sekundäre Zutat eines Rubrikators betrachtet werden. Ein solcher dürfte sie am Rande oder auf etwa sonst freigebliebenem Raume hinzugefügt haben. Er brachte sie da an, wo der Anfang eines neuen Abschnittes durch einen Absatz oder ein Kapitel- oder Paragraphenzeichen angedeutet war. Er sah dabei nur auf den Inhalt derjenigen Bestimmungen, welche am Anfang der Kapitel standen, ohne sich um die noch etwa folgenden zu kümmern. Ein solches Verfahren erklärt sich vollkommen bei einem Rubrikator, der das fertige Gesetz nachträglich für die Benutzung bequem machen wollte; während wir dem Redaktor des Gesetzes selbst eine sorgfältigere Fassung der Kapitelüberschriften zutrauen dürften. Die Rubriken sind aber nicht nur insofern mangelhaft redigiert, als sie den Inhalt der Kapitel oft nicht erschöpfen, sondern auch sonst ungenau gefaßt. Besonders auffallend ist, daß in den Überschriften zu VII und XII die principes genannt werden, wo nur von principes electores die Rede sein dürfte. Auch der Gegenstand des Kapitels XIII wird durch die Überschrift: De revocacione privilegiorum wenig glücklich wiedergegeben, da es hier der Sache nach doch mehr auf den Vorrang und die absolute Geltung der kurfürstlichen Privilegien als auf den Widerruf der entgegenstehenden ankam. Endlich spricht dafür, daß die in dem böhmischen Exemplar als Überschriften erscheinenden Inhaltsangaben in der Vorlage nachträglich am Rande vom Rubrikator hinzugefügt waren, der Umstand, daß die den Überschriften der ersten zwölf Kapitel hinzugefügten Ziffern den Rubriken nicht vor- sondern nachgesetzt sind.
Wie wenig aber diese Kapitelzahlen selbst als ursprüngliche Bestandteile des Gesetzes anzusehen sind, zeigt die Tatsache, daß im böhmischen Exemplar die Kapitelzählung im Texte nur bis Kapitel XII durchgeführt ist, von da ab aber fortfällt. Nur im Index capitulorum ist die Zählung weitergeführt; doch hört auch dieser Index mit Kapitel XXI auf. Erscheinen aber Index und Kapitelzählung im böhmischen Exemplar als noch nicht völlig durchgeführte Zutaten, so dürfen wir mit Sicherheit annehmen, daß sie auch in dem älteren verlorenen Exemplar, welches der Publikation am 10. Januar zu Nürnberg zu Grunde gelegt wurde, nicht in größerer Vollständigkeit enthalten gewesen sind. Als ursprüngliche Bestandteile dürfen wir dieselben daher nicht ansehen.
Karl Zeumer: Die Goldene Bulle Kaiser Karls IV. (Teil 1). Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1908, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeumer_Die_Goldene_Bulle.pdf/154&oldid=- (Version vom 1.8.2018)