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Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.

Ein Mensch! ein Knecht! Ha, daß ich könnt’
Gott, Hölle, Welt und Firmament
     mit einem Hauch verderben,

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     dann wollt’ ich freudig sterben!“


So wüthete verzweiflungsvoll
     der arge Gottverächter,
da durch die düstre Zelle scholl
     ein teuflisches Gelächter.

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Er kennt vor Wuth sich selbst nicht mehr:

„Verlacht, verdammt!“ er stiert umher,
     ihm schlottern alle Glieder,
     und kraftlos sinkt er nieder.

Weh, wenn der Mensch, des Zufalls Knecht,

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     geht wie ein Thier durch’s Leben!

Doch weh auch, wenn er sich erfrecht,
     zum Gott sich zu erheben!
Dann ist für ihn nichts heilig mehr,
er greift im frevelnden Begehr

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     blind in die ew’gen Rechte

     der unerforschten Mächte!

Der Pater – welch ein widrig Bild!
     der Wahnsinn an der Fessel!
Da lag der Frevler scheu und wild

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     und kraftlos in dem Sessel!

Ach armer Erwin, bist so klein,
und möchtest gern Gott selber seyn!
     Du wirst mit tausend Qualen
     den bösen Stolz bezahlen!

Empfohlene Zitierweise:
Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.. Rudolph & Dieterici, Annaberg 1838, Seite 166. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ziehnert_Sachsens_Volkssagen_II_166.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)