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ERNST: DIE ORTOLANE WAREN KÖSTlich und der Chambertin vollendet. Und jetzt wollen wir wieder auf unsere Sache kommen.

Gilbert: Ach nein! Lieber nicht. Eine Unterhaltung sollte an alles rühren, aber sich auf nichts festbohren. Wir wollen über „Moralische Entrüstung, ihre Ursache und Heilung“ plaudern, über diesen Gegenstand denke ich zu schreiben; oder über „das Überleben des Thersites“, aufgezeigt an den englischen Witzblättern, oder über jeden Gegenstand, der uns einfallen mag.

Ernst: Nein, ich wünsche über den Kritiker und die Kritik zu diskutieren. Du hast mir gesagt, die Kritik höchster Art beschäftige sich mit der Kunst nicht als Expression, vielmehr rein als Impression und sei dennoch schöpferisch wie unabhängig, sei tatsächlich eine Kunst für sich selbst und stehe im selben Verhältnis zu dem Werk der schaffenden Kunst, wie das Werk des schaffenden Künstlers zur sichtbaren Welt von Form und Farbe oder zur ungesehenen Welt des Dichtens und Denkens. Schön, nun sollst du mir sagen, ist der Kritiker nicht manchmal ein wirklicher Erklärer?

Gilbert: O ja; der Kritiker ist ein Erklärer, wenn er will. Er kann von seiner synthetischen Impression des Kunstwerks als Ganzes zu einer Analyse oder Darlegung des Werkes selbst übergehn, und auf diesem niedereren Gebiet, wofür ich es halte, sind viele schöne Dinge zu sagen und zu tun. Aber es wird nicht immer seine Aufgabe sein, das Kunstwerk zu erklären. Eher mag er darauf aus sein, sein Geheimnis zu vertiefen, um das Kunstwerk und seinen Schöpfer den Duft des Wunders aufsteigen zu lassen, der Göttern und Gottesdienern in