ist. Nur von diesem einen Schriftstück, dessen Original verloren ist, findet sich im Vatikan eine Abschrift, und zwar in Gestalt eines Notariatstranssumtes vom 11. August 1309.[1] Wären damals mehrere gleichartige Schriftstücke zu Avignon vorhanden gewesen, so hätte man sicher auch die andern in das Transsumt aufnehmen lassen. Damit stimmt überein, daß der Papst in seinem Schreiben an den König vom 26. Juli 1309 nur von einem ihm zugestellten Wahldekret spricht.[2] Da nun die Kurie niemals in den Besitz der drei Originale der Wahldekrete gekommen ist, so ergibt sich die merkwürdige Tatsache, daß sie von der Wahl Heinrichs VII. nur durch ein Schriftstück Kunde erhielt, an dessen Spitze unter den ausstellenden Kurfürsten der Erzbischof von Trier ganz so an erster Stelle genannt war, wie in dem Gesamtdekret über die vorhergehende Wahl. Ein Zufall kann natürlich nicht obwalten; vielmehr dürfen wir hier ein Ergebnis der Politik Balduins erblicken. Erst brach er dem durch König Albrecht bestätigten Rechte des Mainzer Kollegen auf die erste Stelle in scriptura die gegen Trier gerichtete Spitze ab, indem er an die Stelle des einen Gesamtdekrets drei der drei Erzkanzler setzte, dann ließ er gerade das von ihm ausgefertigte Exemplar, in welchem er in der Inscriptio an der Spitze aller Kurfürsten stand, bei der Anfertigung des zur Übersendung an den Papst bestimmten Notariatsinstruments zu Grunde legen. Damit hatte er dann im Jahre 1308 trotz der Urkunde Albrechts tatsächlich dasselbe erreicht, wie sein Vorgänger Boemund 1298.
Ungewiß bleibt, ob der Mainzer bei den Wahlen von 1308 und 1314 ein Recht der ersten Stimme übte oder auch nur beanspruchte. Wenn der Sachsenspiegel im ältesten Texte dem Trierer, in den späteren Texten dem Mainzer das Recht zuerkannte, der erste an der Kur zu sein, so bezog sich das auf die Abgabe des feierlichen Kürspruches. Nachdem dann aber seit dem Interregnum der Brauch Eingang gefunden hatte, daß nicht mehr jeder Wähler den Kürspruch tat, sondern ein von allen Beauftragter in aller Namen, konnte eine Rangordnung,
wie sie der Sachsenspiegel bezüglich der Reihenfolge in der Abgabe
Karl Zeumer: Die Goldene Bulle Kaiser Karls IV. (Teil 1). Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1908, Seite 215. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeumer_Die_Goldene_Bulle.pdf/233&oldid=- (Version vom 1.8.2018)