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ein junger Grieche ausgebildet werden soll, und mit welcher Eindringlichkeit er die Bedeutung des Milieus betont und uns darstellt, wie der Jüngling inmitten schöner Dinge für Auge und Ohr aufwachsen muß, auf daß die Schönheit körperlicher Dinge seine Seele zur Aufnahme der Schönheit, die geistig ist, vorbereiten könne. Unmerklich und ohne den Grund warum zu kennen, soll er die wahrhafte Liebe zur Schönheit in sich entwickeln, die, wie Plato nie müde wird, uns einzuprägen, das wahre Ziel der Ausbildung ist. Allmählich und stufenweise soll in ihm ein Temperament erzeugt werden, das ihn in natürlicher und einfacher Art dahin führen soll, das Gute dem Schlechten vorzuziehen, das Gemeine und Unharmonische zu verschmähen und in feinem instinktiven Geschmack all dem nachzugehn, was Grazie und Zauber und Lieblichkeit besitzt. Schließlich, in seinem rechten Walten soll dieser Geschmack kritisch und bewußt werden, aber zuerst soll er rein als gebildeter Instinkt da sein, und „wer diese wahre Bildung des inneren Menschen angenommen hat, wird in klarer und sicherer Anschauung die Lücken und Fehler in Kunst oder Natur gewahren, und während er das Gute lobt, seine Freude daran findet und es in seine Seele aufnimmt und so gut und adlig wird, wird er in unbeirrbarem Geschmack schon in den Tagen der Jugend, noch bevor er imstande ist, den Grund warum zu wissen, in rechter Art das Schlechte tadeln und hassen“ und so wird er später, wenn der kritische und bewußte Geist sich in ihm entfaltet, „ihn als einen Freund erkennen und grüßen, mit dem seine Ausbildung ihn lange vertraut gemacht hat.“ Ich brauche kaum zu sagen, Ernst, wie sehr wir bei uns hinter diesem Ideal zurückbleiben, und ich sehe das Lächeln