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Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.

Ach, da stürzte Vater Teller
     planlos in das Feld hinaus.

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Der Verzweiflung Wege führten

     ihn zum nächsten Zechenhaus, 5)
Still und leer war Alles drinnen,
     scheu trat er zum Schacht hinan –
Ruh’ verheißend, lockend gähnte

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     ihn die finst’re Teufe an.


Und er will – da tönt herüber
     von der Stadt der Glocken Ton,
wundersam ergriffen steht er,
     blickt empor, und eilt davon.

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Zu dem heil’gen Zechenhause

     zieht’s ihn unaufhaltsam hin:
traurig lehnt der arme Häuer
     an dem Kirchenthore drin.

Endlich schwiegen die Gesänge,

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     und der greise Pfarrer stand

auf der schön gezierten Kanzel,
     himmelan den Blick gewandt,
und begann: „Mein Herz, vertraue
     nur auf Gott und Jesum Christ,

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der, vom Tode auferstanden,

     dir zum Heil gegeben ist!“

Mächtig drangen seine Worte
     in’s Gemüth der Hörer ein;
auch in Tellers Herzen senkte

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     sich der Hoffnung milder Schein.

[Ξ] 5)

Das Zechenhaus, ein Gebäude, in oder bei dem sich der Schacht befindet, und wo die Bergleute vor dem Ein- und nach dem Ausfahren beten und singen, und ihr Gezäh (Werkzeug) bewahren.

Empfohlene Zitierweise:
Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.. Rudolph & Dieterici, Annaberg 1838, Seite 144. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ziehnert_Sachsens_Volkssagen_II_144.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)