einziger Willebrief überliefert ist, so liegt die Vermutung nahe, daß Karls Bemühungen in dieser Hinsicht ohne den gewünschten Erfolg geblieben sind. Welche Einflüsse noch der vollen Anerkennung Ruprechts I. entgegenstehen mochten, wissen wir nicht. Vielleicht gingen sie von Ludwig dem Älteren aus, vielleicht auch von Ruprecht II. oder dem Jüngeren. Durch den Vertrag von Pavia war 1329, das pfälzische Kurrecht auf den ältesten der pfälzischen Linie, Pfalzgraf Rudolf II., übertragen. Dieser war der zweite Sohn des 1319 verstorbenen Pfalzgrafen Rudolf I. Zur Zeit des Paveser Vertrages lebten von den drei Söhnen Rudolfs I. nur noch der zweite, Rudolf II., und der dritte, Ruprecht der Ältere; während der älteste, Adolf, bereits mit Hinterlassung eines Sohnes, eben jenes Ruprecht II., verstorben war. Daß man nicht diesem Enkel Rudolfs I., sondern dem ältesten der noch lebenden Söhne die Kur übertrug, entsprach dem Vertrage von 1313.[1] Dagegen hätte nach dem in der Goldenen Bulle und in einem Falle schon vorher für die Vererbung der Kurwürde aufgestellten Grundsatze der Primogeniturerbfolge der Sohn des verstorbenen ältesten Sohnes, also Ruprecht II., den Vorzug vor dem zweiten Sohne gehabt. Vielleicht waren es die auch früher nicht ganz unbekannten Grundsätze der Primogeniturfolge, welche Ruprecht den Jüngeren veranlaßten, gegen das Kurrecht seines Oheims Einspruch zu erheben. Wir erfahren freilich von den Streitigkeiten über das Kurrecht zwischen den beiden Ruprechten erst aus dem Vergleich vom 27. Dezember 1355, durch welchen dieselben beigelegt wurden, und auch bei dieser Gelegenheit wird über die Gründe und die Streitpunkte Näheres nicht gesagt.[2]
Der Vergleich zwischen den beiden Pfalzgrafen wurde abgeschlossen unmittelbar nach dem Erlaß des Gesetzes über die Primogeniturfolge und den Mündigkeitstermin der Kurfürsten, welches bald darauf in die Goldene Bulle aufgenommen wurde. Die Form des Vertrages scheint die einer mündlichen Verlautbarung vor Kaiser und Kurfürsten gewesen zu sein; wenigstens ist ein Vertragsinstrument nicht überliefert, sondern nur eine
Anzahl von Urkunden, in denen der Kaiser und die Kurfürsten
Karl Zeumer: Die Goldene Bulle Kaiser Karls IV. (Teil 1). Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1908, Seite 158. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeumer_Die_Goldene_Bulle.pdf/176&oldid=- (Version vom 1.8.2018)