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die nicht deine eigene ist, ihr Lager in dir aufschlagen, und das Elend eines andern wird dein Herz zerfressen. Lies das ganze Buch, laß es deiner Seele nur eins seiner Geheimnisse erzählen, und deine Seele wird gierig werden, mehr zu wissen, und wird sich von giftigem Honig nähren und wird verlangen, seltsame Verbrechen zu bereuen, deren sie schuldlos ist und schreckliche Genüsse zu büßen, die sie nie gekannt hat. Und dann, wenn du dieser Blumen des Bösen müde bist, wende dich zu den Blumen, die im Garten Perditas wachsen, und kühle deine fiebernde Stirne in ihren taugetränkten Kelchen und laß ihre liebliche Schönheit deine Seele gesunden und aufrichten; oder erwecke den sanften Syrier Meleager aus seiner vergessenen Gruft, und laß den Geliebten der Heliodora Musik für dich machen, denn auch er hat Blumen in seinem Lied, rote Granatblüten und myrrhenduftende Lilien und kronengleiche Narzissen und dunkelblaue Hyazinthen und Majoran und gezackte Rindsaugen. Lieb war ihm der Wohlgeruch des Bohnenfeldes am Abend, und lieb war ihm die duftende Nardenähre, die auf den Bergen Syriens wuchs und der frische, grüne Thymian, die Würze der Bowle. Die Füße seiner Geliebten, wenn sie im Garten wandelte, waren wie Lilien auf Lilien. Weicher als schlafbringende Mohnblüten waren ihre Lippen, sanfter als Veilchen und wie sie durchduftet. Der flammenhelle Krokus entsprang dem Gras, um auf sie zu blicken. Für sie sammelte die schlanke Narzisse den kühlen Regen; und für sie vergaßen die Anemonen die Winde Siziliens, die sie umwarben. Und nicht Krokus noch Anemone noch Narzisse war so schön wie sie.

Es ist etwas Seltsames um diese Übertragung des Empfindens.