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Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.

Ei so bleibt mir vom Halse, mit eurem Begehr,
     ich mag es euch nimmer gewähren.
Denn was ich auch gäbe, doch würdet ihr mehr
     in der andern Minute begehren.

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Die himmlischen Güter, die lobet ihr mir;

und trachtet nach ird’schen mit schnöder Begier?
     Das macht euerm heiligen Stande
                    nur Schande!“

So Konrad von Theler, 1) ein trotziger Herr,

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     zu seinem Kaplane, Sylvestern,

der nun mit verdrüßlichem Pfaffengeplärr
     anhub seinen Ritter zu lästern:
„Der Tag wird einst kommen, wo der Geitz euch gereut!
Wann Gottes Verdammniß der Hölle euch weiht,

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     dann wird, was ihr heute gesprochen,

                    gerochen!“

So keifte der Pater und stürzte davon,
     nachscholl ihm des Ritters Gelächter:
„Schlecht steht dir das Betteln, du armer Patron,

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     doch wahrlich das Zürnen noch schlechter.“

So höhnet der Ritter und lachet sich satt,
daß Sylvester zum Schimpfen nicht Worte gnug hat,
     und läßt sich das Wüthen des Gecken
                    nicht schrecken.


[Ξ] 1)

Die von Theler besaßen Höckendorf vom vierzehnten bis in das sechzehnte Jahrhundert.

Empfohlene Zitierweise:
Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.. Rudolph & Dieterici, Annaberg 1838, Seite 031. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ziehnert_Sachsens_Volkssagen_II_031.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)