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Gesetzgeber dürfte hier eine Wendung der Vorlage, die sich auf einen speziellen Gegenstand der Verwaltung des Reichsgutes bezog, verallgemeinert haben. Ist diese Vermutung über die Entstehung der Klausel ad manus futuri regis richtig, so spricht das nebenbei des weiteren gegen die an sich nicht annehmbare Erklärung Triepels[1], welcher in jener Klausel nichts anderes sehen will, als eine temporäre Begrenzung der Reichsverweserschaft. Wenn dann der Schluß des c. 147 erklärt: Diz ere hat der hohe phalzgrave von Rine davon, daz er rihtaer ist uber den kunc umb sine schulde, und somit die wichtigen lehenrechtlichen Befugnisse des pfalzgräflichen Rechtes während der Thronerledigung auf sein Recht, über den König zu richten, zurückführt, die Goldene Bulle aber im § 2 unseres Kapitels im unmittelbaren Anschluß an die Bestimmungen über die Reichsverweserschaft jenes Richteramt des Pfalzgrafen über den König behandelt, so spricht das überzeugend für die Annahme, daß jenes Kapitel des Schwabenspiegels die wesentliche Grundlage für das gesamte c. V der Goldenen Bulle bildete. Diese Annahme wird noch besonders unterstützt durch folgende Erwägung. Jene Schwabenspiegelstelle handelt nur vom Pfalzgrafen, zunächst von seinem Vikariatsrecht, dann von seinem Richteramt. Auch die Goldene Bulle handelt zunächst nur von dem Vikariatsrecht des Pfalzgrafen, und zum Schluß wieder wie die Vorlage von dessen Gerichtsbarkeit über den König. Dazwischen aber schiebt sie die Bemerkung ein, daß dem Sachsenherzog die gleichen Vikariatsrechte, welche dem Pfalzgrafen im größeren Teile des Reiches zustehen, im sächsischen Rechtsgebiete zustehen sollen. Das ist gewissermaßen eine Parenthese in einem Kapitel, welches nach seiner ursprünglichen Anlage wie die Vorlage nur von den Rechten des Pfalzgrafen handeln sollte.[2]


  1. S. unten S. 38 Anm. 1.
  2. Reimann ist dieses Quellenverhältnis entgangen; er kennt die Stelle des Lehnrechtsbuches nicht, offenbar weil er nur die Genglersche Ausgabe des Schwabenspiegels, welche sich leider auf den Text des Landrechtsbuches beschränkt, benutzte. Ist es schon bedauerlich, daß die neueren Handausgaben des Sachsenspiegels das Lehnrecht nicht enthalten, obwohl dieses historisch vom höchsten Interesse ist und hinsichtlich der Feinheit und Schärfe juristischer Entwicklung den Glanzpunkt des Werkes bildet, so erklärt sich das doch aus der Rücksicht auf die praktische Geltung, welche das sächsische Landrecht im Gegensatz zum Lehnrecht bisher noch hatte. Für den Schwabenspiegel aber liegt gar kein Grund vor, das Lehnrecht auszuschließen, welches die wichtigsten Angaben über die Reichsverfassung enthält. Reimann S. 20 ff. möchte in c. 121 des Landrechtsbuches die Quelle für V, 1 der Goldenen Bulle erblicken; doch können wir ihm hierin nicht folgen. Freilich behält hier die Goldene Bulle dem Könige die Verleihung der Fürsten- und Fahnlehen vor, erwähnt das aber nur als Ausnahme von dem Rechte des Reichsverwesers während der Thronvakanz. Jenes Kapitel des Landrechts dagegen stellt nicht nur das Recht des Königs, sondern auch die Pflicht, solche Lehen nach ihrer Erledigung wiederzuverleihen, fest, und nur in dem Schlußsatze, welcher den Fürsten das Recht zuspricht, den König, der sich diesem Leihezwang entzieht oder sie sonst beschwert, vor dem Pfalzgrafen zu verklagen, kann es allenfalls neben c. 147 des Lehnrechtes als Quelle für V, 2 der Goldenen Bulle angesehen werden. Daß auch nicht mit Reimann jene Stelle über den Leihezwang als Quelle für Goldene Bulle VII, 2 anzuführen ist, werden wir unten sehen. Es ist überhaupt nicht zulässig, in jedem Falle, wo die Goldene Bulle ein Institut des Reichsrechtes erwähnt oder voraussetzt, welches auch im Schwabenspiegel oder einer anderen älteren Quelle behandelt ist, anzunehmen, daß der Gesetzgeber der Goldenen Bulle aus jenen Quellen geschöpft habe.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Zeumer: Die Goldene Bulle Kaiser Karls IV. (Teil 1). Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1908, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeumer_Die_Goldene_Bulle.pdf/55&oldid=- (Version vom 1.8.2018)