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Gilbert (nach einer Pause): Ja, ich glaube, ich erlaubte mir, diese einfache Wahrheit auszusprechen. Du siehst doch jetzt, daß ich recht habe? Wenn der Mensch handelt, ist er eine Puppe. Wenn er schildert, ist er ein Dichter. Darin liegt das ganze Geheimnis. Es war leicht genug, auf den Sandebenen um das stürmische Ilion den raschen Pfeil vom bemalten Bogen zu entsenden, oder den langen Eschenschaft des Speers gegen den Schild aus Fell und flammengleichem Erz zu schleudern. Es war leicht für die buhlerische Königin, ihrem Herrn die tyrischen Teppiche auszubreiten und dann, als er im Marmorbad lag, ihm das purpurne Netz über den Kopf zu werfen und ihrem glattwangigen Geliebten zuzurufen, er solle durch die Maschen nach dem Herzen stechen, das schon in Aulis hätte brechen sollen. Selbst für Antigone, auf die der Tod als ihr Bräutigam wartete, war es leicht, des Mittags in der verpesteten Luft dahinzuwandeln und hinaufzugehn und milde Erde auf den verworfenen nackten Leichnam zu streuen, der kein Grab hatte. Aber was ist von denen zu sagen, die von diesen Dingen schrieben? Was von denen, die ihnen Wirklichkeit gaben und ihnen ewiges Leben schenkten? Sind sie nicht größer als die Männer und Frauen, die sie besingen? „Hektor, der sanfte Held, ist tot“, und Lucian erzählt uns, wie in der düsteren Unterwelt Menippus den bleichen Schädel der Helena sah und sich wunderte, daß um eine so grimmige Gunst all diese Schnabelschiffe hinausgesandt wurden, all diese schönen gewappneten Helden fallen mußten, all diese getürmten Städte zu Staub gemacht wurden. Aber noch kommt jeden Tag die schwanengleiche Tochter der Leda auf die Wälle und blickt auf das Fluten des Krieges hernieder. Die Alten im weißen Bart staunen