« §.8 Vernünftige und Christliche Gedancken über die Vampirs §.10 »
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
Textdaten
Autor: Johann Christoph Harenberg
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Vernünftige und Christliche Gedancken über die Vampirs ...
Untertitel: §.9 - Erzehlung der Uhrsachen, warum man den Engeln die Beforderung der Unverweslichkeit und der vermeinten Bluhtsaugung nicht zuschreiben kan.
aus: Vorlage:none
Herausgeber: {{{HERAUSGEBER}}}
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1733
Verlag: Johann Christoph Meißner
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Wolfenbüttel
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Digitalisat des Göttinger Digitalisierungszentrums bzw. bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]

§. IX.

[51] Es stellet sich aber dabey dieses und jenes in meinen Gedancken vor. Denn vor das erste kommt es mir alzu freundschaftlich vor, wenn man von einem Vampyr berichtet, daß er aus dem Grabe zurück gekommen, sich zu seiner hinterlassenen Fraue gemacht, und eine solche Besuchung derselben erwiesen, daß sie davon zu gehöriger Zeit den Segen mit Händen greiffen können. Es ist mir immer leyde, daß dieser Geist einen Leib besessen habe, welcher nicht subtil gnug gewesen. Gewißlich, es ist nicht erlaubt zu gedencken, daß dergleichen Geist ohne Fleisch und Beine sich befunden. Mir deucht, daß dieser Umstand aus den Erzehlungen von den Vampyrs ausgemertzet werden müsse, wenn wir uns sonst nicht in tausenderley Zweifels-Knohten verwickeln wollen. Jedennoch fallen mir annoch andere Umstände bey, so sich nicht gar wohl zu der Gewalt des Satans schicken. Denn es wird wohl keiner sagen, daß der Satan das Bluht aus den geängstigten Leibern fortgebracht habe, also, daß man nicht den geringsten Tropfen von aussen an ihnen wahrgenommen. Man sucht sich dadurch zu helffen, daß der Satan den HErrn JEsum in der Versuchung durch die [52] Luft geführet habe. Allein von dieser Luftführung steht in den Evangelisten nichts. Das Wort παραλαμβάνειν, zu sich nehmen, mit sich in der Gesellschaft fortbringen, hat nirgends einige Anzeigung in sich, daraus man dergleichen Leichtführung (e)[1] schliessen könnte. Die Stellung auf die Zinne des Tempels könnte vielleicht zu der Luftführung etwas beytragen, wenn nur ausdrücklich gemeldet wäre, daß man auf die Ercker oder Auslagen, dergleichen viele in dem Tempel oder vielmehr auf den Mauren des Tempels waren, nicht habe gehen können. Zum wenigsten bleibt solche Luftführung ungewiß. Gesetzt aber, daß solche wahr ist, so kan man doch nicht vermuthen, daß der Satan den Leib des HErrn JEsu werde unsichtbahr gemacht haben, angesehen es zu den Wunder-Wercken des Heilandes gehört, daß er die Augen der Zuschauer also hat halten, oder seinen Leib also hat einrichten können, daß ihn bey einigen Begebenheiten am hellen Tage die umstehenden nicht gesehen. Und woher weiß man, daß den Krancken, so keinen Bluhtsauger gesehen, würcklich einiges Bluht sey abgesogen worden? Ich bin gewiß, daß, wenn man die krancken Persohnen gewogen hätte vor und nach dem vermeinten Bluhtsaugen, das Gewichte dem Abgange einiges Bluhts würde wiedersprochen [53] haben. Und wozu gebraucht der Satan das Bluht? Warum nimt er das Bluht der enthaupteten Menschen, oder der abgestorbenen Thiere nicht zu sich? Wer über das Bluht des Menschen, so annoch im Leibe ist, Macht hat, der hat auch über das Leben selbst Macht, denn das Leben des Leibes bestehet in circulirendem Bluhte. Leben wir, so leben wir dem HErrn. Der Heyland hat den Schlüssel des Lebens und des Todes. Wer will diesen Schlüssel dem Satan zuspielen? Darf auch der Satan den Menschen tödten ohne Zuthun der Creatur und der Menschen? Hat man denn nicht frisches Bluht in todten Cörpern sonst angetroffen, wo man von keinen Vampyrs weiß? Warum läst man sonst in dergleichen Fällen den natürlichen Ursachen den Ausschlag? Sollte denn der Satan die Cörper viele Wochen ausser der Verwesung erhalten können, da es ein so grosses Wunderwerck ist, daß der Heyland bis in den dritten Tag die Verwesung nicht gesehen oder empfunden? Ist etwa der Satan mächtiger? Oder wollen wir Christen etwa selbst die Gründe der Christlichen Religion baufällig machen, damit wir eine nicht gnugsam beschriebene Historie von den Bluhtsaugern in Servien vernünftig erklähren können?


  1. (e) PHILIPPVS CAMERARIVS in Operis Horarum subseciuarum Cent. I. cap. 72. p. 334. Nusquam uno verbo innuitur vel legitur in sacris literis, Christum a Diabolo raptum aut vectura traductum per airem. FRIDERICVS HOFFMANNVS in Diss. de Diaboli potentia in corpora §. 6. p. 376.