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Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.

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Als dies der Wanderer gewahrt,

     zieht er zwar auch den Hut,
so wie der Fuhrmann, doch er thut’s
     nur so, damit er’s thut.

Er kniet nicht nieder, betet nicht

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     nach seiner Christenpflicht,

er setzt den Hut stracks wieder auf,
     und drückt ihn in’s Gesicht.

Der greise Fuhrmann aber hält
     die Pferd’ an. Drauf kniet er

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andächtig vor das heil’ge Bild,

     und sagt drei Ave’s her.

Der And’re harrt indessen sein,
     bis daß er fertig ist,
und schilt ihm grollend: „Eu’r Gebet

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     ist ein’ unnütze Frist.“


Der Fuhrmann drauf: „Verzeih’ euch Gott
     das frevelhafte Wort!“
Drauf treibt er seine Pferde an,
     doch siehe – keins will fort.

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Er spricht den Pferden freundlich zu,

     und streicht sie mit der Hand,
er schreit, er peitscht, er zerrt am Zaum,
     sie stehen wie gebannt.

Empfohlene Zitierweise:
Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.. Rudolph & Dieterici, Annaberg 1838, Seite 043. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ziehnert_Sachsens_Volkssagen_II_043.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)