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Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.

Dann ist für ihn nichts heilig mehr,
er greift im frevelnden Begehr
     blind in die ew’gen Rechte
     der unerforschten Mächte! –

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Der Pater hatte sonder Ruh

     geschmolzen und geknetet,
und seinen Rosenkranz dazu
     stillhoffend abgebetet;
doch als ihm jede Hoffnung schwand,

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da warf er mit verruchter Hand

     und wüthender Geberde
     den Rosenkranz zur Erde.

„Ein Narr, wer auf Gebet vertraut,
     das bringt ihn nie zur Stelle!

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Komm du, vor der mir oft gegraut,

     komm du, verrufne Hölle,
und schließ mir das Geheimniß auf,
sollst haben keinen schlechten Kauf,
     sollst mich mit Leib und Sinnen

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     dem Himmel abgewinnen!“


„Ha, Erwin! weißt du, was du thust?
     Du forderst dein Verderben,
und kommt der Tod einst, ha, da mußt
     ohn’ Beicht’ und Nachtmahl sterben!

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Verflucht! – und doch, wenn ich erfand,

was noch kein menschlicher Verstand
     bis jetzt ergründen konnte?
     Wenn sich’s der Mühe lohnte?“

Empfohlene Zitierweise:
Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.. Rudolph & Dieterici, Annaberg 1838, Seite 164. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ziehnert_Sachsens_Volkssagen_II_164.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)