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Unsere oben begründete Annahme, daß der Nürnberger Teil der Goldenen Bulle in der Hauptsache aus einzelnen Satzungen zusammengefügt sei, die ursprünglich unabhängig von einander entstanden und bestimmt waren, als selbständige Gesetze publiziert zu werden, ist nicht neu; sie hat vielmehr bis vor kurzem allgemein geherrscht, und noch Friedjung hat sie vertreten (S. 85). Erst Harnack hat sie als eine „sich grundlos forterbende Sage“ bekämpft und zu widerlegen gesucht (S. 174). Die inneren und äußeren Gründe, welche so deutlich für diese Annahme sprechen, will er nicht anerkennen und meint sie mit dem Hinweise widerlegen zu können, daß bereits das böhmische Exemplar, welches auf dem Nürnberger Tage entstanden sei, die Einteilung in Kapitel, nicht aber jene angeblich ältere in Satzungen kenne.

Mit der Widerlegung der Gründe für die ursprünglichen Satzungen macht Harnack es sich leicht. Jedenfalls spricht nicht dagegen, daß am Anfang einiger dieser Satzungen nur die Arenga, und nicht auch Invocatio und Inscriptio stehengeblieben sind, wie das in einem Falle geschehen ist. Wenn der Redaktor bei der Zusammenfügung der Satzungen zu einem Gesetzbuche in der Behandlung der Eingangsformeln nicht ganz gleichmäßig verfuhr und vor der mit Kapitel III beginnenden Satzung Invocatio, Inscriptio und Arenga stehen ließ, während er in anderen Fällen nur die letztere beibehielt, so ist das gewiß kein Grund, das Vorhandensein der durch jene Eingangsformeln gekennzeichneten Anfänge der Einzelsatzungen zu leugnen. Daß es willkürlich sei, die vorhandenen Eingangsformeln nicht auf das Kapitel, vor welchem sie sich befinden, allein, sondern auch noch auf nachfolgende Teile zu beziehen, ist für die Satzungen des ursprünglichen Gesetzes nicht zutreffend. Die in III befindliche Arenga handelt von den Kurfürsten überhaupt, nicht von den geistlichen allein; sie kann sich also gar nicht allein auf dieses Kapitel, in dem nur von der Sitzordnung der geistlichen Kurfürsten gehandelt wird, beziehen, sondern muß mit zu den folgenden auch die weltlichen Kurfürsten betreffenden Bestimmungen gehören.

Wenn ferner die Arenga von VIII mit auf die folgenden Kapitel bezogen wird, so ergibt sich die Notwendigkeit hierzu aus der anderweit ganz feststehenden Zusammengehörigkeit der Kapitel VIII–X, denen dann XI noch hinzugefügt wurde.

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Karl Zeumer: Die Goldene Bulle Kaiser Karls IV. (Teil 1). Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1908, Seite 132. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeumer_Die_Goldene_Bulle.pdf/150&oldid=- (Version vom 1.8.2018)