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Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.

Die Klosteruhr schlug Mitternacht,
     still war’s in jeder Zelle,
nur noch der Pater Erwin wacht,
     sein Fenster war noch helle.

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Er saß noch schlaflos im Gemach,

und sann geheimen Künsten nach,
     wie er auf leichtem Wege
     ächt Gold bereiten möge.

Auf langem Tische vor ihm stand

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     ein Becken voller Kohlen,

und rings im Kreise allerhand
     Retorten und Phiolen,
und was Geräth dem Alchymist
zu seiner Kunst von nöthen ist,

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     um aus werthlosen Dingen

     kostbares Gold zu zwingen.

Weh, wenn der Mensch, des Zufalls Knecht,
     geht wie ein Thier durch’s Leben,
doch weh auch, wenn er sich erfrecht,

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     zum Gott sich zu erheben!
Empfohlene Zitierweise:
Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.. Rudolph & Dieterici, Annaberg 1838, Seite 163. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ziehnert_Sachsens_Volkssagen_II_163.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)