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gegebenen Rechtsregel aussieht, und in der Tat haben die Wähler Ruprechts und dieser selbst bei ihrer Wahlhandlung sich mit bewußter Absicht eng an die Norm jenes Paragraphen angeschlossen. An der Wahl nahmen Teil die drei geistlichen Kurfürsten und als einziger weltlicher der Pfalzgraf. Dieser wurde von den drei geistlichen Kollegen gewählt, stimmte seiner Wahl zu und gab selbst seine Stimme für sich ab oder ließ sie abgeben. Zwar werden in einer Proklamation der drei geistlichen Kurfürsten, sowie in einer Wahlanzeige derselben an den Papst und ebenso in einer Mitteilung Ruprechts an die Stadt Straßburg nur die drei Erzbischöfe als Wähler genannt[1], doch berichten die drei Erzbischöfe in zwei anderen Wahlanzeigen, von denen die eine an die Kardinäle, die andere an die Stadt Rom gerichtet ist, ausdrücklich, daß zu ihren Stimmen die eigene Stimme Ruprechts nebst dessen Zustimmung hinzugekommen sei.[2] Die Lösung dieses anscheinenden Widerspruchs ergibt sich aus einer anderen Wahlverkündigung der drei Erzbischöfe, sowie aus dem Bericht, den einige Monate nach der Wahl der pfalzgräfliche Notar Sobernheim seinem Freunde, dem Straßburger Stadtschreiber Spatzinger, erstattete. In ersterem Schriftstück erklären die Aussteller, daß sie mit der Stimme ihres Mitkurfürsten, des Pfalzgrafen Ruprecht, diesen zum König erkoren hätten[3], und entsprechend berichtet Sobernheim, daß die drei geistlichen Kurfürsten mit vier Stimmen gewählt hätten, da nach der Goldenen Bulle der Gewählte durch seine Zustimmung

die Majorität für sich herstellen könne.[4] Die Zustimmung


  1. Die drei geistlichen Kurfürsten betr. Ruprechts Wahl, 1400 August 21, Reichstagsakten III, Nr. 210, S. 270: wir ... han eymuodeclich gekoren den ... hern R.; im gleichen Sinne König Ruprecht am 1. September an die Stadt Straßburg, ebenda Nr. 211; ebenso die geistlichen Kurfürsten an Bonifatius IX., ebenda Nr. 219.
  2. Reichstagsakten III, Nr. 220, S. 281; und ebenda Nr. 221: in ... Rupertum ... concordi assensu ... direximus vota nostra, ipsum in verum Romanorum regem et in cesarem promovendum unanimiter eligendo, suis ad id accedentibus consensu atque voce.
  3. Ebenda Nr. 209, S. 267: unde han wir Johann, Friderich und Werner kuorfursten obgenant mit der stymmen des durchluchtigen hochgebornen fursten hern Ruprechts obgenant als unsers rechten mitkuorfürsten denselben hern Ruprechte ... gekorn, gesetzet und gemachet.
  4. Ebenda Nr. 231, S. 287 ff.: et tres archiepiscopi elegerunt dominum meum quatuor vocibus electorum, quia, quando unus electorum eligitur, istius consensus auget voces, sicut canit aurea bulla. Et sic eleccio facta est per maiores et saniores voces.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Zeumer: Die Goldene Bulle Kaiser Karls IV. (Teil 1). Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1908, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeumer_Die_Goldene_Bulle.pdf/40&oldid=- (Version vom 1.8.2018)