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Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.

Wohl wunderschön war Irmengard
     und wonnig anzusehen,
die Wangen roth, die Stirn so zart,
     das Auge schwarz wie Schlehen.

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Schon zog ob den Bergen der Abend einher,

und fern war die Heimath, drum eilte sie sehr.

Und wie sie tritt in’s Dickicht ein,
     da kommt, gar hoch zu Rosse,
des Weges Junker Tollenstein

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     mit seinem reis’gen Trosse.

Er bedeutet wildlachend den bärtigsten Knecht:
„He, fang mir das Mädel, es dünkt mir nicht schlecht!“

Gleich faßt die flücht’ge Dirne an
     der Knecht mit starken Armen,

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ihr Weinen und ihr Jammern kann

     den Junker nicht erbarmen.
Er preßt auf den Sattel sie vor sich hin:
„Was weinst du, fein Liebchen? was liegt dir im Sinn?“

Empfohlene Zitierweise:
Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.. Rudolph & Dieterici, Annaberg 1838, Seite 049. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ziehnert_Sachsens_Volkssagen_II_049.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)