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Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.

Sie sprangen zu. Ihr Schmerz war groß.
     Sie trugen ihn in’s Bette.
O Tod, wie machst du schonungslos

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     das Haus zur Leichenstätte! –

Sie schlichen durch den Morgenthau
des Leides voll nach Wildenau,
     und nach drei Tagen haben
     den Alten sie begraben.

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Verstummt war Lachen, Lust und Scherz

     nun in der Fischerhütte,
und Berthold lenkt in stillem Schmerz
     all Nacht zu ihr die Schritte,
Er schleicht einher, vom Gram gebückt,

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und steht am Ufer still, und blickt

     zum Himmel, ringt die Hände,
     und weinet ohne Ende.

Und steht und harrt bis Mitternacht,
     dann sieht er ha, Gertruden

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in wasserblauer Nixentracht

     auftauchen aus den Fluthen,
die Wangen fahl und leichenblaß,
die Wimpern ach, von Thränen naß;
     sie breitet voll Verlangen

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     die Arm’, ihn zu empfangen.


Sie singt, ihm dringt’s durch Mark und Bein,
     sie singt in schlichten Weisen:
„Geduld, Geduld! Ich bin ja dein,
     nichts kann dich mir entreißen.

Empfohlene Zitierweise:
Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.. Rudolph & Dieterici, Annaberg 1838, Seite 067. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ziehnert_Sachsens_Volkssagen_II_067.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)