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Paul Flemming.
Geb. d. 5. Oct. 1609, gest. d. 2. April 1640.


Ein fruchtbarer und begeisterter Sänger inmitten des siebzehnten Jahrhunderts, zwischen Opitz und Canitz der beste deutsche Dichter, dem ein allzu früher Tod die Schwingen mitten im frischen, fröhlichen Aufflug brach, der aber, ganz ein Sohn seiner Zeit, den Fesseln sich nicht zu entringen vermochte, an welchen die deutsche Poesie noch immer schwer genug zu tragen hatte.

Flemming wurde in dem gräflich Schönburgischen Städtchen Hartenstein im Voigtlande geboren, wo sein Vater Prediger war, welcher bald darauf nach dem heiter gelegenen Wechselburg überm Thale der Mulde versetzt wurde. Nachdem der nicht unbemittelte Vater den Unterricht des Sohnes gut geleitet hatte, that er letzteren auf die Fürstenschule zu Meißen, wo Paul Flemming einen guten Grund in vielen Wissenschaften legte. Von Meißen ging er nach Leipzig, widmete sich der Arzneiwissenschaft, wurde 1631 Magister, schrieb deutsche und lateinische Gedichte und wurde kaiserlich gekrönter Poet. Flemming hätte wohl gern den Lehrstuhl bestiegen, wenn nicht der unheilvolle dreißigjährige Krieg damals die Hochschulen verödet und auch die friedlichen Fluren Leipzigs und der Umgegend zu Tummelfeldern blutiger Schlachten gemacht hätte. Flemming riß sich aus dem Kreise dichterischer Freundschaft und Liebe, und reiste 1633 nach Holstein, wo Herzog Friedrich von Schleswig-Holstein eine Gesandtschaft an seinen Schwager, den Czar Michael Fedorowitsch nach Moskau ausrüstete. Ein junger Arzt zur Aushülfe war als Begleiter dem mitreisenden herzogl. Leibarzt Grahmann nicht unwillkommen und Paul Flemming durfte sich der Ambassade anschließen. Auch auf dieser Reise, wie in der spätern größeren, schlummerte Flemming’s Muse nicht, die, wenn andere Stoffe ihr fehlten, in Gelegenheitsgedichten sich offenbarte; der Großgesandte und dessen dem Dichter befreundete Umgebung wurden an Geburts- und Namenstagen mit poetischen Angebinden erfreut, selbst die Dolmetscher gingen nicht leer aus, Meeressturm und glückliche Landung in Lievland wurden besungen, als 1654 die Rückkehr erfolgte.

Da beschloß der Herzog von Schleswig-Holstein in der Absicht, seinem Lande Handelsvortheile durch Verbindungen