Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Dritten Theils zweyte Abtheilung/Zwey und zwanzigstes Buch

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[268]
Zwey und zwanzigstes Buch.
Denkungsart der letzten Hälfte des vorigen,[WS 1] und unsers Jahrhunderts über Liebe und Geschlechtsverbindung bis zum Anfange der französischen Revolution.


Erstes Kapitel.
Einleitung.

Es bleibt mir nun noch übrig, die Denkungsart der letzten Hälfte des vorigen,[WS 1] und unsers Jahrhunderts über Geschlechtsverbindung und Liebe zu entwickeln. Aber vielleicht läßt sich diese im Allgemeinen gar nicht angeben. Wir haben beynahe keinen einzigen von den Begriffen fahren lassen, welche die Vorwelt mit diesen Gegenständen verbunden hat, und wir haben sie noch mit einigen vermehrt. Vielleicht ist es gerade das Charakteristische unserer Sitten, daß sie keinen auffallend allgemeinen Charakter an sich tragen.

In der vorigen Periode rechneten es wenigstens die Höfe zur guten Sitte, über Geschlechtsverbindung und Liebe einerley Grundsätze, nehmlich die der Galanterie, anzunehmen. Aber jetzt ist die Gesellschaft, mithin auch die gute Sitte, nicht mehr auf die Höfe eingeschränkt; [269] jeder etwas größere Ort macht darauf Anspruch, sich seinen Ton selbst anzugeben, und die Politur hat so sehr zugenommen, daß man kaum die Seite zu finden weiß, an der das Unterscheidende in den Gewohnheiten einer Gesellschaft von der andern aufgefaßt werden könnte.

Ohne es mir anzumaßen, die herrschende Denkungsart unserer Zeiten zu bestimmen, will ich die Hauptbegriffe und Behandlungsarten der Geschlechtsverbindungen und der Liebe angeben, und mich dabey theils an die Darstellungen unserer schönen Litteratur, theils an die Ideen unserer Philosophen, theils an meine eigenen Bemerkungen über die Sitten meiner Zeit halten.

Da die Quellen, welche ich nutzte, größtentheils bekannt sind, so werde ich mich im Ganzen kurz fassen können, und nur da etwas länger verweilen, wo ich dem Bekannten eine neue Ansicht geben zu müssen geglaubt habe.

Die südlichen Nationen des kultivierten Europa scheinen von den nördlichen abgesondert werden zu müssen. Zwar haben die Sitten von Versailles und Paris überall hin, folglich auch über Spanien und Italien, ihren Einfluß verbreitet; inzwischen ist dieser in den zuletzt genannten Ländern weniger merklich, und diese hängen fortwährend stärker an den Sitten der vorigen Periode.

Die Regierung Ludwigs des Vierzehnten macht unstreitig in der Geschichte unserer geselligen Gebräuche Epoche, und ihre Wirkungen werden sich wahrscheinlich über die, noch zur Zeit unzuberechnenden, Folgen der französischen Revolution hinerstrecken. Ich habe [270] jedoch geglaubt, mit dem Eintritt dieser letzten Begebenheit, meinen Untersuchungen ein Ziel setzen zu müssen.

Das Gemählde, welches ich von dem geselligen Menschen überhaupt in der gegenwärtigen Periode liefere, gleicht auffallend dem Bilde eines einzelnen Menschen, der nicht mit ganz gewöhnlichen Anlagen geboren, lange eingezogen gelebt hat, in seiner Eingezogenheit den Verirrungen der Phantasie ausgesetzt gewesen ist, nun aber mehr unter Menschen kommt, und durch Reife und Erfahrung sein Herz und seinen Verstand stärkt und ausbildet. Anfangs pflegt er den sympathetischen Trieben und einer feineren Sinnlichkeit unter Leitung der Vernunft zu huldigen, und Anstand und Geschmack in die Freuden zu bringen, die er aus dem größeren geselligen Verkehre zieht. Aber bald wird er keck auf seine vermehrten Einsichten, überläßt sich zu sehr den geselligen Zerstreuungen, und egoistische Klugheit tritt an die Stelle derjenigen Weisheit, die alle unsere Triebe im Gleichgewicht zu erhalten sucht; oberflächliche Anmaßung, alles aus den gröbsten Ursachen zu erklären, oder völliger Unglaube verbannt die bescheidene Forschung: Zügellosigkeit aus Grundsätzen, Abneigung gegen die schönen Künste der Geselligkeit nehmen den Platz der Schamhaftigkeit und einer feineren Sinnlichkeit ein.

[271]
Zweytes Kapitel.
Einfluß der Regierung Ludewigs des Vierzehnten auf die Verhältnisse des geselligen Lebens, besonders in dem weiteren Verkehre zwischen beyden Geschlechtern.

Unter Ludewig dem Vierzehnten gewann die gute Gesellschaft an Umfang. Vorher hatten nur diejenigen Personen dazu gehört, welche zum Hofe gerechnet wurden. Aber bey dem zunehmenden Luxus der Großen mußten diese die Mittel, ihn zu bestreiten, durch Verheirathung mit den Töchtern der reicheren Financiers, Negocianten, und anderer Personen aus den mittleren Klassen zu ergänzen suchen. Diese letzten fingen an, ihr Geld zum Genuß des Lebens anzuwenden, und mit den Hofleuten gemeinschaftlich eine Gesellschaft in der Stadt zu bilden, die sich von dem Hofe, besonders nachdem dieser Versailles zur Residenz gewählt hatte, trennte. Im Ganzen blieb der Ton der Stadt abhängig von demjenigen, welchen der Souverain angab; aber in mehreren Stücken hatte er doch etwas Eigenthümliches, das sich auch wieder bey Hofe einschlich. Kurz! das höfische Wesen, die Kourteoisie, ward nach und nach wieder zum städtischen, zur Urbanität.

Denn dadurch, daß die gute Gesellschaft wohlerzogener Menschen nicht unmittelbar unter den Augen des Hofes ihr Verkehr trieb, ward sie von demjenigen Zwange befreyet, den ihr die Etiquette und ein eitles Ceremoniell aufgelegt hatten. Sie sonderte mehr das Ueberflüssige, bloß Prunkende von dem Zweckmäßigen [272] und Schönen ab; durch die Vermehrung ihrer Mitglieder, und durch ihre Verstärkung mit Männern, die sich den Wissenschaften und Künsten gewidmet hatten, gewann das Urtheil über die gute Sitte an Vielseitigkeit der Ansicht, an Richtigkeit und an Bestimmtheit; dadurch, daß die Menschen sich häufiger sahen, mithin öfterer Gelegenheit fanden, die Regeln des guten Tons in Anwendung zu bringen, mußten sie an Fertigkeit und Ungezwungenheit gewinnen.

Die beförderte Mittheilung der Ideen, die vermehrten Mittel zu einem angenehmen Lebensgenuß, die häufigeren Zerstreuungen schwächten die Gewalt der Imagination, machten den falschen Witz fühlbar, und sicherten der Vernunft eine freyere Wirkung. Dadurch, und unter Mitwirkung einiger guten Köpfe, welche die Schätze der Alten unter einem reitzenderen Gepräge als vorhin in Umlauf setzten, gewann der gute Geschmack und jene feinere Sinnlichkeit, ohne welche er nicht bestehen kann.

Von nun an verschwanden nach und nach jene übertriebenen Höflichkeitsbezeugungen im gemeinen Leben, die ihrem innern Gehalte nach frostig unwahr, und ihrer äußern Form nach lächerlich kostbar waren. Von nun an setzte man den Adel der Seele nicht mehr in excentrischen Gesinnungen, und die Schönheit einer Handlung nicht mehr in marktschreyerischem Prunke. Von nun an verwechselte man die unterhaltende Unterredung nicht länger mit dialektischen Wettstreiten, und hielt nicht weiter metaphysische Dissertationen für Ergießungen des Herzens.

Sogleich wurden freylich die Fesseln alter Sitten und Gewohnheiten nicht abgeworfen. Vieles von der [273] ehemahligen Courteoisie, von dem Maurisch-Spanischen Bombast, von dem sentimentalisch witzigen Schimmer der Italiäner ging mit in die neue gesellige Organisation und ihren Styl über, und klebt noch jetzt daran mit unvertilgbaren Spuren. Allein im Ganzen nähern sich doch diese Zeiten der Natur und der Vernunft.

Diese Stimmung hat nun besonders auch auf das Betragen gegen das Frauenzimmer, auf die Achtung und Gefälligkeit eingewirkt, die man ihm im weiteren geselligen Verkehre bewies. Die excentrischen Ideen von seiner Superiorität über unser Geschlecht, und die davon abhängende Niederwürfigkeit vor ihm haben nachgelassen. Das zärtere Geschlecht hat immer mehr gelernt, den wahren Gehalt der Huldigungen, die ihm dargebracht werden, zu wägen. Es hat sich nicht mehr mit dem äußern Scheine einer Verehrung begnügt, die eben darum beleidigend seyn mußte, weil sie den Stempel der Unverschämtheit, einer Lüge, oder einer Aufwallung von Lüsternheit an sich trug. Es hat gleiche Ansprüche auf Menschenwerth mit dem unsrigen, und solche Aufmerksamkeiten verlangt, die keine Herabwürdigung der Dame zu schönen Kindern oder zu eitlen Werkzeugen des Vergnügens verrathen. Von dieser Zeit an ist es eine Kunst geworden, zu loben, ohne in den Fehler der Schalheit und des Abentheuerlichen, oder in den Verdacht verwegener Wünsche zu fallen.

Inzwischen ist in die Urbanität gegen das Frauenzimmer gleichfalls vieles von der alten Courteoisie[WS 2] übergegangen; d. h. vieles, was nach einem richtigen Urtheil über das Wahre und Schöne im geselligen [274] Umgange übertrieben, unzweckmäßig und unangemessen erscheint.

Alle Nachrichten kommen dahin überein: daß es Ton unter dem Frauenzimmer wurde, einer gewissen geselligen Liebenswürdigkeit nachzustreben, die in früheren Zeiten wenig bekannt gewesen war, und auch bald darauf wieder selten geworden ist. Frankreich hatte Damen aufzuweisen gehabt, die sich durch höhere Geistesbildung ausgezeichnet hatten. Aber diese war entweder nicht zum Vortheil der geselligen Unterhaltung angewandt worden, oder bloß auf einen eitlen Glanz, der nie ohne Kostbarkeit, Gernwitz und Demüthigung anderer erlangt zu werden pflegt, berechnet. Die Geißel des Lächerlichen vertrieb diese Anmaßung. Man fing an, sich ihrer zu schämen, und konnte doch der Kenntnisse und der Kultur des Verstandes zur Unterhaltung nicht mehr entbehren. Das zärtere Geschlecht suchte daher diese Kultur mit seinem schönsten Vorzuge, mit dem Herzen, in ein näheres Verhältniß zu setzen: es fühlte, daß diejenige Eigenthümlichkeit, welche es seiner Gabe im Beobachten und Darstellen des Gegenwärtigen, Einzelnen, und Zunächstliegenden verdankt, ihm zum wahren Vorzuge angerechnet werden müßte: es sah ein, daß das mühsam Erworbene und Gesuchte in der Bildung und den Aeußerungen seines Geistes ihm weniger kleide, daß hingegen eine Aufklärung, die so natürlich geworden ist, daß ihre Spuren sich gleichsam von ungefähr und unwillkührlich ankündigen, sich für jedes Geschlecht schicke: daß die Bestimmung höherer Talente bey dem Weibe vorzüglich auf die Behandlung desjenigen Stoffs gerichtet werden müsse, der zur Unterhaltung der örtlichen [275] Gesellschaft dient; und daß endlich die Superiorität des Geistes alsdann leicht geduldet, und sogar geliebt wird, wenn sie mit anspruchloser Liebe gepaart, niemand zurückschreckt, und den großen Haufen zu keiner anhaltenden Spannung seiner Aufmerksamkeit verpflichtet.

Zartheit der Empfindungen, Feinheit der Bemerkungen, Lebhaftigkeit des Ausdrucks, leichte Behandlung aller Gegenstände, die im täglichen Leben vorkommen, unter Leitung des Geschmacks, des Anstandes, und der Bescheidenheit zeichnen die Werke einer Sevigné, la Fayette, la Sabliere, la Suze, Lambert, Deshoutieres und anderer aus. Sie konnten nur das Produkt einer Gesellschaft seyn, die sich oft genug sah, um das Abentheuerliche, Excentrische, Steife und Unnatürliche abzuschleifen, und nicht so viel, um das Neue, Auffallende, Hervorstechende bloß zur Verscheuchung der Langenweile herbeyzuhohlen.


Drittes Kapitel.
Folgen, welche die veränderte Denkungsart unter Ludewig dem Vierzehnten auf engere Geschlechtsverbindung und Liebe gehabt hat.

Diese veränderte Stimmung der Gesellschaft überhaupt und der Weiber insbesondere mußte Einfluß auf die engeren Geschlechtsverbindungen und die Art, sie darzustellen, haben. Das Natürliche und Vernünftige bekam auch hier die Oberhand. Der Glaube an wahre Freundschaft unter beyden Geschlechtern [276] breitete sich immer mehr aus, und der Werth der Anhänglichkeit an einer bestimmten Person von verschiedenem Geschlechte ohne allen weitern Zweck als den, anzuhangen, ward immer fühlbarer. Vorhin hatte man geliebt, um sinnliche Begierden, um die Triebe nach Ruhm, nach Eitelkeit, nach Beschäftigung, zu befriedigen. Jetzt liebte man, – um zu lieben; wenigstens suchten die Dichter, die Romanenschreiber, die Weltphilosophen der Leidenschaft diesen Zweck beyzulegen, und sie von jeder andern weiterliegenden Absicht abzusondern. Von nun an durfte der Liebhaber mit dem Zustande seines Herzens nicht mehr prunken, und seine Huldigungen, so wie die Beweise der Auszeichnung, die er erhielt, nicht mehr öffentlich zur Schau ausstellen. Der Anstand verbot heimliche Verständnisse zur Befriedigung der Sinnlichkeit: er ließ aber geheime Verbindungen der Herzen zu. Da das Interesse ihrer Darstellung nicht mehr in der Ueberwindung äußerer Hindernisse gesucht werden konnte; so setzte man innere an ihre Stelle, und schilderte forthin die edelste Leidenschaft im Streite mit der Pflicht. Die Spannung, die Beschäftigung der Liebenden, lag nicht mehr in dem Kampfe wider Schwierigkeiten, welche Riegel, Hüter, höchstens Stolz und Rücksicht auf den Anstand hervorbrachten; er lag in dem Kampfe der Liebe gegen Tugend und Furcht vor innerer Unruhe. Der Sieg der einen oder der andern ward immer durch Thränen und Verzweiflung verkümmert. Der Liebhaber konnte das Herz, den edelsten Theil der Sinnlichkeit seiner Geliebten, ihrem noch edleren Selbst, ihrer Moralität, nicht abgewinnen, ohne seine stolze Freude durch die Aeußerungen ihrer Gewissensangst [277] getrübt zu sehen. Die edle Frau konnte weder über sich selbst den Sieg erkämpfen, noch ihrem Herzen unterliegen, ohne ihren Triumpf und ihren Fall auf gleiche Weise zu bereuen!

So erscheint die Liebe bey der Princesse de Cleves, einem Romane der la Fayette, worin die Sitten ihres Zeitalters einem früheren beygelegt werden, und worin zuerst Wahrheit in die Charaktere, in die Verknüpfung der Begebenheiten, in die Empfindungen, und in ihren Ausdruck gebracht wird. [1] Nach solchen Grundsätzen kommentiert die Marquise de Lambert über die Freundschaft zwischen Personen von verschiedenem Geschlechte.

Neben den Darstellungen solcher Herzensverbindungen giebt es andere, worin die Leidenschaft sinnlicher und vielleicht darum stärker ausgedruckt wird. Sie zeichnen sich aber von den früheren Produkten immer durch Wahrheit und Geschmack aus. Die Lettres d’une Religieuse Portugaise, die theatralischen Werke des Racine und Quinault verdienen hier besonders genannt zu werden.

Die Galanterie nahm jetzt eine Gestalt an, die dem Geist der Zeiten angemessen war. Sie verließ ihren Anspruch an die Imagination und die Ruhmsucht, mit deren Hülfe sie sonst das Herz der Schönen zu rühren gesucht hatte, und wandte sich an den Witz und die Eitelkeit, um dadurch einen vorübergehenden Eindruck auf den Geist der Damen zu machen. Schon die Scudery, die Voiture, Balzac, Cyrano[WS 3] de Bergerac, und andere, hatten diesen Ton angestimmt, aber er [278] erhielt späterhin durch Bussy, Boursault, Fontenelle, u. s. w. mehr Ausbildung. Die Galanterie ward in der Folge von der Liebe und Zärtlichkeit ganz abgesondert, und beym Richelet findet man die lettres tendres, und die lettres galantes unter zwey verschiedenen Rubriken.

Das Auffallendste[WS 4] in der früheren Galanterie war die öffentliche Huldigung des verheiratheten Frauenzimmers, die unbefangene Anerkennung seines Einflusses auf die Gesinnungen und Handlungen des Mannes gewesen, der nicht durch Bande der Ehe mit ihm verbunden war. Der Ernst, womit dieß war betrieben worden, fiel natürlicher Weise ins Lächerliche, nachdem die geselligen und die bürgerlichen Verhältnisse sich verändert hatten. Die repräsentierende Anmaßung, womit der excentrische Verehrer der Schönen das Panier seines Dienstes geschwenkt hatte, konnte bey geläuterten Begriffen über Schicklichkeit und Anstand nicht weiter geduldet werden, und der Einfluß der Weiber auf die öffentlichen Angelegenheiten verschwand vor der Alleinherrschaft Ludewigs des Vierzehnten.

Man behielt den Begriff der losen, ungebundenen Aufwartung des schönen Geschlechts bey, aber man verwandelte den Ernst in ein Spiel, in eine gesellige Belustigung. Den Damen ward noch ferner öffentlich gehuldigt, aber nur in dem engeren Zirkel der guten Gesellschaft, nicht vor den Augen der ganzen Welt; und die Huldigungen selbst waren ganz aus dem Kreise der geselligen Unterhaltungsmittel hergenommen. Es waren Verse, kleine Geschenke, Komplimente, und besonders Billets und Briefe, welche dazu genutzt wurden. Sie waren als ein Tribut anzusehen, den man der über [279] alles gebietenden Schönheit brachte, und der kein besonderes Verständniß voraussetzte. Der Verstand mußte daran noch mehr Antheil haben, als das Herz, und vor allen Dingen mußte ein leichter, munterer, glänzender Witz, der mit dem Ausdruck wahrer Zärtlichkeit ganz unvereinbar ist, daraus hervorleuchten.

Diese Galanterie, die oft sehr vorübergehend gegen jede Dame von hohem Range, ausgezeichneter Schönheit, und hervorstechenden Talenten angewandt wurde, [2] machte auch zuweilen den Grundstoff dauernderer[WS 5] und engerer Verbindungen aus. Weiber, die ihren Verstand und ihre Kenntnisse geltend machen wollten, und die Censur des größeren Haufens bey einer öffentlichen Ausstellung ihrer höhern Geistesbildung fürchteten, vereinigten sich mit Männern von Talent, wechselten mit ihnen im Geheimen witzige Ideen in Briefen und in der mündlichen Unterredung aus, und gaben diesen Unterhaltungen zur Erhöhung ihres Reitzes oft einen zärtlicheren Anstrich. Das Artigste, was diese Verbindungsart hervorgebracht hat, sind die lettres de Babet an Boursault.

In unsern Tagen nennt man ähnliche Verhältnisse liaisons d’esprit.

[280]
Viertes Kapitel.
Einfluß der Regentschaft und der nachfolgenden Regierungen in Frankreich auf die Denkungsart über die nehmlichen Gegenstände.

Seit Ludwig dem Vierzehnten stand die Denkungsart über Geschlechtsverbindung und Liebe mit dem bürgerlichen Leben weiter in gar keinem Verhältnisse, sondern bloß mit dem Privatleben in der örtlichen Gesellschaft.

Die übertriebene Devotion, in welche Ludwig der Vierzehnte in den letzten Jahren seiner Regierung verfallen war, veränderte zwar den Ton, den die Stadt einmahl angenommen hatte, nicht völlig; aber sie ließ ihm doch einen gewissen Zwang fühlen. Sobald der Regent an seinem Hofe aller Sittlichkeit und allem Anstande Trotz bot, suchte die gute Gesellschaft in Paris die wiedererhaltene Freyheit doppelt zu nutzen, und verfiel in Ausgelassenheit. Durch die gänzliche Umwälzung der Glücksgüter, welche das System des Law hervorbrachte, ward der äußerste Luxus und das höchste Elend erzeugt, und beydes hatte sehr nachtheilige Folgen für die Sitten. Wenn es auch nicht allgemeiner Ton wurde, sich gänzlich über allen Anstand wegzusetzen, so zeigte sich doch ein Leichtsinn, der zugleich mit vielen unnützen Formen der alten Courteoisie und Galanterie auch viele wesentliche Bestandtheile der Urbanität wegwarf.

Die Geschlechtsverbindungen erhielten ganz sinnliche Zwecke, und diejenigen, welche die Liebe zu [281] verschönern suchten, schränkten sich darauf ein, die gröbsten Begierden durch kurze Hindernisse und Beymischung solcher Verzierungen, woran der Verstand mehr Antheil hatte als das Herz, schmackhafter und dauernder zu machen. Das Wort Galanterie nahm nun eine ganz andere Bedeutung an. Zu Anfange des Jahrhunderts hatte Richelet noch von der Des Jardins ohne Vorwurf sagen dürfen: daß sie sich nach dem Verluste zweyer Gatten in die Galanterie geworfen hätte: d. h. den Umgang mit unserm Geschlechte nur zur Unterhaltung ihres Geistes aufgesucht habe. In der Mitte des nehmlichen Jahrhunderts, und schon früher, würde dieser Ausdruck eine sittenlose Aufführung bezeichnet haben, die sich nur von der Ausgelassenheit gemeiner Buhlerinnen durch Beobachtung solcher Formen unterscheidet, welche zur Erhöhung des Vergnügens und zur Bewahrung des Scheins der Achtung für das Publikum, der Selbstschätzung, und der Verehrung für die Damen dienen.

Die verworfenen Weiber, welche uns Crebillon und einige andere Schriftsteller aus diesen Zeiten schildern, geben sich bey aller Bereitwilligkeit zu den stärksten Gefälligkeiten immer das Ansehn, als ob sie gegen ihre Schamhaftigkeit und gegen Rücksichten auf ihren Ruf zu kämpfen hätten, und nur der Ueberzeugung von der Stärke und Dauer der Leidenschaft ihrer Liebhaber wichen. Diese geben sich gleichfalls den Schein der Achtung für das begehrte Weib, des Glaubens an die Schwierigkeit des Siegs, des Feuers und der Beständigkeit. Dieß konventionelle Benehmen, wobey man von beyden Seiten auf Wahrheit und Ueberzeugung keinesweges rechnete, hieß von nun [282] an Galanterie, und bezeichnete eine Art von Buhlerey, welche die gute Gesellschaft dulden zu können glaubte, weil der äußere Anstand geschont wurde. Jetzt wie ehmahls bestand ihr Wesen in einer ungebundenen Aufwartung des schönen Geschlechts, die auf Rechnung einer bloß geselligen Unterhaltung und unschuldigen Verehrung der Alles beherrschenden Schönheit gesetzt werden konnte. Nur mit dem Unterschiede, daß ehmahls diese Form, eben weil sie durch Uebertreibung und Umständlichkeit zu viel verkündigte, nur wenig sagte: jetzt, da sie unter einer leichten Behandlung zu wenig errathen lassen wollte, alles vermuthen ließ.

Ein entnervtes, leichtsinniges, eitles Volk begnügt sich überall mit dem Schein, und läßt sich leicht bewegen, bey ähnlichen Wirkungen gleiche Ursachen anzunehmen. Das Feuer, das Schüchterne, die Gefälligkeit, die Beharrlichkeit der Begierde, gilt ihm für Stärke und Wahrheit liebender Empfindungen, für Zärtlichkeit und Standhaftigkeit. Aber wo sollte es selbst jene Vorzüge unter Personen finden, die von Jugend auf angelernt sind, Gesinnungen zu heucheln, die sie nicht haben, und die sich willkührlich betrügen, um nur dem gröbsten Vergnügen nicht alle diejenigen Reitze zu entziehen, die ihm der Anstand leiht? Seht alle Darstellungen nach, welche uns die Marivaux, die Riccoboni, die Graffigny, die Crebillon, die Voltaire, die Bernard und selbst noch die Marmontel von wahrer und schöner Liebe liefern! Woher nehmen sie ihre Helden? Aus dem Stande der Neulinge unter den Jünglingen und der unerfahrnen [283] Mädchen! Wohin verlegen sie ihre Situationen? Aufs Land, zwischen die meist rohe Natur! Es ist nicht mehr der Streit zwischen Liebe und Tugend, der ihre Pinsel beschäftigt; es ist das Mißverständniß zwischen Begierde und Unerfahrenheit, zwischen niederer Sinnlichkeit und instinktartiger Scham! Und wie erlogen, wie geziert ist demungeachtet oft der Ausdruck der Naivetät, aus dem sie die größten Reitze für die Liebe zu ziehen suchen!

Ganz im Geiste der Zeit nahm man zwey Liebesgötter an, die beyde von der himmlischen Venus verläugnet worden wären. Der eine war der Sohn der Venus Pandemos, und ganz so schmutzig und niedrig, als Sokrates ihn beym Plato schildert: er sprach allem Anstande und selbst den Vorschriften des wahren Vergnügens Hohn. Der andere hatte dem wahren und edleren einen fremden Schimmer abgestohlen, der aber mit seiner Gestalt nicht mehr Aehnlichkeit hatte, als die Porcellainfigur aus der Fabrik von Seve mit den Meisterstücken von Marmor, die uns das Belvedere aufbewahrt.

Dieß brachte die größte Verwirrung in die Begriffe. Bernards Kunst zu lieben ist davon der sicherste Beweis. Diese Parodie des ovidianischen Gedichts gleiches Nahmens schwankt beständig zwischen Unanständigkeit und Rücksicht auf den Anstand, zwischen Witz und wahrer Empfindung, zwischen der eigennützigsten Begierde und liebender Aufopferung. Der herrschende Begriff bricht aber allerwärts durch; Liebe ist Begierde nach Vergnügen der Sinne, unterstützt von den Annehmlichkeiten, welche eine feinere [284] Reitzbarkeit, eine feurige Imagination und ein glänzender Witz ihm geben können. [3]

Neben dieser leichten und unbeständigen Art von engeren Geschlechtsverbindungen gab es aber auch andere, die dauernder waren, und an denen das Herz bald mehr bald weniger Antheil hatte. Amours platoniques, Interéts oder Liaisons de Societé, Commerces d’habitude, u. s. w. Die ersten kamen besonders auf, seitdem Rousseau die Ideen der älteren Italiäner wieder in Umlauf gebracht hatte. Man verstand darunter eine Verbindung, worin gegen die Gewalt der Sinne zum Vortheil der Begeisterung angekämpft wurde. Aber oft ward dieser Streit bloß geführt, um den vorausgesehenen Fall zu beschönigen, und den Sieg kostbarer zu machen. Oft trotzte man auf Unschuld und Unsträflichkeit der Verbindung, wenn nur die Gesetze nicht Verbrechen strafen konnten, und überließ sich mit schamloser Verstocktheit und verruchtem Uebermuthe nahmenlosen Sünden, die dem Charakter nachtheiliger sind, als Schwächen, welche die bürgerliche Ordnung stören.

Die Interéts de Societé waren Verständnisse, die auf Eitelkeit und Belustigungssucht beruhten, nebenher [285] auch die Sinnlichkeit körnten und befriedigten, und mit gutem Tone und Geschmack verbunden unstreitig viel zur Unterhaltung und Belebung geselliger Zirkel beytrugen: eine Art von Cicisbeatura, aber leichter, kürzer, und minder langweilig!

Die Commerces d’habitude wurden als eine Art von eheligen Verbindungen zwischen Personen angesehen, die sich ehmahls mit Leidenschaft geliebt hatten, und nunmehro, nachdem der längere Genuß des ungetrennten Zusammenlebens die Heftigkeit ihrer Neigung abgestumpft hatte, durch die Bande einer süßen Gewohnheit vereinigt blieben. Sie flohen einige Unannehmlichkeiten der Ehe, um sich einer Menge anderer, die ihr fremd sind, auszusetzen.

Männer, die vermöge eines dieser Verhältnisse häufigern und freyeren Zutritt zu verheiratheten Damen hatten, wurden unter dem Nahmen der amis de la maison von der guten Sitte gelitten und anerkannt.

Unter den höheren Ständen waren die Liebeshändel mit unverheiratheten Mädchen sehr selten, weil diese gemeiniglich in Klöstern, oder unter sehr strenger Aufsicht, ausgeschlossen von verführerischen Zerstreuungen der größern Welt, auferzogen wurden. Die französischen Romanenschreiber haben daher den Zustand der Bewerbung um die Hand des vornehmeren Mädchens, welches diese zugleich mit seinem Herzen verschenkt, minder häufig zu ihren Darstellungen genutzt.

[286]
Fünftes Kapitel.
Denkungsart über die Verbindungen mit den anerkannten Buhlerinnen (femmes entretenues et filles) in Frankreich.

Die anerkannten Buhlerinnen in Frankreich sind allemahl vor der Revolution von der guten Gesellschaft ausgeschlossen gewesen, und die gute Sitte hat die engeren Verbindungen mit ihnen nie gebilligt, sobald sie öffentlich zur Schau ausgestellet sind. Der sittenlose Umgang mit einer Frau, die sich nicht bezahlen läßt, kann geduldet werden, so lange der äußere Schein nichts Sittenloses zeigt; aber der nähere Umgang mit einer Person, von der es bekannt ist, daß sie ihre Gunst feil bietet, kann den Anstand nie ungekränkt lassen, weil er durch sich selbst schon auf sittenlose Begriffe führt.

Der allgemeine Charakter der Weiber aus dieser Classe lag in der Ueberzeugung, die das Publikum von ihnen hatte, daß sie ihren Unterhalt durch ihre Gefälligkeiten erwerben. Sie waren übrigens von sehr verschiedener Art. Einige unter ihnen verkauften diese nur einem Einzigen, und zwar auf Lebenszeit: oft ohne allen Eigennutz, und bloß gegen einen Ersatz für die Aufopferung, die sie dem Verbündeten mit ihrem Rufe und der Ausschließung von aller guten Gesellschaft brachten. Unter diesen waren Personen von guter Herkunft und Erziehung, die aber durch die gewählte Lebensart auf das Ansehn, das sonst diese Stücke gaben, Verzicht leisten mußten. Andere verkauften sich gleichfalls nur einem Einzigen, [287] aber nach mehreren anderen, und nur auf einige Zeit. Wieder andere beschränkten sich mit einer Mäßigung, welche Ehrgeitz, Laune, und Eigennutz vorschrieben, auf vorübergehende Gefälligkeiten gegen vornehme, liebenswürdige, talentvolle oder reiche Männer. Derjenigen, welche ihre Gunst für jeden feil hatten, der den gesetzten Preis bezahlte, war eine größere Menge; und endlich bestand die größte Anzahl aus solchen, die nicht bloß aufgefordert gaben, sondern sogar die Gelegenheit aufsuchten, mit ihren Reitzen einen kärglichen Wucher zu treiben.

Alle diese Weiber, von derjenigen an, welche die mehrste Nachsicht verdient, bis zu dem Auswurf des Geschlechts herunter, unterschieden sich von ähnlichen Weibern in andern Ländern durch die Gabe, den gröbsten sinnlichen Genuß durch Geschwätz und andere Künste der Unterhaltung zu erhöhen, und durch eine gewisse Aufmerksamkeit auf ihr Betragen, vermöge der sie, selbst bey der sittenlosesten Aufführung, einer völligen Erniedrigung vorbeugten, und dadurch das Vergnügen noch zu würzen wußten. Die vornehmeren Buhlerinnen, (les filles hupées) strebten sogar dem Anstande vornehmer Damen nach, suchten Männer, die durch gesellige Liebenswürdigkeit, oder als Künstler ausgezeichnet waren, in ihre Gesellschaft zu ziehen, und legten in ihren Häusern einen Luxus aus, der den Künsten Beschäftigung, und der feineren Sinnlichkeit einen ausgesuchten und seltenen Genuß verschaffte. Einige von ihnen waren durch einen Witz berühmt, der selbst in der guten Gesellschaft wiederhohlt, überall und selbst bis zu den spätesten Zeiten hin Stoff zur Unterhaltung geben wird.

[288] Dennoch bin ich durch eine oberflächliche eigene Erfahrung, und durch das Zeugniß solcher Männer, die lange in den Zirkeln der berühmtesten Weiber dieser Art gelebt haben, überzeugt worden, daß eine große Abstumpfung der Empfindungen, ich will nicht sagen der Sittlichkeit, sondern nur des Anstandes und der Urbanität, dazu gehört haben muß, um sich im engeren Umgange mit diesen französischen Hetären auf die Dauer zu gefallen. Mitten durch ihr Bestreben, den feineren Ton der großen Welt anzunehmen, brachen bäurische Ausgelassenheit und zwangvolle Verlegenheit allenthalben durch. Schmutzige, ungezogene Scherze, die sogar die Würze der Zweydeutigkeit verschmähten: Stellungen und Geberden, welche die ekelhaftesten Ideen erweckten, und überhaupt ein Ton von offenbarer Vertraulichkeit, der die geheimere ahnen ließ, die kurz vorher eingetreten war, oder gleich darauf eintreten sollte: ein Ton, der es laut verkündigte, daß hier für Geld alles zu haben, alles erlaubt sey; hoben in den Augen des Mannes von Gefühl die Reitze einer minder unterhaltenden, aber sittsamen Gesellschaft bey der geringsten unter den ehrliebenden Frauen. Und wie leer von innerem Gehalte war zugleich die Unterredung mit diesen Weibern! Wie so ganz auf das Bedürfniß vornehmer und reicher Weltleute berechnet, die entweder, an Geistesbildung vernachlässigt, ein jedes Geschwätz als eine Zugabe zu der Befriedigung des materiellen Hauptzwecks betrachten, oder absichtlich Gesellschaften dieser Art aufsuchen, um sich von der kleinen, aber für sie immer erschöpfenden, Anstrengung zu erhohlen, in der bessern Gesellschaft zu [289] glänzen! „Warum leben Sie zwischen diesen Personen?“ fragte ich einen Mann von vielen geselligen Talenten. „Weil mein Geist hier im Schlafrocke seyn kann!“ war die Antwort.


Sechstes Kapitel.
Denkungsart einiger französischen Philosophen, und besonders Rousseau’s, über Geschlechtsverbindung und Liebe.

Die herrschende Denkungsart der guten Gesellschaft unter einer Nation hat immer einigen Einfluß auf die Grundsätze der Selbstdenker. Keiner der französischen Philosophen hat sich von diesem Einflusse in Rücksicht seiner Ideen über Geschlechtsverbindung und Liebe frey erhalten, selbst da nicht, wo die herrschenden Grundsätze gemißbilligt werden. Alle sehen die engeren Verhältnisse zwischen beyden Geschlechtern als die Wirkung eines verfeinerten Egoismus an.

Ein anonymischer Schriftsteller hat in einem Aufsatze über Liebe und Eifersucht einige obenher abgeschöpfte, aber übrigens vernünftige Bemerkungen vorgetragen. Er erklärt die Liebe für eine Zusammensetzung des physischen Bedürfnisses, an welches der Schöpfer die Fortpflanzung der Gattung gebunden hat, mit dem allgemeinen Zuge der moralischen Welt zur Gründung einer engeren Gesellschaft mit einer bestimmten Person. Das Glück der Häuslichkeit, verbunden mit der Befriedigung körperlicher Triebe, [290] mithin bloß egoistische Gründe, sollen uns zur Liebe einladen. [4]

Helvetius hat in seinem Buche sur l’esprit, (einer Sammlung von Paradoxen und Anekdoten, deren Berichtigung nur darum schwer ist, weil sie zu weitläuftig werden würde, und beynahe jeden Perioden umfassen müßte,) die Freundschaft geradezu für die Wirkung des gröbsten Eigennutzes, und die Liebe für den Trieb nach physischem Vergnügen erklärt. Leider! muß man sagen, daß nach der Art, wie beydes unter dem großen Haufen in Frankreich getrieben wurde, viel Lokalwahres in diesen Behauptungen liegt.

Rousseau wird der Plato unsers Jahrhunderts genannt. Möglich! Man sagt, er sagt es selbst von sich: er sey der Liebendste der Menschen gewesen! Unmöglich!

Rousseau kannte den Rausch der Sinne und der Imagination: er kannte den Trieb nach engerem traulichen[WS 6] Zusammenleben mit der Gattin: hinreißende Stellen in seinen Schriften schildern den Einfluß der Geschlechtsverbindung auf Seelenerhebung; aber – wahre Liebe und Zärtlichkeit hat er nie gekannt.

Rousseau’s Lebensgeschichte liefert eine Gallerie von Gemählden, worin alle verschiedenen Wirkungen der Geschlechtssympathie, alle verschiedenen Arten der Vereinigung mit Weibern, bis auf die einzige noch, die auf wahrer Liebe beruht, vorkommen. Aus ihr [291] sind zugleich seine Grundsätze über diesen Punkt zu erklären.

Er war in früheren Jahren Weib, der ganzen Reitzbarkeit seines Körpers und seiner Seele nach, und weit mehr dazu gestimmt, leidend und einnehmend, als angreifend und vordringend Lust oder Unlust zu empfinden. Gleich die erste Regung seiner Lüsternheit unter den Händen der Mademoiselle Lembercier gehört der Sinnlichkeit eines Mädchens, und nicht der eines Knaben. Daher auch sein Geschmack an dem Gefühle, sich verzärtelt zu wissen, mit dem ganzen Anhange, den die Eitelkeit hinzufügt.

Dieser Geschmack lag bey der Neigung zum Grunde, die er als Kind für die Demoiselle Vulson empfand: hingegen Regung körperlicher Triebe, und der Reitz der ersten Intrigue bey seinen Vertraulichkeiten mit der kleinen Goton. Rousseau nennt beyde Verhältnisse seiner Kinderjahre Liebe. Mit welchem Rechte, in welchem Widerspruche mit seinen übrigen Grundsätzen, das wird die Folge lehren. Das Schoßhündchen kann schon dasjenige empfinden, was ihm Mademoiselle Vulson einflößte; und der kleine Affe, l’ami des Dames, kann gegen eine Behandlung, wie diejenige war, die er von der kleinen Goton erfuhr, gleichfalls empfindlich seyn.

Eitelkeit, Sucht zu glänzen, war es, die in früheren Jahren nur Damen und Demoisellen seiner Aufmerksamkeit werth machte, die ihm die Hoffnung gab, die Augen der Prinzessinnen am Turiner Hofe auf sich zu ziehen, und ihm verliebte Neigungen zu allen Frauenzimmern einflößte, denen er sich als Dienstbothe oder als Zögling nahte. Wenn seine [292] Aufwartungen nicht angenommen wurden, so erkaltete sein Eifer, sie fortzusetzen. In den kleinen Roman, den er mit Madame Bazile spielte, und den schon mehr als ein Page gegen seine Königin gespielt hat, mischte sich der Stolz, ein Herz auf eine feine Weise zu erobern. Aber wie wenig dieser vorübergehende Affekt auf Rechnung der Liebe zu setzen sey, das beweiset schon der Umstand, daß er während seines ferneren Aufenthalts an dem nehmlichen Orte mit ihr, sie sobald für andere Weiber vergaß.

Rousseau’s Verhältniß mit Madame de Warens verdient eine besondere Beleuchtung. Es würde uns viel erklärbarer seyn, wenn die Schilderung, die er uns von ihr geliefert hat, treuer wäre. Aber wir finden hier Züge zusammengestellt, die nach aller Erfahrung nicht zusammen gehören. Das Bild kann nicht ähnlich seyn: es ist verzeichnet; die Verhältnisse sind nicht in der Natur.

Madame de Warens soll nach R. wenig körperliche Geschlechtssympathie gehabt haben. Allein es kommt auf die Maße an, womit er mißt. Immerhin mag ihre Schwäche von dieser Seite nicht bis zur höchsten Ausgelassenheit gegangen seyn; aber warmes Blut hatte sie unstreitig, und zwar so gut als eine. Die übrigen Eigenschaften ihres Charakters scheinen es zu beweisen. Jene sorglose Gutherzigkeit und Weichheit, jener Leichtsinn in allen ihren Handlungen, jene Leichtgläubigkeit, mit der sie jedem Abentheurer folgte, jene Blindheit in der Verfolgung thörichter Projekte; – alles dieß bürgt für die Richtigkeit meiner Behauptung, da es nicht allein oft bey galanten Frauen angetroffen wird, sondern auch [293] mit jenem warmen Temperamente ein beynahe unzertrennliches Ganze ausmacht. Noch mehr aber beweist es ihre Aufführung. Sie liefert sich mehreren Liebhabern, und endlich sogar ihren Dienstbothen nach der Reihe in die Arme. Rousseau behauptet, dieß sey ein bloßer Fehler ihres Verstandes gewesen: sie habe die Sache selbst für ganz gleichgültig gehalten, und aus dem Grunde, weil die Männer einen so großen Werth darauf legten, sie als ein Mittel gebraucht, diejenigen, die ihr angehörten, sich desto enger zu verbinden. Wer wird, wer kann dieß glauben, da R. selbst denjenigen für einen Dummkopf hält, der ähnlichen Versicherungen trauet! [5]

Sicherer geht man, wenn man der Frau von Warens sehr wenig Anlagen zur zärtlichen und leidenschaftlichen Anhänglichkeit, und zugleich sehr grobe Grundsätze über den Werth des unnennbaren Genusses beylegt. Dieser wird dann zum sinnlichen Bedürfnisse, oder zu einem Vergnügen, woran Seele und Herz keinen, oder sehr geringen Antheil nahmen. Weiber, die sich viel mit Wissenschaften, Geschäften, Experimenten und Künsten abgeben, welche eigentlich außer dem Kreise ihres Geschlechts liegen, kommen sehr leicht zu dieser Denkungsart. Ihre Seele ist, wie sie glauben, zu etwas Wichtigerem bestimmt, als der Leidenschaft der Liebe zu huldigen, und sie suchen [294] der Störung, die sie durch Bekämpfung körperlicher Begierden erfahren würde, durch die leichte Art auszuweichen, mit der sie ihre Befriedigung behandeln. Darum legen sie auch auf die Untreue, welche sie gegen ihren Liebhaber begehen, einen sehr geringen Werth. Als Rousseau sich über eine solche von Seiten der Madame de Warens beklagte, und versicherte, sie würde ihn das Leben kosten, so antwortete diese: davon stürbe man nicht, er sey ein Kindskopf, darauf so viele Wichtigkeit zu legen. Mit dieser Denkungsart besteht übrigens ein weicher, mit dem Wohl und dem Leiden anderer Menschen sympathisierender Charakter sehr gut. Sie schließt sogar ein gewisses Gefühl von Anstand und Stolz nicht aus. Madame de Warens, die sich ihren Bedienten im Geheimen Preis gab, nahm es doch sehr übel, als der Abentheurer Venture einen zu freyen Ton in ihrer Gegenwart annahm.

Weil aber solche Frauen in dem unnennbaren Genusse gerade nur sinnliches Vergnügen von der vorübergehendsten und gröbsten Art suchen; so sind sie auch über die Art, wie sie dieses finden, weniger gleichgültig als zärtlichere Seelen. Und so kann man es erklären, wie R. nicht in den Fall kam, über die Lüsternheit der Warens ein vollgültiges Urtheil zu fällen. Er für seine Person scheint sie weder jemahls sehr rege gemacht, noch sehr befriedigt zu haben. Als er zu ihr kam, war er das, was man im Deutschen nicht gut ausdrücken mag, ein Nigaud. Sie war vor der Hand mit Claude Anet von einer gewissen Seite versorgt, und sie litt unsern R., weil sie gutherzig und sorglos war: weil es sie belustigte, [295] weil es ihr schmeichelte, ihn an sich hängen, sich lieben zu sehen, ohne daß der Knabe wußte, wie und warum?

Leidenschaftliche Liebe hat sie nie für ihn empfunden. Wie hätte sie sonst ihn fortschicken, und gerade diese Zeit nutzen können, sich zu entfernen, ohne ihm die geringste Nachricht von ihrem Aufenthalte zu geben. Wie hätte sie ihn zum zweyten Mahle, nachdem sie ihm bereits den Besitz ihrer Person eingeräumt hatte, fortsenden, und sich unterdessen einem andern ergeben können! Es ist vielmehr sehr wahrscheinlich, daß sie des Jünglings, den sie sich unvorsichtiger Weise aufgehalset hatte, gern mit guter Manier wieder los gewesen wäre.

Dieß zum Voraus, ehe wir zur näheren Beleuchtung der Art von Neigung übergehen, die er, Rousseau, für Madame de Warens empfand. Das, was er darüber sagt, ist eben so unzuverlässig, als die Schilderung ihres Charakters.

Der erste Augenblick, worin er Madame de Warens sah, ist, seiner Behauptung zu Folge, der einzige gewesen, worin er eine leidenschaftliche Bewegung für sie empfunden hat. Dieß ist falsch, wie wir gleich sehen werden. Aber gewiß ist es, dasjenige, was er in diesem Augenblicke empfand, war nicht Liebe. Es war Verwunderung, untermischt mit Eitelkeit und geheimer Regung der Sinnlichkeit. Er hatte sich die Wohlthäterin, an die man ihn gewiesen hatte, als ein altes, grämliches, eingeschrumpftes Mütterchen gedacht, und er fand eine junge Dame, die ihn mit Freundlichkeit und einer gewissen Art von Achtung aufnahm. Die Empfindung, welche sie ihm [296] einflößte, war nicht von langer Dauer. Als sie ihm Aussichten zu seinem weiteren Fortkommen in Turin eröffnete; wie gern verließ er sie: wie bald war sie über andere Weiber dort vergessen!

Nach seiner Wiederkunft gerieth er wirklich in eine Art von leidenschaftlicher Spannung, welche zu interessant zu meinem Zwecke ist, als daß ich sie nicht etwas näher auseinander setzen sollte:

„Dasjenige, was ich für Madame de Warens empfand, sagt er, war nicht Liebe. Wer nur diese fühlt, empfindet noch nicht den süßesten Genuß des Lebens! Ich kenne ein anderes Gefühl, das vielleicht weniger heftig, aber tausendmahl köstlicher, oft mit der Liebe verbunden, und oft davon getrennt ist. Dieß Gefühl ist nicht bloße Freundschaft: es ist wollüstiger, zärtlicher. Ich glaube nicht, daß es eine Person unsers Geschlechts uns einflößen könne!“

Roußeau gesteht selbst, dieß sey nicht klar; aber in der Folge, wenn er die Wirkungen dieser Liebe beschreiben würde, werde es deutlicher werden. Wir müssen also die Wirkungen kurz anführen.

Er behauptet bey der Vergleichung seines nachherigen Aufenthalts bey Madame de Warens zu Chambery mit dem früheren zu Amecy, er sey an dem letzten Orte in einer wollüstigen Trunkenheit gewesen. Und so war er wirklich. Bey den kleinsten Abwesenheiten von ihr, bey jeder Störung in dem unbefangenen Zusammenseyn mit ihr, gerieth er in die lebhafteste Unruhe, fühlte das heftigste Nachsehnen nach ihr hin, eine unbestimmte Traurigkeit, und den lebhaftesten Vereinigungstrieb mit allem, was der Freundin nur von fern angehörte.

[297] Wer erkennt hierin nicht jene Lüsternheit der Seele, die ich schon oft berührt habe, bey der die Lüsternheit des Körpers unstreitig mit wirksam ist, aber ohne daß diese sich durch gröbere Symptome und deutliche, bestimmte Begierden ankündigt! Diese Lüsternheit, vermischt mit dem Geschmack am traulichem Zusammenleben, und an der Verzärtelung von Seiten einer[WS 7] an Einsicht, Jahren und Stande über den Jüngling erhabenen Frau, erklärt das ganze Räthsel. Rousseau hat hier Leidenschaft empfunden. Aber freylich, keine Herzensliebe! Es war Begeisterung, Rausch der Imagination, der bald verschwand, und sich von einem ähnlichen späteren Zustande, in den ihm Madame d’ H. versetzte, dadurch unterschied, daß in dem letzten Falle der Aufruhr der physischen Lüsternheit in deutliche Begierde nach Körpervereinigung überging, der in dem ersten nur seine Lebensgeister überhaupt erhöht hatte.

Warum aber verhallete diese leidenschaftliche Stimmung so bald? Weil die Frau von Warens die Sache zu natürlich, zu gleichgültig, zu tändelnd nahm. Sie hätte dieser Leidenschaft nur Schwierigkeiten in den Weg legen mögen, oder sie wichtig behandeln können; sie würde zu einer dauernderen Flamme Nahrung gegeben haben. Aber sie betrachtete ihn als ein Kind, und seine Neigung als eine Kinderey. Rousseau ward bald zur Vernunft zurückgebracht, und eine Abwesenheit that das Uebrige.

Jene arglose, unbefangene, tändelnde Behandlung, welche Rousseau von Madame de Warens erfuhr, verbunden mit dem Respekt, worin sie ihn demungeachtet zu halten wußte, schlug nun zugleich seine Begierden nach dem unnennbaren Genusse um so mehr nieder, als [298] er die sonderbarsten Begriffe von diesem hatte, und längst gewohnt war, mehr durch Bilder der Imagination, als durch sinnliche Eindrücke in körperliche Bewegungen einer gewissen Art zu gerathen.

Es ist aber auch sehr zu zweifeln, ob die Frau von Warens gerade diejenigen Reitze besessen oder genutzt habe, welche stark auf die gröberen Sinne wirken. Schon die sorgfältige Verhüllung gewisser Theile, welche sonst die Lüsternheit am leichtesten aufrühren, ist bey dem Neuling von großer Wichtigkeit. Und dann ihre Kränklichkeit in dem Grade, nicht einmahl den Geruch der Speisen vertragen zu können, die ekelhafte Beschäftigung mit ihren Quacksalbereyen; – kurz! gewisse Eigenheiten an ihr müssen, den Annehmlichkeiten ihrer Person unbeschadet, die Begierden der Männer niedergeschlagen haben. Eine sehr gewöhnliche Erfahrung bey sonst schönen, aber durch Mangel an Gesundheit, durch die Art der Beschäftigung, Wahl der Kleidung, und Vernachlässigung der Reinlichkeit zurückstoßenden Weibern! Unmöglich hätte auch sonst Claude Anet den Besitz ihrer Person so ruhig mit Roußeau in der Folge theilen, unmöglich hätte Winzenried sich durch die Reitze einer alten häßlichen Kammerjungfer so leicht zur Untreue gegen sie verleiten lassen können; unmöglich würde sonst Roußeau selbst den Genuß, den er späterhin bey einer älternden Frau fand, demjenigen, den ihm Madame de Warens gegeben hatte, vorgezogen haben.

Fünf Jahre nach der kurzen Aufwallung von Leidenschaft, die R. für Madame de Warens empfunden hatte, räumte sie ihm den Besitz ihres Körpers ein, zu einer Zeit, als er für sie gewiß nichts als kalte [299] Anhänglichkeit empfand. Warum erst jetzt? Aus Phantasie, aus gereitzter Eitelkeit und Mißgunst. R. war reifer geworden; die Weiber zu Chambery fingen an ihn zu bemerken, und ein Frauenzimmer besonders schien die Bemühung auf sich nehmen zu wollen, ihn völlig klug zu machen. Dieß Vorrecht ließ sich die Warens nicht nehmen. Man hätte glauben sollen, daß diese Gunst ihn wieder stärker an seine Wohlthäterin geknüpft haben würde; denn es ist eine ziemlich allgemeine Erfahrung, daß Neulinge für das Frauenzimmer, daß sie in diesem Punkte zuerst aufklärt, wenigstens etwas der Leidenschaft Aehnliches empfinden. Allein dieß war bey R. nicht der Fall; und zwar ganz natürlich. Bey Madame de Warens war es, wie gesagt, bloß Sache der Eitelkeit und der Mißgunst, allenfalls der Phantasie, den Neuling zuerst zu haben. Sie genoß also ganz egoistisch, und unbekümmert um die Entzückung, in welche sie den Jüngling setzen würde. Ja! da sie ihr Vergnügen sogar vorzüglich in einer Vorstellung suchte, welche er gar nicht theilen konnte, so erhielt er nicht einmahl den Genuß, den sonst das Gefühl, Vergnügen in einem hohen Grade zu geben, hervorbringt. Sie gab nichts: sie nahm nur,[WS 8] und noch dazu auf eine Art, woraus allenthalben die Sorge hervor scheint, sich von ihrem Ansehn bey ihm nichts zu vergeben. R. hatte die Vereinigung nicht gewünscht: sie ward ihm aufgedrungen, und zwar als Sache der Vernunft, als ein Mittel, sich vor gröberen Ausschweifungen zu bewahren, mit allen pedantischen Vorbereitungen einer Tugendübung. Der Antrag war mehr dazu gemacht, seine Phantasie zu schrecken, und seine Eitelkeit zu beleidigen, als ihn mit wollüstigen Bildern [300] anzufüllen. Es war eine Pflicht, die ihm aufgelegt; es war kein Vergnügen, nach dem er lüstern gemacht wurde. Auch verfehlte Madame de Warens das Wesentliche ihrer Absicht; sie lehrte ihn nur die Form des höchsten sinnlichen Vergnügens kennen; ihn das wahre Gefühl desselben zu geben, war späterhin der Madame de Larnage vorbehalten, und genau genommen ist es diese, welche zuerst den Neuling in die Mysterien der Wollust eingeführt hat.

Ohnehin war R. damahls durch seine schönen Schülerinnen in Chambery zu sehr zerstreut, seine Eitelkeit fand bey ihnen zu viel Nahrung, als daß er einen Genuß, den er außerdem mit Claude Anet theilte, sehr hoch hätte schätzen können. Fünf Jahre früher würde er einen ganz andern Eindruck auf ihn gemacht haben.

In der Folge kam R. gegen Madame de Warens in diejenige Stimmung, welche er im Emil l’affection naturelle de l’homme pour sa compagne nennt. Er lebte ganz behaglich mit ihr im Genuß ihrer wechselseitigen Vertraulichkeit. Leidenschaftlich war dieß Verhältniß durchaus nicht, und man darf sagen, es war nicht einmahl zärtlich. Wie kalt sind die Briefe, die er nach einer kurzen Abwesenheit von Besançon an sie schrieb! Er will nur dann zu ihr wiederkehren, wenn er sicher seyn kann, in der Stadt Chambery eine gute Aufnahme zu finden.

Seine Unzufriedenheit nach seiner Zurückkunft enthält eine Menge von Beweisen, daß der Umgang mit seiner Freundin ihn vor der Furcht einer bedrängten ökonomischen Lage nicht bewahren, und für die Versagungen seines Ehrgeitzes nicht schadlos halten konnte, [301] und seine nachherige Reise nach Montpellier steht nun gar mit aller Zärtlichkeit im offenbarsten Widerspruche.

Daß er sich von einer älternden koquetten Frau zur Untreue verleiten ließ, läßt sich entschuldigen. Aber daß ihn diese Schwäche nicht gereuete, daß er mit der größten Ruhe genoß, sich dergestalt in Wollust berauschte, daß er seiner bisherigen Wohlthäterin, wie er selbst sagt, völlig vergaß, die Verbindung fortzusetzen dachte, die Unterstützung an Gelde, die ihm Madame de Larnage (so hieß die galante Dame,) darbot, aus Eitelkeit ausschlug, und von Madame de Warens, deren bedrängte Umstände er kannte, Geld zur Fortsetzung dieses Verhältnisses fordern mochte; dieß alles ist mit Zärtlichkeit unvereinbar.

R. lernte hier zuerst die Freuden der – – Lascivität kennen: Körperliches Vergnügen, vereint mit dem eitlen Gefühle, es theilen zu sehen, und es zu geben. Die Beschreibung, die er von seinem Zustande macht, ist sehr richtig: „Wenn das, was ich für sie empfand, keine Liebe war, sagt er, so war es wenigstens eine Empfindung, die ihr sehr nahe kam. Ich war so zärtlich dankbar für die Liebe, die sie mir bezeugte, meine Sinnlichkeit war so brennend in dem Augenblicke des Vergnügens selbst, es herrschte eine so süße Vertraulichkeit in unsern Unterhaltungen, daß dieß Verhältniß alle Reitze der Leidenschaft, und nichts von der Raserey mit sich führte, welche den Kopf verdreht, und uns unfähig macht zum Genusse. Bey Madame de Larnage war ich stolz, mich als Mann und zugleich glücklich zu fühlen. Ich überließ mich meiner Sinnlichkeit mit Freude und Vertrauen. Ich theilte den Eindruck, den ich auf die ihrige machte. Ich hatte [302] mich genug in meiner Gewalt, um meinen Triumpf mit eben so vieler Eitelkeit als Wollust zu betrachten, und für diese letzte doppelte Reitze herzunehmen.“ – „So, fährt er fort, berauschte ich mich mit dem süßesten Vergnügen. Ich genoß es rein, lebhaft, ohne Mischung von Leiden. Es ist das erste und das einzige, was ich genossen habe, und ich kann sagen, daß ich es Madame de Larnage schuldig bin, nicht ohne Kenntniß desselben gestorben zu seyn!“

Welch ein Beweis, daß R. nie die Freuden kennen gelernt hat, welche selbst auf diesem Wege das Herz bereitet! Wie gesagt, was er kennen lernte, war nur Lascivität, war nur Genuß einer damit genau verbundenen Eitelkeit, Mann für ein Weib von heftigen Begierden zu seyn. Aber ach! welch’ eine ganz andre Wollust, für das einzige Weib in der Welt der einzige Mann, der einzige Geber solcher Freuden zu seyn, deren höchster Genuß in der Empfindung der genauesten Vereinigung liegt, zu der Menschen gelangen können!

Ich übergehe billig die vorübergehenden Anwandlungen von Enthusiasmus, Eitelkeit und Sinnlichkeit, die R. schon früher für die Mädchen im Schlosse Toune empfunden hatte, und die ihn nachher noch für eine Madame de Mably, Demoiselle de Serre, Juliette, und Madame Dupin anwandelten. Das alles ist sehr interessant in der Art, wie er es in der Folge vermöge seiner schöpferischen Phantasie ausgemahlt und dargestellt hat, aber unter die Fackel der Menschenkenntniß gebracht, von sehr geringem inneren Gehalte. Die Liebeserklärung, die er der Demoiselle de Serre schrieb, und die wir noch haben, ist ein so weitschweifiges Romanengeschwätz, ein Produkt, woran das Herz, und sogar [303] die Begeisterung so wenig Antheil haben, daß es unbegreiflich seyn würde, wie der Verfasser der neuen Heloyse so hätte schreiben können, wenn wir nicht billig voraussetzen müßten, daß Eitelkeit allein ihm dabey die Feder angeführt habe.

Jetzt verbindet sich R. mit Theresen, und diese Verbindung wird zur dauernden Anhänglichkeit.

Er behauptet, nie Leidenschaft für sie empfunden zu haben; und dieß ist in einer gewissen Rücksicht wahr. Er nahm sie aus Bedürfniß, um traulich mit einem weiblichen Geschöpfe zusammen zu leben, und den Gefahren gröberer Ausschweifungen, wozu ihn sein Temperament hätte verführen können, auszuweichen. Seine Absicht war gar nicht, sich mit ihr auf die Länge zu verbinden. Er behielt sie in der Folge bey aus Gewohnheit, und weil er fühlte, daß diese Häuslichkeit ihm zur Verfolgung seiner litterarischen Plane nützlich wurde. Es war die Neigung des Mannes zur Gehülfin und Gefährtin seines Lebens, die R. an Theresen fand.

So sehr also diese Verbindung auf Eigennutz beruhte, und weder durch Ideale, noch durch Eitelkeit, oder gehemmte Begierde einen hohen Schwung von Begeisterung erhielt; so gerieth er doch dabey Anfangs in eine gespanntere Stimmung, die von allem demjenigen, was R. unternahm, nicht zu trennen war. Er fühlte mit jedem Tage mehr, wie sehr sie und er für einander gemacht waren. Die geringsten häuslichen Freuden wurden durch den Reitz ihrer Vertraulichkeit gehoben. Es ist gewiß, daß R. hier der Zärtlichkeit näher als jemahls stand.

[304] Aber Therese war, das einzige abgerechnet, daß sie sich in ihn zu schicken, und die Qualen der Einsamkeit ihm zu versüßen wußte, übrigens ein höchst unbedeutendes Geschöpf. Und so konnte keine Achtung für ihren selbständigen Werth in ihm entstehen. Er ließ sie an seinen Schicksalen Theil nehmen, weil er ihrer Gesellschaft nicht entbehren konnte, um sich zufrieden zu fühlen. Der Wunsch, ihr Wohl zu befördern, kam nur in untergeordneter Maße dabey in Betrachtung. Wo ihr Glück mit dem seinigen kollidierte, da ward das erste ohne Bedenken aufgeopfert. Wie hätte er sonst ihre Kinder wider ihren Willen, und ihrer Thränen ungeachtet, ins Findelhaus schicken mögen! Wie hätte er die Pension des Königs ausschlagen können, die ihre häusliche Lage verbessert haben würde, bloß um seinem Stolze und seiner Begierde nach Unabhängigkeit Nahrung zu geben! Wie hätte er ihren kranken Vater ins Hospital senden, und ihr dadurch den Gram bereiten können, den Greis entfernt von seiner Tochter, beraubt ihrer Hülfleistung und ihres Trostes, sterben zu sehen!

Nichts bleibt also sicherer, als daß nicht Theresens Person, sondern sein Verhältniß zu ihr ihm theuer war. Hundert andere Weiber des nehmlichen Charakters hätten sie ersetzen können: so deutet er es selbst an.

Aber einmahl hat Rousseau doch geliebt. Wenigstens sagt er es. Wir werden sehen, was an dieser Behauptung Wahres ist.

Rousseau’s frühere Eitelkeit hatte sich in späteren Jahren in geistigen Stolz verwandelt. Das Wahre, Gute, und Schöne, rührte ihn darum so stark, weil [305] es ihn vor seinen eigenen Augen erhob, es so stark fühlen und darstellen zu können. Er opferte diesem Bewustseyn alle Triebe eines niedrigen Egoismus auf, und gerieth wirklich durch Selbstdünkel und Ehrgeitz in jene leidenschaftliche Stimmung, welche er selbst so treffend la folie de la vertu nennt. Aber diese Schwärmerey dauerte nur so lange, als er sich in Paris unter Menschen befand, in deren Gesellschaft er sich auszeichnete. Auf dem Lande, wohin er sich nachher begab, ward er ein Mensch, wie andere, und noch dazu wie einer von jenen Weichgeschaffenen, zu deren Klasse er seiner ursprünglichen Anlage nach gehörte. Aber dieser Zustand ward ihm unerträglich. Er suchte nach einem andern, worin er wenigstens den Vorzug, durch die Idee des Außerordentlichen gespannt zu werden, wieder erlangen könnte. Aeußere Verhältnisse traten hinzu. Der Reitz der schönen Natur, die ihn umgab, und ihn zur Zärtlichkeit einlud: die Langeweile, die er bey Theresen empfand, bey der er sich zwar von einem gespannten Zustande, den er anderwärts herhohlte, ausruhen, die ihn aber nicht darein versetzen konnte. Gerade die Versagung von dieser Seite scheint ihn auf die Spur eines bessern Ausweges geleitet zu haben. Er fiel darauf, daß ihm in Rücksicht der Liebe noch etwas fehle, um alle die gespannten Lagen durchgemacht zu haben, in welche eine reitzbare Phantasie, verbunden mit feiner Sinnlichkeit und Anlagen zu sympathetischen Empfindungen, uns versetzen können[WS 9], und daß gerade dieß auch wieder das wirksamste Mittel seyn würde, den Begriff, den er sich von seinem außerordentlichen Charakter machen wollte, zu vollenden, und die Menge selbst in seiner Einsamkeit [306] zu interessieren. Denn an dem Interesse für seine Person lag ihm vielleicht noch mehr, als an dem für seine Schriften. Beydes ließ sich aber mit einander vereinigen; ja! beydes konnte sich wechselseitig unterstützen. Er mußte einen Roman von der Liebe schreiben, und dieser Roman mußte einen Mann zeigen, der so zu lieben verstand, wie kein anderer. Bey dieser Bemühung würde er sich selbst, vermöge seiner Imagination, in eine leidenschaftliche Stimmung versetzen, und man würde ihm die Gefühle beylegen, die in seinem Buche vorkämen, und noch mehr, sogar die Begebenheiten.

Daß ich R. hierin gar nicht Unrecht thue, beweiset die ganze Art, wie er selbst die Entstehung seiner Heloyse angiebt. „Zuerst fühlte ich, daß mir noch etwas zur Ausfüllung meiner Bestimmung fehlte, daß ich begabt mit so entzündbaren Sinnen, mit einem Herzen, so zur Liebe geformt, noch nie eine Leidenschaft für einen bestimmten Gegenstand empfunden hätte. Ich wollte nicht sterben, ohne das erste Bedürfniß meines Lebens befriedigt, ohne geliebt zu haben.“

Aber Liebe von der gewöhnlichen Art, die würde ihn nicht befriedigt haben. Er schuf sich also ein imaginäres Wesen, und verliebte sich in dieß. Verhältnisse, unter denen er sich mit ihm vereinigen konnte, mußte er gleichfalls haben, und so entstand ein Roman: zuerst in seinem Kopfe, dann auf dem Papier, dann in der Absicht ihn ins Publikum gehen zu lassen, endlich verbunden mit dem Zweck, die Vermuthung zu erwecken, daß ihm selbst die darin dargestellten Begebenheiten wiederfahren wären. Mithin setzte er auf das Titelblatt der ersten Ausgabe seiner neuen Heloyse folgende zwey Verse aus dem Petrarka.

[307] „Die Welt kannte sie nicht während ihres Lebens; aber ich kannte sie, ich, der zurückblieb, um sie zu beweinen.“ Er fügte auch eine Vorrede hinzu, worin er eine so zweydeutige Sprache über die Wahrheit der Geschichte führte, daß sie die Vermuthung nur bestätigte, daß dieser Roman eine verschönerte Erzählung der eigenen Schicksale seines Herzens sey.

Alles dieß versetzte ihn in eine der Liebe ähnliche Spannung. Er war begeistert: er war es in der schmelzenden Art, welche der Liebe eigen ist. Während dieser Stimmung erschien eine Dame, die er vorher mit Gleichgültigkeit gesehen hatte. Sie erschien aber jetzt zu zweyen Mahlen unter etwas ungewöhnlichen Verhältnissen und Aufzügen. Sie entflammte seine Imagination; sie machte ihn zum Vertrauten ihrer Liebe für St. Lambert; er hörte vielleicht zum ersten Mahle in seinem Leben den Ausdruck eines wahrhaft gerührten Herzens; – – und Roußeau setzte Madame d’Houvetot an die Stelle seiner Julie, legte ihr alle Reitze seines Traumbildes bey, und liebte nun das lebendige Wesen.

Billig fragt man: war denn dieß Liebe des Herzens: Zärtliche, dauernde Anhänglichlichkeit an der Person der Madame d’Houvetot? R. weiß sich dieß selbst nicht recht zu erklären. Seine Sinne waren in Aufruhr; seine Begeisterung war aufs Höchste gestiegen. Er strebte nach ihrer Gegenwart, nach ihrer unschuldigen Umarmung, nach der Unterredung mit ihr, auf eine so leidenschaftliche Art, daß selbst sein Körper aufs Höchste dadurch angegriffen wurde. Und dennoch liebte Madame d’Houvetot einen Andern, und er war es zufrieden. Er verlangte nichts von ihr, als daß sie [308] sich lieben lassen möchte. Er fand es eben so süß, der Vertraute, als der Gegenstand ihrer Liebe zu seyn. Nie betrachtete er ihren Liebhaber als seinen Nebenbuhler, sondern nur als seinen Freund. „Man wird sagen, setzt R. hinzu, auch das war nicht Liebe. Wohl, sagt er, so war es mehr!“

Mehr und weniger kann man antworten! Es war allerdings Leidenschaft; aber war es liebende Leidenschaft? War es ihm zur Natur, zum Charakter geworden, das Wohl der Madame d’Houvetot, schon für sich betrachtet, als unentbehrlich zu dem seinigen anzusehen? Nein! Von allem diesen war es nichts. Es war Wuth, Wahnsinn, wenn man will, das Bild, das in seiner Seele lag, realisiert zu sehen, und den einseitigen Genuß, den er von diesem nahm, möglichst zu versinnlichen. So haben oft Wollüstlinge, welche gröbere Begierden bey einem bestimmten Gegenstande nicht befriedigen konnten, feile Dirnen umarmt, indem sie sich das Bild der nicht erreichbaren Geliebten darunter dachten.

Roußeau sagt: „wenn schon nicht getheilte Liebe so glücklich macht, welche Freuden muß nicht Gegenliebe geben!“ Schwerlich würde diese ihm wahre Freuden gewährt haben. Eben der Umstand, daß er liebte, ohne wieder geliebt zu werden, gab dem Verhältnisse den höchsten Reitz; er machte das Ungewöhnliche, Außerordentliche aus, was er in allen seinen Schicksalen, Gesinnungen und Handlungen suchte: er gab ihm die Spannung, die Aufforderung zum Streben nach der Ueberzeugung, daß er hätte geliebt werden können, wenn das Herz der Madame d’Houvetot nicht vorher eingenommen gewesen wäre; eine Ueberzeugung, [309] woran ihm in seinem Alter vielleicht eben so viel, und vielleicht mehr lag, als an dem Besitz eines Herzens. O gewiß! wäre er wieder geliebt worden, sein Streben hätte aufgehört, seine Imagination wäre erkaltet, alles wäre natürlich geworden, und er hätte sich wieder in dem Falle befunden, worin er schon so oft gewesen war, die Wirklichkeit unter der Vorstellung zu finden!

Diese Kenntniß des Charakters und der Schicksale Roußeau’s wird uns der Entwickelung seiner Ideen über die Liebe näher bringen. Einzeln darf man seine Schriften nicht lesen, um den gehörigen Zusammenhang dazwischen herauszubringen. Da R. nie wahre Herzensliebe empfunden, und, so viel wir wissen, diese nie eingeflößt hat, so sind seine Begriffe von dieser Art der Liebe bloße Ahnungen, denen er ohnehin nicht mit Stätigkeit gefolgt ist.

In seinem Discours sur l’inégalité entre les hommes scheint er nur zwey Empfindungen zu kennen, welche das zärtere Geschlecht dem Manne einflößt: den körperlichen Vereinigungstrieb und die Eitelkeit, von demjenigen Individuo vorgezogen zu werden, das wir vor andern durch Schönheit und Verdienst ausgezeichnet sehen. Ja! im Grunde nimmt er nur eine Empfindung, nehmlich die physische an, welche durch Eitelkeit besonders modificiert wird, und die Seele mit ins Interesse zieht.

In seinem Emil bezieht er sich auf diese früher geäußerte Meynung, giebt ihr aber eine andere Deutung. Er unterscheidet hier die süße Gewohnheit des Zusammenlebens mit der Gattin, die er noch natürliche Liebe nennt, von der zügellosen Aufwallung der [310] Phantasie, die den Mann mit chimärischen Reitzen eines Gegenstandes berauscht, den er nicht mehr sieht, wie er ist. Die letzte Leidenschaft, sagt er, ist nur darin von der Eitelkeit verschieden, daß diese eine höchst unbillige Neigung ist, jene hingegen eben so viel giebt, als sie verlangt, mithin höchst billig ist.

Nach dieser Stelle zu urtheilen, die auch mit mehreren in seinen übrigen Schriften übereinkommt, hat er in späteren Jahren zwey Arten der Liebe angenommen. Die eine beruht auf der Gewohnheit, mit einem Gegenstande zu leben, der unsre körperlichen Begierden befriedigt, und uns im traulichen Zusammenleben, in der Häuslichkeit, die stillen, ruhigen, aber süßen Freuden der Pflege und des Kosens bereitet: affection de l’homme pour sa compagne. – Die andere sucht er in dem Aufruhre der Seelenlüsternheit, in der Begeisterung. – Zu einem deutlichen Begriffe von der letzten scheint er erst durch seine Verbindung mit Madame d’Houvetot gekommen zu seyn.

Aber offenbar giebt es doch noch eine andere Art der Liebe, welche ich vorher die Liebe des Herzens genannt habe, und auf die mehrere Stellen in der neuen Heloyse hinweisen. So sagt Julie zu St Preux: „Ich weiß in Ihnen sehr wohl die Gewalt des Herzens von dem Rausche einer erhitzten Einbildungskraft zu unterscheiden.“ [6] So wird auch ganz richtig bemerkt, daß jene nur vorübergehend sey, mit der Zerstörung [311] des Idols, und nach der gelungenen körperlichen Verbindung endige: daß sie einseitig genieße: daß hingegen diese ausdauernd sey unter allen Verhältnissen, und daß das Glück des Geliebten eigentlich den höchsten Genuß für den Liebenden ausmache. R. bemüht sich auch, die Helden dieses Romans so handeln zu lassen, als wenn ihr Herz gerührt, nicht bloß ihre Imagination erhitzt sey. Aber deutlich fühlt man demungeachtet, daß die Kenntniß, die er von dieser Liebe hatte, weniger Sache der Erfahrung als des Verstandes war: daß sie mehr auf Ahnungen und Bildern von anhaltender und gänzlicher Hingebung beruhte, welche die Begeisterung zuweilen herbeyführt, als auf wahrer Ueberzeugung von ihrer Wirklichkeit. Darum widersprechen so viele andre Handlungen denjenigen, aus welchen wahre Liebe hervorleuchtet: darum ist die Sprache, welche die Liebenden führen, noch so sehr von der Sprache des Herzens verschieden.

St. Preux schreibt in den mehrsten seiner Briefe wie ein Begeisterter. Aus andern guckt der Autor hervor: es sind Aufsätze des Poeten und des Philosophen. Julie handelt in dem ersten Theile wie ein höchst leidenschaftliches Mädchen, und schreibt sehr oft wie eine kalte Vernünftlerin, die überher ganz vergißt, daß ihr Wandel sie zu solchen Tugendlehren gar nicht berechtigt. Kein Weib, das wahre Liebe empfunden hat, wird sich überzeugen können, daß diese ihre Feder geführt habe. Der Brief, den sie ihrem Geliebten nach dem Tode ihrer Mutter schreibt, enthält Vorwürfe, die nicht einmahl mit der Zartheit eines weichgeschaffenen Herzens, viel weniger mit der Liebe bestehen. Diese nimmt von den Vergehungen[WS 10], zu [312] denen sie durch Leidenschaft hingerissen ist, allemahl die größte Schuld auf sich selbst. Juliens spätere Handlungsart läßt sich nur dann als möglich denken, wenn man nicht mehr liebt. Aber so, wie R. sie schildert, unfähig, ihre Leidenschaft aus ihrem Herzen zu reißen, noch auf ihrem Todbette Liebe für ihn bekennend; wie war es möglich, daß sie so schnell, so ruhig das Glück der Verbindung mit einem andern Manne fühlen konnte! Die Liebe kann sich der Pflicht und dem Glück des Geliebten aufopfern. Aber das Herz bricht: es ist unfähig jeder weiteren Freude. Es geht nicht mit dem Liebhaber als mit einem Freunde um, und thut ihm nicht aus kluger Vorsicht, sich selbst den Stand der Versuchung zu erleichtern, wohlüberlegte Vorschläge, sich freywillig in die Arme eines andern Weibes zu werfen!

Und St. Preux! Ja! ich weiß auch, was Liebe zu ertragen im Stande ist; aber den Anblick des geliebten und ehemahls besessenen Gegenstandes in den Armen eines Andern zu dulden, – ruhiger Zeuge, zufriedener Theilnehmer der häuslichen Freuden zu seyn, welche die Familie der Gebieterin giebt, die man nicht sein nennen kann; – Nein! es ist nicht möglich! Man kann fliehen, man kann sich des Glücks des Geliebten freuen; man kann, wenn es erforderlich ist, selbst gegenwärtig dazu beytragen; aber es ist kein Zustand der Zufriedenheit, des Genusses; es ist Aufopferung, es ist Qual; man geht dabey zu Grunde! Nach dem Laufe der Natur hätte St. Preux sterben müssen, und nicht Julie.

Laßt es uns daher gestehen: R. legte seinen Personen Sprache und Handlungen bey, die nicht immer [313] mit dem Charakter ihrer Leidenschaft übereinstimmen, und dieser Charakter selbst war seinem Systeme von der Liebe, und seiner Ueberzeugung von ihrer wahren Natur zuwider. Gleich in der Vorrede sagt er: „Die Liebe ist nur Illusion: der Enthusiasmus ist ihr höchster Gipfel.“ – Uebereinstimmend mit der Denkungsart des Autors, nicht mit derjenigen, welche Julien in seinem Buche beygelegt wird, ist die Stelle, worin Liebe von der Ehe ausgeschlossen wird. „Wenn die Schönheit verschwindet, und das Alter herannaht, heißt es daselbst, so vergeht auch die Liebe. Früh oder spät hört man auf, sich anzubeten, zertrümmert das verehrte Idol, und sieht sich, wie man ist. Dann sucht man erstaunt und vergebens den geliebten Gegenstand. Man findet ihn nicht, und das, was übrig bleibt, wird uns doppelt zuwider. Die Einbildungskraft entstellt es eben so sehr, als sie es vorher verschönert hatte. Es giebt wenige Menschen, die nicht dann beschämt seyn sollten, sich geliebt zu haben, wenn sie sich nicht mehr lieben!“

Wie kontrastierend mit den Hoffnungen eben dieser Liebenden im ersten Theile! Doch! wer wird Konsequenz bey R. suchen? Hundertmahl behauptet er: Liebe bestehe nur mit Achtung, ja mit Begeisterung: sie endige mit dieser! Und doch liebt Eduard Bomston mit unüberwindlicher Leidenschaft ein Weib, das er selbst verachtet, und das seine Sinne nicht mehr in Bewegung setzt. Die Aufführung des Emil gegen die untreue Sophie ist eben so unerklärlich, eben so unharmonierend mit seinen Grundsätzen.

Diejenige Art der Liebe, welche R. wirklich und ganz gekannt hat, ist folglich diejenige, welche auf [314] Begeisterung beruht. Hierüber sind seine Ideen wahr und edel. Im Emil sind sie am zusammenhängendsten und vollständigsten vorgetragen, und diesem werde ich daher bey der Entwicklung seines Systems am mehrsten folgen.

Liebe ist folglich ein leidenschaftliches Verhältniß, welches die Schönheit und das Verdienst eines bestimmten Gegenstandes in uns erweckt. Unsre Sinne kommen dabey in Aufruhr, und die Imagination wird erhitzt. Dadurch entsteht der Zustand von Begeisterung, worin wir den Geliebten zu einem Ideal der Vollkommenheit erheben, und uns zugleich mit ihm vor unsern eigenen Augen. Es ist Eitelkeit, aber eine sehr edle, die dabey zum Grunde liegt. Wir wollen von demjenigen, was wir anbeten, geschätzt seyn. Alles ist Illusion in der Liebe; nur nicht die hohe Empfindung des wahren Schönen, welche sie uns einflößt. Dieß Schöne liegt nicht in dem Gegenstande: es liegt in dem Wahnbilde, das wir uns schaffen. Allein darauf kommt es nicht an. Man opfert diesem Geschöpfe seiner Einbildungskraft darum nicht weniger alle seine niedrigen Neigungen auf: man erfüllt darum nicht weniger sein Herz mit den hohen Tugenden, welche man dem Geliebten beylegt, und erhebt sich darum nicht weniger über sein niedriges Ich! Wo ist der wahre Liebhaber, der nicht gern sein Leben für die Geliebte aufgeopfert hätte; und wo hat je das niedrige Verlangen der Sinne eine solche Aufopferung hervorgebracht!

Eine Wirkung dieser Begeisterung, worin wir unser niedriges Selbst vergessen, ist nun auch das Ankämpfen gegen körperliche Begierden. Man fürchtet, durch die [315] Beymischung sinnlicher Freuden das schöne Bild und den Genuß der Seele zu beflecken. Die Versagungen, die man sich hierunter auflegt, erhöhen uns noch vor unsern Augen. Inzwischen früh oder spät gewinnen doch die Sinne die Oberhand, und mit diesem Siege, oder wenigstens mit dem ungestörten Besitze der Person, endigt die Begeisterung. Darum muß dieser Zeitpunkt so sehr als möglich entfernt werden. „Wenn ich meinen Emil den höchsten Gipfel des Glücks erreichen lasse, sagt R., so zerstöre ich den Zauber. Es ist unendlich viel süßer, den letzten Genuß zu hoffen, als ihn zu erhalten. Sein Reitz besteht hauptsächlich in der Erwartung. Darum, guter Emil, liebe, und werde geliebt! Genieße lange, ehe du besitzest! – – Ach! dieser Zauber muß bald aufhören; aber er soll dir wenigstens immer in der Erinnerung theuer bleiben!“

Eben so drückt er sich auch in der Anrede an den Emil selbst aus. „Das Glück der Sinne ist vorübergehend: allemahl verliert das Herz dabey. Du hast unendlich mehr in Hoffnung genossen, als die Wirklichkeit dir gewähren kann. Die Einbildungskraft, welche den Gegenstand während der Begierde schmückt, erkaltet bey dem Besitze. Außer dem einzigen Wesen, das für sich existiert, giebt es nichts Schönes, als dasjenige, was nicht wirklich ist.“ –

Dieß war Rousseau’s moralische, auf der Einrichtung unserer bürgerlichen Verfassung beruhende Liebe in ihrer edlern Gestalt. Nun urtheile man, ob das wahre Liebe, Liebe des Herzens war!

[316]
Siebentes Kapitel.
Denkungsart der Engländer, Deutschen und übrigen Nordländer über Geschlechtsverbindung und Liebe, von der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts an, bis jetzt.

Auf die Bigotterie und die Eingezogenheit Cromwells folgte der Unglaube und die Ausgelassenheit Carls des Zweyten in England. In diesen Zeiten zeichnen sich die Sitten der Großen und die Produkte des schönen Genies durch Leichtsinn und selbst durch Schmutz aus.

Es ist zu vermuthen, daß dieser Ton nur bey Hofe herrschend gewesen sey. Nach der Revolution, welche Wilhelm den Dritten auf den Thron setzte, gewann die Sittlichkeit auch bey diesem die Oberhand, ohne die französische Höflichkeit, welche Carl der Zweyte mit nach England herübergebracht hatte, zu verbannen. Die Regierungen der Königin Anna, und der Könige aus dem Hause Braunschweig-Lüneburg haben diejenigen Romane hervorgebracht, welche Muster für alle kommende Jahrhunderte in dieser Gattung abgeben werden: die Meisterstücke Richardsons und Fieldings.

In einem Staate, dessen Verfassung sich der republikanischen nähert; unter einem Volke, das sich viel mit dem Handel und öffentlichen Angelegenheiten beschäftigt, die jungen Mädchen nicht bis zu ihrer Verheirathung in Klöster eingesperrt, und dabey sehr religiös ist; müssen die Begriffe über den Anstand strenger, der Umgang unter beyden Geschlechtern minder häufig, mithin auch das Betragen gegen das zärtere zurückhaltender [317] seyn, und dieß im Ganzen vielleicht mehr innere Achtung, aber weniger äußeres Ansehn als in dem monarchischen Frankreich genießen. Folgen davon sind, daß die weiblichen Ideale mit einer Verschämtheit, mit einer Zartheit der Empfindungen, und zugleich mit einem zurückhaltenden Stolze in jenen Romanen dargestellt werden, die an Schüchternheit, Hinschmelzung, und zuweilen an Eigensinn grenzen; daß die Helden unter den Liebhabern weit weniger leidenschaftlich als vernünftig zärtlich handeln, und daß die edleren Geschlechtsverbindungen allemahl auf Ehe, unter allen von den Gesetzen vorgeschriebenen Bedingungen, abzwecken müssen. Man findet also hier keinen Streit zwischen Liebe und ganz entschiedener Pflicht, wie ihn die Franzosen bey dem verheiratheten Frauenzimmer schildern; sondern es ist der Streit, den ein unverheirathetes und liebendes Mädchen wider den Willen unbilliger Aeltern, wider Vorurtheile der Religion, wider das Mißtrauen in den Charakter des Liebhabers, oder gar nur wider die Besorgniß führt, sich einer Neigung zu überlassen, die keine Erwiederung finden, oder deren Stärke seiner natürlichen Schamhaftigkeit, und dem Gefühle seiner moralischen Selbstwürde widersprechend und nachtheilig werden dürfte.

Hieraus bildet sich ein eigener Begriff von edlerer Geschlechtsverbindung bey dem Engländer, den wenigstens vor ihm keine andere Nation zur ästhetischen Darstellung genutzt hat. Er entspringt aus der Lage der Bewerbung eines Biedermannes, (oder eines Verführers, der diese Maske annimmt,) um das Herz und die Hand eines sittigen Mädchens, das nicht sowohl gegen vollkommene Pflicht und Ruf, als vielmehr [318] gegen seine Weiblichkeit ankämpft, ehe es dem Geliebten den Besitz seiner Person unter Autorität der Gesetze zusichert. Die Engländer nennen dieses Verhältniß Courtship, Hofmachen; aber die Helden sind nicht Hofleute, und handeln nicht bey Hofe, oder in der großen Welt. Sie gehören vielmehr zu der bürgerlichen Welt, zu derjenigen Ordnung des wohlhabenden und wohlerzogenen Landadels und der vornehmeren Städtebewohner, die zwischen dem Hofe und den untern Ständen steht. Es sind die unverdorbenen und dennoch gebildeten Sitten der Mittelklassen, welche ihre Erotiker hauptsächlich schildern. Der Begriff wahrer Liebe ist bey ihnen häufiger als irgendwo vorher anzutreffen. Da sie aber weniger Müssiggang und gesellige Zerstreuung kennen; so wissen sie weniger von der französischen Galanterie in allen ihren Bedeutungen. Aeußerst bemüht sind sie, diejenigen Stände, für deren Bildung sie hauptsächlich arbeiten, vor der Ansteckung der verdorbenen Sitten der Großen zu bewahren. Sie streben eben so sehr nach Belehrung als nach Unterhaltung.

Englische Philosophen, welche die Geschlechtsliebe zum Gegenstande eigener Untersuchung gemacht hätten, sind mir unbekannt geblieben.

Da ich England nicht selbst bereiset habe, da ich, wenn ich es bereiset hätte, schwerlich die gute Gesellschaft genau genug würde kennen gelernt haben, um über das wahre Wesen der engeren Verbindungen, die dort Statt finden, urtheilen zu können; so begnüge ich mich damit, den hervorstechenden Charakter angegeben zu haben, den die Liebe in den Werken der schönen Litteratur dieser Nation annimmt.

[319] In Deutschland war die gute Gesellschaft bis tief in unser Jahrhundert hinein hauptsächlich auf die Höfe eingeschränkt. An dem Wiener Hofe herrschten die Sitten des südlichen Europa: an den übrigen waren mehr die französischen eingeführt. Die Galanterie Ludwigs des Vierzehnten ward mit einer Steifheit, der freye Ton des Regenten mit einer Derbheit nachgeahmt, die Lachen und Ekel erregen. Die Schriften der Pöllnitz, Bielefeld und anderer geben nur einen schwachen Begriff von der Rohheit, womit der Adel von beyden Geschlechtern an den Höfen von Berlin, Dresden, u. s. w. unter sich zur Befriedigung der ausgelassensten Lüste zusammenlief, während daß er gegen die untern Stände mit einem falschen Anstrich französischer Artigkeit prunkte.

Ungefähr gegen die Mitte dieses Jahrhunderts fing der Begriff der guten Gesellschaft an, sich über die Mittelklassen auszudehnen. Seit dieser Zeit hat auch der Geschmack an der englischen Litteratur, und besonders an englischen Romanen gewonnen. Eine gewisse Gleichheit der Lagen zwischen der lesenden und schreibenden Klasse bey uns und derjenigen, welche in jenen Romanen als handelnd dargestellt wird, hat diesen Geschmack sehr befördert. Allein da unsre bürgerliche Welt, (ich nenne sie so in Vergleichung mit der Welt der Höfe,) gegen die englische an Originalität, vernünftigem Freyheitssinn und independenter Wohlhabenheit noch sehr zurücksteht: da die mehrsten unserer Schriftsteller nicht einmahl die gute Gesellschaft der Mittelklassen kennen; so haben sich in die Schilderungen, welche unsere schöne Litteratur von Liebe und Geschlechtsverbindung liefert, alle Fehler [320] eingeschlichen, welche schlechte Erziehung, Nachäffung, Unbändigkeit und Aermlichkeit der äußeren Lagen nach sich ziehen. Ausnahmen, auf die wir stolz seyn können, und die uns die Achtung auswärtiger Nationen zugezogen haben, giebt es allerdings. Aber der herrschende Ton in unsern Romanen, Schauspielen, Liebesgedichten, u. s. w. zeigt Männer, die wie verliebte Schüler sprechen und handeln, und Mädchen, die den Stand der Nätherinnen nicht verläugnen. Einige dieser Erotiker haben die Veredlung der Liebe in einer anekelnden Empfindsamkeit, andere in den Aeußerungen einer ungezügelten Heftigkeit gesucht, die noch mehr den Wahnsinn der Begierde, als den Rausch der Imagination bezeichnet. Noch andere haben die Eleganz und die feinere Lüsternheit der Franzosen verdeutschen wollen, und sind in die lächerlichste Ziererey verfallen.

Die gute Gesellschaft in den Mittelklassen, und selbst hin und wieder bey Höfen, schwankt zwischen der englischen Courtship, der französischen Galanterie, der italiänischen Cicisbeatura, und der deutschen Romanenempfindsamkeit. Aber mit wahrer Freude und nicht geringem Stolze kann ich zugleich sagen, daß in meinem Vaterlande unter den höheren Ständen vielleicht mehr wie in jedem andern Lande, etwa Dännemark ausgenommen, viele glückliche Ehen angetroffen und geschätzt werden: Ehen, worin wahre Zärtlichkeit, Anerkennung eines gleichen Anspruchs auf Menschenwerth und Menschenwohl von Seiten beyder Gatten herrscht: Ehen, in denen der Mann in seiner Frau um so mehr die Freundin aufsucht, als in unsern egoistischen Zeiten das Zutrauen zu dem Freunde [321] von seinem Geschlechte eine immer seltnere Erscheinung wird.

Deutschland hat verschiedene philosophische Abhandlungen über die Liebe aufzuweisen, von denen jedoch nur wenige sich mit der Geschlechtsliebe beschäftigt haben. [7]

Die Dänen nähern sich, wie ich aus eigener Erfahrung weiß, in ihren Ideen hauptsächlich den Engländern. Die Unverdorbenheit der Sitten, die unter ihren ersten Ständen herrscht, läßt wenig ungebundene Liebesverständnisse zu, und die gute Sitte scheint sie kaum zu dulden.

Die höheren Stände unter den Pohlen, Russen, Schweden und Holländern neigen sich mehr zu den Franzosen hin. Die untern entgehen meiner Kenntniß, so wie ich denn überhaupt diese Länder nicht selbst bereiset, und über ihre Sitten wenig eigene Beobachtungen habe anstellen können. Der holländische Philosoph Hemsterhuys hat einen Aufsatz über das Verlangen geschrieben, dessen Grundsätze von mir im ersten Theile dieses Werks bestritten sind.

[322] Die Schweiz kenne ich gleichfalls nicht. In den Schriften des Major Weiß kommen Stellen über die Liebe vor, worin Rousseauische Ideen mit Aeußerungen der eitlen Intriguensucht vermischt sind, welche die Langeweile in den ehemaligen französischen Garnisonen so leicht erzeugte.


Achtes Kapitel.
Denkungsart der südlichen Nationen von Europa über Geschlechtsverbindung und Liebe: Italiänische Cicisbeatur.

Die südlichen Nationen des kultivierten Europa weichen in ihren Sitten in Rücksicht auf ihre Geschlechtsverbindungen merklich von den nördlichen ab. Bey ihnen hat die frühere Galanterie, wie sie im vorigen Buche geschildert ist, zwar eine andere Form angenommen; aber sie dauert im Wesentlichen noch in der Cicisbeatur der Italiäner und Spanier fort.

Das Auffallende in diesem Sitteninstitute ist dieß, daß eine Verbindung zwischen Personen von verschiedenem Geschlechte, die durch keine Bande der Ehe vereinigt sind, nicht bloß von der guten Sitte geduldet, sondern für anständig, ja! auf gewisse Weise für die verheirathete Frau als nothwendig angesehen wird, um mit gehörigem Ansehn in der guten Gesellschaft aufzutreten. Unverheirathete Mädchen erscheinen darin noch weniger als in Frankreich.

Es ist für jeden, der sich nicht in der Lage befunden hat, diese Verhältnisse genauer zu beobachten [323] beynahe unbegreiflich, mit welcher Wichtigkeit sie behandelt werden. Zuerst ist gemeiniglich die Einwilligung des Gatten, entweder stillschweigend oder ausdrücklich vorhanden, daß die Frau sich einen Cavaliere Servente, Patito oder Cicisbeo zulegen dürfe. [8] Dann ist es beyden Theilen erlaubt, sich oft allein zu sehen, sich öffentlich ohne Begleitung des Mannes zu zeigen, und sich Beweise einer ausgezeichneten Achtung und Zärtlichkeit, ja! sogar der Leidenschaft vor den Augen einer ganzen Gesellschaft zu geben. Ich habe in Genua bey Gelegenheit des Krönungsfestes des Doge gesehen, daß der Cicisbeo aus der nehmlichen Tasse mit seiner Dame Choccolade trank, und seinen Mund sorgfältig an die Stelle ansetzte, die ihr Mund berührt hatte: Ich habe in Rom gesehen, wie eine Dame im Unmuth über das Betragen eines Prälaten, der ihr erklärter Aufwärter war, in großer Gesellschaft vor ihm hin trat, und ihm in theatralischer Stellung und mit deklamatorischer Stimme Vorwürfe machte. Er selbst hörte diese mit demüthigem Stillschweigen, die übrige Gesellschaft aber mit gerührtem Herzen an. Ich habe gesehen, wie Freunde, Verwandte der Verbündeten, über ihren anscheinenden Bruch in Furcht gesetzt, alles angewandt haben, ihm vorzubeugen, und wie sie, nachdem die Aussöhnung erfolgt war, diese mit allgemeiner und freudiger Theilnahme feyerten. Ich habe endlich gesehen, wie allgemein diese Verhältnisse als eine Art von Ehe betrachtet wurden; und einmahl auf meine an [324] einen gewissen Herrn gerichtete Frage: wer die Dame sey, die ich ihm in der Gesellschaft bezeichnete, die Antwort erhalten: Ich habe die Ehre, ihr zu dienen! [9] Nicht anders, wie bey uns ein Gatte sagen würde: sie ist meine Frau!

Sobald die Dame des Morgens sichtbar ist, findet sich der Cicisbeo bey ihr ein: ihr Zimmer ist ihm zu jeder Stunde des Tages offen: er begleitet sie des Morgens zur Kirche, des Nachmittags auf den Corso, und des Abends ins Schauspielhaus, wo er in ihrer Loge den Platz gegen ihr über einnimmt, und die Honneurs bey den Besuchen macht, die ihr in den Zwischenakten gegeben werden. Endlich folgt er ihr gegen die Nacht in die Konversationen, wo er der Regel nach nicht von ihrem Platze weicht. In Venedig ruht er an ihrer Seite in der Gondel, deren Gardinen zugezogen sind, und folgt ihr in die Casinos und Kaffeehäuser. Kurz! Ueberall ist er ihr Schatten!

Was hat dieser Sitte ihre Entstehung geben können? Sie ist ein Ueberbleibsel der alten Galanterie, die nach und nach durch den französischen Ton eines freyeren Umgangs zwischen beyden Geschlechtern besonders modificiert, unterstützt von dem Glauben an die Beschränkung der Liebe auf einen bloß geistigen Genuß, die Gestalt einer engeren Vereinigung angenommen hat. Sie verdankt ihre Ausbreitung dem Charakter der Südländer, der geselligen Einrichtung der Italiäner, und der politischen Verfassung einiger ihrer Staaten.

Jene alte Galanterie der vorigen Jahrhunderte erlaubte die öffentlichen Beweise der Achtung, welche [325] in den Verhältnissen eines weitern Umgangs den Schönen, und von diesen wieder tapfern und talentvollen Männern bey seltenen feyerlichen Gelegenheiten vor den Augen vieler Menschen gegeben wurden. Diese Beweise nahmen nach dem Geiste der Zeit sehr oft die Gestalt der Zärtlichkeit und Leidenschaft an. Aber die Personen, welche sich auf solche Art wechselseitig auszeichneten, kamen selten in engeren Zirkeln ausgesuchter Bekannten zusammen, und sahen sich nicht allein. Die Dame ward entweder eingeschlossen, oder sie erschien nicht anders, als in Begleitung ihres Gatten, bejahrter oder naher Anverwandten.

Auf diese Eingezogenheit des Frauenzimmers, auf diese ängstliche Sorge der Gatten für die Tugend und den Ruf ihrer Frauen ward ein lächerliches Licht geworfen, als die Sitten des französischen Hofes von dem übrigen Europa angenommen wurden. Man fand darin mit Recht einen Beweis des geringen Vertrauens, das die Männer in die Liebe und die Stärke ihrer Weiber setzten, sich selbst zu bewachen.

Man suchte sich also den herrschenden Ideen bey den Nordländern mehr zu nähern; aber sie ganz anzunehmen, litt der verschiedene Charakter des Volks und dessen abweichende Lage nicht.

Die Weiber in den höhern Ständen von Italien gehen wenig oder gar nicht mit einander um. Noch seltener sind Freundschaften oder genauere Bekanntschaften unter ihnen. Von häuslichen Geschäften sind sie ganz abgezogen, und viel seltener, als man gemeiniglich glaubt, mit den Talenten geschmückt, deren Ausübung die Muße auf eine, dem Charakter unnachtheilige, Art ausfüllt. In einer solchen Lage, bey einer [326] feurigen Imagination, und sehr entzündbaren Sinnen, im Kloster erzogen, und auf einmahl in die Welt an die Seite eines Gatten versetzt, dessen Wahl ihr Herz nicht bestimmt; würden sie den eigensinnigsten, ausschweifendsten und abwechselndsten Neigungen ausgesetzt seyn, sich und ihre Familie dem öffentlichen Scandal aussetzen, wenn man ihnen eine völlige Freyheit gestatten, oder auch nur bey einer beschränkteren nicht erlauben wollte, eine Verbindung einzugehen, die einen Theil ihrer Wünsche befriedigt, ihrer Eitelkeit schmeichelt, und ihre Muße ausfüllt.

Die geselligen Unterhaltungen in Italien sind bey weitem nicht so abwechselnd, so lebhaft und so häufig, wie in Frankreich. Das Herz und die Imagination werden hier nicht zerstreuet: der Verstand wird hier nicht allein belustigt. Unter solchen Umständen ist schon die Besorgung der Formen der Cicisbeatur von Wichtigkeit zur Ausfüllung der Muße; und diese Sitte der Italiäner scheint in der genauesten Verbindung mit ihrem dolce far niente zu stehen.

Die Ausgelassenheit des Pöbels, der rohere Ausbruch der Leidenschaften selbst in den Zirkeln höherer Stände, zeigt die Nothwendigkeit, daß die Dame, wenn sie außer Hause geht, einen Begleiter, einen Beschützer haben müsse. Der Mann konnte dieß nicht immer seyn, ohne sich dem Verdacht der Eifersucht auszusetzen. Man ließ den Cavaliere Servente, den Patito zu, und das Volk gewöhnte sich leicht an das Geleit von einem Fremden, den es von dem nahen Anverwandten nur selten zu unterscheiden wußte.

In den Freystaaten von Italien hat diese Einrichtung besonders viel Empfehlendes finden müssen. Der [327] Mann, der sich öffentlichen Geschäften oder dem Handel widmet, kann weder seine Frau beständig begleiten, noch viel zu ihrer Unterhaltung beytragen. Junge Männer, die noch nicht das gesetzliche Alter zur Bekleidung von Bedienungen haben, werden durch Verbindungen mit Damen von anerkannter Würde und Tugend von Ausschweifungen zurückgehalten, für gesellige Liebenswürdigkeit ausgebildet, in und mit der Welt bekannter. Junge Damen, die erst eben in die Welt treten, erhalten an einem Manne von Gewicht und Ansehn, der ihr Cavaliere wird, eine Stütze, einen Rathgeber, und nicht selten ist dieser auch die Stütze des Gatten in Staaten, wo der Parteygeist so nothwendig ist, und alle Mittel angewandt werden, ihn zu erwecken, und zu erhalten.

Erwägt man diese Vortheile, welche die Cicisbeatura mit sich führt; so wird es erklärbar, warum man die Ideen von Unschuld und Unsträflichkeit solcher Verbindungen, die bereits in den Werken der Dichter und Philosophen herrschend waren, in der wirklichen Welt angenommen, und, so zu sagen, zur Glaubenspflicht gemacht hat. Unter hundert Ehemännern, die eifersüchtig sind, giebt es kaum zehn, die es auf die Personen ihrer Frauen sind: alle übrigen sind es auf ihre Ehre und ihren Ruf. Dieser letzte leidet nach den Sitten Italiens gar nicht. Die Ehre des Mannes bleibt ungekränkt.

Man darf aber sogar mit einiger Zuverlässigkeit behaupten, daß die eheliche Treue bey diesem Institut nicht mehr, und vielleicht weniger Gefahr läuft, als in andern Ländern, wo es nicht eingeführt ist.

[328] Die Menschen wachsen mit den Ideen auf, daß ein unschuldiger näherer Umgang zwischen den verschiedenen Geschlechtern Statt finden könne. Es ist unglaublich, wie sehr sich die Sinne nach einer solchen Ueberzeugung gewöhnen, und ungerührt bey Gelegenheiten bleiben, welche für Menschen, deren Begriffe über Sittlichkeit und Anstand eine andre Richtung erhalten haben, einen sehr verführerischen Reitz erwecken würden. In verschiedenen kleinen Republiken der Schweitz und an mehreren Orten in Deutschland werden junge unverheirathete Personen von beyden Geschlechtern, sogar Verlobte, frey von aller Aufsicht der Aeltern und Vorgesetzten, bey den Lustbarkeiten gelassen, die sie unter sich anstellen, ohne daß die Ausgelassenheit der Sitten dadurch befördert würde. Es scheint, daß im Moralischen wie im Physischen die Idee von Gefährlichkeit, welche man mit gewissen Lagen verbindet, die Gefahr vergrößert. Oft geht derjenige unversehrt am Rande des Abgrunds vorüber, der gewiß hineingestürzt wäre, wenn man ihn durch den Zuruf, daß er fallen könnte, schwankend in seinem Tritte gemacht hätte. Freylich giebt es schlechte Menschen, die das Zutrauen des Publikums mißbrauchen; aber diese entscheiden nichts für den größern Haufen.

Die Gelegenheit, sich täglich, und mit so vieler Freyheit zu sehen, spannt die Imagination weit weniger, und reitzt dadurch viel minder die Sinne, als wenn Hindernisse und Trennung sie in beständiger Unruhe erhielten. Die Gewohnheit der Italiäner, nie die Thüren zu verschließen, die Bedienten immer im Vorzimmer zu haben, die langen Tage, die Ohrenbeichte, [329] u. s. w.; alles dieß trägt dazu bey, wenigstens vor einer solchen Verirrung der Sinne zu bewahren, wodurch die Rechte der Paternität zweifelhaft gemacht würden.

Dieß vorausgesetzt, darf man den Italiänern keinen Vorwurf über ihre Leichtgläubigkeit an die Unschuld, oder wenigstens an die Abwesenheit gröberer Ausschweifungen bey diesen Verbindungen machen. Man hat daran um vieler Vortheile willen, welche diese Einrichtung gewährt, wohl glauben wollen: man hat daran um mehrerer Ursachen willen glauben können, ohne sich dem Vorwurfe der Unvernunft auszusetzen.

Inzwischen ist dieser Glaube keineswegs allgemein. Nur unter den höheren Ständen ist er ausgebreitet, und auch unter diesen verliert er sich immer mehr in denjenigen Städten, wo französischer Leichtsinn mit französischen Sitten täglich Oberhand gewinnt.

Es läßt sich durchaus nichts Allgemeines über den innern Gehalt dieser Verbindungen sagen. Ich bin überzeugt, daß es einige darunter giebt, in denen wahre Liebe mit unsträflichem Betragen gepaart wird. Ihre Zahl muß der Natur der Sache nach[WS 11] sehr gering seyn. Es giebt andere, die bloß auf Eitelkeit und Beschäftigungstrieb beruhen; ihre Zahl ist wahrscheinlich die größere. In einige mischt sich die Imagination: in andere die Sinnlichkeit ein. Viele haben nichts zum Grunde, als die Mode und die Idee, daß eine Dame nicht ohne Begleiter seyn dürfe.

Der Cicisbeo wird sehr oft für die junge Frau von den Anverwandten gewählt; und daß die Wahl nicht immer auf den Liebenswürdigsten falle, läßt sich [330] leicht denken. Darum ist der Patito, der Gelittene, nicht immer der Gradito, der Geliebte, und die Cicisbeatur ist für die Dame eine zweyte Art von Heirath, oft drückender als die erste. Häufig gewinnt der Mann dabey, der seltener gesehen, seltener lästig wird. Zu der Zeit, als ich in Italien war, suchten die Weiber du bel air ein lächerliches Licht auf diese Verhältnisse zu werfen. Sie gaben ihnen das Ansehn einer bloßen Ceremonie, deren Langweiligkeit sie auf keine Art und Weise zu verbergen suchten. Nur diejenigen, welche an Cicisbeen von schöner Gestalt und angenehmen Manieren hingen, wagten ihre Neigung für diese zu gestehen, und bemühten sich zugleich, die Idee einer bloß platonischen Liebe als altfränkisch zu entfernen. Das alte System behielt inzwischen noch seine Anhänger unter beyden Geschlechtern.

Zu Anfang dieses Jahrhunderts hielt Gravina in seiner Ragione Poetica dem amore razionale ovvero Platonico eine schöne Lobrede. [10] Der Graf Algarotti versichert uns hingegen in seinem Congresso di Citera, der 1768 herauskam, daß zu seiner Zeit die gute Gesellschaft in Italien, (le gentile persone) in zwey Sekten getheilt gewesen sey, von denen die eine die Art zu lieben, die jenseits der Alpen die gewöhnlichere ist, die andere die alte vaterländische Weise in Schutz genommen hätte. Er läßt nun zwar die letztere Partey, als die bessere, die Oberhand behalten, und ihre Delegatin zu dem Congresse absenden; aber doch am Ende durch die Wollust (volutta) die Entscheidung fällen: Ovid sey der wahre Lehrer [331] der Liebe: ihr Zweck sey Vergnügen, und dieß müsse durch Schwierigkeiten und gesellige Annehmlichkeiten gehoben werden. Er nennt in einem Briefe des Leonzius an den Eroticus die Lauren Jansenisten in der Liebe, und die Petrarchisten Quäker des Parnasses.

In der letzten Hälfte dieses Jahrhunderts ist überhaupt die Sittlichkeit, und die Beschränkung dieser Verbindungen auf einen bloß geistigen Genuß häufig bestritten worden. Ein merkwürdiger Brief über diesen Gegenstand erschien in den Lettere des Antonio Costantini. [11] Der Verfasser erklärt sich gegen die platonische Liebe, behauptet, daß sie gar nicht existiere, daß sie nur ein Netz sey, womit Einfältige gefangen würden, und setzt am Ende hinzu: daß, wenn Gott diese Liebe gut gefunden hätte, er nicht bloß einen Mann und ein Weib geschaffen, sondern ihnen auch gleich einen Cicisbeo zugegeben haben würde.

Zu Florenz kamen im Jahre 1770 zwey Briefe unter der angenommenen Maske eines Irländers und eines Engländers über die Cicisbeatur heraus. [12] In dem ersten dieser Briefe wird zwischen der engeren und weiteren Cicisbeatur, (stretta e larga) ein Unterschied gemacht. Die erste wird verdammt: sie [332] raubt selbst dann, wenn sie sich noch so sehr vor gröberen Ausschweifungen bewahrt, dem Gatten das Herz seines Weibes: sie beschränkt diesen Gatten bloß auf die Freuden der sinnlichen Begierde, die ihm noch dazu bloß aus Pflicht eingeräumt werden; und der edlere Theil der Liebe, die Freundschaft, bleibt dem Cicisbeo. Dieß führt eine förmliche Bigamie herbey: es vermehrt die Reitze des Cölibats, indem der Cicisbeo alle Annehmlichkeiten, und keine der Unannehmlichkeiten des Ehemanns empfindet: es erschwert eben dadurch, und weil die verheiratheten Frauen zwey Männer haben, den Mädchen die Gelegenheit zur Versorgung.

Die Cicisbeatura larga, welche eine bloße Freundschaft, ohne allen Anspruch auf Auszeichnung und Vertraulichkeit enthält, wird dagegen in Schutz genommen, und durch die Autorität des heiligen Franziskus de Sales unterstützt.

Der zweyte Brief findet seine Veranlassung in der Vertheidigung, die Baretti [13] gegen die Angriffe des Dr. Sharp in seiner Reise in Italien wider die Cicisbeatur übernommen hatte. Unser verkappter Engländer begleitet diese Vertheidigung mit einigen Bemerkungen. Sharp hatte die Verhältnisse, welche man unter dem Nahmen der Cicisbeatur zusammenfaßt, als lauter ausgelassene Liebeshändel und Ehebrüche betrachtet. Baretti sucht zu zeigen, daß die Sitten in Italien nicht schlechter wären als anderswo, und unser [333] Verfasser nimmt einen Mittelweg, worauf er die Cicisbeatura stretta wiederhohlend verdammt, die larga aber mit neuen Gründen vertheidigt.

Ich kann dieß Kapitel nicht endigen, ohne denjenigen Dichter zu berühren, der, der gemeinen Meynung nach, in unserm Jahrhunderte dem Herzen den mehrsten Genuß bereitet hat. Metastasio sucht oft den Ausdruck eines naiven und tief gerührten Herzens darzustellen. Es ist ihm zuweilen geglückt; aber doch selten auf eine Art, welche nicht mehr den Witz der Empfindung als ihre Wahrheit verriethe. Höhere Begeisterung ist ihm ganz fremd: Stärke der Leidenschaft drückt er selten glücklich aus, und man hört ihn nur dann mit Vergnügen reden, wenn er die Hingebung eines Herzens darstellt, das zu allem Widerstande unfähig ist.


Neuntes Kapitel.
Denkungsart der heutigen Spanier über Geschlechtsverbindung und Liebe.

Ueber Spanien kann ich nach eigener Erfahrung nicht urtheilen. Hier ist Einiges aus Joseph Towesends Reisen durch dieses Land über die Art, wie dort die engeren Geschlechtsverbindungen behandelt werden.

„Während meines ganzen Aufenthalts in Spanien, sagt dieser Verfasser, hörte ich nie etwas von Eifersucht unter den Gatten, konnte auch nie mit Gewißheit erfahren, ob sich diese Leidenschaft bey ihnen äußere. Doch merkt man an dem Betragen mancher Damen [334] in Gegenwart ihrer Männer sehr deutlich mehr Vorsicht und Zurückhaltung: es sey, daß solches noch von einem Ueberrest feiner Empfindung, aus Gefühl des Schicklichen, oder aus Furcht herrühre.“

„Einige sind geschickt genug, ihren Cortejo geheim zu halten: und dieß wird in Spanien nicht schwer, weil die Damen, wenn sie zur Messe gehen, so verkleidet sind, daß es Mühe kostet, sie von einander zu unterscheiden. Ihre Kleidung hat bey dieser Gelegenheit etwas dem Lande Eigenes. Sie ziehen alle die Basquina, oder einen schwarzen seidenen Unterrock an, und hängen die Mantilla um, welche zu einem doppelten Gebrauche, als Mantel und als Schleyer dient, und wenn die Dame will, das Gesicht vollkommen verhüllet.“

„Diese Kleidung versteckt sie dergestalt, daß sie völlige Freyheit haben, hinzugehen, wohin sie wollen. Begleitet sie aber ein Bedienter, so ist dieser doch leicht zu gewinnen, und macht gar kein Hinderniß, oder doch nur ein geringes aus. Ueberdem steht das Haus den ganzen Tag offen: der Mann ist gewiß für niemand zu Hause, sehr selten sichtbar, und wenn er es ist, mit allen, die sein Haus besuchen, so wenig bekannt, daß der Liebhaber leicht, ohne bemerkt zu werden, entwischen kann.“

„Inzwischen lassen sich die spanischen Damen damit nicht genügen. Ihre Zärtlichkeit ist lebhaft, und sie zeichnen sich durch eine starke und treue Anhänglichkeit aus. Sie gerathen daher in große Verlegenheit, so bald sie ihren Cortejo nicht vor Augen haben. Er darf zu keiner Stunde des Tages fehlen, die Dame mag nun öffentlich erscheinen oder allein, gesund oder krank [335] seyn. Wohin sie gebeten wird, muß man ihn zu ihrer Begleitung mit bitten. Man hat neuere Beyspiele von Damen von hohem Stande, die sich in der Abwesenheit ihres Cortejo Monate lang eingeschlossen gehalten haben, und zwar nicht bloß aus Unmuth, sondern um ihm nicht zu mißfallen. Ist die Dame zu Hause, so sitzt er bey ihr; geht sie aus, so führt er sie; setzt sie sich in einer Assemblee, so wird allemahl ein Stuhl für ihn ledig gelassen. In englischen Tänzen tanzt sie bloß mit ihm. Jede Dame tanzt zwey Menuette auf einem Balle: die erste mit ihrem Cortejo, die andere mit einem Fremden. Tanzt sie mit jenem, und sie ist lebhaft, so merkt man bald das Verhältniß, worin sie mit dem Tänzer steht: sie wird nicht unterlassen, sich so viel Grazie dabey zu geben, als sie nur kann. Tanzt sie hingegen mit letzterm, so verräth sie nicht bloß Gleichgültigkeit, sondern ein verdrießliches Wesen, und scheint auf ihren Mittänzer mit Verachtung herabzusehen.“

„So bald eine Dame heirathet, wird sie von allen Seiten von denjenigen geplagt, die sich um die ausgezeichnete Gunst bewerben, ihre Cortejo’s zu werden. Dieß dauert so lange, bis sie sich in ihrer Wahl bestimmt hat, worauf sich dann die in ihrer Hoffnung betrogenen Nebenbuhler zurückziehen, oder sich damit begnügen, in Zukunft sogenannte Cortejo’s bey der Kohlenpfanne zu werden, und auf nichts Anspruch zu machen, als im Winter um solche herum zu sitzen, und sich mit ihr an den glühenden Kohlen zu wärmen.“

„Man hält es für sehr unanständig, veränderlich zu seyn; gleichwohl trifft man unzählige Beyspiele von Damen an, welche ihre Liebhaber oft verändern.“

[336] Natürlicher Weise giebt es Stufen bey dergleichen Liebeshändeln. Es läßt sich nicht denken, daß Damen von vorzüglichem Verstande, die sich von den frühesten Jahren an durch eine feine Denkungsart, durch Klugheit und durch eine erhabene Seele ausgezeichnet haben, es so geschwind auf den äußersten Punkt sollten kommen lassen, wo die Leidenschaft über alle Rücksichten der Wohlanständigkeit siegt. Andere kommen desto geschwinder zum Schluß, und einige wechseln so oft, und beweisen sich bey jeder Verbindung so treulos, daß sie die allgemeine Verachtung auf sich ziehen, und zuletzt gar keinen Cortejo finden.“

„Ich habe fast nie oder selten Eifersucht bey Ehegatten bemerkt. Dieß kann man aber von den andern Verbündeten nicht sagen, weil beyde Theile gemeiniglich von allerley Verdacht gequält werden. Da sie wissen, daß sie nichts zusammenhält, als das sehr willkührliche Band einer gegenseitigen Zuneigung; so müssen sie zittern, wenn sich jemand nähert, der ihre Einigkeit stören könnte. Sie sind genöthigt, unaufhörlich einer des andern Blicke zu beobachten, und aus Mißtrauen den Reitzen des geselligen Umgangs größtentheils zu entsagen. Auch in größern Gesellsellschaften leben sie gleichsam allein, ziehen sich von allen andern ab, und sind nur auf einander aufmerksam. Der Liebhaber darf sich um keine andere Dame bekümmern, und läßt sich ein Dritter mit der Geliebten in ein Gespräch von wenig Minuten ein, so geräth diese in Verlegenheit und in Furcht, den Cortejo zu beleidigen. Dieß ist auch gemeiniglich der Fall, und wäre sie die erste Herzogin im Reiche, und er ein Offizier außer Diensten, so wird ihre Person [337] unwürdig behandelt. Mir ist sogar von einer Dame versichert worden, daß man sie bey den Haaren im Zimmer herumgeschleppt habe. Wird sie dagegen ihrer Seits beleidigt, so geht auch die Zärtlichste wüthend auf den Beleidiger los, und schlägt ihn braun und blau im Gesicht. Zuweilen wird eine Dame ihrer ersten Wahl überdrüssig, wirft ihre Neigung auf einen andern Gegenstand, und wünscht diesen mit jenem zu vertauschen. Seine Eitelkeit wird aber durch seine Verbindung zu sehr geschmeichelt, als daß er solche aufzugeben bereitwillig seyn sollte. Unter den geringern Ständen giebt dieses zu Ermordungen Anlaß, die in Spanien häufig sind: aber unter Höhern ist der Dolch längst verbannt. Der erste Besitzer behauptet, wenn er anders Muth hat, seinen Platz, und die Dame darf ihm den Abschied nicht geben, aus Furcht, ein Zweykampf könnte für den Liebling ihres Herzens unglücklich ablaufen. Bey diesen Händeln kommt der Ehemann gar nicht in Betrachtung: es ist so gut, als wäre er gar nicht vorhanden.“

[338]
Zehntes Kapitel.
Trauriger Zustand des Dienstes der Venus Urania in den neuesten Zeiten. Schluß des Werks.

So glaube ich denn die hauptsächlichsten Arten, über Geschlechtsverbindung und Liebe zu denken, und sie zu behandeln, entwickelt zu haben. Aber die wenigsten Menschen haben Charakter in ihren Ideen, oder Styl in ihrem Betragen. Sie folgen einem blinden Instinkt, der eben so veränderlich ist, als verschieden die äußeren Verhältnisse des Gegenwärtigen sind, die ihn allein bestimmen.

Wir sind freyer von Vorurtheilen und Aberglauben als unsere Vorältern; das ist nicht zu läugnen. Die Vernunft hat die Imagination mehr gezügelt: einen strengeren Beweis des Zusammenhangs zwischen Ursach und Wirkung bey den physischen und moralischen Erscheinungen am Menschen gefordert: die Erfahrung mehr zu Rathe gezogen, und das Zweckmäßige in den Regeln unsers geselligen Verkehrs näher bestimmt. Aber hätte man mit dem geistigen Stolze und mit der Schwärmerey zugleich alle Seelenerhebung verdammen; hätte man die Empfindungen des Herzens, das höhere Gefühl der Schönheit aus Eigennutz und körperlichen Trieben herleiten; hätte man endlich mehrere Formen des Umgangs, die einzeln genommen, keinen unmittelbaren Gewinn für die gesellige Selbstheit [339] bringen, aber im Ganzen zur Bewahrung der Sympathie und des Beschauungshanges dienen, unter dem Schein des Ueberflüssigen wegwerfen sollen?

Wenn wir wirklich so weise sind, als wir es zu seyn wähnen; warum verkennen wir die deutliche Abhängigkeit des Wohls unsers vernünftigen Wesens von dem Wohl der vernünftigen Wesen überhaupt; warum entziehen wir uns der Gewalt, welche Ordnung und Angemessenheit selbst über unsere Sinne ausüben; warum sind wir so sehr Feinde unsers Vergnügens, um nicht wenigstens den Schein der Tugend, den Anstand, den Schein des Verstandes, den Witz, zur Würze unsrer Unterhaltungen zu wählen!

Jede philosophische Abhandlung, welche die Liebe aus materiellen Ursachen oder aus Eigennutz erklärt, wird mit Interesse und Glaubenswilligkeit von unserer Trägheit und Sucht, alles aus den auffallendsten Ursachen herzuleiten, aufgenommen. Wir verwechseln das Natürliche mit dem Sinnlichen: das Wahre mit dem leicht zu Fassenden. Wir suchen täglich mehr, uns gegen unsere Nebenmenschen nach den Regeln der Klugheit zu betragen, die so weit schont, als ihrer geschont wird, so viel giebt, als ihr vergolten wird. Jeder sorgt für sich und sein Vergnügen, so weit er es kann, ohne sich durch Unmäßigkeit oder Störung der allgemeinen Ordnung, die ihm zu genießen hilft, um den ferneren Genuß zu bringen.

Freylich ist diese Denkungsart zu allen Zeiten immer herrschend gewesen; aber doch nie mehr als [340] in der gegenwärtigen, worin die Anmaßung unserer Vernunft die Aufwallungen des Instinkts der Sympathie und des Beschauungshanges aus System niederzudrücken, und dagegen die Selbstheit möglichst zu heben sucht.

Es ist vielleicht unmöglich, daß die ungebundenen Liebeshändel, das Hofmachen, die Galanterien, die Cicisbeaturen, nach unserer ganzen geselligen Einrichtung jemahls ganz verbannt werden könnten. Sie sind vielleicht unentbehrlich, um die geselligen Unterhaltungen zu beleben, und für das entbehrte häusliche Glück in der Ehe, das, allen unsern Verhältnissen nach, nur Wenigen zu Theil werden kann, Schadloshaltung zu gewähren. Aber wer mag es anders als mit Bedauern betrachten, wenn er die Weiber aus den vornehmern Klassen sich selbst durch die Verzärtelung und faden Huldigungen, die sie verlangen, unter den Rang erwachsener Menschen erniedrigen: wenn er den Mann der Dame von Stande, wie einem bloßen Werkzeuge[WS 12] der Sinnlichkeit und Eitelkeit begegnen sieht: wenn beyde, unbekümmert um ihren Ruf, keine andre Sorge anwenden, als die, gültige Beweise zu einer Ehescheidungsklage, oder die Gelegenheit zu vermeiden, von dem Pöbel mit Koth beworfen zu werden! Und doch ist dieß die Weise, wie die Geschlechtsverbindung in vielen Pallästen der Großen behandelt, und diese dadurch in die Tempel der Guimard, du Thé und anderer berühmter Pariser Freudenmädchen, ja! bey minderem Geschmack und geringerer Abwechselung in den Belustigungen, in wahre Tripots verwandelt werden. Da ist [341] kein Gedanke an wahre Urbanität, welche gewiß in etwas anderm, als in dem äußeren Anstriche konventioneller Eleganz besteht: kein Gedanke an eine Unterhaltung, die dem Herzen, dem Verstande, oder auch nur dem Witze Nahrung gäbe: keine Ahnung einer höheren Bestimmung der Vertraulichkeit unter beyden Geschlechtern, als der, sich körperlich zu vereinigen, und die Zeit unter dem erbärmlichsten Geschwätz und den elendesten Zerstreuungen zu tödten. Ach! wer wünscht bey dem Anblick solcher Verhältnisse, die sich leider! täglich vermehren, nicht die Zeiten Ludewigs des Vierzehnten, oder sogar noch die des Regenten zurück, dessen Orgyen wenigstens durch Witz und Unterhaltungsgaben erheitert wurden!

Möchte dieß Werk vor allen Dingen die ehelige Geschlechtsverbindung und Liebe veredeln und verschönern helfen! Nur sie ist wahrer Vollkommenheit fähig, weil sie unter allen Beziehungen gut erscheinen kann. Aber wo dieß nicht zu erreichen steht, möge es da wenigstens jene ungebundenen Verhältnisse, welche die Gesetze und die Moralität nicht billigen, aber die gute Sitte dulden muß, ihrem innern Gehalte nach bessern, ihrer äußern Form nach schmücken. Mögen Personen, die sich in solchen Lagen befinden, nur so viel daraus lernen, daß keine Geschlechtsverbindung ohne jene Hindernisse und Weigerungen, welche Anstand und Selbstschätzung mit sich führen, ohne jene Reitze, welche der gute Geschmack der feineren Sinnlichkeit allein zu leihen im Stande ist, ich will nicht sagen den weisen, sondern nur den klugen Genießer auf die Dauer befriedigen kann.

[342] Aber ich sehe es zum Voraus: ich werde nur bey Wenigen Gehör finden! Aber auch dann, liebes Buch, gehe hin getrost! Ist auch keiner unter deinen Lesern, bey dem du bessere Begriffe und Entschlüsse über eine der wichtigsten Angelegenheiten unsers Lebens erweckst; so wird sich dein Verfasser dennoch belohnt fühlen: belohnt durch Liebe, durch das Gefühl, nach dem Wohl seiner Mitmenschen aus wahrer Achtung für ihre Würde thätig gestrebt zu haben.


  1. Ihr früheres Werk, Zaide, hat lange diesen Werth nicht.
  2. Voiture rühmte sich: d’en avoir conté depuis le Sceptre jusqu’ à la houlette, et depuis la Coronne jusqu’ à la cale.
  3. Es ließe sich eine interessante Vergleichung zwischen Bernard und Ovid in Rücksicht ihrer Begriffe von Sittlichkeit und Anstand anstellen. Im Allgemeinen herrscht doch mehr Egoismus, mehr Frivolität, mehr wahre Verdorbenheit bey dem Franzosen als bey dem Römer. Dieser kennt wenigstens dauernde Anhänglichkeit: er lehrt das Mädchen, das uns gefällt, erweichen, (exorare,) und wenn wir seine Gunst erhalten haben, diese zu bewahren. Der Franzose hingegen sucht sein Mädchen zu entflammen, und zu genießen. (enflammer et jouir.)
  4. Essays sur divers sujets interessans de Politique et de Morale 1761 ohne Druckort. T. I. Ess. 2. sur l’amour et la Jalousie.
  5. Man vergl. eine Note im 5ten Buche des Emil: Je sais, que les femmes, qui ont ouvertement pris leur parti sur un certain point, prétendent bien se faire valoir de cette franchise, et jurent, qu’à cela près il n’y a rien d’estimable, qu’on ne trouve en elles. Mais je sais bien aussi, qu’elles n’ont jamais persuadé cela qu’à des Sots.
  6. Je sais fort bien distinguer en Vous l’empire, que le coeur a sçu prendre, du delire d’une imagination échauffée.
  7. Ueber die Liebe gegen das andere Geschlecht, ein Lesebuch für Jünglinge und Mädchen. Winterthur 1783. Ueber die Liebe, allen liebenden Jünglingen und Mädchen gewidmet. Leipzig 1795. Herder und Schlosser haben über die Liebe in einer weiteren Bedeutung geschrieben: Der erste in seinem Aufsatze: Liebe und Selbstheit; letzterer in der Fortsetzung des platonischen Gesprächs von der Liebe. Hannover 1796. Die Beurtheilung dieser Schriften liegt außer den Grenzen, die ich mir gesetzt habe. Doch kann ich mich nicht enthalten, Herdern für die schönen Blumen zu danken, die er nach seiner Weise über diesen Gegenstand ausgestreuet hat.
  8. Die Bedeutung des ersten Worts ist von selbst klar. Patito heißt ein Gelittener: Cicisbeo ein Ohrenflüsterer.
  9. Jo ho l’onore di servirla.
  10. Libr. II. §. 28. p. 232.
  11. Lettere Critiche, giocose Morali, Scientifiche ed erudite del Conte Agostino Santo Pupieri, o sia del avocato Guiseppe Antonio Costantini. Venezia 1768. T. I. p. 34.
  12. Lettera sopra la Cicisbeatura Scritta dal Signore T. B. Irlandese. dedicata alla Signora Strozzi Ugucioni – und Lettera seconda sopra la Cicisbeatura, scritta da un Signore Inglese, à S. E. il Sig. Duca N. N.
  13. Ragguaglio dei Costumi, e delle maniere d’Italia, con osservazioni sopra gli sbagli presi da certi Viaggiatori nello scrivere di questo paese.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. a b Vorlage: hinter vorigen fehlt das Komma (siehe Verbesserungen)
  2. Vorlage: Courteosie
  3. Vorlage: Cyruno (siehe Verbesserungen)
  4. Vorlage: auffallendste (siehe Verbesserungen)
  5. Vorlage: dauernder (siehe Verbesserungen)
  6. Vorlage: traulichem (siehe Verbesserungen)
  7. Vorlage: Verzärtelung einer (siehe Verbesserungen)
  8. Vorlage: Sie nahm, und gab nichts, (siehe Verbesserungen)
  9. Vorlage: könne (siehe Verbesserungen)
  10. Vorlage: Vergehen (siehe Verbesserungen)
  11. Vorlage: noch (siehe Verbesserungen)
  12. Vorlage: wie bloßen Werkzeugen (siehe Verbesserungen)