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Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.

„„Das weiße muß ich haben!““
     so rufen alle Drei.

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Der Knabe aber lächelt:

     „Da bin ich auch dabei!
Ich bin herausgestiegen,
     das weiße nehm’ ich mir,
und die drei schwarzen Dohlen? –

40
     Ja, die bekommet ihr.“


Da drohen ihm die Knaben:
     „„Giebst du uns jenes nicht,
so lassen wir dich fallen!““ –
     Jedoch der draußen spricht:

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„Das weiße, das behalt’ ich,

     das schwatzt mir Niemand ab!“
Da – heilger Gott! – die Knaben,
     sie werfen ihn hinab!

Zerschmettert auf dem Pflaster

50
     liegt er in seinem Blut,

und neben ihm, zerschlagen,
     die junge Dohlenbrut.
Seht her, ihr bösen Knaben,
     das habt ihr nun gethan!

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Gott, rechne nicht die Sünde

     dem Unverstande an! –

In Geithain an der Kirche
     da ist in Stein gehau’n,
der arme Currendaner

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     bis diesen Tag zu schaun.

In seines Mantels Falten
     wächst gelbes Lebermoos,
und immer noch betrauert
     die Stadt sein schrecklich Loos.






Empfohlene Zitierweise:
Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.. Rudolph & Dieterici, Annaberg 1838, Seite 126. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ziehnert_Sachsens_Volkssagen_II_126.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)