verrichteten. Nicht ausdrücklich gesagt wird, daß die damals verlesene Ordnung auch damals erst erlassen sei; doch ist das wohl als ziemlich sicher anzusehen.
Es wäre nun sehr merkwürdig, wenn diese verlorene Ordnung der kurfürstlichen Ehrendienste keine Spur hinterlassen haben sollte, wenn sich eine spätere gleichartige Ordnung nicht an sie angeschlossen, sie als Vorbild oder Vorlage benutzt haben sollte. Daß aber das in Rede stehende Kapitel der Goldenen Bulle sich an eine ältere Vorlage anschloß, zeigt schon die Vergleichung mit den dasselbe umgebenden Stücken. Trotzdem c. XXVII, wie wir sahen, nach der Absicht des Gesetzgebers im engsten Zusammenhange mit dem vorhergehenden wie dem folgenden stehen sollte, so hebt es sich doch aus diesem schon äußerlich durch eine besondere Überschrift heraus. Die Überschriften im zweiten Teile der Goldenen Bulle haben eine ganz andere Bedeutung als die im ersten. Während sie im ersten Teil durchweg nach der Zusammenstellung des Nürnberger Gesetzbuches im Wege einheitlicher Redaktion hinzugefügt sind, begegnen im zweiten Teil Überschriften nur in zwei einzelnen Fällen, vor c. XXVII und c. XXX, und diese müssen durch besondere Umstände und gewissermaßen unwillkürlich in das Gesetzbuch gelangt sein. Wenn der Redaktor des Gesetzbuches eine Überschrift hätte setzen wollen, so hätte er sie vor c. XXVI, wo die Ordnung des Zeremoniells für die Abhaltung eines Reichshofes beginnt, nicht aber mitten hinein vor c. XXVII stellen müssen. Die Uberschrift lautet: De officiis principum electorum in solemnibus curiis imperatorum vel regum Romanorum, und enthält nichts, was zu der Annahme veranlassen könnte, daß sie erst von dem Redaktor der Goldenen Bulle herrühre. Sie dürfte demnach bereits über dem Stücke gestanden haben, als es in das Gesetzbuch aufgenommen wurde.
Die ursprüngliche Selbständigkeit, welche die Überschrift andeutet, bestätigt der Text. Während das vorhergehende Kapitel den Anfang der Feier einer curia solemnis darstellt, indem es fast mehr schildernd als anordnend beginnt: Die, qua solempnis curia imperialis vel regia fuerit celebranda, venient circa horam primam principes electores ecclesiastici et seculares ad domum habitacionis imperialis sive regalis, et ibi imperator vel rex ipse omnibus insigniis imperialibsn
Karl Zeumer: Die Goldene Bulle Kaiser Karls IV. (Teil 1). Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1908, Seite 95. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeumer_Die_Goldene_Bulle.pdf/113&oldid=- (Version vom 1.8.2018)