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Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.

„Du herrlich Licht, du göttlich Licht!
Was fliehst du mich? was weilst du nicht?“

135
     Da plötzlich war tief unten

     vor ihm das Licht verschwunden.

Ein tiefer Abgrund gähnt’ ihn an,
     der Weg war abgeschnitten,
er eilte auf derselben Bahn

140
     zurück mit schnellen Schritten,

da packt’s ihn plötzlich an mit Macht,
und zerrt ihn durch die schwarze Nacht
     risch über Todtengrüfte
     und finst’re Felsenklüfte.

145
Da schwebt heran im Nebelmeer,

     den Adler an der Seite,
Johannes, Erwin’s Heiliger,
     im weißen Strahlenkleide,
Der Pater streckt nach ihm die Hand,

150
so flehentlich, doch da verschwand

     im bleichen Dunstgefilde
     das heilige Gebilde.

Und weiter zerrt’s ihn durch die Nacht,
     und wirft ihn wild zu Boden,

155
der Himmel bebt, die Erde kracht,

     er krümmt sich ohne Oden,
und kann nicht auf mehr, und erschrickt
auf’s Neue, als er um sich blickt,
     denn zwischen Leichensteinen

160
     liegt er auf Todtenbeinen.


Empfohlene Zitierweise:
Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.. Rudolph & Dieterici, Annaberg 1838, Seite 168. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ziehnert_Sachsens_Volkssagen_II_168.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)