Trier die erste Stimme zuerkannt wird, während doch in früheren Zeiten und nach der herrschenden Ansicht auch noch im 13. Jahrhundert stets nur von einer ersten Stimme des Mainzer Erzbischofs bei der Königswahl die Rede ist.[1] Wäre das richtig, so würde die Verschiedenheit der Stimmenfolge sich allerdings in dieser Richtung verwerten lassen, da seit Einführung der electio per unum die Nominatio der einzige Vorgang im Wahlverfahren war, bei dem eine Abstimmung im engeren oder weiteren Sinne überhaupt noch in Frage kommen konnte. Es bedarf aber die Frage nach dem Ursprung des trierischen Rechts der ersten Stimme noch einer näheren Untersuchung.
Auch in den Texten, welche den gebräuchlichsten Ausgaben des Sachsenspiegels zu Grunde liegen, wird in der bekannten Stelle des Landrechts über die Königswahl III, 57, 2 als erster an der Kur der Mainzer genannt, und erst nach ihm als zweiter und dritter der Trierer und der Kölner. Ganz ebenso nennt das Lehnrecht unter den Fürsten, welche den König zur Weihung nach Rom begleiten sollen, in 4, 2 an erster Stelle den Bischof von Mainz und an zweiter und dritter die von Trier und Köln. Dagegen nennen eine ganze Reihe von Handschriften, und darunter gerade eine Anzahl derjenigen, welche der Textform angehören, die allgemein als die ursprünglichste anerkannt ist, unter ihnen auch der von späteren Zusätzen und Änderungen noch ganz freie Quedlinburger Kodex, statt des Mainzers den Trierer an erster Stelle, und zwar an beiden Stellen gleichmäßig. Ich lasse die fraglichen Stellen im Wortlaute folgen, und zwar die erste in einem Umfange, der die Vergleichung mit einer anderen aus ihr abgeleiteten, die nachher anzuführen ist, ermöglicht.
Sachsenspiegel Landrecht (Cod. Quedl.) c. 147 (III, 57, 2): In des keyseres core sol die erste sin der biscoph von Trire; die andere die bischoph von Megenze, die dritte der bischoph von Colne. Under den leien is der erste in deme core der palanzgreve vonme Rine, des riches druzte; die andere die marschalk, der herzoge von Sassen; die dritte
die kemerere, der markgreve von Brandenburch. Die
- ↑ Harnack S. 15 f., 68. Lindner, Hergang bei den deutschen Königswahlen (1899), S. 29.
Karl Zeumer: Die Goldene Bulle Kaiser Karls IV. (Teil 1). Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1908, Seite 209. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeumer_Die_Goldene_Bulle.pdf/227&oldid=- (Version vom 1.8.2018)