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Und dazu verfehlen sie noch ihr Ziel, diese Philanthropen und Sentimentalen von heutzutage, die einem immer von unserer Pflicht gegen unsern Nächsten erzählen. Denn der Fortschritt des Volkes hängt von dem Fortschritt des Individuums ab, und wo die Kultur der Persönlichkeit aufgehört hat, das Ideal zu sein, ist die Stufe des Geistes sofort niedriger geworden und oft völlig zugrunde gegangen. Wenn du in einer Gesellschaft einen Menschen triffst, der sein Leben damit verbracht hat, sich selbst zu erziehen – man trifft diesen Typus, ich gebe es zu, in unserer Zeit selten, aber doch noch manchmal – dann stehst du reicher vom Tisch auf und mit dem Bewußtsein, daß ein hohes Ideal für einen Augenblick dein Leben berührt und geheiligt hat. Aber oh! lieber Ernst, wenn man neben einem Menschen sitzt, der sein Leben damit verbracht hat, andere erziehen zu wollen! Was für ein schreckliches Begegnis ist das! Wie schauderhaft ist die Ignoranz, die das unausbleibliche Ergebnis der verhängnisvollen Gewohnheit ist, Ansichten aufdrängen zu wollen! Wie beschränkt zeigt sich der Geisteszustand eines solchen Menschenkindes! Wie langweilt er uns und muß sich selbst langweilen mit seinen endlosen, ekelhaften Wiederholungen! Wie fehlt ihm jede Anlage zu geistigem Wachstum! In was für Trugschlüssen bewegt er sich fortwährend!

Ernst: Du sprichst so seltsam gefühlvoll, Gilbert. Hast du so eine schreckliche Begegnung, wie du es nennst, in letzter Zeit gehabt?

Gilbert: Wenig Menschen kommen darum herum. Brave Leute sagen, der Schulmeister sei jetzt gottlob überall. Ich wollte, er wäre überall, nur nicht bei uns. Aber der Typus, von dem er schließlich nur ein Vertreter, und sicher der unwichtigste ist, scheint mir in