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Christian Fürchtegott Gellert.
Geb. d. 4. Juli 1715, gest. d. 13. Dez. 1769.


Der frömmsten, mildesten und sanftesten Menschen einer, die Deutschland unter seine Dichter zählt.

Gellert war eines Predigers Sohn, und wurde zu Hainichen im sächsischen Erzgebirge geboren. Sein Schulunterricht war mangelhaft, doch entwickelte sich der Knabe erfreulich, zeigte Fähigkeiten, Fleiß und Eifer und bezog 1729 die Fürstenschule zu Meißen, wo Gärtner und Rabener sich ihm ebenso freundschaftlich als geistig fördernd zuneigten. Gellert widmete sich dem Studium der Theologie, und ging 1734 nach Leipzig, von wo er 1738 nach der Heimath zurückkehrte. Sein Lebensziel war jetzt eine stille Pfarrstelle, wo er vielleicht wie so mancher begabte Geist verklungen und verschollen wäre, ohne daß die Welt von ihm etwas vernommen; aber die Vorsehung bediente sich eines über ihn verhängten Mißgeschickes, um ihn auf eine höhere Lebensstufe zu führen. Gellert hatte ein schlechtes Gedächtniß, eine schwache Brust und wurde durch den Mangel an Redegabe ängstlich und befangen gemacht. Daher ersehnte er, indem er diese Mängel fühlte, eine andere Lebensstellung, trat zunächst als Erzieher der Kinder einer adeligen Familie bei Dresden ein, und begleitete später, 1741, den Sohn seiner Schwester, dessen Studien er geleitet hatte, nach dem von ihm liebgewonnenen Leipzig, wo er literarische Arbeiten begann, und die Verbindung mit Rabener und Gärtner, die er jetzt dort antraf, neu anknüpfte. Mit diesen Freunden stellte sich Gellert unter das damals ruhmreiche Banner Gottsched’s, bis Gärtner sich von diesem und seinem französirenden und pedantischen Wesen, das eine terroristische Geschmacksherrschaft anstrebte, losrang und die »Belustigungen des Verstandes und Witzes« begründete, deren eifriger Mitarbeiter Gellert wurde, und zwar mit großem Glück und bevorzugter Beliebtheit. Gellert gefiel sich so wohl in Leipzig, daß er den Entschluß faßte, für immer dort zu bleiben; er erlangte die Magisterwürde und die Erlaubniß zu Vorlesungen, welche sich bald drängenden Besuches und allgemeinen Beifalles erfreuten. Dazwischen schrieb Gellert vieles und versuchte sich nach verschiedenen Richtungen hin; vor allem hatte er im Auge, das lesende Publikum für einen geläuterten Geschmack empfänglich