Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Dritten Theils erste Abtheilung/Siebzehntes Buch

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[283]
Siebzehntes Buch.
Denkungsart der Römer über Geschlechtsverbindung und Liebe, bis zu den Zeiten des Septimius Severus.


Erstes Kapitel.
Einleitung.

Das gegenwärtige Buch hat einen doppelten Zweck: einmahl, zu zeigen, wie die Regierungsform die Begriffe über den Werth der Weiber und der Verbindung mit ihnen auf eine ähnliche Art bey den Römern wie bey den Griechen modificiert hat; dann aber auch hauptsächlich den Geist der römischen Liebesverständnisse und ihrer Behandlung zu entwickeln.

Es wird die Folge zeigen, daß die Galanterie des Mittelalters ihren ersten Ursprung und ihr entferntes Muster in den römischen Elegikern, und besonders im Ovid gefunden hat. Es war daher höchst nothwendig, ihren Charakter darzustellen, und die Ideen auseinander [284] zu setzen, die sie über Geschlechtsverbindung und Liebe gehabt haben.

Ob die Welt, welche diese Dichter schildern, ihre eigene wirkliche, oder eine fremde und fingierte gewesen sey, ist freylich schwer zu entscheiden. Ich glaube, daß zwar die Griechen ihnen zum Muster und Vorbilde in vielen Stücken gedient haben, daß besonders in Alexandrien der Ton der Liebesintrigue, (der im Grunde mit dem der verliebten Elegie ziemlich der nehmliche ist,) bereits einen hohen Grad von Ausbildung erhalten hatte; aber bey den mehrsten Zügen, welche uns die römischen Elegiker von ihren Verständnissen mit dem zärtern Geschlechte aufbewahrt haben, läßt sich doch die Individualität der Lagen, und das Lokale der Sitten nicht verkennen. Vielleicht sind die Römer in keiner Dichtungsart so originell gewesen, als in der Elegie. Die Liebesintrigue und deren Behandlung hat unter ihren Händen Zusätze erhalten müssen, die sie schwerlich in einem Lande, wo das Frauenzimmer weniger gesellige Freyheit als in Rom hatte, erhalten konnte. Darum habe ich auch bloß bey den Elegikern etwas Römisches aufgesucht, und übrigens ihre Komiker, ihre Philosophen, und ihre Romanendichter, in so fern sie sich mit der Liebe beschäftigt haben, der griechischen Bildung wegen, zu den Griechen gerechnet.

Uebrigens bedarf es wohl kaum der Erinnerung, daß ich bey der Charakterisierung der römischen Liebesdichter auf den Werth ihrer Werke, als Produkte der schönen Kunst, nur beyläufig Rücksicht nehmen, und mich darauf beschränken mußte, den Werth ihrer Bemühungen zur Veredlung und Verschönerung der Liebe zu prüfen. [285] Derjenige, der vielleicht an Adel, Schönheit und Wahrheit liebender Empfindungen allen Andern vorgeht, ist darum noch nicht der größere Dichter.


Zweytes Kapitel.
Denkungsart der Gesetzgeber und Staatsmänner über die Verhältnisse der beyden Geschlechter zu einander, zu den Zeiten der Republik.

Daß die Gesetzgeber und Staatsmänner in Rom über die Verhältnisse der beyden Geschlechter zu einander ganz anders in den ersten Zeiten der Republik, als in der Folge, gedacht haben, wie bey zunehmendem Luxus die Begriffe über den Werth des Menschen in dem zärteren Geschlechte sich verfeinert hatten; daß ferner dieß Geschlecht an Wichtigkeit gewonnen hat, als es, nach Einführung der Monarchie, ein unmittelbarer Gegenstand der Fürsorge der Alleinherrscher wurde, vor deren Gewalt selbst das Regiment des Hausvaters verschwand; das läßt sich bereits aus demjenigen vermuthen, was ich über diesen Gegenstand in dem vorigen Buche gesagt habe.

Ich übergehe die Zeiten, in denen Rom unter Königen stand. Die Nachrichten, die uns davon übrig geblieben sind, rühren von spätern Schriftstellern her, welche Gebräuche und vorübergehende Anordnungen, die das Bedürfniß des Augenblicks nothwendig machte, mit dauernden Gesetzen verwechselt, und sich dabey mancher Widersprüche schuldig gemacht haben. Ist es glaublich, daß Numa, der auf der einen Seite für die Sittsamkeit [286] der Weiber, und für die Heiligkeit der Ehen so besorgt dargestellt wird, auf der andern den Männern, welche mit ihren Gattinnen Kinder gezeugt hatten, erlaubt haben sollte, diese an andere Männer zu eben diesem Zwecke zu verleihen? Gewiß! dieß sieht weniger einer Wahrheit, als der Grille eines Sophisten ähnlich, der aus der Nothwendigkeit einen neuerrichteten Staat zu bevölkern, Gesetze herleitet, denen sich die Natur und selbst die Nachricht widersetzen, daß 520 Jahre nach der Erbauung Roms von keiner Ehescheidung die Rede gewesen sey.

Ich wende mich sogleich zu den Zeiten der Republik, von denen wir freylich nicht viel wissen, von denen uns aber doch solche Nachrichten übrig geblieben sind, die wir mit unsern übrigen Erfahrungen zusammenreimen können.

In jeder Republik, die wirklich diesen Nahmen verdient, weil jedes Mitglied derselben unmittelbar an der Gesetzgebung Theil nimmt, können immer nur wenige Personen auf die Rechte selbständiger Staatsbürger Anspruch machen. Dieß sind die eingebornen und ansässigen Hausväter. Alle andere Menschen, die mit und neben ihnen wohnen, leben und weben, zu dem Wohl des einzelnen Bürgers, und zur Fortdauer des Staats erfordert werden, sind bloßes Zubehör, Mittel, das Wohl der ersteren zu befördern. Sie sind nie Zweck. Man braucht, man duldet sie, weil man sie nutzt, und weil man ihrer nicht entbehren kann. Dahin gehören Sklaven, Freygelaßne, Fremde, Weiber, sogar die Söhne der Staatsbürger, so lange diese noch nicht selbständige Mitglieder der Republik geworden sind.

[287] Der Republikaner ist in seinem Privatleben außer Hause viel beschränkter als der Unterthan eines monarchischen Staats. Die Achtung für das öffentliche Individuum in jedem einzelnen Bürger, schreibt ihm eine Menge, oft bloß konventioneller Regeln vor, wornach er sein Betragen in den Zusammenkünften zur geselligen Unterhaltung, die Wahl seiner Vergnügungen, und den Gebrauch seines Vermögens einrichten muß.

Der echte Republikaner ist wirklich nur in zweyen Rücksichten frey: als Theilnehmer an der Gesetzgebung, und als Patriarch in seinem Hause. In der ersten Eigenschaft bestimmt er selbst seine Meinung über dasjenige, was das Wohl des Staats erheischt, von dem er ein selbständiges Mitglied ausmacht: in der letzten ist er wahrer Despot. Alle Mitglieder seiner Familie müssen ihren Willen dem seinigen unterwerfen. Er steht dem Staate nur dafür ein, daß ihm seine Hausgenossen nicht schädlich werden. Ob diese glücklich sind, darum bekümmert sich der Staat nicht; das ist die Sache des Hausvaters.

Natürlich fließt hieraus die größte Abhängigkeit für die Familienmitglieder: aber auch Pflicht zur äußersten Eingezogenheit. Wenn der Hausvater in seinem Privatleben außer Hause bereits so beschränkt ist, wie viel mehr müssen es diejenigen seyn, für deren Vergehungen er einzig und allein einstehen muß.

Wo das Klima gemäßigt ist, wo die Leidenschaften minder heftig sind, wo die Beschäftigungen des Mannes ihn oft von seiner Heimath abrufen, und ihm den Beystand der Vorsteherin seines Hauses wichtiger machen; da wird die Eifersucht minder rege, die Behandlung des Weibes milder, die Aufsicht weniger nachspürend [288] seyn: da wird sich die Eingezogenheit des Weibes weiter von Einkerkerung entfernen.

Das Klima war vormahls in Italien, allen Nachrichten zufolge, weniger heiß, als jetzt; seine Bewohner waren minder aufgelegt zur Eifersucht: der Römer trieb den Ackerbau, und häufige Kriege hielten ihn oft von seinem Hause entfernt. Die Sitten waren einfach, waren rein, weil die Römer arm waren, und viel Gemeingeist, viel Achtung für die öffentliche Person im Staate, und in jedem einzelnen Bürger unter ihnen herrschte.

Unter solchen Verhältnissen konnte das patriarchalische Regiment des Hausvaters die ausgedehnte Gewalt haben, die wir ihr beygelegt finden: unter solchen Verhältnissen konnte der Staat um die innere Einrichtung der Familien unbekümmert bleiben. Der Censor fragte: ob der Bürger verheirathet sey? Wie er aber mit seiner Frau in dem Innern seines Hauses lebte, das fragte er nicht. Ja, bey der großen Einfachheit und Reinheit der Sitten finden wir sogar nicht einmahl Polizeygesetze, wodurch, wie bey den Atheniensern, die Rechte des Ehemanns vor fremdem Frevel gesichert, und dem Hange der Gattinnen und Töchter noch Ausschweifungen vorgebeuget wäre. Vergingen sich inzwischen Weib und Sklave unmittelbar an dem Staate; so lagen beyde unter der strafenden Hand der öffentlichen Obrigkeit.

Die Gattin ward von dem Staate als Eigenthum des Mannes nur um eine Stufe über den Sklaven erhoben betrachtet. Sie war in seiner Gewalt: alle Gebräuche, womit die Ehe vollzogen wurde, zeigen darauf hin. Sie ward dem Gatten unter einer gottesdienstlichen Feyerlichkeit geweihet: sie ward ihm durch einen [289] förmlichen Kaufkontrakt zugeschlagen: er erwarb sie durch Verjährung. Alles, was sie ihm zubrachte, alles, was sie gewann, war sein: er hielt Familiengericht über ihre Vergehungen, und den Begriffen des Verhältnisses nach, worin sie zu ihm stand, konnte er sie sogar am Leben strafen. Allein Elternfürsorge, Schätzung des Mannes für den Werth der Vorsteherin seines Hauses, natürliche Gefühle der Sympathie mit der Gefährtin seines Lebens, mit der Mutter seiner Kinder, besonders aber die Achtung für die Abkunft der Tochter eines Staatsbürgers; – alles dieß gab doch dem Begriffe der vollkommenen Angehörung eine besondere Modifikation, und der Person der Gattin einen Rang über dem Sklaven und über dem Kebsweibe. Sie blieb freygebornes Familienmitglied, und erbte nach dem kinderlosen Tode des Mannes Alles, oder wenn sie Kinder hatte,[WS 1] mit diesen Kindestheil.

Inzwischen kann auf Anerkennung der Selbständigkeit des Weibes, auf Achtung und wahre Zärtlichkeit für das Geschlecht in einer solchen Lage nicht gerechnet werden. Zwar finden wir einige Beyspiele, daß die Römer weibliche Verdienste geehrt haben. So errichteten sie der Clölia eine Ritterstatue, (Statua equestris) und zu Ehren der Mutter und der Gemahlin des Coriolan der weiblichen Glücksgöttin einen Tempel. Aber dergleichen Zeichen öffentlicher Dankbarkeit für Dienste, die dem Staate geleistet waren, beweisen um so weniger etwas für die Achtung für das weibliche Geschlecht, weil auch Sklaven, ja, sogar Thiere unter ähnlichen Umständen daran Theil nahmen.

[290] Die Staatsmänner dachten in diesen Zeiten über die Vorzüge des besten Weibes eben so wie in Athen. Es mußte die öffentliche Aufmerksamkeit so wenig als möglich auf sich ziehen: es mußte gar die Rede nicht von ihm seyn. „Wenn jeder Hausvater, sagte der ältere Cato, sich nach dem Beyspiele der Voreltern bestrebte, sein Weib in der gehörigen Unterthänigkeit zu erhalten; so würde man öffentlich mit dem ganzen Geschlechte nicht so viel zu schaffen haben.“

Man behauptet, die Ehen wären unauflößlich gewesen. Aber diesem widerspricht ein Gesetz der zwölf Tafeln, das dem Manne befiehlt, der Frau bey der Scheidung den Grund anzugeben, warum er sich von ihr trenne. Das Gesetz mag zur Anwendung gekommen seyn oder nicht, so beweiset es eben keine große Achtung für das Geschlecht.

Die Bigamie ist unerlaubt gewesen. Aber Kebsweiber müssen sehr früh bekannt gewesen seyn, weil Festus ein Gesetz des Numa anführt: daß kein Kebsweib den Altar der Juno berühren sollte. – Daß der Ehebruch dem Manne verboten sey, findet sich nicht: die Ehebrecherin aber konnte von dem Manne auf der Stelle umgebracht werden. Von der Ausgelassenheit der Geschlechtssympathie gegen Lieblinge, die in Griechenland zur nehmlichen Zeit, und heut zu Tage in Italien so gewöhnlich ist, finden wir in diesen ersten Zeiten keine Spur.

Vieles hat sich in diesen Gebräuchen nach den punischen Kriegen und nach der Zerstörung von Carthago geändert, als die Römer reicher, kultivierter und verdorbener in ihren Sitten wurden. Aber das Wesentliche des Begriffs, den der Republikaner von [291] den Verhältnissen des Mannes zum Weibe hegt, ist dennoch geblieben: dieß letzte ist immer ein von dem Hausvater höchst abhängiges Wesen, ohne Anspruch auf die Rechte eines selbständigen Mitgliedes des Staats, folglich auch seiner unmittelbaren Fürsorge entzogen.

Die Strenge des Hausregiments hat wahrscheinlich gegen die reicher ausgestattete Gattin nachgelassen: der mächtige, wohlhabende Schwiegervater hat wahrscheinlich die patriarchalischen Rechte des Mannes, dessen Sitten nicht mehr für seine Gerechtigkeit und Milde bürgten, durch besondere Verträge bey Schließung der Ehe beschränkt. Ja, es ist eine ganz neue Art von Ehen aufgekommen, wornach die Gattin nicht mehr in die Gewalt des Mannes überging, sich die Rechte an ihrem Brautschatze nach getrennter Ehe vorbehielt, und bey übler Behandlung zu ihrem Vater zurückkehrte, oder neue Verbindungen schloß. Aber alles dieß haben nur Privatverabredungen geändert, welche das Gesetz zuließ. Der Stand der Frauen ist, so viel wir wissen, noch immer kein Gegenstand der öffentlichen Fürsorge geworden. Doch hat diese schon nöthig gefunden, die Mißbräuche der Geschlechtssympathie durch Verordnungen und darauf gesetzte Strafen zu zügeln. [1]

[292]
Drittes Kapitel.
Denkungsart der Gesetzgeber und der Staatsmänner in diesem Punkte zu den Zeiten der monarchischen Verfassung.

So wie die Monarchie gegründet ward, verlor sich auch die patriarchalische Gewalt des Hausvaters mit seiner Selbständigkeit als Staatsbürger. Die Frau ward nun so gut ein unmittelbarer Theil der bürgerlichen Gesellschaft als der Mann, und ihr Stand so gut wie der seinige ein Gegenstand der öffentlichen Fürsorge. Zwar hat Tiber noch einmahl den Versuch gemacht, die Ausschweifungen der Gattinnen einem Familiengerichte zu unterwerfen; aber schon unter dem Claudius finden wir, daß diese Anordnung nicht mehr beobachtet wurde.

Aus diesen Zeiten rühren die Gesetze her, welche für die Sicherheit des Brautschatzes auf den Fall getrennter Ehen sorgen, und der Gattin erlauben, sich sogar während derselben einen Theil ihres Vermögens zu ihrer eigenen Disposition vorzubehalten. Schon unter dem August ward der Ehebruch an dem Manne und an der Frau auf gleiche Art bestraft. Das Papia-Poppäische Gesetz liefert mehrere Beyspiele einer solchen beobachteten Gleichheit unter beyden Geschlechtern. Durch das Vellejanische Senatusconsultum ward für die Unwissenheit und die Weichheit des zärtern Geschlechts bey Bürgschaften gesorgt: durch das Tertullianische ward der Mutter ein Erbrecht an dem Nachlasse ihrer ohne Testament verstorbenen[WS 2] Kinder gesichert. Kurz! Alles beweiset in den Zeiten [293] vom August an bis zum Septimius Severus die erhöhete Wichtigkeit des Weibes in den Augen der Gesetzgeber.

So wie die freye Thätigkeit des Bürgers in seinem öffentlichen Leben abnimmt, so nimmt sein Trieb nach Freyheit im Privatleben, seine Sucht nach Unterhaltung außer Hause, und seine Begierde nach sinnlichem Genusse zu. Intriguen mit dem gebundenen Frauenzimmer, und jede Art zügelloser Befriedigung der Geschlechtssympathie werden häufiger. Daher die häufigen Polizeygesetze aus dieser Zeit, wodurch die Ausschweifungen der beyden Geschlechter in ihren Verhältnissen gegen einander gezügelt werden sollten.

Der Monarch ist verheirathet; ist selbst Hausvater. Er bemerkt in seiner Familie Unordnungen, und indem er diesen steuert, erinnert er sich, daß seine Unterthanen durch ähnliche leiden. Die Privatverordnung, die der Patriarch für sein Haus gemacht haben würde, wird in der Person des Monarchen Veranlassung zu einem allgemeinen Gesetze. Oft hängt er von seiner Gattin ab. Diese bemerkt einen Mangel, eine Härte in den vorhandenen Gesetzen, die ihr Geschlecht drücken, und worunter vielleicht sie allein, oder mit ihr alle Weiber leiden. Der gefällige Gemahl findet in ihren Klagen wieder Veranlassung zu allgemeinen Anordnungen. Es ist gewiß, daß das zärtere Geschlecht keine republikanische Verfassung zu wünschen Ursach hat!

[294]
Viertes Kapitel.
Denkungsart der guten Gesellschaft über Liebe und Geschlechtsverbindung bis zu der Zerstörung von Carthago.

Die Denkungsart der guten Sitte in Rom in den ersten Zeiten der Republik über den Werth der Weiber, und der engeren Verbindungen zwischen beyden Geschlechtern scheint derjenigen, welche in Athen die herrschende war, ziemlich gleich gewesen zu seyn. Eingezogenheit, Wirthschaftlichkeit, treue Anhänglichkeit an dem Manne, aufopfernde Sorgfalt für die Erziehung der Kinder, endlich warmes Interesse an dem öffentlichen Wohl; das waren die Tugenden, welche an den römischen Matronen geschätzt wurden, und die Liebe der Gatten zu ihnen rechtfertigten.

Columella sagt: „Die Frauen besorgten ihr Hauswesen: und die Männer fanden, wenn sie nach geendigten Geschäften Abends nach Hause kamen, die vollkommenste Ruhe. Einigkeit und Liebe zur Arbeit herrschten hier unter gegenseitiger Achtung. Die Frau, die durch ihre Schönheit am mehrsten glänzte, suchte sich doch nur durch ihre Wirthschaftlichkeit und durch die Sorge auszuzeichnen, mit der sie den Bemühungen des Mannes zu Hülfe kam. Alles war unter den beyden Eheleuten gemein. Sie strebten nach einerley Zweck: sie hatten kein getrenntes Interesse. So wie der Mann außer Hause das gemeinschaftliche Vermögen zu vermehren suchte; so hielt es die Frau daheim durch Emsigkeit und Thätigkeit zusammen.“

[295] Columella lebte zwar lange nachher, in dem ersten Jahrhunderte nach Christi Geburt. Aber er konnte noch gute Nachrichten von der Vorzeit haben, und diese stimmen mit demjenigen zusammen, was wir von der Einfachheit und Reinheit der Sitten in dem damahligen Zeitalter wissen. Lukretia wird dargestellt, tief in die Nacht hinein mit ihren Mägden spinnend, ihrem Manne und der Tugend treu, bis zur Aufopferung ihres Lebens.

An eigentliche Zärtlichkeit zwischen den Gatten ist übrigens nicht zu denken. Es war ein liebendes Klientelarverhältniß, was die gute Sitte zwischen ihnen gegründet wissen wollte.


Fünftes Kapitel.
Denkungsart der guten Sitte in diesem Punkte in den spätern Zeiten der Republik.

Obgleich die Sitten nach der Zerstörung von Carthago in Rom sehr verdorben wurden, so blieben doch die Tugenden, welche früher an den Matronen geschätzt wurden, in fortwährender Achtung. Die Weiber unterstützten diese oft durch unmittelbareren Einfluß, den sie in den öffentlichen Angelegenheiten bekamen, und durch die Kenntnisse, womit sie ihren Geist schmückten. Dasjenige, was uns die Geschichte von der Cornelia, Mutter der Grachen, und von mehreren andern Frauen der damahligen Zeit erzählt, setzt dieß außer allen Zweifel. Cicero redet von mehreren Matronen unter seinen Zeitgenossinnen, mit der [296] größten Achtung für ihre Tugenden, Einsichten und kluge Aufführung. Er rühmt unter andern an ihnen, daß sie viel reiner die alte echt römische Sprache sprächen, als ihre Männer.

Wenn gleich in dieser Zeit die Matrone immer mehr außer Hause zu leben, und sich den Zerstreuungen der größern Gesellschaft zu überlassen anfing; wenn Intriguen und Bruch der ehelichen Treue immer häufiger wurden; so legte doch die gute Sitte noch immer hohen Werth auf Eingezogenheit, Wirthschaftlichkeit, und unverrückte Treue. Die Begriffe darüber gingen so weit, daß die Frauen selbst einen Ruhm darin suchten, nach dem Tode ihres ersten Mannes nicht wieder zu heirathen. Merkwürdige Beyspiele der Aufopferung der Gatten für einander liefert gleichfalls diese Zeit. So häufig und so leicht die Ehescheidungen waren, so wurde doch durch diesen Schritt die gute Sitte immer beleidigt, wenn bloßer Leichtsinn, und nicht gegründete Ursachen dabey zum Grunde lagen. Dagegen scheint die gute Sitte die Duldsamkeit der Männer nicht gebilligt zu haben, wie besonders auch die übertriebene Zartheit Cäsars in diesem Punkte beweiset.

Uebrigens wurden die Verhältnisse mit den Hetären immer häufiger, und der Abscheu für die unnatürliche Neigung zu Lieblingen nahm unter der guten Gesellschaft immer mehr ab.

Warum hat die Liebe zu den Lieblingen in Rom nie einiges Ansehn erhalten können? Weil die Natur seiner Einwohner überhaupt kälter war als die der Griechen: weil ihre republikanischen Neigungen weit mehr mit ihrer Selbstheit, mit ihrem geistigen Stolze, [297] als mit ihrer Sympathie und[WS 3] ihrem Beschauungshange im Verhältnisse standen: endlich, weil sich ihr Patriotismus beynahe verloren hatte, als sie reicher und kultivierter wurden. Darum ist die Liebe zu den Lieblingen immer eine Ausgelassenheit körperlicher Begierden geblieben, und darum hat sie immer die Rüge der guten Sitte und der Gesetzgeber auf sich gezogen.


Sechstes Kapitel.
Fortsetzung: Lukrez und Catull.

Die beyden einzigen aus dieser Zeit übrig gebliebenen Schriftsteller, welche die Geschlechtsverbindung und Liebe zu ihren ästhetischen Darstellungen genutzt haben, sind Lukrez und Catull.

Beyde haben keinen bestimmten Begriff von der Liebe: Beyde verwechseln mit ihr die Begierden, welche auf Geschlechtssympathie beruhen. Ich habe vom Lukrez schon oben als von dem Darsteller eines philosophischen Systems geredet. Ich will seiner hier nur in so fern erwähnen, wie er als Darsteller der Liebe auf Herz und Imagination wirkt.

Lukrez verwechselt, wie gesagt, Geschlechtssympathie mit Liebe, und nennt besonders leidenschaftliches Verlangen nach körperlichem Genuß mit diesem Nahmen. Um seine Leser für die Darstellung dieses Verlangens zu interessieren, werden feyerliche Bilder seines Zusammenhangs mit den Naturgesetzen über das Werden aller Dinge daran gereihet. Der Ursprung [298] des Geschlechtstriebes wird auf eine geheimnißvolle Art entwickelt, und sein Wirken mit der größten Stärke geschildert. Der Dichter verfährt also bey der Einführung in die Geheimnisse der Liebe, wie die Vorsteher Eleusinischer Mysterien bey der Einweihung in diese. Die Einbildungskraft des Einzuweihenden wird beflügelt, und er staunt das Gewöhnliche, Bekannte, Niedrige, als etwas Auffallendes, Neues und Heiliges an.

Dieser Kunstgriff ist in neueren Zeiten mehrmahls wiederhohlt worden.

Catull fühlt den Unterschied zwischen Zärtlichkeit und leidenschaftlicher Begierde, und nennt die letzte Liebe. [2] Natürlich hält er den Zorn und die Eifersucht des Mädchens für den sichersten Beweis derselben. [3]

Dieser Dichter lehrt uns vielleicht besser als jeder andere, wie der spielende Zeitvertreib, den die Vertraulichkeit zweyer Liebenden gewährt, von ihren körperlichen Freuden und von der Unterhaltung ihres Geistes noch verschieden sey. Er arbeitet für das niedere Seelenwesen; aber freylich unter Leitung eines feinen Sinns für das wahre Schöne. Wie weiß er aus den gewöhnlichen Vorfällen unter den Liebenden, aus dem Zählen der Küsse, aus den Versicherungen der Liebe, sogar aus dem Tode eines Sperlings einen Stoff zu ziehen, bey dessen Bearbeitung sich die Feinheit seines Gefühls, aber auch das Muntere seiner [299] Laune, und die gefällige Gewandtheit seines Witzes nie verläugnen! [4] Was er von dauernder Anhänglichkeit und leidenschaftlicher Hingebung sagt, das spricht er den Griechen nach, und das geräth ihm am schlechtesten. [5]


Siebentes Kapitel.
Denkungsart der guten Sitten und der Edelsten im Volke über Geschlechtsverbindung und Liebe zu den Zeiten der römischen Kaiser in dieser Periode.

Wenn man die Zeugnisse der Geschichtschreiber, die Rügen der Sittenlehrer, die satyrischen Ausfälle der Dichter über die Ausgelassenheit der Römer zu den Zeiten der ersten Kaiser zusammenstellt, und sich daraus ein Bild der herrschenden Denkungsart unter der vornehmeren und wohlhabenderen Classe dieses Volks entwirft; so wird man leicht in Versuchung geführt, zu glauben, das, was man gute Sitte nannte, habe die gröbste, die schamloseste, die verkehrteste Befriedigung körperlicher Begierden gebilligt: oder es habe vielmehr gar keine gute Sitte im eigentlichen Verstande des Worts existiert. Alles, was man von der Ausgelassenheit der verdorbensten Höfe und Städte zu unsern Zeiten anführt, kommt bey weitem demjenigen nicht gleich, was die angeführten Schriftsteller von dem damahligen Rom erzählen. Ihnen zufolge, hat man nur daran gedacht, die abgestumpften Sinne durch abentheuerliche Formen des unnennbaren Genusses wieder zu erwecken, und dieß [300] ist diejenige Verschönerung gewesen, die man der Liebe geben zu müssen geglaubt hat.

Allein man hüte sich wohl, den Standpunkt zu verfehlen, aus dem jene Schriftsteller die Denkungsart ihrer Zeitgenossen betrachtet haben. Sie wollten die schädlichen Folgen eines übertriebenen Luxus schildern: sie wollten den Einfluß darstellen, den ein verdorbener Hof auf die Menge haben muß. Sie hielten die Römer der damahligen Zeit mit denjenigen zusammen, die unter der freyen Republik gelebt hatten, und es ist begreiflich, daß der gewöhnliche Fehler der Lobredner vergangener Zeiten, Alles ins Schöne zu heben, hier mehr als sonst Entschuldigung verdient.

Der Philosoph hat immer Recht, ein Volk für höchst verdorben zu erklären, wenn diejenigen Bürger, die vermöge ihres Ansehns zu der sogenannten guten Gesellschaft gehören, der Zügellosigkeit mehrerer ihrer Mitglieder nachsehen, oder sogar, der Verachtung die sie einflößen ungeachtet, eigennützig um ihre Gunst und ihren Beyfall buhlen. Er hat ein desto größeres Recht dazu, weil es beynahe nicht fehlen kann, daß schwache Menschen, die sich in ihrem Betragen nur durch den Nachahmungstrieb leiten lassen, diejenigen unter ihren Mitbürgern, die sich durch Ausschweifungen auszeichnen, und die sie demungeachtet geehrt sehen, zu Mustern wählen, und sich durch ähnliche Laster ihnen gleich zu stellen suchen.

Keinesweges aber mag daraus gefolgert werden, daß die Mehrheit der Mitglieder der sogenannten guten Gesellschaft den festen Grundsatz angenommen habe, sich über Sittlichkeit, oder deren Schein, den [301] Anstand, dergestalt hinauszusetzen, daß es zum Begriffe eines wohlerzogenen Menschen gehörte, alle Gefühle geselliger Ordnung frevelhaft unter die Füße zu treten. Nie wird man behaupten dürfen, daß die Messalinen, die Caligula’s, die Neronen, nach den Begriffen der Mehrheit unter den angesehensten Bürgern Roms, den besten Ton gehabt hätten. Dem größern Haufen die Ueberzeugung von der Lächerlichkeit eines sittlichen und anständigen Betragens, eine konsequente Beurtheilung und Handlungsart nach sittenlosen Grundsätzen zuzutrauen, würde sehr wenig Menschenkenntniß verrathen. Man darf vielmehr dreist behaupten, daß an den verdorbensten Höfen, in den luxuriösesten Städten, die Zirkel, welche den Anstand verachten, immer nur klein im Verhältnisse gegen den Haufen sind, der ihn mit Wohlgefallen betrachtet. [6] Selbst die einzelnen verwahrloseten Menschen, die in ihrer Frechheit so weit gehen, Sittlichkeit, Adel, Schönheit, ja sogar die Schonung der bessern Empfindungen in Andern als Vorurtheile zu verlachen, und sich durch keine andere Gesetze leiten zu lassen, als diejenigen, welche die Rücksicht auf die höchste und abwechselndste Befriedigung ihrer Lüste vorschreiben; selbst diese Menschen, sag’ ich, lassen doch gemeiniglich ihre Angehörigen nach andern Grundsätzen, als die ihrigen sind, erziehen. Besonders bleibt das zärtere Geschlecht gern seiner natürlichen [302] Schamhaftigkeit und den daraus fließenden sittlichen Vorzügen treu, und es ist eine ausgemachte Erfahrung, welche auch die Geschichte Roms bestätigt, daß die Weiber an Ansehn zunehmen, so wie die Männer an innerm Werthe sinken.

Diese Erscheinung kann nicht daraus erklärt werden, daß die Weiber nun anfangen, mit den Männern in Lastern zu wetteifern, und sich ihre Ausschweifungen anzueignen: sie kann auch nicht daraus allein hergeleitet werden, daß die Weiber einen wichtigeren Beytrag zu den geselligen Vergnügungen zu liefern anfangen; Nein! ein stark mitwirkender Grund liegt darin, daß diejenigen Triebe in ihnen, welche die Tugend unterstützen, ihre Schamhaftigkeit, ihre Geduld, ihre aufopfernde Liebe, sie immer auf einer höhern Stufe von Sittlichkeit erhalten, als die Männer, und daß sie dadurch diesen eine Huldigung abzwingen, welche selbst der verdorbenste Mensch dem besser gearteten auf die Länge nicht versagen kann.

Mögen folglich auch wenig Tugendhafte in Rom zu der damahligen Zeit gewesen, mögen große ungeheure Laster im Schwange gegangen seyn, mag sich bey mehrerer Veranlassung zu Verirrungen ihre Zahl außerordentlich gehäuft haben; so blieb doch eine gute Sitte. Die Gesellschaft wohlhabender und gebildeter Menschen legte doch Werth auf ein Betragen, wodurch man Achtung für gesellige Ordnung und für das vernünftige Wesen im Menschen verrieth. Sie war sogar nicht unempfindlich gegen die Bemühung, die geselligen Verhältnisse zu veredeln und zu verschönern, und sie erkannte den Werth dieser Bemühung [303] auch besonders in den Verbindungen zwischen beyden Geschlechtern an.

Inzwischen wird man sich von selbst leicht vorstellen, daß der Römer in seiner damahligen Lage zu keinem hohen Schwunge in den Begriffen von der Liebe gekommen sey. Er verstand darunter leidenschaftliches Bestreben nach dem Besitz der Person, zu dem Zweck des körperlichen Genusses, der kosenden Unterhaltung, und des häuslichen Zusammenlebens. Diese Liebe ward nach den Begriffen der damahligen guten Gesellschaft veredelt, wenn sie Aufopferungen der einsamen Existenz für die Wonne, das Leben zusammen zu genießen, hervorbrachte: wenn bey Ueberwindung der Schwierigkeiten, die sich der Vereinigung der Liebenden entgegen setzten, Standhaftigkeit und Stärke hervorschienen. Sie ward verschönert, diese Liebe, wenn sich in der Art, den Genuß körperlicher Liebkosungen und kosender Vertraulichkeiten einzunehmen, eine große Fülle und Feinheit des Gefühls und des Witzes offenbarten.

Dieß lehrt uns die Kenntniß der Sitten dieses Zeitalters überhaupt, verglichen mit denen der luxuriösesten Völker des unsrigen: dieß bestätigen aber auch die Darstellungen einer edleren und schöneren Liebe in den Dichtern dieser Periode. Denn so viel darf man immer als gewiß annehmen, daß wenn auch diese Dichter eine Welt schilderten, die nicht völlig mit der wirklichen überein kam, sie dennoch bey solchen Darstellungen, wozu der Stoff aus dem gemeinen Leben hergenommen war, auf gar kein Interesse bey der guten Gesellschaft hätten rechnen können, [304] wenn nicht einige Analogie zwischen den fingierten Sitten und den wahren vorhanden gewesen wäre.

Begreiflich wird es aber nun, daß die Edelsten im Volke, diejenigen, die sich in ihrem Urtheile und Geschmack nicht durch die gute Sitte, sondern durch die Vollkommenheit der Sache selbst bestimmen lassen, an einer solchen Liebe wenig Interesse nehmen konnten. Sie betrachteten sie vielmehr als eine Schwäche des vernünftigen, und als ein Spielwerk des sinnlichen Menschen: als eine Geburt des Luxus und des Müssiggangs. Der geistige Stolz, die Hauptleidenschaft des ausgezeichneten Römers unter den Kaisern der ersten Jahrhunderte, und die stoische Philosophie, die jenem so sehr schmeichelte, konnten in den Aufopferungen, welche die Leidenschaft der Geschlechtssympathie hervorbrachte, nichts Erhabenes finden, und die Begeisterung der Liebe nur für Wahnsinn halten.


Achtes Kapitel.
Geist der Liebesverständnisse und ihrer Behandlung, nach der Darstellung der römischen Elegiker.

In einer Stadt, worin es viel Müssiggang und viel Luxus giebt, muß es auch viel Ehescheue, viel leichtfertige Weiber, folglich auch viel Liebeshändel geben. Aber diese Intriguen hatten bey den Römern einen hohen Grad von Ausbildung erhalten, den sie nur unter einem Volke bekommen konnten, das dem zärteren Geschlechte viel gesellige Freyheit einräumt, [305] aber zugleich aus seinen früheren Einrichtungen einen gewissen Geist von Zucht und Ordnung beybehält, und das Weib der Obhut des Gatten, der Eltern, und der Anverwandten unterwirft. Die Römerin mußte diese unter ihren Augen hintergehen, um dem Liebhaber ihre Gunst zu bezeugen. Sie fand aber in größeren Zusammenkünften, von denen sie nicht ausgeschlossen war, häufige Gelegenheit, diese Gunst auf eine Art zu erkennen zu geben, wodurch das Verständniß nur für diejenigen ein Geheimniß blieb, deren Rechte unmittelbar dadurch beleidigt wurden. Daraus entstand eine neue Genußart für die Eitelkeit, ein neuer Reitz für die gesellige Unterhaltung. Die Liebenden traten gleichsam wie versteckte Schauspieler vor der übrigen Gesellschaft auf, die an ihrem Schicksale Theil nahm. Man denkt sich leicht, wie sehr dieß das Interesse solcher Intriguen, sowohl für die Handelnden selbst, als für die Zuschauer, erhöhen mußte.

Obgleich die Römerin zu den Zeiten der Kaiser viel gesellige Freyheit genoß, so war doch der Umgang zwischen beyden Geschlechtern sehr verschieden von dem unsrigen. Daß ein Mann, der nicht als Gatte oder Anverwandter dazu berechtigt war, in dem Hause einer Dame hätte frey aus und eingehen, sie allein sehen, in kleineren Zirkeln bloßer Bekannten mit ihr hätte zusammen kommen dürfen, ohne den Anstand zu beleidigen; daß läßt sich nicht annehmen. Die Liebenden sahen sich an öffentlichen Orten, in häuslichen Zirkeln, unter den Augen der Hüter; und nur unter dem Schleyer des Geheimnisses allein. Dieß erhöhete den Reitz solcher Zusammenkünfte, und war sehr geschickt, dem Verständnisse einen leidenschaftlichen Charakter zu [306] geben, wenn die Verbindung auch noch so bald zu Ende gieng.

Die Befriedigung der Eitelkeit, die Beschäftigung, die Spannung des Geistes und des Herzens, welche die Intrigue mit sich führte, mußte in einer Stadt, die dem Müssiggange so sehr ergeben war, der ungebundenen Liebe vor der ehelichen den Vorzug bey derjenigen Gesellschaft sichern, die nur auf Unterhaltung ausging. Dazu kam die Erfahrung, daß die mehrsten Ehen aus Nebenrücksichten geschlossen wurden, und daß eine Vereinigung, die nicht durch das bereits eingegangene, oder bevorstehende Band der Gesetze geheiligt wurde, für ein freyeres Geschenk des Herzens bürgte.

Daraus müssen wir es uns erklären, daß die Dichter dieser Zeit so selten die Bewerbung um das geliebte Mädchen, an dessen Hand sie aufs ganze Leben glücklich zu werden hoffen, schildern: daß es gemeiniglich nicht die erwählte Braut, sondern die Gattin eines andern Mannes, oder doch ein Frauenzimmer ist, auf dessen Besitz in der Ehe sie keinen Anspruch machen können oder wollen[WS 4], die ihre Huldigungen auf sich ziehen. Nur Verhältnisse dieser Art schienen ihnen der dichterischen Behandlung und des allgemeinen Interesses fähig!

War es Respekt für eine angenommene Meinung des Publikums, oder war es Respekt für die wirklichen Tugenden des Standes der Matronen, daß die Dichter gemeiniglich den Gegenstand ihrer Liebe aus der Classe der Freygelaßnen und derjenigen Fremden wählten, die sich in Rom aufhielten? Das letzte ist unwahrscheinlicher als das erste! Aber nach dem ganzen Tone, der damahls in den Sitten Roms herrschte, läßt es sich voraussetzen, daß es nur zwey Arten von Weibern [307] daselbst gab: Hausfrauen, deren strenge Eingezogenheit nicht einmahl die Hoffnung eines Sieges erlaubte, und ganz leichtsinnige Weiber. Wenn sich also die Matrone zu einer Intrigue herunterließ, so darf man annehmen, daß sie sich freywillig in die Classe der ausschweifenden Weiber aus den untern Classen herabsetzte: sie brauchte nicht mit mehrerer Schonung als diese behandelt zu werden, und dasjenige, was der Dichter von den Freygelassenen sang, das wandte das Publikum leicht auf die ersten an.

Jene Mittelklasse zwischen den strengen Hausfrauen und den leichtfertigen Weibern, jene ursprünglich guten Frauen, die erst nach langem Kampfe der Sinnlichkeit wider Pflicht und Anstand ein Raub der Verführung und ihres eigenen Herzens werden, nicht sowohl äußere als innere Hindernisse überwinden müssen, um dem Liebhaber einen Sieg einzuräumen, der diesem nie das Recht geben kann, sie mit vernachlässigter Achtung zu behandeln: endlich jener Schein von Hochschätzung, den wir auch dem Weibe, das wir innerlich verachten, um des Geschlechts im Ganzen, und um seines Standes willen bezeugen zu müssen glauben; die waren dem Römer entweder unbekannt, oder es war wenigstens nicht Ton, sie in Gedichten darzustellen.

Nur selten schildern uns diese den Sieg der Liebe über Schamhaftigkeit und Sorge für den Ruf von Seiten des Weibes. Die Schwierigkeiten, durch deren Ueberwindung sie das Interesse des Verständnisses zu heben suchen, sind: die Wachsamkeit der Hüter, und eine Sprödigkeit von Seiten der Schönen, die auf Launen, Furcht vor dem Gatten und reichen Nebenbuhlern, oder Habsucht beruhet.

[308] Der verliebte Dichter war arm: dieser Umstand schürzt den Knoten. Die Gunst des leichtfertigen Weibes, an dem er hing, mußte durch Eroberung seines Herzens, oder durch Ueberraschung seiner Sinne und seiner Eitelkeit gewonnen werden. Daher der leidenschaftliche Ton: daher die Abhängigkeit, Unterwürfigkeit, Biegsamkeit, Anbetung des hoffenden Liebhabers: daher aber auch die unwürdige Behandlung, welche sich der beleidigte erlaubte. Ein sicherer Beweis, daß nicht Hochschätzung für das Geschlecht oder die Person, sondern nur das Gefühl ihrer Wichtigkeit zu seinen Zwecken ihm zuweilen die Sprache der Verehrung eingab.

Die Geliebte heißt bey dem Dichter Gebieterin: sie wird von ihm vergöttert: er spricht von Ketten, Sklaverey und Tod. Beweiset diese Sprache immer für Leidenschaft? Ich zweifle! Sie ist dem Wollüstling besonders in solchen Zeiten natürlich, worin der häufigere und unbefangenere Umgang zwischen beyden Geschlechtern dem zärteren noch kein richtiges Gefühl von den Abstufungen gegeben hat, welche die Huldigungen, die ihm dargebracht werden, nach Verschiedenheit der Lagen annehmen: worin der Mann die Sprache der höchsten Bewunderung und des dauerndsten Eindrucks brauchen zu müssen glaubt, um eine vorübergehende Bewegung des Herzens oder der Sinne auszudrücken, welche die Schöne hervorbringt.

Schon damahls konnte man also von der galanten Sprache sagen: Alles klingt in ihr wie Nichts, und nichts wie Alles! Deutlich scheint durch das Gewand der Leidenschaft, das die elegischen Dichter allgemein annehmen, die doppelte Sekte hervor, von denen man die eine von der strengen, die andere von der laxen [309] Observanz nennen könnte. Die erste meint es ehrlich bey ihrem Ausdrucke, und setzt wirklich das Wesen und die Vollkommenheit der Liebe in gänzliche Hingebung, dauernde Anhänglichkeit, und ausschließende Treue. Aber die andere hat den Schalk im Herzen und sucht das Glück der Liebe in einem stets abwechselnden sinnlichen Genuß, der durch Befriedigung der Eitelkeit und diejenigen Reitze gehoben wird, welche eine reiche, glänzende Phantasie, und eine fein fühlende und viel auffassende Sinnlichkeit der kosenden Unterhaltung leihen: Vorzüge, die mit einer heftigen Leidenschaft schwerlich vereinbar sind.

Noch einen Zug setze ich hinzu, der die Aehnlichkeit der römischen Behandlung der Intrigue mit der Galanterie des Mittelalters darlegt: den pikanten Reitz, den die Eitelkeit aus dem Verständnisse zog! Der arme aber talentvolle Dichter dem reichen Nebenbuhler vorgezogen! Wie dieser Gedanke die geringste Auszeichnung heben mußte! Und dann der Stolz auf die Schlauheit, mit der man den reichen Hüter hinterging: der Antheil, den das Publikum an dem Gange der Intrigue nahm, den es entweder an öffentlichen Oertern belauschte, oder den ihm der Dichter in seinen Versen vorsang! Mit welcher Empfindung konnte er sagen: Corinna ist mein! oder: Cynthia, du wirst durch mich unsterblich!

[310]
Neuntes Kapitel.
Ovid.

Kein Schriftsteller über die Liebe, selbst Plato nicht ausgenommmen, hat einen so weit ausgedehnten Einfluß auf die Denkungsart der Nachkommen gehabt, als Ovid. Er ist der Hauptlehrer in der Kunst geworden, eine Intrigue mit Allem zu schmücken, was feinere Lüsternheit der Seele und des Körpers dazu liefern mag.

Wahre Liebe hat er nicht gekannt: am wenigsten edle liebe. Die Leidenschaft der Geschlechtssympathie erscheint bey ihm zuweilen liebend, zuweilen sogar edel, aber dieß geschieht zufällig: es liegt nicht in seinem Charakter, nicht in seinem Herzen.

Feinheit und Fülle der Empfindung desjenigen, was den feinern Eigennutz reitzen kann: Reichthum und Glanz an üppigen und lüsternen Bildern, Witz, Gewandheit, hinreichende Schlauheit, um jede Nüance der Sinnlichkeit,[WS 5] der Eitelkeit, der Habsucht, in dem weiblichen Herzen auszufinden, und zu seinem Vortheil zu nutzen; das waren die Gaben, wodurch Ovid sich den Anspruch auf einen angenehmen Wollüstling seiner Zeit erworben hat.

Diese Bemerkungen werden hauptsächlich durch die drey Bücher von Elegien gerechtfertigt, welche unter der Aufschrift, amores, bekannt sind. Sie enthalten eine Sammlung durcheinander geworfener Liebesbriefe und Bruchstücke aus dem Tagebuche des Verfassers. Sie sind besonders wegen des unverkennbaren Charakters individueller Wahrheit merkwürdig, der darin herrscht. Gewiß hat Ovid das Alles erlebt und empfunden, [311] was er hier darstellt. Sie enthalten ein Gemählde seiner Intrigue mit Corinnen; und alle Situationen, welche die Ueberlistung der Wachsamkeit des eifersüchtigen Mannes, getäuschte Hoffnungen, gelungene Zusammenkünfte, kleine Untreuen, kosende Unterhaltungen und sinnlicher Genuß herbeyführen können, sind hier mit einem glühenden Pinsel, mit ergreifender Vergegenwärtigung, und mit schmückender Phantasie geschildert. Ich halte mehrere von diesen Elegien für wahre Meisterstücke, und für das Beste, was Ovid geschrieben hat.

Sein Lehrgedicht von der Kunst, zu lieben, würde besser Kunst, zu verführen, heißen. Es enthält eine Anleitung für arme Wollüstlinge, ohne Geld die Gunst der römischen Hetären zu gewinnen, und für diese Hetären eine Vorschrift, ihre Reitze auf Kosten ihrer Liebhaber geltend zu machen. Inzwischen würden alle seine Lehren, wenn sie auch aufs genaueste befolgt würden, nur dazu hinreichen, sich erträglich zu machen, und allenfalls die Habsucht mit Hülfe der Eitelkeit und Sinnlichkeit um den Preis des unnennbaren Genusses zu berücken. Das Herz wird nie dadurch gewonnen werden können. In Allem erkennt man den ausgelernten Wüstling, der freylich bey den gebildeteren Weltfrauen unserer Zeit sein Glück schwerlich machen würde, aber einer gewissen Classe unter ihnen, die sich den gemeinen Freudenmädchen nur zu oft nähert, auch heut zu Tage ziemlich interessant erscheinen dürfte.

Zuerst lehrt er, wie man den Gegenstand seiner Liebe wählen soll. Die Grundsätze, die er aufstellt, passen nur auf denjenigen, der einen Gegenstand zu seiner Unterhaltung, zur Befriedigung der üppigen [312] Eitelkeit und noch gröberer Begierden aufsucht. Dann folgen Mittel, Bekanntschaft zu machen, die bey uns nur mit Weibern von der verworfensten Art glücken würden. Endlich die Mittel zum Besiegen. Vor allen Dingen räth er Zutrauen zu sich selbst und zur Kunst an. Der Hauptgrundsatz ist dieser: die Weiber bey ihren gröbsten Schwächen, Eitelkeit, Sinnlichkeit, Habsucht, und Trieb nach abwechselnder Belustigung zu fassen. „Wer reich ist, sagt Ovid, bedarf meiner Lehren gar nicht!“ Aber selbst die verworfenste Buhlerin giebt ihr Herz nicht für Geld hin. Auch verräth es einen Mangel an Menschenkenntniß, wenn Ovid das Herz der Schönen durch unbedingte Gefälligkeit zu fesseln hofft. Diese Gefälligkeit nimmt ohnehin ganz den Charakter einer eigennützigen Verzärtelung hübscher Kinder an, denen man sich so lange gefällig bezeigt, bis sie thun, was wir wollen. Sie sind mit Spuren der tiefsten Verachtung für das Geschlecht verwebt. Manche Aeußerungen der Schmeicheley würden uns heut zu Tage lächerlich, und sogar beleidigend und ekelhaft erscheinen, da sich der Begriff von der Selbstwürde des Weibes sehr veredelt hat, und die feineren Beziehungen auf Reinlichkeit des Körpers und Reinheit der Seele näher bestimmt sind.

In den Regeln, welche Ovid dem zärteren Geschlechte giebt, um sich seiner Reitze zur Besiegung des stärkern zu bedienen, und womit sich vorzüglich das dritte Buch beschäftigt, wird auf eine Bildung Rücksicht genommen, welche den gewöhnlichen Freudenmädchen eigen zu seyn pflegt. Sie verstehen sich zu schmücken, zu singen, zu tanzen, Liebesgedichte zu deklamieren, und gesellige Spiele zu spielen. Auf Ausbildung des Geistes, besonders zur [313] Konversation, auf die Talente einer Vorsteherin geselliger Zusammenkünfte, die wir unter den Nahmen: ein gutes Haus ausmachen, zusammenfassen, wird nicht gerechnet. Ovid giebt viele Regeln, sich immer vortheilhaft zu zeigen, die bey uns übertrieben, oder unnütz scheinen müssen. Dahin gehört die Sorge, sich immer entfernt genug von dem Liebhaber zu halten, um ihn nicht durch unangenehme Ausdünstungen zu beleidigen: ferner die Vorsicht, ihn nie bey der Toilette zuzulassen. Wir haben über die letzte bestimmtere Regeln. Was wirkliche Mängel verstecken soll, das wird den Augen des Mannes entzogen. Was nur schmückt, z. B. Frisur, Auflegen des Roths, u. s. w. das darf er sehen. –

Im zweyten Buche lehrt uns Ovid die Mittel, die Intrigue zu verlängern. Merkwürdig bleibt es, daß der Intriguant bey uns sich vor dem unnennbaren Genusse scheuet, und diesen möglichst aufzuhalten sucht. Mit ihm, glaubt er, sey das Bestreben und die unterhaltende Beschäftigung zu Ende. Beym Ovid findet sich diese Besorgniß nicht. Der Intriguant hat nur die Furcht, aus dem Besitze des körperlichen Genusses herausgestoßen zu werden. Ganz natürlich! Bey der Hetäre ist es viel leichter, zum Ziele zu gelangen, als sich im Besitze zu erhalten. Hat er Geld, so braucht er diesen Unfall nicht zu fürchten. Aber wenn er arm ist, wie ist ihm dann zu helfen? Er muß den Mangel des Reichthums durch Verstand, Talent, Schlauigkeit und Gewandheit ersetzen. Harte Begegnung, Untreue muß er ertragen. Vorzüglich muß er sich hüten, sich thätlich an der Ungetreuen zu vergreifen. Ovid hat sich einmahl durch seine Hitze zu einem solchen Vergehen [314] hinreißen lassen. Aber wie schwer hat er dafür büßen müssen. Mehrere Tage hindurch blieb die Geliebte unerbittlich aufgebracht gegen ihn: am Ende log sie ihm vor, er habe ihr den Rock zerrissen; und er mußte ihr einen neuen kaufen. Ueberhaupt muß man sich vor Eifersucht in Acht nehmen. Eine schwere Regel! Ovid gesteht es selbst; aber doch höchst nothwendig zu befolgen. Man gewinnt nichts dabey als Reue, und macht die Sache nur noch schlimmer. Geduld bey allen Versagungen, die man erfährt, wird besonders angerathen. Gesetzt, die Thüre wird uns vor der Nase zugeschlossen; man muß ruhig auf der Straße schlafen. Keine Gefahr darf man scheuen, um zu der Gebieterin zu gelangen. Das rührt: das reißt hin! Vorzüglich muß der Liebhaber die Eitelkeit der Weiber zu interessieren wissen: sich recht bekümmert um ihr Wohl bey den geringsten Unfällen und Launen zeigen: sie an sich gewöhnen. Doch ist es auch rathsam, sich zuweilen zurückzuziehen, um nicht zu gewöhnlich zu werden. Zu lange darf aber die Abwesenheit nicht dauern. Die Geliebte in steter Unruhe zu erhalten, ist ein treffliches Mittel, sie beständig zu machen; und wie reitzend ist zugleich der Ausdruck der Eifersucht an dem geliebten Gegenstande! Zur Versöhnung hat man immer ein sicheres Mittel: welches dieß sey, ist nach der Denkungsart des Ovid leicht zu ahnen. Er räth aber überhaupt, es an den nöthigen Talenten zu den Spielen der Liebe nicht fehlen zu lassen, und setzt ihren Hauptreitz in das Gefühl des Vergnügens, das man giebt. –

Unser Verfasser hat auch über die Mittel wider die Liebe geschrieben: ein Gedicht voller Menschenkenntniß, und von praktischem Nutzen in allen Fällen, worin man [315] nicht durch Achtung zugleich an einem geliebten Gegenstande hängt. Aber das Mittel, sich von der Leidenschaft zu einem Weibe loszumachen, das wir dankbar verehren müssen, und mit dem die Vereinigung durch äußere Verhältnisse gehindert wird; das Mittel ist er uns schuldig geblieben.

Die Heroiden unsers Dichters lassen vermuthen, daß sie die Liebe in der edelsten Gestalt schildern, welche die gute Gesellschaft in Rom ihr zu geben wußte. Ein verfeinerter Römer läßt Halbgötter in der Sprache seines Zeitalters mit einander reden: er, der unstreitig, nach seiner ganzen Lage zu urtheilen, ein Mitglied jener guten Gesellschaft gewesen seyn muß! – Hier finde ich denn auch schöne Züge von Aufopferung, wie die Leidenschaft, die nach Vereinigung strebt, sie einflößt. Eine Briseis, die gern als Sklavin der glücklichern Gattin des geliebten Achilles dienen will, um nur bey ihm zu seyn: einen Acontius, der keinen andern Wunsch hegt, als den, seine kranke Cydippe zu warten: eine Hero, die lieber des Glücks, ihren Leander zu sehen, entbehren, als ihn der Gefahr in den Fluthen ausgesetzt wissen will, u. s. w.

Aber Erhabenheit des Charakters und sittlichen Adel sucht man vergebens in den Gefühlen, welche diese Liebenden äußern. Die Heroinen bitten ihre Geliebten, feig zu seyn, aus der Schlacht zu fliehen, und in ihre Arme zu eilen. Der Gedanke, in dem Gefühle wechselseitiger Würde sich zu vereinigen, kommt nicht in die Seele dieser Personen. Noch weniger kennen sie das Wesen einer wahrhaft liebenden Leidenschaft, die selbst den Zweck der Vereinigung dem Wohl des geliebten Gegenstandes aufopfert. Ich finde nirgends, daß der [316] beleidigte Liebende die Untreue des Andern eher zu verzeihen bereit gewesen sey, als ihn durch eine verdiente Strafe unglücklich zu wissen. Ich finde nicht, daß ein liebendes Herz, überzeugt, daß der Andere mit ihm vereinigt nicht glücklich seyn könne, der Vereinigung großmüthig entsagt, und wohl gar zu der Verbindung des Geliebten mit einem Dritten beygetragen hätte. Tugenden, ja! nur Ruf glorwürdiger Thaten, sind es nicht, welche die Liebenden an einander anziehen: Schönheit der Gestalt, berühmte Abstammung sind die Vorzüge, womit sie sich einander anpreisen, und wodurch sie sich einer des andern werth achten.

Die Liebe, – wenn wir anders diesen Nahmen einer feinen egoistischen Leidenschaft geben wollen, – erhält also hier ihre Erhöhung von der Energie, mit der sie handelt und sich ausdrückt: von den Aufopferungen, welche der Mensch von seiner einsamen Existenz der Befriedigung seines Strebens nach Zusammenleben und Besitz der Person bringt. Ihre Verschönerung aber erhält sie durch die Feinheit, Lebhaftigkeit und Fülle des Gefühls alles dessen, was mit jenem Streben in Beziehung steht, und dann durch die ästhetische Behandlung. Inzwischen kontrastiert mit Beyden eine gewisse Rohheit in den Empfindungen des Sittlichen und Anständigen, sogar ein gewisser Frost in den Gefühlen der vorgegebenen Leidenschaft; und der Behandlung besonders ist der Fehler eines gesuchten Witzes vorzuwerfen.

[317]
Zehntes Kapitel.
Tibull.

Tibull besaß nicht bloß ein Herz; er besaß ein Herz für wahre Liebe geschaffen. Bey ihm strömt der Wunsch nach Vereinigung immer zugleich mit dem Bestreben nach dem Wohl des Geliebten hervor. Unter allen römischen Elegikern ist er der einzige, bey dem sich dieß Gefühl in allen Aeußerungen harmonisch darstellt, und auch darin ist er einzig, daß er Ahnungen von einer zärtlichen Anhänglichkeit hatte, die auch dann bestehen und fortdauern könnte, wenn sie nicht erwiedert, und durch wirklich gelungene Vereinigung nicht begünstigt würde.

Zur moralischen Veredlung der Liebe hat sich Tibull jedoch nicht hinaufgehoben. Die Wahl seiner Geliebten machte ihm entweder wenig Ehre, oder ward wenigstens durch die innere Vortrefflichkeit der Personen nicht gerechtfertigt. Nirgends finden wir eine Spur, daß er ihr Herz und ihren Geist zu bilden, in Tugend mit ihnen zusammenzutreffen, und ihr Wohl durch Zuführung des höchsten Guts zu befördern gesucht hätte. Auch der kühne Schwung der Phantasie, mittelst dessen wir der Vereinigung auf ungewöhnlichen Wegen nachstreben, in übersinnlichen Regionen mit dem Geiste des geliebten Gegenstandes Vereinigung suchen, und dadurch Bilder des Großen und Außerordentlichen hervorzaubern, war nicht in Tibulls Charakter. Er war weder ein Xenophon, noch ein Plato, noch ein Rousseau. Er kannte Begeisterung; aber es war die üppige, schmelzende, hinschmachtende, die mehr mit der Sympathie, [318] als dem Beschauungshange, mehr mit dem niedern, als obern Seelenwesen in Verbindung steht. Jene Lüsternheit der Seele, jener schwärmerische Aneignungs- und Verwandlungstrieb der Geister, der freylich ein höchst zweydeutiger Beweis der Liebe ist; die waren ihm fremd.

Tibull war überhaupt mehr üppig, als lüstern, sowohl den Sinnen als der Imagination nach. Die Formen, unter denen er den Genuß der Liebe und der Geschlechtssympathie aufnimmt und darstellt, lagen vor ihm: er kostete ihre Freuden aus; aber er schwelgte nicht darin: er legte nichts Neues hinein, er setzte nichts Neues zusammen. Die Decenz, die man in seinen Gedichten mehr, als in denen der übrigen Elegiker beobachtet findet, muß weniger einer sittlichen Verschämtheit, als einer natürlichen Züchtigkeit seiner Sinne und seiner Imagination zugeschrieben werden, die nicht mehr aus den Freuden, welche Beyde gewähren, herausnahm, als das Herz darin fand. Er ist darum so wenig lasciv in den Bildern des gröbern sinnlichen Genusses, weil er so wenig lüstern in allen Bildern überhaupt ist. –

Tibull war unstreitig mit natürlichen Anlagen zur Zärtlichkeit, mit dem Bedürfnisse nach Vereinigung der Herzen geboren. Ohne solche Anlagen liebt man nicht, wie er gethan hat. Aber mehrere Umstände haben gewiß dazu beygetragen, diese auszubilden: der Verlust eines ansehnlichen Vermögens in der Jugend, der ihn auf jenen Mittelstand zurückbrachte, welcher der Menschenliebe und der Zärtlichkeit so zuträglich ist: eine Kränklichkeit, wovon wir mehrere Spuren in seinen Gedichten finden: und endlich Erfahrungen, die mit großen Leiden für sein Herz verknüpft[WS 6] gewesen sind.

[319] Die Geschichte dieses Herzens muß aber in zwey Perioden eingetheilt werden: in diejenige, worin er an der Delia und Nemesis, den Weibern zweyer Freygelaßnen, gehangen, und in einer andern entehrenden Verbindung gestanden hat: dann in diejenige, worin er sich um die Hand und das Herz der Neära beworben hat. [7] Ob diese beyden Perioden auf einander gefolgt sind, oder ob er erst die Delia, dann die Neära, und endlich wieder die Nemesis geliebt habe; darüber läßt sich nichts mit Gewißheit bestimmen, und nach dem Gange des menschlichen Herzens zu urtheilen, ist das eine ungefehr so glaublich als das andere. Man kann fallen, steigen und stehen bleiben: man kann auch wieder, aus einer edeln Leidenschaft, vorzüglich wenn man betrogen wird, in vorige Verirrungen zurückfallen.

Ich sehe die Verhältnisse, worin Tibull mit der Delia und Nemesis gestanden hat, als den minder edeln Theil der Geschichte seines Herzens an. Daß auch der zärtlichste Mensch nicht damit anfängt, sich durch solche Gründe in seiner Wahl bestimmen zu lassen, die seine Anhänglichkeit rechtfertigen: daß gemeiniglich Sinne, Eitelkeit, Leere, Trieb nach engerer häuslicher Verbindung, kurz! Geschlechtssympathie des Körpers und der Seele dem Herzen erst den Weg [320] weisen; das ist natürlich, und wird durch Erfahrung täglich bestätigt. Tibull hing sich an Delia, das Weib eines Freygelaßnen, aus derjenigen Classe in Rom, worunter die Vornehmeren die Gegenstände ihrer Intriguen zuerst aufzusuchen pflegten. Nicht alle Weiber der Freygelaßnen waren aber Buhlerinnen, am wenigsten öffentliche, und von der Delia sagt es Tibull selbst, daß er sie zuerst verführt habe. [8] Allein nicht durch Geld: Er verabscheuete den Gedanken, Gunstbezeugungen zu erkaufen; sondern durch Gefälligkeit und Mittel, die freylich, von der moralischen Seite betrachtet, nicht unverwerflich, aber doch edler sind, als diejenigen, welche niedrigen Eigennutz bey der Geliebten voraussetzen. [9] Seine Verbindung mit Delia war nicht auf einen vorübergehenden Genuß gerichtet: er suchte nicht bloße Freuden für die Sinne, keinen baren Zeitvertreib, keine Befriedigung seiner Eitelkeit und seines Stolzes bey ihr auf; Nein! Gern will er allem Ruhme entsagen, wenn er nur mit ihr sein Leben zubringen kann, wenn sie am Ende ihm die Augen zudrücken wird. [10] Gern will er alle Bequemlichkeiten, die der Reichthum darbietet, in ihren Armen aufopfern, um mit ihr auf einsamen Hügeln die Herde zu treiben. [11] Unter welchen reitzenden Bildern des häuslichen Zusammenlebens und der Zurückgezogenheit aufs Land [321] hat er sich die Vereinigung mit ihr gedacht! [12] Ich widerstehe nicht der Versuchung, diese Stelle, die Herr Manso [13] in unsere Sprache übertragen hat, nach seiner Bearbeitung hierher zu setzen:

Du, dacht’ ich, baust dein Feld, und wartest deiner Reben,
Und sie, die Treue, wacht, und sorget für dein Haus.
Sie wird für dich im Herbst der Speicher Vorrath messen,
Und, ist der Most gepreßt, sich seiner Pflege weihn;
Sie, ganz mit dir, die Stadt und ihr Gewühl vergessen,
Und sich, wie du, des Spiels des muntern Dorfes freun.
Sie wird Vertumnus Huld in freundlichen Geschenken
Und Pales Segen sich durch Korn und Obst erflehn;
Sie unumschränkt das Haus nach ihrem Willen lenken,
Und deiner Herrschaft du mit Lust entsetzt dich sehn.
Sie, deine Delia, wenn aus den Eitelkeiten
Des stolzen Roms entflohn, Messala dich besucht,
Eilt dann, mit eigner Hand ein Mahl ihm zu bereiten,
Und bricht, mit eigner Hand, für ihn des Baumes Frucht.

Eben dieser Tibull wünschte mit seiner Delia bis ins späteste Alter ein Beyspiel unzerstörbarer Vereinigung abzugeben. [14] Er verlangte Treue von ihr, aber nicht aus Zwang, nicht aus Furcht; nein! aus gegenseitiger Zuneigung. [15]

[322] Alles dieß beweiset freylich nichts für Sittlichkeit, nicht einmahl für wahre Liebe! Aber verglichen mit der gröberen Art, wie die Geschlechtssympathie befriedigt werden kann, liegt allerdings eine Veredlung und Verschönerung dieses letzten Triebes darin. Wie reitzend, ich wiederhole es, sind die Formen, unter denen er sich seine Vereinigung mit der Genossin denkt! Wie reitzend ist die folgende! „Bleib treu in meiner Abwesenheit, bleib treu, und laß die alte Mutter, die Bürgin deiner Unschuld, nicht von deiner Seite weichen. Sie wird beym blassen Schimmer der Lampe die häuslichen Arbeiten tief in die Nacht hineinziehen, und dir die Zeit mit Mährchen vertreiben, bis endlich den ermüdeten Mägden um dich herum schlaftrunken das Werk aus den Händen fällt. Dann werde ich unangemeldet wie ein Himmelsbote erscheinen. Dann wirst du mir, so wie du bist, mit zerstreueten Haaren und nacktem Fuß entgegen stürzen!“ [16]

Doch! es ist Zeit, daß ich nun zeige, daß Tibull sich bis zum Gefühl wahrer Liebe gehoben hat! Er hatte das Unglück, an einem leichtsinnigen Weibe zu hängen. Er war allen Leiden der Zweifel an dessen Treue ausgesetzt; und dennoch war Delia eifersüchtig auf ihn, mit Hinwegsetzung über alle weibliche Zartheit! Er durfte kein anderes Frauenzimmer loben, ohne sich der gewaltsamsten Behandlung ausgesetzt zu sehen. „Nie, sagt er, würde ich mir eine ähnliche gegen dich erlauben. Nein! eher fallen mir die Hände ab, als daß ich mich an dir vergreife!“ [17] [323] Ich habe schon die Stelle angeführt, worin er sich wünscht, mit Delia zu leben, und bey ihr zu sterben. Herr Manso hat diesen letzten Wunsch sehr glücklich übersetzt:

Dich sucht der irre Blick, wenn furchtbar meine Stunde
Mir tönet; dich allein die halb schon kalte Hand.
Laut weinst du dann um mich, und reichst dem welken Munde
Noch einmahl einen Kuß, der Liebe letztes Pfand.

Aber gleich darauf macht diese eigennützige Empfindung einer liebenden Platz. „Doch, ruft er aus, überlaß dich nicht der Verzweiflung! Schone der Ruhe meines Schattens, indem du deines Lebens schonest!“ [18] Wenn ihn sein Unmuth hinreißt, Strafen von den Göttern über die Ungetreue herabzurufen; wie bald lenkt er ein, und bittet, daß diese Strafen leicht seyn mögen! [19]

Eben diese Denkungsart und Stimmung des Gemüths leuchten aus seinen Verhältnissen mit der Nemesis hervor. Ueberall finden wir jene Veredlung der Geschlechtssympathie wieder, die im häuslichen und traulichen Zusammenleben, abgesondert von dem Gewühle der Stadt, die höchsten Freuden der Vereinigung sucht, [20] und eine solche Verbindung nicht bloß auf eine Zeitlang, sondern aufs Leben einzugehen Muth hat. [21] Ueberall finden wir Spuren [324] jener Aufopferung für die Zufriedenheit und das Glück des Geliebten, die den Charakter der wahren Liebe ausmacht. Er ist bereit, sein väterliches Gut zu verkaufen, um die heischenden Wünsche der verschwenderischen Nemesis zu befriedigen. [22] Bereit, das Gespötte der Stadt zu werden, wenn sie ihn nur liebt. [23] Bereit endlich, jede Härte des Sklavenstandes für ihre Gunst zu dulden. [24]

Was kann rührender seyn, als die Stelle, worin der Dichter die Unwürdige bey der Asche ihrer Schwester, zu deren Grabe er zu fliehen droht, beschwört, sich nicht durch Habsucht zur Härte gegen ihn verleiten zu lassen, und nun sich schnell begreift, und sich zuruft: „Nicht weiter! erneuere nicht den Schmerz der Geliebten! Du bist nicht werth, ihr eine Thräne zu kosten! Das Mädchen ist gut. Verführer haben es dir abgeneigt gemacht! [25]

In der Verbindung mit der Neära hebt sich Tibull noch um eine Stufe höher. Schon an sich scheint diese seine Geliebte seine Wahl von Seiten der Sittlichkeit mehr gerechtfertigt zu haben. Er nennt sie immer casta Neaera; ein Beynahme, der sich wohl in unserer Sprache nicht gut anders, als durch sittig geben lassen dürfte. Aber auch in der Art, wie er der Verbindung mit ihr nachstrebte, herrschte mehr Elevation. Er fühlte, daß er sie lieben könnte, wenn sie ihm auch ihre Gegenliebe und den Besitz ihrer Person nicht schenken [325] sollte. „Du wirst mir stets werth seyn, sagt er, du magst die meinige werden, oder nicht. [26] „Sollte ich dich nie Gattin nennen dürfen, so wirst du mir als Schwester noch immer theurer als mein Leben bleiben. [27] Sehr charakteristisch sagt er an einer andern Stelle: „du bist mir so theuer, wie keine Tochter ihrer Mutter, wie kein schönes Mädchen dem bloß begehrenden Manne ist!“ [28]

Uebrigens finden wir in diesem Verhältnisse wieder die nehmlichen Züge des Triebes nach Häuslichkeit, der Fähigkeit, sich ganz anzuhängen, und das Wohl der Geliebten seinem eigenen vorzuziehen. Mit ihr vereint, verschmäht er die Schätze der Erden, und wünscht in Armuth ruhig mit seiner Gattin zu leben. [29] Und o! des himmlischen Zuges wahrer Liebe! Als sie bereits ihre Hand einem Andern gegeben hat, da ruft er ihr noch zu: „Sey glücklich! Heiter sey der Lauf deiner Tage, ob ich dir gleich nichts mehr bin. Treulose! selbst treulos bleibst du mir noch werth!“ [30]

Ich glaube durch diese Ausführung mein oben gefälltes Urtheil über unsern Dichter gerechtfertigt zu haben. Uebrigens findet man bey ihm den Geist der römischen Intrigue, von der ich oben gesprochen, und die ich näher charakterisiert habe. Nicht innere Schamhaftigkeit [326] und Selbstwürde seiner Geliebten; wohl aber die Wachsamkeit ihrer Hüter, ihr Wankelmuth, ihre habsüchtige Sprödigkeit, geben einen reichhaltigen Stoff zu Bildern der Feinheit, des Muths, und der Stärke einer unüberwindlichen und alles überwindenden Leidenschaft her.


Eilftes Kapitel.
Fortsetzung: Ueber die Gedichte der Sulpicia und des Cerinthus.

Unter die schätzbarsten und niedlichsten Kleinodien, die aus dem Alterthume auf uns gekommen sind, rechne ich die Lieder eines römischen Mädchens, denen eines von seinem Liebhaber beygefügt ist. Sie sind den Gedichten Tibulls angehängt, und weil sich eines darunter findet, das unstreitig von ihm ist, auf gewisse Weise damit vermischt. Sie werden ihm gemeiniglich zugeschrieben, und ich kann es nicht bezweifeln, daß sie von ihm herrühren. Einem Frauenzimmer gehören sie [327] gewiß nicht an: dafür bürgen mehrere nicht weibliche Stellen. [31] Uebrigens die nehmliche Empfindungsart, die ich am Tibull charakterisiert habe! Dieß ist für mich wichtiger, als der Umstand, daß sich eine Verschiedenheit im Styl des Ausdrucks zwischen diesen und den vorigen Gedichten findet. Der Styl der Gefühle ist der nehmliche: und das Anspruchslose, zum Theil Nachläßige, was die Einkleidung der Lieder der Sulpicia unterscheidet, dürfte bereits daraus erklärbar seyn, daß sich der Dichter an die Stelle eines Frauenzimmers gesetzt hat.

Genug! diese Liedersammlung macht eine kleine Liebesgeschichte aus, aber die lieblichste, die je geschrieben seyn mag. Kein Roman, in dem Sinne, wie wir das Wort zu nehmen gewohnt sind! Keine Intrigue, bey der die Eroberung eines Herzens, oder gar der Besitz einer Hand, als endlicher Zweck der fortlaufenden Handlung angesehen wird. Nein! eine Pieçe a Tiroirs, ein Drama das sein Interesse nicht sowohl der Verwickelung und Auflösung, als der Darstellung mehrerer zusammenhängender Scenen aus einer Situation des Lebens verdankt. Unsre beyden Liebenden sind schon bis zur engsten Vertraulichkeit vereinigt, und an eine Verbindung unter Autorität der Gesetze denken sie nicht. Der Plan ist auf Darstellung der kleinen Auftritte angelegt und eingeschränkt, die eine glückliche, durch keinen Bruch gestörte Liebe herbeyführt. Nur der[WS 7] einzige Umstand tritt hinzu, das Interesse ihrer Situation zu erhöhen: Sie müssen sich heimlich lieben! Sulpicia, die Tochter, eines vornehmen Hauses, darf ihre Neigung zum Cerinth, einem Jüngling, der nur an äußern Verhältnissen ihr ungleich ist, nicht bekennen. Also wieder eine römische Intrigue: und hier sogar von [328] Seiten eines Mädchens geführt, das zur Classe der Matronen gehörte!

Ungeachtet der Einfachheit des Plans kann die Ausführung doch Bilder der Vollständigkeit und der Vollendung herbeyführen. Alle Auftritte, die sich in der Situation eines glücklich, aber heimlich liebenden Paars denken lassen, und Gelegenheit zu Ausbrüchen lebhafterer Gefühle geben, finden wir hier genutzt. Verdeckte Wünsche, dem Geliebten zu gefallen, und ihn ungestört zu sehen; [32] Festliche Tage in dem Lebenslaufe der beyden Verbündeten: [33] Gefahren, denen sich der Jüngling aussetzt; [34] Krankheit des Mädchens: [35] Empfindungen nach dem Momente des unnennbaren Genusses: [36] Störung in der Hoffnung, sich zu sehen: [37] unverhoffte Wiedervereinigung: [38] Furcht vor Untreue, [39] und vor Gleichgültigkeit: [40] endlich Reue über eine[WS 8] angenommene Sprödigkeit; [41] das sind die Veranlassungen zu Empfindungen, die an innerm Gehalt wahre Liebe, an äußerer[WS 9] Form echte Schönheit zeigen.

An moralische Veredlung der Liebe ist auch bey unserer Sulpicia nicht zu denken. Hin und wieder werden sogar die Forderungen, die wir an Reinheit und Züchtigkeit des weiblichen Herzens zu machen berechtigt sind, offenbar beleidigt. [42] Dagegen aber zeigt sich [329] auch hier die ästhetische Veredlung der Liebe, auf die ich schon in den Gedichten des Tibulls aufmerksam gemacht habe, durch den vollkommensten Ausdruck eines für das Wohl des Andern sich aufopfernden Herzens! Ein Beyspiel dieser Art finde ich in dem Wunsche der Sulpicia, die Herstellung ihrer Gesundheit nicht wieder erhalten zu wollen, wenn sie dem Cerinth gleichgültig seyn sollte: [43] noch auffallender in der Bitte, die sie an die Götter richtet, den Jüngling wegen ihrer Krankheit zu beruhigen: [44] und in dem schönen Zuge von Reue, wenn sie ihrem Geliebten das Recht giebt, sie durch Kälte zu bestrafen, weil sie die Heftigkeit ihrer Leidenschaft durch willkührliche Trennung habe verbergen wollen. [45]

Es ist nicht möglich, Gefühle dieser Art zu lesen, ohne in unserer Seele Bilder ihres vollkommenen inneren Gehalts, mithin auch begeisternde Bilder aufsteigen zu sehen, welche dieser Liebe den Charakter des ästhetisch Edeln geben. Wie reitzend sind aber zugleich die Formen, worin diese ästhetisch edle Liebe eingekleidet, und dadurch zugleich verschönert wird! Ich führe statt aller Beyspiele nur eines nach der Uebersetzung des Herrn Manso an, obgleich die Schönheit des Originals nicht völlig erreicht ist:

Schutzgöttin Juno, nimm vom heiligen Altare
Des Weihrauchs süßen Duft aus deiner Freundin Hand!
Dein ist sie, dein: dir hat sie Stirn und Haare
So schön gekränzt, dir wallt ihr rosiges Gewand.

[330]

Zwar wünscht sie, wie sie sagt, dir einzig zu gefallen;
Doch strebt sie heimlich noch nach eines Andern Blick.
O laß des Jünglings Herz in Liebe für sie wallen,
Und gönn’ ihr diese Nacht das längst gehoffte Glück!
Du knüpfst den schönsten Bund. Vor allen Erdensöhnen
Ist er nur ihrer Huld, wie sie der seinen werth.
Es eile Beyder Wunsch Gott Amor selbst zu krönen,
Und blitze Zorn auf den, der den Verein erschwert!
Sieh, Göttin, süßer Duft steigt auf zu deinen Höhen!
Was säumst du? Schweb herab, und leihe mir dein Ohr!
Besorgt heißt dieß und das mich meine Mutter flehen,
Doch andre Wünsche trägt Sulpicia dir vor.
Sie brennt so licht und hell, wie dieses Opfer lodert,
Und wünschet dieser Glut nie, Göttin, zu entfliehn.
Nur ihn, für den sie brennt, (dieß ist es, was sie fodert,)
Nur ihn laß ewig auch in gleichen Flammen glühn!

Ist es möglich, diese Worte zu lesen, ohne das Bild der Liebe unter der Form des schlauesten, feinsten, und für Phantasie und Herz reitzendsten Wesens zu fassen?

[331]
Zwölftes Kapitel.
Properz.

Tibull scheint gedichtet zu haben, weil er liebte: Properz scheint geliebt zu haben, weil er dichtete. Ich bin zweifelhaft, ob des letztern Cynthia eine wirkliche Person gewesen sey; aber beynahe gewiß, daß viele Gefühle, die er vorgiebt, für sie gehegt zu haben, erlogen sind. [46] Properz besaß viel Lüsternheit des Körpers und der Seele: viel Eitelkeit, viel Imagination, aber wenig Herz. Seine Gefühle sind angelernt, ausgedacht: er hatte Witz; aber er besaß keine Zärtlichkeit.

Ich finde wenig Situationen im Properz, die den Charakter individueller Wahrheit an sich tragen. Die wenigen, welche damit gestempelt sind, zeugen nicht für Zärtlichkeit, und können ihm mit jedem Mädchen, bey einer bloß auf sinnlichen Genuß oder Unterhaltung abzielenden Verbindung, begegnet seyn. [47] Und selbst, wenn er diese darstellt, schildert er mehr die äußern Nebenumstände, als die innern Empfindungen, die ihn belebt haben.

Es kann uns nicht irre machen, wenn einzelne Stellen im Properz von Leidenschaft, Aufopferung und Treue zeugen: wenn er sein Glück und sein Unglück nur [332] von Cynthien erwartet: [48] wenn er sie seine einzige und letzte Liebe nennt: [49] wenn er nicht den Tod, sondern das Ueberleben ihrer Liebe fürchtet: [50] wenn er sogar seine Neigung mit in die Unterwelt zu nehmen verspricht. [51] Dieß sind Ausdrücke der damahligen Galanterie; und sollten sie das auch nicht seyn; so ist es doch gewiß, daß wenn Ideen dieser Art einmahl berechtigt sind, das Interesse des Publikums zu erwecken, und dieser Ton einmahl in die Gedichte der Liebe eingeführt ist; alle diejenigen, welche sich darin versuchen, darin einstimmen werden. Dann aber kann nur eine Prüfung der Aeußerungen im Ganzen den Mangel der Harmonie, und dadurch die Unwahrheit der vorgegebenen Empfindungen aufdecken. Properz verräth nun durch eine Menge kleiner Züge, daß er zwar eine gewisse Veredlung der Neigungen, die auf Geschlechtssympathie beruhen, gekannt, aber nie jene Zärtlichkeit empfunden habe, die durch Vereinigung der Personen zu beglücken sucht. Eine Menge fremder und gelehrter Bilder, die gerade da vorgeschoben werden, wo man erwartet, daß das Herz reden werde, zeugen für die Kälte dieses Letzten. [52] Wie fern von wahrer Rührung sind sein Gebet für die Wiederherstellung der Geliebten, [53] und die Erzählung ihrer Erscheinung nach dem Tode! [54] Wie [333] undelikat ist die Rede, die er ihr bey dieser Gelegenheit in den Mund legt! Mit welchem Leichtsinn scherzt er über die Untreue, die er an Cynthien begangen hat, als er von ihr in einer mehr als verdächtigen Lage zwischen zwey gutwilligen Mädchen überrascht wird! [55] Seine Klagen über die Grausamkeit seines Mädchens haben selten das Gepräge der Wahrheit. [56] Seine Eifersucht verräth die Anmaßungen einer kleinlichen Eitelkeit, oder muß wegen der Uebertreibung, die in ihren Aeußerungen herrscht, wohl gar für eine erlogene Empfindung angesehen werden. [57] Seine Vorwürfe sind ohne alle Zartheit des Gefühls: [58] seine Drohungen entweder von aller Beymischung liebender Schonung entblößt: [59] oder in einem mehr scherzenden als ernsten Tone geäußert. [60] Wer kann es für etwas anders, als für eine Dichterwendung halten, wenn er Cynthiens Untreue durch sein Stillschweigen von ihr, oder durch einen bloßen Vers zu bestrafen verspricht? Doch erscheint selbst in der Anmaßung, mit der er auf sein Dichtertalent trotzt, eine Verschiedenheit von der Denkungsart des Tibull.

[334] Properz trotzt auf sein Verdienst, auf den Ruhm, den seine Gedichte der Geliebten bringen: Tibull erwähnt dieser nur mit Bescheidenheit, glaubt immer mehr zu empfangen, als zu geben. Properz erhebt die Talente seiner Cynthia, und legt diesen beynahe einen noch höhern Werth bey, als ihrer Gestalt. Aber seine Lobeserhebungen sind so übertrieben, und mit so weit hergehohlten Vergleichungen überladen, daß sie mehr der Sprache der Galanterie als des Herzens ähneln. [61] Auch scheint ein großer Theil des Werthes, den er auf die Ausbildung ihres Geistes setzt, dem Umstande zugeschrieben werden zu müssen, daß sie so viel Geschmack an seinen Versen findet [62] Properz kann bey einem Schmause vergessen, daß sein Mädchen seiner wartet, und wenn er es nun schlafend findet, aus bloßer Besorgniß, von ihm mißhandelt zu werden, es nicht wecken. [63] Er kann seine Geliebte bitten, bey seinem Leichenbegängnisse ihre Traurigkeit zugleich mit seinen Werken zur Schau auszustellen; [64] und überhaupt in den Qualen der Geliebten, die er verursacht, in den Thränen, die sie um ihn vergießt, den größten Beweis ihrer Liebe, und den süßesten Genuß der Verbindung setzen. [65]

Diese Proben, die noch sehr gehäuft werden könnten, zeigen deutlich, daß Properz Stolz auf den [335] alleinigen Besitz, [66] Spannung der Imagination, Unterhaltung, Befriedigung einer üppigen Eitelkeit, und besonders einen feineren Sinnengenuß für das Wesen der Liebe ansah. Kurz! daß er gesellige Neigungen, bey denen die Geschlechtssympathie zum Grunde liegt, zur Befriedigung eines feineren Egoismus nutzte. Merkwürdig ist es hierbey, daß er von äußern Hindernissen keinen Gebrauch macht, um der engeren Verbindung mit seiner Cynthia einen neuen Reitz zu leihen. Denn diese wird als eine unabhängige Person von einem gewissen Alter dargestellt, mit der er aber doch in einer nicht gesetzlich geknüpften Verbindung lebte.

Zum Ueberftuß bemerke ich noch, daß seine Phantasie vorzüglich glücklich war, Bilder der körperlichen Lüsternheit darzustellen, und im sinnlichen Genuß zu schwelgen liebte. [67]

Die Gedichte des Properz sind mir darum so äußerst wichtig, weil sie die oben bemerkte zweyfache Art, wie man in Rom über die engeren Verhältnisse zwischen beyden Geschlechtern dachte, sehr deutlich an den Tag legen. Die eine Sekte setzte, wie gesagt, den Grund und das Glück der Liebe in einen stets abwechselnden und vorübergehenden, sinnlichen Genuß, der durch Befriedigung der Eitelkeit, und durch Reitze, welche die Phantasie ihm lieh, gehoben wurde. Diese Denkungsart scheint der Natur des Properz im Grunde die angemessenste gewesen zu seyn. [68] [336] Da aber die andere Sekte dauernde Anhänglichkeit, ausschließende Treue und Aufopferung verlangte; [69] so hat Properz, der viel mehr für das Publikum, als für sich selbst dichtete, sich auch in diese Denkungsart geschickt. Er schildert uns daher Matronen, die es für ruhmwürdig halten, ihr Herz und ihre Hand nur einmahl zu verschenken: [70] Männer, die selbst nach dem Tode des geliebten Gegenstandes diesem unverrückte Treue bewahren, [71] und sogar ihre Leidenschaft mit sich in die Unterwelt nehmen. [72]

Properz hat hauptsächlich den Griechen nachgeahmt. Ich fühle mich aber nicht im Stande, dasjenige, was in seiner Darstellung der Liebe mehr griechisch als römisch ist, anzugeben.


Dreyzehntes Kapitel.
Horaz, Virgil, und Seneka der Tragiker.

Horaz war ein viel zu feiner Egoist, als daß er Begriffe und Gefühle von wahrer Liebe hätte haben können. Er hing ganz derjenigen Sekte an, welche aus der Liebe einen verfeinerten Sinnengenuß und einen unterhaltenden Zeitvertreib machte. Wenn er einigemahl Bilder einer treuen, aufopfernden Anhänglichkeit darstellt, so geschieht es in der Situation eines augenblicklich [337] entzückten Genießers, der sein gegenwärtiges Glück ewig dauernd erhalten möchte, und es für keinen Preis zu theuer erkauft hält. [73] Vielleicht hatte auch der herrschende Ton der römischen Galanterie noch mehr Antheil daran, als die vorübergehende, eigene Empfindung. Es lag weder in seinem Charakter, noch in seinem Systeme, sich zu vergessen, und sich ganz und auf immer hinzugeben. [74]

Horazens Verdienst um die Liebe besteht darin, daß er der kosenden Unterhaltung, welche ihre Freuden vermehren kann, einen höchst reitzenden Ausdruck geliehen, und ihr neue geschmackvolle Wendungen und Spiele gelehrt hat. [75]

Virgil hat die allerniedrigsten Ideen von der Entstehung und dem Zweck der Liebe in seinen Eclogen und Georgicis verrathen. Er sieht sie für Begierde nach körperlicher Vereinigung an, [76] und nur diese schmückt er zuweilen durch ein reitzenderes Bild, worin sich Feinheit, Fülle und Stärke der Empfindung eines an sich gemeinen Triebes darstellt. [77] Dieß ist aber bey ihm [338] Nachahmung der griechischen Idyllendichter, die sich absichtlich in ein roheres Zeitalter hineinversetzten.

In der Aeneide ist das vierte Buch wegen der pathetischen Darstellung der Leidenschaft der Liebe allgemein berühmt. Es ist aber nicht die Liebe; es ist die Leidenschaft der Geschlechtssympathie, die in der Dido dargestellt wird. Ein liebendes Weib würde Aeneas nicht mit seinen Flüchen verfolgt haben. Ihr Tod, die Aufopferung ihres Lebens sind Folgen, welche auch die Leidenschaft des Geitzes nach dem Verluste des Vermögens hervorbringen kann. Wir werden durch diese Aeußerung einer heftigen Begierde begeistert, weil der Eigennutz feiner ist, und allemahl ein großer Triumph des höheren Wesens über das niedrige erfordert wird, um der Süßigkeit des einsamen Lebens zu entsagen, wenn man auf die Vereinigung mit einem andern Menschen Verzicht leisten muß. Wir bewundern es, daß uns ein anderer Mensch so viel werth seyn kann: aber dieser Mensch ist es doch nicht, den wir lieben, sondern nur unser Wohl in der Vereinigung mit ihm. Es ist allemahl Eigennutz!

Dennoch hat Virgil in seiner Aeneide höhere Begriffe als in seinen übrigen Werken von dem Zuge zwischen dem beyden Geschlechtern an den Tag gelegt. Dido empfindet für den Aeneas nicht bloß Sinnlichkeit, sondern auch Schätzung, und den Trieb nach Häuslichkeit. Sie legt Werth auf treue Anhänglichkeit an dem ersten schon verstorbenen Gatten. Sie bekämpft ihre Triebe aus Schamhaftigkeit und Sorge für ihren Ruf. Der Dichter läßt sie mehr aus Verhängniß, als durch Schwäche fallen. Seine Camilla hat wahrscheinlich den [339] späteren Dichtern zum Vorbilde ihrer hochherzigen, keuschen, und zugleich kriegerischen Heldinnen gedient.

Es ist der Mühe werth, die Trauerspiele, welche dem Seneka beygelegt werden, mit denen des berufenen Weiberhassers Euripides zusammenzuhalten, um zu erfahren, wer von ihnen Beyden das zärtere Geschlecht edler dargestellt hat. Man wird dann finden, daß Euripides Alles gethan hat, um selbst die Schwächen dieses Geschlechts von einer interessanten Seite darzustellen, daß hingegen Seneka, eine gewisse stoische Hochherzigkeit abgerechnet, Alles thut, um es verächtlich zu machen.

Seine Phädra erscheint wahnsinnig vor Begierde: dringt sich dem Hippolytus auf das schamloseste auf, und wird um so ekelhafter, da sie den Rath ihrer bessern Amme für nichts achtet. Medea, Oktavia, Dejanira, Clytemnestra sind rachsüchtig, wüthend, und die letzte wird zu einem Ungeheuer, wie es nur die Imagination des Dichters schaffen kann. Da überhaupt die Stärke des Seneka nicht darin besteht, seinen Charakteren innern Zusammenhang und Wahrheit zu geben; da er immer mehr daran denkt, was sich überhaupt in einer gewissen Situation sagen ließe, als was die dargestellte Person gesagt haben würde; so brechen zuweilen selbst bey denjenigen Weibern, die er zum Gegenstande unsers Abscheus macht, bessere Gesinnungen durch, als man ihnen ihrer Anlage nach zutrauen darf. Ganz im Wesen der Liebe sagt daher Medea: Kann es seyn, so lebe mein Jason wie er war! Aber auch verändert mag er leben!“

[340] Diese Züge kommen aber zu einzeln vor, als daß man unserm Seneka einen wahren Begriff von der Liebe beylegen könnte. Wo er von ihr spricht, schildert er sie als eine leidenschaftliche Begierde nach Sinnengenuß, als eine Brut des Müßigganges und des Luxus.



  1. Die Belege zu diesem Kapitel finden sich in Bachii historia Jurisprudentiae Romanae: Sigonii antiquo jure populi Romani: de Selchow elementis Juris Rom. Antijustinianei: Grupenii Uxore Romana: D’Arvay vie privée des Romains und Meiners Geschichte der Weiber.
  2. Carmen 72. Cogit amare magis, sed bene velle minus. Vergl. Carm. 75. Carm. 85.
  3. Carm. 83. und 92.
  4. Carmen 3. 5. 7. 45. 48.
  5. Carmen 64.
  6. Der Abbate Galliani sagte mir, wie ich in Neapel war: Wir haben zwölf Weiber hier, Damen vom ersten Range, deren Reitze Jedem zu Gebote stehen. Diese haben dem ganzen Haufen den Ruf der Sittenlosigkeit zugezogen! – So habe ich es allerwärts gefunden.
  7. Ich setze nicht den mindesten Zweifel darein, daß Tibull diese Neära wirklich geliebt habe, obgleich Ovid nur von der Delia und Nemesis redet, und diese letzte sagen läßt, daß sie bey seinem Tode noch sein Herz besessen habe. Die Antwort ist: daß der Dichter zu seinem Drama nur diese Beyden brauchte. Und ohnehin sagt Ovid selbst, daß er den Tibull nicht genau gekannt habe.
  8. S. die sechste Elegie im ersten Buche.
  9. S. die vierte Elegie dess. B.
  10. S. die erste Elegie dess. B. v. 55 u. f.
  11. S. Elegie 2. v. 71 im ersten B.
  12. S. Elegie 5. v. 19 dess. B.
  13. Charaktere der vornehmsten Dichter. Zweyten Bandes erstes Stück. S. 203.
  14. Elegie 7. v. 91. des erst. B.
  15. Elegie 6. v. 75. dess. B.
  16. Elegie 3. v. 83. etc. im ersten Buche.
  17. Elegie 6. v. 71. im ersten Buche.
  18. Elegie 1. v. 55. dess. B.
  19. Elegie 6. v. 56. dess. B.
  20. Elegie 3. v. 5. im zweyten Buche.
  21. Elegie 2. v. 18. ebendaselbst.
  22. Elegie 4. v. 53. im zweyten Buche.
  23. Elegie 3. v. 31 ebendas.
  24. Elegie 3. v. 79. ebendas.
  25. Elegie 6. v. 41. u. s. w. ebendas.
  26. Elegie 1. v. 6. im dritten Buche.
  27. Ebendas. v. 25.
  28. Elegie 4. v. 51. ebendas. – So erkläre ich die Stelle: Sie deutet, wie mich dünkt, eine Empfindung an, die mehr wie Mutterzärtlichkeit, und mehr als Begierde ist.
  29. Elegie 3. v. 23. dess. B.
  30. Elegie 6. v. 29 und 56.
  31. [326] Besonders das Carmen VIII. und die Stelle:

    Sed peccasse juvat: vultus componere famae
    Taedet: cum digno digna fuisse ferar.

    Ich will nicht sagen, daß es mit dem geringsten Ueberbleibsel von Scham nicht zusammenstimmt, sondern nur dieß, daß es mit der ganzen übrigen Feinheit der Denkungsart der Sulpicia, ja was das Wichtigste ist, nicht mit ihrer Situation zusammenpaßt. Hier scheint der Mann, und besonders der Dichter durch, der (Lib. II. Eleg. III. v. 31.) sagen konnte: Sed cui sua cura puella est, fabula sit, etc.

  32. Carm. VI.
  33. Carm. II. und V.
  34. Carm. III.
  35. Carm. IV.
  36. Carm. VII.
  37. Carm. VIII.
  38. Carm. IX.
  39. Carm. X.
  40. Carm. XI.
  41. Carm. XII.
  42. Carm. VII.
  43. Carm. XI.
  44. Carm. IV.
  45. Carm. XII.
  46. Elegie 7. im ersten Buche v. 5. Elegie im zweyten B. scheinen mir zum Beweise zu dienen, daß Properz ein Mädchen hatte, weil – ein Elegiendichter eins haben muß.
  47. Elegie 3. im ersten Buche. Eine ähnliche individuelle Situation findet man im vierten Buche in der 8ten Elegie, die aber noch weniger für seine Treue und Zärtlichkeit beweiset.
  48. Elegie 11. im ersten Buch.
  49. Elegie 12. ebend.
  50. Elegie 19. ebend.
  51. Ebendaselbst.
  52. Dieß findet man beynahe in jeder Elegie.
  53. Elegie 28. im zweyten B.
  54. Elegie 7. im vierten B.
  55. Elegie 8. im vierten Buche.
  56. S. besonders die 18te Elegie im ersten Buche. Sie hat einige Aehnlichkeit mit dem Sonnet des Petrarka: Solo e pensoso i più deserti campi. Aber wenn man sie mit einander[WS 10] vergleicht, so kommt es einem vor, als ob Properz nur zum Scherz seine Klagen anstimme.
  57. Elegie 6. des zweyten B.
  58. Elegie 18. dess. B.
  59. Elegie 8. des dritten B.
  60. Elegie 5. dess. B.
  61. Elegie 2. im zweyten B.
  62. Elegie 13. dess. B.
  63. Elegie 3. im ersten B.
  64. Elegie 13. im zweyten B.
  65. Elegie 6. und 8. im dritten B.
  66. Besonders Elegie 7. des ersten Buches.
  67. Elegie 15. im zweyten B.
  68. Elegie 22. und 23. dess. B.
  69. Elegie 13. im ersten Buche.
  70. Die letzte Elegie im vierten B.
  71. Elegie 1. und 9. im zweyten B.
  72. Elegie 19. des zweyten B.
  73. Carmen 13. Lib. 1.   Carm. 12. L. 2.   Carm. 9. Lib. 3.   Carm. 2. Lib. 4.
  74. Carm. 6. v. 18.[WS 11]   Carm. 23. Lib. 1.
  75. Besonders Carm. 12. v. 25. Lib. 2.   Carm. 9. v. 21. Lib. 1.   Carmen 13. v. 15. Lib. 1.
  76. Eclog. II. v. 63. und 65.   III. v. 100.   VIII. 85.   Georgicon Lib. 3. 242. Viele der hier aufgestellten Bilder sind unserer Denkungsart nach widerlich.
  77. Ecl. III. v. 64. 65.   VII. 55. 59. 63.   X. 54.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: hinter hatte fehlt das Komma (siehe Verbesserungen)
  2. Vorlage: vorstor- (siehe Verbesserungen)
  3. Vorlage: und und
  4. Vorlage: wollten (siehe Verbesserungen)
  5. Vorlage: hinter Sinnlichkeit fehlt das Komma (siehe Verbesserungen)
  6. Vorlage: verknüft
  7. Vorlage: der der (siehe Verbesserungen)
  8. Vorlage: endlich über eine (siehe Verbesserungen)
  9. Vorlage: äusterer
  10. Vorlage: eiander
  11. Vorlage: Carm. 6. v. 8. (siehe Verbesserungen)