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Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.

Schon rasselt die Brück’ an den Ketten herab,
     sie donnert vom Hufschlag der Rosse,

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und die Fähnlein, sie ziehen so muthig hinab,

     und halten nicht fern vom Schlosse.
Der Feind rückt heran, es erhebt sich die Schlacht;
der Markgraf gewinnet die Uebermacht.

Die Mitternacht deckte den blutigen Plan,

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     da wichen die gräflichen Streiter.

Wie drängen sich flüchtig die Schützen hinan,
     wie sprengen zum Schlosse die Reiter!
Graf Jeschke, der letzte, in gräßlicher Wuth:
„Die Schlacht verloren! – Das fordert ihr Blut!“

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Und als er die Uebriggebliebenen zählt,

     und findet so Viele nicht wieder,
und wie Graf Maul und Graf Heide fehlt,
     da stürzt’ er vor Jammer nieder,
Drauf rafft er sich auf in entsetzlicher Wuth:

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„Die Besten erschlagen! Das fordert ihr Blut!“


Und rennt zu Mathilden: „Du scheußliches Weib,
     gieb den Bruder, den Vetter mir wieder!
Du riethest zur Fehde, unsinniges Weib!“
     und er stößt mit dem Schwerte sie nieder.

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Da schmettern Trompeten und Hörner vorm Schloß,

anrücket der siegreiche feindliche Troß.

Empfohlene Zitierweise:
Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.. Rudolph & Dieterici, Annaberg 1838, Seite 077. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ziehnert_Sachsens_Volkssagen_II_077.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)