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thue; Freundschaft und Liebe sind nie möglich, als zwischen gegenseitigen freyen, consonen, aber nicht unisonen, geschweige identificirten Geschöpfen. Und was endlich den Genuß des höchsten Wesen anbetrift; o da bleibts immer „Hyperbel mit ihrer Asymptote,“ wie unser Autor sagt,[1] und muß es bleiben. Die Hyperbel nähert sich der Asymptote, aber sie erreicht sie nie: zu unsrer Seligkeit können wir nie den Begrif unsers Daseyns verliehren, und den unendlichen Begrif, daß wir Gott sind, erlangen. Wir bleiben immer Geschöpfe, wenn wir auch die Schöpfer großer Welten würden. Wir nahen uns der Vollkommenheit, unendlich vollkommen aber werden wir nie. Das höchste Gut, was Gott allen Geschöpfen geben konnte, war und bleibt eignes Daseyn, in welchem eben Er ihnen ist und von Stufe zu Stufe mehr seyn wird Alles in Allem.



  1. S. 108.


Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Erste Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1785, Seite 346. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_Band_I_369.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)