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Ueber die Seelenwandrung.

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Zweytes Gespräch.

     Charikles. Ich hoffe, mein Freund, Sie heut billiger über unsern Gegenstand sprechen zu hören, gestern waren Sie ziemlich warm.

     Theages. Nachdem Sie das Wort Wärme und Billigkeit nehmen. Ists Gleichmuth zu prüfen, so hatte ich sie, dünkt mich, auch gestern; solls aber jene schlaffe Kälte seyn, der alles gleichgültig ist.

     Ch. Nicht eben gleichgültig. Wer könnte gleichgültig darüber seyn, wenn das arme geplagte Menschengeschlecht wenigstens durch einen schönen Traum der Hofnung, Ersatz für seine gegenwärtigen, drückenden Uebel fände? wenn es einige Aufschlüsse über Gott, die Welt, den Lauf des Schicksals bekäme? Wo Seneka’s Gründe aufhören, selbst wo die Religion nicht auflöset, sondern neue Knoten schlägt; da –

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Erste Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1785, Seite 244. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_Band_I_267.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)