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Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.

Gundchen ging; der gute Churfürst,
     hochentzückt ob solcher Kunde,

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flog in Anna’s Arm, und hörte

     Gundchens Lob von ihrem Munde,
strich ihr sanft das Kinn, und drückte
     einen Beutel, schwer von Golde,
ihr gar freundlich in die Hände:

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     „Nimm zum Lohne dies, du Holde!“


Aber Gundchen zog die Hände
     rasch zurück vor solcher Gabe:
„„Das sey fern! Mir gnügt es, wenn ich
     eure Huld errungen habe!““

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Still sich solchen Sinnes freuend,

     spricht der Fürst mit sanftem Tone:
„Nun so sag’, du Herzensmägdlein,
     wie ich deine Mühe lohne?“

Gundchen, die die Schürzenzäckchen

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     sinnend glättet und zerknittert,

während eine dunkle Röthe
     über ihre Wangen zittert,
lispelt, sich zur Fürstin wendend:
     „„Ja, mein höchster Wunsch auf Erden

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wäre, wenn ihr erst entbunden,

     eure Dienerin zu werden.

O ihr solltet, hohe Fürstin,
     nie saumselig mich erblicken!
Doch, die arme Schlosserstochter –

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     nein! das will sich doch nicht schicken!
Empfohlene Zitierweise:
Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.. Rudolph & Dieterici, Annaberg 1838, Seite 213. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ziehnert_Sachsens_Volkssagen_II_213.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)