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Ihnen.“ Sein Antlitz war dabei von besonderem Glanz überstrahlt, und es gelang ihm auch noch, für seine Gedanken, wenn auch unter Mühen, den klaren und bezeichnenden Ausdruck zu finden; es machte sich aber schon seit dem Frühstück eine auffällige Schlafsucht bemerkbar, ohne daß er in rechten Schlaf kam. Um 11 Uhr begehrte er in einen anderen Stuhl gebracht zu werden. Als man dazu Anstalt machte, äußerte er, es sei ihm augenblicklich nicht recht gut. Da unterließ man es und wollte Stärkung bringen, er wehrte ab und wiederholte noch einmal: es ist mir gar nicht gut. Eine kurze Zeit folgte schweres Atmen und während die Seinen ihn ängstlich ansahen, begann er bereits das Haupt zu neigen. Ohne Schmerzenslaut, in den Armen von Schwester, Bruder und Neffen, die für seine Seele den Herrn anriefen und über ihn klagten, hauchte er seine Seele aus. Er hatte sein Leben gebracht auf 54 Jahre 4 Monate und 23 Tage. Seine letzte Predigt hatte er mit den Worten geschlossen: „Laßt uns beten, daß die heilsame Absicht der an Weihnachten erschienenen Gnade an recht vielen erreicht und recht viele in dieser Gnadenzeit gesammelt werden zu einem Volk, das hier an der Krippe und unter dem Kreuz und dort vor dem Throne steht, feiernd und anbetend Immanuel seinen Erlöser, seinen großen Gott, hochgelobt in Ewigkeit. Amen.“ In der letzten Gesellschaftsversammlung hatte er geredet von der unzählbaren Schaar, Offenb. Joh. 7, die aus der großen Trübsal kommt, und vor den Thron des Lammes tritt, und mit den Worten des Liedes: Wer sind die vor Gottes Throne, Nr. 564: Dahin streck auch ich die Hände, o Herr Jesu zu Dir aus u. s. w. geschlossen. In seiner letzten Dogmatikstunde behandelte er den Abschnitt von den letzten Dingen; da pflegte er zu sagen: Vom Weltmenschen heißt es, er muß fort – vom Frommen, er kommt heim. Dem Lebensalter nach gehörte er noch zur gegenwärtigen Generation – seinem inneren Wesen nach aber zu der bereits vergangenen, die der Herr schon zur Ruhe eingeführt hat. Hatte er ihnen doch fast allen das Grabgeleite gegeben, zuerst Herrn Pf. Löhe und Inspekt. Bauer, dann Pf. Fischer, Obmann Wucherer und den andern schon genannten. Es sieht aus, als wolle eine neue Zeit anbrechen. Gott gebe, daß sie das

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Hermann von Bezzel: Zum Gedächtnis des Herrn Johannes Deinzer. C. H. Beck, Nördlingen 1897, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zum_Ged%C3%A4chtnis_des_Herrn_Johannes_Deinzer_20.png&oldid=- (Version vom 20.7.2016)