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Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.

Müde, nur der Welt zu leben,
     barg zu Kaiser Heinrichs Zeit
sich der alte fromme Dippold
     in des Waldes Einsamkeit.

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Eine Klause ward die Stätte

seines Wohnens und sein Bette
     dürres Moos und Farrenkraut,
Früchte dienten ihm zu Speise,
die nach frommer Klausner Weise

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     er im Gärtchen sich erbaut.


Rings vor seiner Felsenklause
     hatte sich der fromme Greis
eingezäunt ein kleines Gärtchen
     und bebaut mit regem Fleiß.

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Drinnen zog er süße Beeren,

weiße Rüben, rothe Möhren,
     sorglich gärtnernd, und begoß
sie aus dem krystallnen Quelle,
dessen schmale Silberwelle

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     längst am Zaun vorüberfloß.


Auch vergaß er nie die größ’re
     Pflicht getreulich zu verseh’n,
und an die geweihte Stätte
     täglich zum Gebet zu geh’n.

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Nahe seiner Felsenzelle

stand im Walde die Kapelle
     der hochheil’gen Barbara,
wo der Klausner voller Freuden
treulich die Obliegenheiten

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     eines Kapellan versah.


Empfohlene Zitierweise:
Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.. Rudolph & Dieterici, Annaberg 1838, Seite 189. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ziehnert_Sachsens_Volkssagen_II_189.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)