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Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.

     Der Ritter stürzt auf seine Knie:

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     „O heil’ge Jungfrau, deren Bild

     in Ebersdorf oft mich und sie
     mit freud’ger Zuversicht erfüllt!
Wir lagen andächtig vor deinem Altar:
ach, hilf mir, ach, rette mich aus der Gefahr!“

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     „Sie harrt – sie harrt daheim auf mich,

     und wird in Hoffnung glücklich seyn,
     und ha, indeß bricht fürchterlich
     des Schicksals Zorn auf mich herein.
O heil’ge Maria, erbarme dich mein!

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was ich Köstliches habe, ich will dir es weih’n.“


     „Ein Schiffchen, voll mit Gold gefüllt,
     gelob’ ich dir daheim zu weih’n,
     und wüßt’ ich, was dir theuer gilt,
     es sollte dir zu Eigen seyn.

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Nur gönn’ mir, du Hehre, mein einziges Glück,

und führ’ mich zu meiner Verlobten zurück!“

     Der Ritter ruft’s so inniglich,
     sein Auge glänzet thränenfeucht –
     und sieh, die Wolken klären sich,

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     die Fluth wird still, der Sturmwind schweigt,

und in den gelüfteten Wolken erglänzt
die Scheibe des Mondes, mit Sternen umkränzt.

     Wie weht so sanft der Morgenwind,
     wie freuen sich die Schiffer sehr,

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     wie fliegt das Schiff so pfeilgeschwind
Empfohlene Zitierweise:
Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.. Rudolph & Dieterici, Annaberg 1838, Seite 086. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ziehnert_Sachsens_Volkssagen_II_086.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)