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Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.

Die Bärin brüllt vor Schmerzen,
     und reißt sich wüthend los,
und haut die scharfen Tatzen
     tief in des Ritters Roß.

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Der Landvoigt ist verloren!

     Zu Boden stürzt sein Roß,
das Schwert ist ihm zerbrochen,
     und fern der Jäger Troß!

Da läuft mit seinem Schürbaum

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     ein Köhlerbub’ daher,

so keck, als ob die Bärin
     ein duldig Lämmlein wär’.

Schon hat der Bärin Tatze
     des Voigtes Arm gefaßt,

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da knickte ihren Nacken

     des starken Schürbaums Last.

Drauf zieht der Köhlerbube
     sein Messer vor, und stößt
es in des Thieres Gurgel:

40
     „Härr Voigt, ihr seid ärlöst!“ 2)


Da spricht der Voigt: „„Mein Retter,
     sag an, was forderst du
zum Dank? Ich war des Todes,
     kamst du nicht noch dazu!““


[Ξ] 2)

Härr – ärlöst! In voigtländischer Mundart so viel, als: Herr Voigt, ihr seid erlöst!

Empfohlene Zitierweise:
Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.. Rudolph & Dieterici, Annaberg 1838, Seite 092. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ziehnert_Sachsens_Volkssagen_II_092.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)