchen Änderungen. Wir legen nur die handschriftl. Überlieferung zu Grunde und bessern, was der Sinn oder der Reim verlangt, indem wir Lilienkrons Verbesserungsvorschläge annehmen, wo uns dieselben notwendig und richtig erscheinen. Nach Lilienkrons Vorgange haben wir das Lied in Strophen zu 5 Versen abgeteilt, mit dem Reimbilde aa bcb; natürlich findet sich statt des Reimes oft nur Assonanz, auch unreine Reime sind nicht selten, die zum Teil nur bei Berücksichtigung der md Aussprache der Vocale erklärlich sind.
  2. Mundartlich für niedergelegt, d. h. getötet.
  3. „Wie es recht und billig ist,“ s. H. Rückert, Leben des heiligen Ludwig, S. 139. Das Gegenteil ist „unmogelich“, s. St. 198 A. 41.
  4. Neufchâtel.
  5. Vauxinarcus, ein Schloss, das die Strasse nach Neufchâtel beherrschte, und das Karl am 1. März mit 400 Schützen unter Georg von Rosimboz hatte besetzen lassen (s. Liliencron, a. a. O. S. 73).
  6. S. oben A. 3.