gemacht wird. Schon dieser besondere Charakter verbietet uns, in diesem Kapitel ein von vornherein als Bestandteil eines größeren Gesetzes verfaßtes Stück zu erblicken.
Nicht ganz so einfach ist die Beurteilung der die Kapitel VIII–XI umfassenden Gruppe. Hier liegt allerdings auch ein Stück zugrunde, welches nicht mit Rücksicht auf eine größere Gesetzgebung verfaßt war, eben jener schon mehrfach erwähnte Entwurf eines Privilegs für den König von Böhmen bezüglich seiner Territorialhoheit; doch ist die Möglichkeit, ja eine gewisse Wahrscheinlichkeit nicht zu leugnen, daß die Umgestaltung zu einem entsprechenden Privileg für alle Kurfürsten bereits mit Rücksicht auf die größere Gesetzgebung vorgenommen wurde. Vielleicht entstand gerade bei der Beratung des Entwurfs für Böhmen erst der Gedanke, dieses Privileg zu einer Satzung für alle Kurfürsten umzugestalten, und im Anschluß daran der andere, die bisher beratenen und zum Teil schon publizierten Gesetze zugunsten der Kurfürsten mit dem Wahlgesetz zu einem großen Gesetzgebungswerke zu vereinigen. Wohl sicher mit Rücksicht auf die bereits im Werke befindliche Kodifikation der Kurfürstenrechte dürfte c. XIII verfaßt sein, in welchem den kurfürstlichen Privilegien und Vorrechten der Vorrang vor allen übrigen verliehen wird.
Zweifelhaft bleibt es, inwiefern die vier folgenden Kapitel oder einige derselben von vornherein im Zusammenhang mit der großen Kodifikation oder untereinander verfaßt sind. Eine gewisse Verwandtschaft im Inhalt haben c. XV und XVI. Beide kehren ihre Spitze gegen die Expansionsbestrebungen der Städte; nur daß das erste dieser Kapitel die Verbindungen, welche die Städte mit anderen Städten und mit Fürsten und Herren eingehen, auch solche Verbindungen, die in der Form der Aufnahme in das Bürgerrecht abgeschlossen werden, verbietet, und somit auch das sogenannte Ausbürgertum trifft, während das andere allein das eigentliche Pfalbürgertum verbietet. Gerade diese Verwandtschaft des Inhalts aber spricht gegen die Annahme, daß beide Kapitel im Zusammenhange bearbeitet seien; da sie in diesem Falle auch einen Zusammenhang in der Formulierung aufweisen müßten, der gänzlich fehlt. Ja, die völlige Selbständigkeit des Pfalbürgerverbots gegenüber dem vorhergehenden Kapitel kommt sehr scharf darin zum Ausdruck, daß es als ein vom Kaiser mit Rat der Kurfürsten erlassenes Gesetz bezeichnet wird,
Karl Zeumer: Die Goldene Bulle Kaiser Karls IV. (Teil 1). Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1908, Seite 127. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeumer_Die_Goldene_Bulle.pdf/145&oldid=- (Version vom 1.8.2018)